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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
ÄrzteG 1949 §11Rechtssatz
§ 11 ÄrzteG 1949 besagt lediglich, dass der Arzt sich vor Ausstellung des Zeugnisses über alle von ihm sachkundig zu beurteilenden Tatsachen in ausreichender Weise Gewissheit verschafft haben muss, keineswegs aber, dass er sich diese Gewissheit in allen Fällen nur durch eine unmittelbar vorangehende persönliche Untersuchung verschaffen darf. Es wird daher immer nach den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen sein, ob in der Ausstellung eines ärztlichen Zeugnisses ohne eine unmittelbar vorangegangene persönliche Untersuchung ein Verstoß gegen die dem Arzt in § 11 ÄrzteG 1949 auferlegte Verpflichtung erblickt werden muss (vgl. OGH 7.1.1959, 6 Ob 330/58). Der VwGH sieht keine Veranlassung, von diesem Verständnis der dem Arzt insoweit - nunmehr durch § 55 ÄrzteG 1998 - auferlegten Berufspflichten abzugehen, dies schon deshalb, weil das ÄrzteG 1998 seit der Novellierung BGBl. I Nr. 25/2017 in § 47 Abs. 1 ausdrücklich auf die "Erstellung von Aktengutachten" Bezug nimmt und daher eine in jedem Fall durchzuführende ärztliche Untersuchung nicht voraussetzt. Es ist daher nach den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen, ob in der Ausstellung eines ärztlichen Zeugnisses ohne eine ärztliche Untersuchung ein Verstoß gegen die in § 55 ÄrzteG 1998 auferlegte Verpflichtung zu sehen ist, wobei allerdings die Ausstellung eines ärztlichen Zeugnisses ohne vorherige Untersuchung als Ausnahmefall einer nachvollziehbaren Begründung bedarf. Der Umstand, dass eine von der Auftraggeberin vorgeschlagene Beobachtung aufgrund einer Terminkollision der Ärztin nicht möglich gewesen ist, ist ungeeignet, das Unterbleiben einer zur Erfüllung der Anforderungen des § 55 ÄrzteG 1998 erforderlichen Beobachtung zu begründen.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020090016.J02Im RIS seit
18.10.2021Zuletzt aktualisiert am
18.10.2021