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E000 EU- Recht allgemeinNorm
AufenthaltsabgabeG Tir 1991 §3 Abs3Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision 1. des S A in K, 2. der E A in S, und 3. der B H in W, alle vertreten durch Mag. Stefan Geisler und Mag. Markus Gredler, Rechtsanwälte in 6280 Zell am Ziller, Talstraße 4a, gegen das am 4. Mai 2021 mündlich verkündete und am 9. Juli 2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol, Zl. LVwG-2020/14/2082-4, betreffend Freizeitwohnsitzpauschale gemäß Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Mit Eingabe vom 14. Jänner 2020 begehrten die Antragsteller die Rückzahlung der für die Jahre 2017 und 2018 geleisteten Aufenthaltsabgabe (Freizeitwohnsitzpauschale nach dem Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003). Sie machten geltend, sie seien jeweils zu einem Drittel Miteigentümer einer Liegenschaft, auf dem der Freizeitwohnsitz M7 errichtet sei. Sie seien somit Verfügungsberechtigte über diesen Freizeitwohnsitz im Sinne des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003. Erstmals mit Rechnung des Tourismusverbandes vom 12. Februar 2018 sei für diesen Freizeitwohnsitz für das Jahr 2017 eine Freizeitwohnsitzpauschale in Rechnung gestellt worden (624 €). Mit weiterer Rechnung vom 14. Dezember 2018 habe der Tourismusverband auch für das Jahr 2018 eine Freizeitwohnsitzpauschale in derselben Höhe vorgeschrieben. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Vorschreibung hätten die Revisionswerber diese Abgaben rechtsirrtümlich entrichtet. Da die Freizeitwohnsitzpauschale aber nicht zu leisten gewesen wäre, werde deren Rückzahlung beantragt. Beim Freizeitwohnsitz handle es sich um das Elternhaus der Mutter der Revisionswerber, sie sei in diesem Haus aufgewachsen. Es handle sich um ein etwa 500 Jahre altes Bauernhaus, das von der Familie nach und nach instandgesetzt worden sei. Die Revisionswerber würden das Haus jeweils nur für wenige Nächtigungen pro Jahr nützen. Mit Ausnahme der Besuche der Familie werde die „Hütte“ nicht genutzt, insbesondere werde diese auch nicht vermietet. Es handle sich vielmehr um einen Treffpunkt für die gesamte Familie, wo die Revisionswerber mit ihren eigenen Familien mit ihren Eltern zusammenkämen. Ein Bezug zum Tourismus lasse sich damit nicht herstellen. Die Revisionswerber und ihre nahen Angehörigen seien keine „Gäste in Tirol“ im Sinne des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003.
2 Mit Bescheid vom 5. März 2020 setzte die Tiroler Landesregierung (belangte Behörde) die für die Jahre 2017 und 2018 an den Tourismusverband zu entrichtenden Aufenthaltsabgaben (Freizeitwohnsitzpauschale) für das Objekt M7 mit (insgesamt) 1.248 € fest. Sie hielt fest, dass die Aufenthaltsabgaben bereits entrichtet seien. Weiters wies sie den Antrag auf Rückzahlung der für die Jahre 2017 und 2018 entrichteten Abgaben als unbegründet ab.
3 Die Revisionswerber erhoben gegen diesen Bescheid Beschwerde.
4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 20. August 2020 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.
5 Die Revisionswerber beantragten die Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
7 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das Objekt M7 stehe im Miteigentum der Revisionswerber. Das darauf errichtete Gebäude sei mit Bescheid des Bürgermeisters vom 25. November 1994 als Freizeitwohnsitz genehmigt und in das Freizeitwohnsitzverzeichnis eingetragen worden. Das Objekt sei das Elternhaus der Mutter der Revisionswerber und ein Treffpunkt für die gesamte Familie. Die Eltern der Revisionswerber nutzten das Gebäude durchschnittlich zehn Tage pro Monat, teilweise gemeinsam, teilweise alleine. Der Erstrevisionswerber übernachte dort jeweils eine Woche über Silvester gemeinsam mit seiner Familie und weiters in den Sommermonaten höchstens für eine Woche durchgehend, insgesamt maximal fünf Wochenenden pro Jahr. Die Zweitrevisionswerberin verbringe gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten maximal sechs Wochenenden pro Jahr im Gebäude, teilweise auch während der Woche. Die Drittrevisionswerberin suche das Haus pro Jahr acht bis zehn Mal für jeweils drei bis fünf Tage auf. Anderweitig werde der Freizeitwohnsitz nicht genutzt oder vermietet. Weder die Revisionswerber noch sonst jemand habe in diesem Objekt einen Hauptwohnsitz.
