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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die außerordentliche Revision der A AG in B, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 1. September 2020, Zl. LVwG-750912/2/MZ, betreffend Ansprüche nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 13. Juli 2020 wurde der Antrag der Revisionswerberin vom 29. April 2020 auf Zuerkennung einer Vergütung gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) für das einem näher bezeichneten Arbeitnehmer während dessen Absonderung vom 1. bis 14. April 2020 fortbezahlte Entgelt abgewiesen.
2 Begründend ging die belangte Behörde davon aus, dass der Antrag mit der selbstüberwachten Heimquarantäne infolge einer Reiserückkehr dieses Arbeitnehmers begründet worden sei. Mangels von der belangten Behörde verfügten Maßnahmen nach dem EpiG gebühre keine Vergütung nach § 32 EpiG.
3 In der dagegen von der Revisionswerberin erhobenen Beschwerde wurde mit umfangreichen Darlegungen die Ansicht vertreten, dass die auf Grund der vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gestützt auf § 25 EpiG erlassenen Verordnung über Maßnahmen bei der Einreise aus Italien, BGBl. II Nr. Nr. 87/2020 (in der Fassung der Verordnungen über Maßnahmen bei der Einreise aus Italien, der Schweiz, Liechtenstein, Deutschland, Ungarn und Slowenien, BGBl. II Nr. 104/2020 und Nr. 111/2020), angeordnete Heimquarantäne einer Absonderung bzw. Überwachung im Sinne der §§ 7 und 17 EpiG gleichzuhalten und gemäß § 32 EpiG zu vergüten sei.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 1. September 2020 wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt.
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit hier von Relevanz - aus, die Aufzählung der Alternativen in § 32 Abs. 1 EpiG sei als taxativ anzusehen. Die verordneten Maßnahmen in Form von Einreisebeschränkungen aus dem Ausland im Sinne des § 25 EpiG, der in § 32 Abs. 1 leg. cit. keine Erwähnung finde, rechtfertigten keinen Vergütungsanspruch nach dieser Bestimmung.
6 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 2. März 2021, E 3750/2020-10, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
7 Die vorliegende, innerhalb der Frist des § 26 Abs. 4 VwGG erhobene außerordentliche Revision erweist sich als unzulässig:
8 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 5.3.2021, Ra 2020/09/0072; 21.12.2020, Ra 2020/09/0065 bis 0066; 15.9.2020, Ra 2020/09/0030).
11 Die Frage, ob die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage mittlerweile durch den Verwaltungsgerichtshof geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. VwGH 23.4.2021, Ra 2021/09/0070; 25.2.2020, Ra 2019/09/0108; 21.2.2020, Ra 2019/09/0116).
12 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird geltend gemacht, in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei nicht geklärt, ob „die durch § 2 in der 111. VO normierte 14-tägige selbstüberwachte Heimquarantäne eine Maßnahme iSd § 32 Abs. 1 EpiG“ darstelle.
13 Dazu ist die Revisionswerberin auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen: In den hg. Beschlüssen vom 23. April 2021, Ra 2020/09/0070, und vom 8. Juni 2021, Ra 2021/09/0091, auf deren Begründungen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz iVm Abs. 9 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits eine interpretative Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG aufgrund von „generellen Quarantäneanordnungen“ verneint (vgl. zur Entschädigung für Verdienstentgang wegen Heimquarantäne nach Reiserückkehr auch VfGH 2.3.2021, E 4202/2020; siehe weiters VfGH 26.11.2020, E 3544/2020, wonach gegen die in § 32 Abs. 1 Z 7 EpiG zum Ausdruck kommende Differenzierung, dass zwar Entschädigungen im Falle kleinräumiger Verkehrsbeschränkungen nach § 24 EpiG, nicht jedoch im Falle - letztlich alle betreffender - Verkehrsbeschränkungen gegenüber dem Ausland nach § 25 EpiG gewährt werden, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen).
14 In der Zulässigkeitsbegründung wird im Weiteren geltend gemacht, das Verwaltungsgericht sei seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen, weil es keine eigenen Feststellungen getroffen, sondern nur den Verfahrensgang wiedergegeben und diesen zum Teil zum Sachverhalt erklärt habe.
15 Zu diesem Vorbingen ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz von Verfahrensmängeln, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden muss, wenn Verfahrensmängel - wie hier Begründungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt werden (vgl. VwGH 20.1.2021, Ra 2020/09/0055; 2.7.2020, Ra 2019/09/0094; 21.4.2020, Ra 2020/09/0007). Mit den vorliegenden Zulässigkeitsausführungen wird Derartiges aber nicht dargelegt.
16 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 21. September 2021
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090147.L00Im RIS seit
18.10.2021Zuletzt aktualisiert am
18.10.2021