TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/7 W222 2163309-2

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Veröffentlicht am 07.05.2021
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Entscheidungsdatum

07.05.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §46a Abs1 Z3
FPG §46a Abs4

Spruch


W222 2163309-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 46a Abs. 1 Z3 iVm Abs. 4 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste spätestens im September 2014 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 25.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde der Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Abschiebung für zulässig erklärt und eine zweiwöchige Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt. Die gegen den Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.12.2019, W196 2163309-1/13E, als unbegründet abgewiesen.

Am 17.01.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG. Der Antrag wurde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 58 Abs. 10 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und erwuchs mit 13.03.2020 in Rechtskraft.

Am 05.03.2020 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG. In seiner Antragsbegründung erläuterte er, dass seine Abschiebung aus tatsächlichen, nicht von ihm zu vertretenden Gründen unmöglich sei. Er habe keinen Reisepass, daher sei seine Abschiebung ausgeschlossen. Mit dem Antrag legte der Beschwerdeführer eine Reihe an Integrationsunterlagen (Zeugnis Integrationsprüfung A2, Teilnahmebestätigung Integrationsprojekt, Kursbesuchsbestätigung „Lehrgang zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses“, Anmeldebestätigungen XXXX , Einladung Abschlussfeier Pflichtschulabschluss-Lehrgang, Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs) vor.

Mit Schreiben vom 15.05.2020 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert. Am 19.05.2020 kam der Beschwerdeführer der Aufforderung nach und erklärte, dass er beim Verein XXXX zur Rückkehrberatung gewesen sei, jedoch keinerlei Informationen erhalten habe. In Österreich gebe es keine somalische Botschaft, ohne Reisedokument sei es ihm nicht möglich, ins europäische Ausland zu reisen, um eine somalische Botschaft aufzusuchen. Er habe bei der somalischen Botschaft in XXXX angerufen, dort habe jedoch niemand das Telefon beantwortet. Er habe in Österreich keine Familienangehörigen, spreche jedoch sehr gut Deutsch, weshalb er leicht neue Kontakte knüpfen könne. Er habe auch den Hauptschulabschluss gemacht und würde gerne arbeiten. Den letzten Kontakt zu seiner Familie habe er im Jahr 2015 gehabt. Er wisse nicht, wo sie sich jetzt aufhalte und habe versucht, über informelle Quellen Kontakt aufzunehmen, das sei ihm jedoch nicht gelungen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 3 FPG der Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete abgewiesen. Begründend wurde zusammenfassend ausgeführt, dass seit dem 17.12.2019 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung bestehe und der Beschwerdeführer seine Verpflichtung zur Ausreise nicht wahrgenommen habe. Seither halte er sich illegal im Bundesgebiet auf. Er sei nicht rückkehrwillig. Bei der somalischen Botschaft in XXXX sei ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer beantragt worden, eine Antwort stehe noch aus. Erfahrungsgemäß könne die Identifizierung einer Person und die Ausstellung eines Heimreisezertifikates längere Zeit in Anspruch nehmen und mehrerer Urgenzen bzw. Schritte bedürfen. Eigene Bemühungen, bei der Botschaft Reiseunterlagen zu erhalten, habe der Beschwerdeführer gar nicht erst unternommen. Daher sei er seiner Mitwirkungspflicht, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, um ein Reisedokument zu erhalten und seine Ausreiseverpflichtung wahrzunehmen, nicht nachgekommen. Der Beschwerdeführer habe keinen Nachweis vorgelegt, dass er aus eigener Initiative in Kontakt mit der somalischen Behörde getreten wäre. Ebensowenig habe er Kontakt mit seiner Familie in Somalia aufgenommen, um die erforderlichen Dokumente zu beschaffen und sich diese gegebenenfalls auf postalischem Wege schicken zu lassen. Die Bestimmungen des § 46a FPG würden voraussetzen, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahmen seitens des Bundesamtes nachkomme. Würden nur im Einzelfall faktische Ausreisehindernisse, wie das Fehlen eines erforderlichen Reisedokuments, bestehen, so sei es auch Teil der freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus eigenem um die Beseitigung des Hindernisses zu kümmern und zB die Neuausstellung eines Reisedokumentes bei der zuständigen Botschaft zu beantragen. Dies ergebe sich aus § 46 Abs. 2 FPG. Die überwiegende Pflicht zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes liege beim Fremden, nicht beim Bundesamt. Da er seine Mitwirkungspflicht verletzt habe, sei ihm keine Karte für Geduldete auszustellen.

Mit Schriftsatz vom 24.06.2020 wurde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben. Vorgebracht wurde, dass die belangte Behörde ihren Ermittlungspflichten nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sei und das Verfahren daher mit einer Mangelhaftigkeit belastet habe. Der Beschwerdeführer habe am 10.10.2020 nachweislich die Antwort der somalischen Botschaft in Berlin an den zuständigen Referenten per E-Mail geschickt. Er habe somit dokumentiert dargelegt, dass er alle ihm möglichen Schritte gesetzt habe. Er habe im Dezember 2019 zuerst per E-Mail bei der somalischen Botschaft in Genf versucht, ein Reisedokument zu erlangen und habe eine sofortige abschlägige Antwort erhalten. Eine Kontaktaufnahme auf telefonischem Weg sei ihm bisher nicht gelungen. Es sei ihm ohne Dokumente auch nicht möglich, persönlich bei der Botschaft vorzusprechen. Er versuche weiterhin, per E-Mail etwas zu erreichen. Von der Familie könne er sich keine Dokumente schicken lassen, da bisher die Kontaktaufnahme gescheitert sei. Der letzte Kontakt habe im Jahr 2015 stattgefunden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Somalias, hält sich nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet seit spätestens September 2014 in Österreich auf. Seit rechtskräftigem Abschluss seines Verfahrens auf internationalen Schutz vom 17.12.2019 ist sein Aufenthalt illegal. Der damit verbundenen Ausreiseverpflichtung kam der Beschwerdeführer nicht nach.

Ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 58 Abs. 10 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und erwuchs mit 13.03.2020 in Rechtskraft.

Die Identität des Antragstellers steht mangels Vorlage identitätsbezeugender Dokumente nicht abschließend fest.

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Reisedokument.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist oder dass er versucht hat, unter Angabe seiner richtigen Identitätsdaten die Ausstellung eines Reispasses oder eines Ersatzreisedokumentes bei der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates zu beantragen.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem unzweifelhaften Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität nicht fest. Die Feststellung zu seiner Staatsangehörigkeit ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren.

Die Feststellungen der Einreise sowie der Abweisung seiner Anträge, der aufrechten Rückkehrentscheidung und seines illegalen Aufenthaltes ergeben sich aus den diesbezüglichen Verwaltungsakten.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer auch an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitgewirkt:

Wie in der rechtlichen Würdigung zu zeigen sein wird, ist nach aktueller Rechtslage ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt, verpflichtet, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde, aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer sich jemals aus Eigenem um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht hätte. Wenn in der Beschwerde behauptet wird, der Beschwerdeführer habe am 10.02.2020 nachweislich per E-Mail die Antwort der somalischen Botschaft in Genf an den zuständigen Referenten geschickt, so muss angemerkt werden, dass dem Akt kein diesbezüglicher Nachweis entnommen werden kann. Auch eine Rückfrage von Seiten der erkennenden Richtern beim zuständigen Referenten des Bundesamtes ergab, dass dieser keinen Nachweise per E-Mail erhalten habe und das Verfahren zudem erst im März 2020 angelegt worden sei. Wenn in der Beschwerde weiter angemerkt wird, dass Beschwerdeführer bereits im Dezember 2019 Bemühungen unternommen hat und seitdem auch weiter versucht hat, per E-Mail und per Telefon Kontakt mit der Botschaft aufzunehmen, ist dies - mangels Vorlage einer geeigneten Bestätigung über die behaupteten Bemühungen des Beschwerdeführers - als reine Schutzbehauptung zu werten. Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich mit der Botschaft seines Heimatstaates in Kontakt getreten, so hätte er jedenfalls eine Kopie des Kontaktaufnahmeversuchs – sei es ein E-Mail oder der Beleg eines eingeschriebenen Briefes – einbringen können. Der belangten Behörde ist daher in ihrer Ansicht beizutreten, dass der Beschwerdeführer bis dato den Nachweis einer selbstständigen Kontaktaufnahme mit seiner Vertretungsbehörde schuldig geblieben ist.

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer – wenn er angibt, zuletzt im Jahr 2015 Kontakt mit seiner Familie gehabt zu haben – auch diesbezüglich keine Belege dafür eingebracht, dass er versucht hätte, Kontakt über Facebook oder andere Quellen mit seiner Familie in der Heimat aufzunehmen.

Auch die Behauptung im Zuge der Antragstellung, dass die Erlangung eines somalischen Reisedokumentes faktisch unmöglich sei, da in Österreich keine somalische Botschaft etabliert sei, gehe ins Leere, da sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz Vertretungen seines Heimatstaates ansässig sind.

Wie von der belangten Behörde ausgeführt, wurde auch von Seiten des Bundesamtes bereits ein Heimreisezertifikat beantragt. Der Antrag wurde von Seiten der somalischen Vertretungsbehörde nicht abgelehnt, weshalb – wie vom Bundesamt ausgeführt – nach mehrmaligen Urgenzen mit der Ausstellung eines solchen Dokumentes gerechnet werden kann.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. § 46a FPG lautet auszugsweise:

„(1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

1.

deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

2.

deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;

3.

deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

4.

die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe liegen jedenfalls vor, wenn er

1.

seine Identität verschleiert,

2.

einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3.

an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen „Republik Österreich“ und „Karte für Geduldete“, weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(…)

Gemäß § 46 Abs. 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

Dass eine kausale Verknüpfung zwischen den in § 46a Abs. 3 FPG angeführten Handlungen bzw. Unterlassungen mit den Gründen für die Unmöglichkeit der Abschiebung bestehen muss, ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 46a Abs. 1 Z 3 iVm dem Einleitungssatz des Abs. 3. (vgl. ErläutRV zum FrÄG 2011 (1078 BlgNR 24. GP 27)). Nach diesen Materialien soll die Duldung nicht eintreten können, wenn die Unabschiebbarkeit deshalb Eintritt, weil der Fremde nicht im erforderlichen Ausmaß am Verfahren, etwa zur Erlangung eines Heimreisezertifikates, mitwirkt. Es muss nicht mehr die Identität des Fremden gesichert festgestellt werden, sondern es reicht für die Ausstellung einer solchen Karte die Heranziehung jener Identitätsdaten, die schon bisher dem Verfahren zugrunde gelegt wurden. Insoweit hat sich die Rechtslage mittlerweile nicht geändert. Auch daraus ergibt sich, dass die Verschleierung der Identität nur dann der Duldung entgegensteht, wenn deshalb die Unmöglichkeit der Abschiebung bewirkt wird (VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0078).

3.3 Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Eingangs ist festzuhalten, dass es nach dem Ergehen einer Rückkehrentscheidung allein an dem betroffenen Fremden gelegen ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und von sich aus alle dazu notwendigen, vorbereitenden Maßnahmen zu setzen (vgl § 46 Abs. 2 FPG). Schließlich handelt es sich bei einer Rückkehrentscheidung um einen höchstpersönlich wirkenden Leistungsbescheid, der den Bescheidadressaten - allenfalls unter Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG - zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet.

Da somit nur der Fremde selbst als Bescheidadressat diese Leistungspflicht erfüllen kann, muss er sich, sofern er über kein gültiges Reisedokument verfügt, rechtzeitig um die Ausstellung eines solchen bemühen.

Eine Abschiebung von ausreisepflichtigen Fremden - sprich: eine zwangsweise Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung - ist ausschließlich bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG vorgesehen, nämlich (u.a.) wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind (Z 2).

Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 FPG hat die belangte Behörde also die Abschiebung des Fremden zu veranlassen und nur wenn der Fremde über kein Reisedokument verfügt und die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden kann, hat die belangte Behörde darüber hinaus gemäß Abs. 2 leg. cit. bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen.