8 Die Revisionswerber seien als Miteigentümer des Objektes Verfügungsberechtigte und damit Abgabenschuldner. Abgabepflichtig seien grundsätzlich alle Nächtigungen im Rahmen des Tourismus u.a. in Freizeitwohnsitzen, die nicht oder nicht nur wechselnden Gästen überlassen würden. Ausgenommen seien jene Nächtigungen, bei denen kein Bezug zum Tourismus bestehe. Tourismus sei die Gesamtheit der Vorgänge und Wirkungen, die sich aus dem Aufenthalt von Gästen in Tirol ergäben. Als Gäste seien auch solche Personen zu verstehen, die innerhalb Tirols ihren Hauptwohnsitz hätten. Dies ergebe sich aus dem systematischen Zusammenhang mit § 4 Abs. 1 lit. a Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003. Demnach seien Nächtigungen von Personen (nur) in der Gemeinde nicht abgabepflichtig, in der diese ihren Hauptwohnsitz haben. Die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 1 lit. e leg. cit. sei nur dann erfüllt, wenn der Besuchscharakter überwiege. Diese Ausnahmeregelung für Verwandtenbesuche komme hier nicht zur Anwendung. Die Revisionswerber seien Miteigentümer des angesprochenen Objekts; sie würden daher nicht „bei“ einem Verwandten nächtigen, sondern im eigenen Objekt. Wenn das Objekt einen Treffpunkt für die gesamte Familie darstelle, stehe nicht der Verwandtenbesuch im Vordergrund, sondern der gemeinsame, zeitgleiche Aufenthalt von Familienmitgliedern an einem vertrauten Ort. Damit sei gerade ein Kernmerkmal von Urlaub bzw. Tourismus verbunden, nämlich Zeit mit Familie oder Freunden an einem Ort zu verbringen, wo man nicht gewöhnlich wohne.
9 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. Zur Zulässigkeit wird insbesondere geltend gemacht, der Verwaltungsgerichtshof habe bisher die (hier und in vielen anderen Fällen entscheidende) Frage nicht behandelt, ob gelegentliche Nächtigungen in Freizeitwohnsitzen durch Verfügungsberechtigte und allenfalls deren nahe Angehörige, die alle ihren Hauptwohnsitz in Tirol hätten, als Nächtigungen im Rahmen des Tourismus zu beurteilen und damit abgabepflichtig seien.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Die Revision ist aus den aufgezeigten Gründen zulässig, aber nicht begründet.
12 Das Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 (hier jeweils in der Stammfassung LGBl. Nr. 85) lautet auszugsweise:
„§ 1 Zweck und Art der Abgabe
(1) Zur Förderung des Tourismus in Tirol wird eine Aufenthaltsabgabe erhoben.
(2) Die Aufenthaltsabgabe - in der Folge kurz ‚Abgabe‘ genannt - ist eine ausschließliche Landesabgabe.
§ 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes ist/sind:
a) ‚Tourismus‘ die Gesamtheit der Vorgänge und Wirkungen, die sich aus dem Aufenthalt von Gästen in Tirol ergeben;
b) ‚Gäste‘ Urlauber, Geschäftsreisende, Kurgäste und sonstige Besucher Tirols;
[...]
e) ‚Freizeitwohnsitze‘ Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden;
f) ‚Verfügungsberechtigter‘ der Eigentümer eines Freizeitwohnsitzes oder einer mobilen Unterkunft oder der sonst darüber Verfügungsberechtigte;
g) ‚Freizeitwohnsitzpauschale‘ die vom Verfügungsberechtigten eines Freizeitwohnsitzes für seine Nächtigungen und für die Nächtigungen seiner Angehörigen zu entrichtende Abgabe;
[...]
i) ‚Angehörige‘ der Ehegatte bzw. Lebensgefährte, die Verwandten oder Verschwägerten in auf- oder absteigender Linie und die Geschwisterkinder des über einen Freizeitwohnsitz oder eine mobile Unterkunft Verfügungsberechtigten oder Personen, die mit diesem noch näher verwandt oder im gleichen Grad verschwägert sind;
[...]
§ 3 Abgabepflicht
(1) Abgabepflichtig sind alle Nächtigungen im Rahmen des Tourismus
a) in Beherbergungsbetrieben und
b) in Freizeitwohnsitzen, die nicht oder nicht nur wechselnden Gästen überlassen werden,
soweit im § 4 Abs. 1 nichts anderes bestimmt ist.
[...]
§ 4 Ausnahmen von der Abgabepflicht
(1) Nicht abgabepflichtig sind:
a) Nächtigungen von Personen in der Gemeinde, in der sie ihren Hauptwohnsitz haben;
[...]
e) Nächtigungen von Personen bei einem Verwandten oder Verschwägerten in auf- oder absteigender Linie, einem Geschwisterkind oder einer Person, zu der sie noch näher verwandt oder im gleichen Grad verschwägert sind;
[...]
§ 6 Höhe der Abgabe
[...]
(6) Die Höhe des Freizeitwohnsitzpauschales ergibt sich aus der Vervielfachung der im Gebiet des Tourismusverbandes am 1. Mai eines jeden Jahres zu entrichtenden Abgabe mit der Nächtigungszahl. Die Nächtigungszahl beträgt bei einer Wohnnutzfläche bis zu 30 m² 120, bis zu 100 m² 240 und darüber 360. Bei einer Staffelung der Abgabe nach Gebietsteilen ist jener Betrag heranzuziehen, der für die Nächtigung in dem Gebietsteil, in dem der Freizeitwohnsitz liegt, zu entrichten ist. Die Verpflichtung des über einen Freizeitwohnsitz Verfügungsberechtigten zur Abfuhr der von anderen Personen als seinen Angehörigen für Nächtigungen im Freizeitwohnsitz zu entrichtenden Abgaben wird durch das Freizeitwohnsitzpauschale nicht berührt. Das Freizeitwohnsitzpauschale vermindert sich jeweils um die Hälfte jenes Betrages, der von den anderen Personen im vorangegangenen Jahr als Abgabe entrichtet worden ist, höchstens jedoch auf ein Viertel.
[...]“
13 In den Erläuterungen zum Entwurf des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003 (Landtagsmaterialien 252/03) wurde u.a. ausgeführt:
„b) Im § 2 werden im Interesse der besseren Verständlichkeit Begriffsbestimmungen aufgenommen.
Es wird in der lit. a der Begriff ‚Tourismus‘ definiert, und die Auslegung des Wortes ‚Gast‘ in der lit. b orientiert sich am § 2 Abs. 1 Z. 1 der Tourismus-Statistik-Verordnung 2002, BGBl. II Nr. 498. [...]
c) Die Umschreibung des Abgabentatbestandes wird im § 3 Abs. 1 insofern vereinfacht, als dezidiert nur mehr Nächtigungen im Rahmen des Tourismus für abgabepflichtig erklärt werden. Nach § 2 Abs. 1 des Aufenthaltsabgabegesetzes 1991 sind nämlich prinzipiell alle Nächtigungen im Gebiet eines Tourismusverbandes abgabepflichtig und nur in Verbindung mit den Ausnahmen von der Abgabepflicht nach § 4 ist der - finanzausgleichsrechtlich vorgegebene - Bezug zum Tourismus erkennbar.
