TE Vwgh Beschluss 2021/9/14 Ra 2019/07/0047

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.09.2021
beobachten
merken

Index

L66506 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke Flurbereinigung Steiermark
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

AgrGG Stmk 1985 §6 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des Ing. S N in D, vertreten durch Mag. Gerd Egner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Joanneumring 11/IV, gegen das Erkenntnis Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 13. Februar 2019, Zl. LVwG 40.6-146/2019-2, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde nach dem Steiermärkischen Agrargemeinschaftengesetz 1985 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Agrarbezirksbehörde für Steiermark; mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft „F“, vertreten durch die Divitschek, Sieder, Sauer, Peter Rechtsanwälte GesbR in 8530 Deutschlandsberg, Raiffeisenstraße 3), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist Mitglied der mitbeteiligten Agrargemeinschaft. Mit Eingabe an die belangte Behörde vom 17. April 2018 teilte er mit, dass ihm bei der Vollversammlung der Agrargemeinschaft am 17. April 2018 das Original eines von der Agrargemeinschaft abgeschlossenen Optionsvertrages vom 8. Dezember 2006/21. Dezember 2006 vorgelegt worden sei, auf diesem aber die Unterschrift des Schriftführers fehle. Nach § 22 Abs. 1 der Verwaltungssatzungen sei dieser Vertrag daher nicht zu Stande gekommen und entfalte keine Rechtswirksamkeit. Um Rechtssicherheit zu erlangen, ersuche er die Agrarbehörde um Prüfung dieser Beschwerde und um bescheidmäßige Erledigung.

2        Am 24. Oktober 2018 erhob der Revisionswerber eine Säumnisbeschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG, weil über diese Beschwerde nicht entschieden worden war.

3        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. November 2018 wurde unter Spruchpunkt I. die Säumnisbeschwerde vom 24. Oktober 2018 aufgrund der Beschwerde vom 17. April 2018 als unzulässig zurückgewiesen. Unter Spruchpunkt II. wurde über den Revisionswerber eine Mutwillensstrafe in der Höhe von € 350 verhängt.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde mit der Maßgabe ab, dass der als „Beschwerde“ bezeichnete verfahrenseinleitende Antrag vom 17. April 2018 als unzulässig zurückgewiesen und das Säumnisverfahren gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG eingestellt wurde. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

5        Begründend ging das Verwaltungsgericht zusammengefasst davon aus, dass die Agrarbehörde nach § 6 Abs. 5 Steiermärkisches Agrargemeinschaftengesetz 1985 (StAgrGG 1985) Streitigkeiten, die zwischen Mitgliedern einer Agrargemeinschaft und dieser oder ihren Organen aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entstehen, zu entscheiden habe. Im vorliegenden Fall liege jedoch keine solche Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis vor, der Revisionswerber habe vielmehr eine Aufsichtsbeschwerde erhoben. Auf die Wahrnehmung der behördlichen Aufsichtsbefugnisse im Sinne des § 6 Abs. 1 StAgrGG 1985 habe er jedoch keinen Anspruch. Die subjektiv-öffentlichen Rechte eines Mitglieds erschöpften sich in den materiellen Mitgliedschaftsrechten, das seien Bezüge, die Teilnahme an der Verwaltung und die Übernahme von Verpflichtungen. Aufkommende Zweifel allein am satzungskonformen Handeln der Vollversammlung berührten die Mitgliedschaftsrechte des Antragstellers hingegen nicht. Der Antrag des Revisionswerbers sei daher zurückzuweisen. Diese Zurückweisung habe die belangte Behörde nach Erhebung der Säumnisbeschwerde innerhalb der Frist des § 16 Abs. 1 VwGVG - wenn auch mit einer missverständlichen Spruchformulierung - nachgeholt, sodass die Beschwerde unter Korrektur des Spruchs abzuweisen sei.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

7        Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof brachte die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung ein, in der sie der Revision entgegen trat und Aufwandersatz beantragte. Die belangte Behörde schilderte in ihrer Revisionsbeantwortung das Verwaltungsgeschehen. Der Revisionswerber brachte weitere Schriftsätze ein.

8        Die Revision erweist sich als nicht zulässig.

9        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen. Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein solcher Beschluss in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, entgegen der Beurteilung des Verwaltungsgerichtes liege sehr wohl eine von der Agrarbehörde zu behandelnde Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis vor, weil er im Streit mit den Organen der mitbeteiligten Agrargemeinschaft über die Missachtung der Verwaltungssatzungen hinsichtlich der Zeichnungs- und Vertretungsbefugnis liege.

13       Die Frage, ob die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage mittlerweile durch den Verwaltungsgerichtshof geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (VwGH 24.3.2021, Ra 2021/09/0037, mwN).

14       Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 28. März 2019, Ra 2019/07/0011, in einem vergleichbaren Fall - betreffend die gleichen Parteien wie im vorliegenden Verfahren - festgehalten, dass nach § 24 Abs. 1 der Satzung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft die Agrarbehörde nur insoweit über Streitigkeiten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entscheidet, als hiefür nicht die ordentlichen Gerichte zuständig sind.

15       Wie im dortigen Verfahren behauptet der Revisionswerber in seiner Beschwerde vom 17. April 2018 zwar ein Fehlverhalten von Organen der Agrargemeinschaft, trägt aber - abgesehen vom Ersuchen um Prüfung der Beschwerde und bescheidmäßige Erledigung - kein konkretes Begehren an die belangte Behörde heran. Inhaltlich bringt er vor, dass der betreffende Vertragsabschluss unwirksam gewesen sei und dass er darüber Rechtssicherheit erlangen möchte.

16       Mit diesem Begehren trägt der Revisionswerber eine Angelegenheit an die Agrarbehörde heran, die zwar in einem Bezug zu seinem Mitgliedschaftsverhältnis zur Agrargemeinschaft steht; dennoch liegt keine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis nach § 6 Abs. 5 StAgrGG 1985 vor. Zur Entscheidung über die Rechtsunwirksamkeit oder die Nichtigkeit von Verträgen - als Hauptfrage - sind nämlich die ordentlichen Gerichte zuständig (vgl. VwGH 28.3.2019, Ra 2019/07/0011, Rn 28).

17       Ohne dass hier auf die diesbezüglichen zivilrechtlichen Fragen - etwa ob der Revisionswerber das erforderliche rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung darzustellen vermag - näher einzugehen wäre, ist daher auch im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass eine Zuständigkeit der Agrarbehörde zur Entscheidung über eine solche Streitigkeit bereits nach § 24 Abs. 1 der Satzung ausscheidet.

18       Die Ansicht des Verwaltungsgerichtes, es liege hier keine von der Agrarbehörde zu entscheidende Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis vor, weicht somit im Ergebnis nicht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab.

19       In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

20       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 14. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019070047.L00

Im RIS seit

18.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten