TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/1 W237 1437696-5

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Veröffentlicht am 01.06.2021
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Entscheidungsdatum

01.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch


W237 1437696-5/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Martin WERNER über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX alias XXXX ), geb. XXXX , StA. Somalia, gegen die Spruchpunkte I. bis IV. sowie VI. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2019, Zl. 811330704-181053964, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 AsylG 2005 stattgegeben und der angefochtene Bescheid im angeführten Umfang ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 04.11.2011 nach illegaler Einreise ins Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Zuvor hatte er unter Angabe eines anderen Namens bereits im Jahr 2003 in der Schweiz einen Asylantrag gestellt, der im Juni 2004 abgewiesen wurde. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamts vom 23.08.2013 vollinhaltlich abgewiesen und der Beschwerdeführer nach Somalia asylrechtlich ausgewiesen.

Die (nur) gegen die Abweisung des Antrags in Hinblick auf die Zuerkennung von subsidiärem Schutz und gegen die Ausweisung erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 11.04.2014 hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen; hinsichtlich der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung wurde das Verfahren gemäß der damaligen Rechtslage zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erteilte daraufhin mit Bescheid vom 22.07.2014 dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia fest und sprach aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung betrage. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.10.2014 als unbegründet abgewiesen.

1.2. Am 06.01.2015 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a FPG, dem das Bundesverwaltungsgericht im Wege der Säumnisbeschwerde mit Erkenntnis vom 13.11.2017 mit der wesentlichen Begründung stattgab, dass der Beschwerdeführer keinen (Ausschluss-)Tatbestand iSd § 46a Abs. 3 FPG verwirklicht habe und auch sonst keine Umstände hervorgekommen seien, weshalb seine Abschiebung aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht möglich wäre. Die mangelnde Reaktion der Vertretungsbehörde seines Heimatstaats auf Ausstellung eines Heimreisezertifikats sei nicht vom Beschwerdeführer zu vertreten.

1.3. Am 06.11.2018 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 und verknüpfte diesen mit einem Eventualantrag auf Verlängerung seiner Duldungskarte gemäß § 46a Abs. 5 FPG.

Mit Bescheid vom 28.06.2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erließ gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung im Sinne des § 52 Abs. 3 FPG (Spruchpunkt II.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia fest (Spruchpunkt III.), erließ ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG (Spruchpunkt IV.), erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.) und gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).

2. Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer über seinen zur Vertretung im Beschwerdeverfahren bevollmächtigten (damaligen) Rechtsberater vollinhaltlich Beschwerde, die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 08.08.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde.

2.1. Das Bundesverwaltungsgericht hob mit Teilerkenntnis vom 09.08.2019 Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ersatzlos auf.

2.2. Mit Schreiben vom 23.11.2020 teilte der damalige Rechtsberater dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass die erteilte Vertretungsvollmacht mit 31.12.2020 „niedergelegt“ werde.

2.3. Am 05.05.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung mit dem Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die somalische Sprache statt, in der der Beschwerdeführer eine Gefahr der Verletzung seiner Rechte nach Art. 3 EMRK für den Fall seiner Rückkehr nach Somalia behauptete. Nachgefragt gab er in diesem Zusammenhang an, einen (neuerlichen) Antrag auf internationalen Schutz stellen zu wollen.

2.4. Mit Schreiben vom 26.05.2021 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass der Beschwerdeführer tags zuvor einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Somalias und hat keinen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet.

Mit dem angefochrtenen Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer keine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Somalia festgestellt und ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Am 25.05.2021 stellte der Beschwerdeführer einen (erneuten) Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sprach darüber bis zum vorliegenden Entscheidungszeitpunkt noch nicht ab.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellte Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ist unstrittig. Aus dem Verfahrensakt ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel in Österreich verfügt. Der angefochtene Bescheid ist dem Verwaltungsakt inneliegend.

Der Beschwerdeführer kündigte angesichts seines Vorbringens bereits in der Verhandlung am 05.05.2021 an, einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stellen zu wollen. Dass er dies am 25.05.2021 tat, ergibt sich aus einer entsprechenden Mitteilung der belangten Behörde vom 26.05.2021 sowie aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister. Entsprechend letzterem ist überdies festzustellen, dass das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bis zum vorliegenden Entscheidungszeitpunkt noch als unerledigt aushaftet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Der angefochtene Bescheid vom 28.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer am 04.07.2019 durch Hinterlegung zugestellt. Die am 31.07.2019 per Telefax dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übermittelte Beschwerde ist gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG rechtzeitig.

Zu A.)

3.1. Im Falle der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz durch einen nicht zum Aufenthalt berechtigten Fremden sind die zuvor durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlassene Rückkehrentscheidung und die weiteren damit verbundenen Nebenaussprüche ersatzlos zu beheben, weil sonst die – noch nicht getroffene – Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz vorweggenommen werden würde (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0138; 04.08.2016, Ra 2016/21/0162, Rn. 12 und 13 iVm Rn. 11).

3.2. Der Beschwerdeführer stellte am 25.05.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. Da dieser Antrag noch vor der belangten Behörde als unerledigt aushaftet, ist die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Rückkehrentscheidung samt den damit zusammenhängenden Neben- bzw. Folgeaussprüchen im Sinne der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur ersatzlos zu beheben. Dies betrifft auch den Abspruch über den Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids), weil sich der Beschwerdeführer aufgrund seines asylverfahrensrechtlichen Aufenthaltsrechts gemäß § 13 AsylG 2005 nicht mehr im Sinne des § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 unberechtigt im Bundesgebiet aufhält.

Der angefochtene Bescheid ist daher im Umfang der Spruchpunkte I. bis IV. sowie VI. zu beheben. Über die Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Neben- bzw. Folgeaussprüchen wird (allenfalls) im anhängigen Verfahren über den am 25.05.2021 gestellten Antrag auf internationalen Schutz – dann zeitaktuell – zu entscheiden sein (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0138, Rn. 18).

3.3. Lediglich ergänzend ist festzuhalten, dass über Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids bereits mit Teilerkenntnis vom 09.08.2019 abschließend abgesprochen wurde.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf eine gesfestigte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung mangelnder Anknüpfungspunkt Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W237.1437696.5.00

Im RIS seit

15.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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