d) Im § 4 werden die Ausnahmen von der Abgabepflicht einer kritischen Überarbeitung unterzogen. So sollen jene Nächtigungen nicht mehr genannt werden, bei denen sich kein Bezug zum Tourismus herstellen lässt (z.B. im Rahmen des Wehr- oder Zivildienstes oder bei einem Ehegatten oder Lebensgefährten), [...]“
14 Gäste im Sinne der Tourismus-Statistik-Verordnung 2002, BGBl. II Nr. 498, sind Urlauber, Geschäftsreisende, Kurgäste und sonstige Personen, die in einem Beherbergungsbetrieb nicht länger als zwölf Monate nächtigen (§ 2 Abs. 1 Z 1 der Verordnung). Diese Verordnung dient insbesondere - wie sich aus § 1 Abs. 2 der Verordnung ergibt - der Erfüllung der Verpflichtungen Österreichs auf Grund der Richtlinie 95/57/EG, ergänzt durch Durchführungsbestimmungen 1999/35/EG. Daraus geht hervor, dass neben dem „Nichtinländer-Tourismus“ auch der „Inländertourismus“ erfasst werden soll (vgl. Art. 2 lit. b der Richtlinie 95/57/EG; vgl. nunmehr Verordnung (EU) Nr. 692/2011 vom 6. Juli 2011, Art. 2 lit. k: Binnenreiseverkehr und Einreiseverkehr). Vor diesem Hintergrund umfasst der Begriff des „Gastes“ nach der Touristik-Statistik-Verordnung 2002 völlig unzweifelhaft sowohl inländische (österreichische) als auch ausländische Gäste. Wenn § 2 lit. b Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 „Gäste“ als Urlauber, Geschäftsreisende, Kurgäste und sonstige Besucher Tirols definiert, so erfolgt die Einschränkung (gegenüber einer für das gesamte Bundesgebiet geltenden Verordnung eines Bundesministers) auf das Bundesland Tirol deswegen, weil mit dem Landesgesetz nur an Aufenthalte in Tirol angeknüpft werden soll. Dass aber hier anders als nach der entsprechend der Absicht des Gesetzgebers als Vorbild genannten Regelung Binnenreisende (hier also - wie in der Revision dargelegt - Tiroler Landesbürger mit Hauptwohnsitz in Tirol) vom Begriff des „Gastes“ nicht umfasst sein sollen, ist nicht ersichtlich. Dagegen spricht auch - wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt - § 4 Abs. 1 lit. a Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003. Diese Bestimmung wäre bei einem Ausschluss der Binnenreisenden vom Begriff des „Gastes“ überflüssig, was aber (zumindest im Zweifel) nicht anzunehmen ist. Wenn also Nächtigungen von Personen in der Gemeinde, in der sie ihren Hauptwohnsitz haben, ausdrücklich von der Abgabepflicht ausgenommen sind, ist anzunehmen, dass auch diese Personen - selbst wenn sie ihren Hauptwohnsitz in derselben Gemeinde haben - als „Gäste“ iSd § 2 lit. b leg. cit. zu beurteilen sind, wenn sie - nur dann ist dies für die Abgabepflicht von Bedeutung - in einem Beherbergungsbetrieb oder in einer Freizeitwohnung nächtigen.
15 Nach § 3 Abs. 1 Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 sind nur Nächtigungen im Rahmen des Tourismus abgabepflichtig. Als „Gäste“ sind auch Personen zu verstehen, die ihren Hauptwohnsitz in Tirol haben. Wenn sohin - auch - Tiroler Landesbürger mit Hauptwohnsitz in Tirol in ihrem eigenen Ferienwohnsitz, der schon seiner Definition nach zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet wird (§ 2 lit. e leg. cit.) in Tirol nächtigen, so handelt es sich damit um den Aufenthalt eines „Gastes“ (iSd Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes 2003) in Tirol und somit um eine Nächtigung im Rahmen des Tourismus. Gleiches gilt auch für Nächtigungen der Angehörigen des Verfügungsberechtigten des Freizeitwohnsitzes.