Aus dem Wortlaut des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG in Verbindung mit einer teleologisch-systematischen Betrachtungsweise ergibt sich somit Folgendes:

Wird gegen einen Fremden eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung für zulässig erklärt, liegen die Voraussetzungen für eine Duldung des Aufenthaltes dieses Fremden jedenfalls dann nicht vor, wenn dieser Fremde seiner Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise aus dem Bundesgebiet schuldhaft nicht nachgekommen ist (vgl. dazu VwGH 09.12.2014, G 160/2014 ua; G 171/2014 ua, zur Unmöglichkeit einer [freiwilligen] Ausreise). Der Aufenthalt eines ausreisepflichtigen Fremden im Bundesgebiet ist überdies dann nicht zu dulden, wenn dieser seine Mitwirkungspflicht nach § 46 Abs. 2 FPG verletzt hat, weil er an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments nicht im erforderlichen Umfang mitgewirkt hat.

Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet das, dass dem Beschwerdeführer eine schuldhafte Verletzung seiner Ausreiseverpflichtung zur Last zu legen ist, zumal nicht festgestellt werden konnte, dass er sich jemals aus Eigenem bei der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht hätte.

Das Gesetz setzt als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahme seitens des Bundesamtes bzw. - in dessen Auftrag - der Landespolizeidirektion (§ 5 BVA-VG), nachkommt. Dies folgt aus § 46 Abs. 1 FPG, wonach eine Abschiebung nur unter den darin genannten (alternativen) Voraussetzungen in Betracht kommt, sowie aus den Bestimmungen über die Ausreisefrist (§§ 55, 56) und den Durchsetzungsaufschub (§§ 70 Abs. 3 und 4, 71). Liegen nun im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehindernisse vor, wie sie insbesondere im Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes bestehen können, so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehindernisse zu kümmern, im Falle eines nicht (mehr) vorhandenen Reisedokumentes also z.B. dessen Neuausstellung bei der zuständigen ausländischen (Vertretungs-) Behörde zu beantragen. Dies ergibt sich aus § 46 Abs. 2 FPG, wonach ein zur Ausreise verpflichteter Fremder grundsätzlich angehalten ist, das im Fehlen eines Reisedokumentes regelmäßig gelegene Ausreisehindernis im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zu beseitigen.

Die Pflicht des Fremden nach Abs. 2 umfasst unter anderem die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insbesondere die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Satz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der Fremde die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen hat. Die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes und die Erstattung der dazu erforderlichen Angaben gemäß Abs. 2 erfolgt im Zusammenwirken zwischen dem Fremden und der zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat), also ohne direkte Einbeziehung des Bundesamtes. Das Bundesamt hat daher ein Interesse daran, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Abs. 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zulässigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist (insoweit ist auf die Erläuterungen zu § 76 Abs. 3 Z 1a zu verweisen).

Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren keinen Nachweis darüber erbracht, dass er zwecks Ausstellung eines Reisedokumentes auf elektronischem oder postalischem Weg mit der somalischen Botschaft Kontakt aufgenommen hat. Sohin ist er im gegenständlichen Fall seiner Pflicht nicht nachgekommen, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument zu beantragen und die Erfüllung dieser Pflicht dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen.

Damit liegen gemäß § 46a Abs. 3 Z 3 FPG vom Beschwerdeführer zu vertretende Abschiebungshindernisse vor.

Nachdem der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen wurde, wäre es ihm, wie die belangte Behörde zur Recht ausgeführt hat, jedoch zumutbar, sich zur Erlangung entsprechender Dokumente mit der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates in Verbindung zu setzen.

Die Voraussetzung des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG für eine Duldung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nämlich, dass seine Abschiebung "aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint", ist daher nicht erfüllt.

3.4 Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zum § 67d AVG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass § 24 VwGVG dem aufgehobenen § 67d AVG entspricht). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291). Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer näher zu erörtern.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Duldung Karte für Geduldete mangelnder Anknüpfungspunkt Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W222.2163309.2.01

Im RIS seit

15.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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