16 Nicht übersehen wird, dass diese Auslegung dazu führt, dass der Verfügungsberechtigte als „Gast“ an seinem eigenen Wohnsitz (allenfalls auch als „Gast“ in seinem eigenen Beherbergungsbetrieb) beurteilt wird. Es wird aber zum einen auch von den Revisionswerbern nicht bestritten, dass etwa Personen, die ihren Hauptwohnsitz nicht in Tirol haben, an ihrem Freizeitwohnsitz als „Gäste“ abgabepflichtig sind. Zum anderen würde eine andere Auslegung der Gesetzessystematik und der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers widersprechen. § 2 lit. g Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 definiert die Freizeitwohnsitzpauschale als Abgabe, die vom Verfügungsberechtigten eines Freizeitwohnsitzes unter anderem für seine Nächtigungen zu entrichten ist; diese Abgabepflicht setzt voraus, dass es sich um eine Nächtigung im Rahmen des Tourismus und somit beim Verfügungsberechtigten um einen „Gast“ handelt. Weiters sah die Vorgängerregelung (Aufenthaltsabgabegesetz 1991, LGBl. Nr. 35; zuletzt in der Fassung LGBl. Nr. 140/1998) ebenfalls eine Abgabepflicht für alle Nächtigungen (insoweit im Gebiet eines Tourismusverbandes) in Freizeitwohnsitzen vor (§ 3 Abs. 3 leg. cit.). Mit dem Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 sollte - nach den zitierten Erläuterungen - der Abgabetatbestand (lediglich) dadurch vereinfacht werden, als nur mehr Nächtigungen im Rahmen des Tourismus für abgabepflichtig erklärt würden und die Ausnahme insoweit angepasst werden, als jene Nächtigungen nicht mehr genannt würden, bei denen sich kein Bezug zum Tourismus herstellen ließ. Eine Aufhebung der Abgabepflicht für Nächtigungen des Verfügungsberechtigten in Freizeitwohnsitzen (weil es sich um keinen „Gast“ handle) war aber erkennbar nicht beabsichtigt.
17 Unbestritten ist, dass das zu beurteilende Objekt als Freizeitwohnsitz zu beurteilen ist (vgl. hiezu etwa VwGH 28.6.2021, Ra 2021/06/0056, mwN).
18 Damit sind die Voraussetzungen für die Abgabepflicht nach § 3 Abs. 1 lit. b Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 erfüllt.
19 Auch eine die Abgabepflicht insgesamt ausschließende Ausnahme von der Abgabepflicht liegt nicht vor. Nach § 4 Abs. 1 lit. e Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003 sind Nächtigungen von Personen bei - näher bestimmten - Verwandten oder Verschwägerten nicht abgabepflichtig. Betreffend Nächtigungen der Revisionswerber selbst liegen aber keine Nächtigungen bei Verwandten vor, sondern Nächtigungen im (wenn auch bei bloßem Miteigentum) eigenen Freizeitwohnsitz. Diese Nächtigungen sind damit nicht von der Abgabepflicht ausgenommen. Ob die Nächtigungen der Eltern der Revisionswerber den Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 lit. e leg. cit. erfüllen (diese Ausnahmebestimmung wird nur schlagend, wenn es sich um Nächtigungen im Rahmen des Tourismus handelt, die im Freizeitwohnsitz - oder in einem Beherbergungsbetrieb - des Angehörigen erfolgen, sonst wäre schon nach § 3 Abs. 1 leg. cit. keine Abgabepflicht gegeben) und ob dies allenfalls davon abhängig wäre, ob die Angehörigen gleichzeitig anwesend sind (arg. „bei“), kann hier offen bleiben, da bereits die Nächtigungen der Revisionswerber alleine die (der Höhe nach pauschale) Abgabepflicht begründen.
20 Nach dem Gesagten erweist sich - wovon auch die belangte Behörde ausgegangen ist - die Selbstberechnung der Aufenthaltsabgabe durch die Revisionswerber als zutreffend. Für den Fall, dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als richtig erweist, darf keine Festsetzung der Abgabe erfolgen (vgl. VwGH 18.9.2013, 2010/13/0133).
Im Hinblick auf den von den Revisionswerbern geltend gemachten Revisionspunkt - sie erachten sich in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Rückzahlung der ungebührlich geleisteten Abgaben verletzt - ist diese Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntisses vom Verwaltungsgerichtshof nicht aufzugreifen.
21 Da sohin der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.
Wien, am 22. September 2021
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021130111.L00Im RIS seit
28.01.2022Zuletzt aktualisiert am
31.01.2022