TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/22 L524 2226508-1

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Veröffentlicht am 22.07.2021
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Entscheidungsdatum

22.07.2021

Norm

BewG 1955 §10
B-VG Art133 Abs4
GEG §6a Abs1
GGG Art1 §2 Z4
GGG Art1 §26
GGG Art1 §32 TP9 litb Z1

Spruch


L524 2226508-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RAe Hübel & Payer, Paris-Lodron-Straße 5, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 29.10.2019, Zl. 100 Jv 80/19z-33-5, betreffend Einbringung von Gerichtsgebühren, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Zahlungsauftrag vom 25.09.2019, XXXX TZ XXXX /2019-VNR 2, wurde der Beschwerdeführerin auf Basis einer Bemessungsgrundlage von € 500.000,? eine Eintragungsgebühr laut TP 9 lit. b Z 1 GGG in Höhe von € 5.500,? und eine Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von € 8,?, somit insgesamt € 5.508,? vorgeschrieben. Abzüglich bereits geleisteter Teilzahlungen in Höhe von € 2.310,? wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung von € 3.198,? binnen 14 Tagen aufgefordert.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Vorstellung.

Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 29.10.2019, Zl. 100 Jv 80/19z-33-5, wurde der Beschwerdeführerin eine Eintragungsgebühr gemäß § 32 TP 9 lit. b Z 1 iVm § 26 Abs. 1 GGG (Bemessungsgrundlage: € 500.000,?) in Höhe von € 5.500,? und eine Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von € 8,?, somit insgesamt € 5.508,? vorgeschrieben. Abzüglich bereits geleisteter Teilzahlungen in Höhe von € 2.310,? wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung von € 3.198,? binnen 14 Tagen aufgefordert.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.05.2020, L524 2226508-1/2E, wurde der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

Der dagegen von der belangten Behörde erhobenen Revision wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.09.2020, Ra 2020/16/0086, stattgegeben und das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben.

II. Feststellungen:

Mit Kaufvertrag vom 13.03.2019 kaufte die Beschwerdeführerin die Liegenschaft EZ XXXX , KG XXXX . Der Kaufpreis beträgt € 210.000,?. Der Verkäufer und seine Ehegattin erhalten ein lebenslanges Wohnungsgebrauchsrecht an einer auf der Liegenschaft zu errichtenden Wohnung und an einem Carport. Im Falle des Verzichts auf das Wohnungsgebrauchsrechts hat die Beschwerdeführerin an den Verkäufer einen Betrag in Höhe von € 290.000,? zu leisten.

Am 14.06.2019 beantragte die Beschwerdeführerin zur TZ XXXX /2019 die Einverleibung des Eigentumsrechts hinsichtlich der EZ XXXX , KG XXXX und des Wohnungsgebrauchsrechts. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 05.07.2019 wurde die Eintragung antragsgemäß bewilligt und die Einverleibung des Eigentumsrechts und des Wohnungsgebrauchsrechts antragsgemäß vorgenommen.

Im Wege der Selbstberechnung entrichtete die Beschwerdeführerin auf Basis einer Bemessungsgrundlage von € 210.000,? eine Eintragungsgebühr in Höhe von € 2.310,?.

II. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Kaufpreis und zum Wohnungsgebrauchsrecht ergeben sich aus dem Kaufvertrag vom 13.03.2019.

Die Feststellungen zur beantragten Einverleibung des Eigentumsrechts und des Wohnungsgebrauchsrechts ergeben sich aus dem Antrag vom 14.06.2019 und dem Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 05.07.2019.

Die Feststellungen zur Selbstberechnung der Eintragungsgebühr und deren Entrichtung ergeben sich aus dem Formular betreffend die Selbstberechnung und den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr wird gemäß § 2 Z 4 GGG hinsichtlich der Gebühren für die Eintragung in die öffentlichen Bücher mit der Vornahme der Eintragung begründet.

Gemäß TP 9 lit. b Z 1 GGG beträgt die Gebühr für Eintragungen (Einverleibungen) des Eigentums und des Baurechtes 1,1% vom Wert des Rechtes.

Im vorliegenden Fall ist die Höhe der Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z 1 GGG strittig.

Die Anwendung des § 26 Abs. 3 Z 1 GGG, wonach bei einem Kauf der Kaufpreis zuzüglich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen, als Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z 1 GGG heranzuziehen ist, scheidet im vorliegenden Fall aus, da es sich bei dem eingeräumten Wohnungsgebrauchsrecht um außergewöhnliche Verhältnisse handelt, die offensichtlich Einfluss auf die Gegenleistung gehabt haben.

Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, dass auf Grund der Novelle des § 26 Abs. 1 GGG durch das ZZRÄG 2019 und der damit erfolgten Klarstellung durch den Gesetzgeber das Wohnungsgebrauchsrecht nicht vom gemeinen Wert abzuziehen sei.

Die Beschwerdeführerin führt aus, dass der Wert des Wohnungsgebrauchsrechts vom Verkehrswert abzuziehen sei, da derartige Leistungen wertbestimmende Faktoren seien, die den Preis im gewöhnlichen Geschäftsverkehr beeinflussen. Es sei die alte Rechtslage anzuwenden, aber auch nach der neuen Fassung des § 26 GGG seien Wohnungsgebrauchsrechte weiterhin abzuziehen.

Die Bestimmung des § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG idF der GGN (BGBl. I Nr. 1/2013) – die bis 22.05.2019 gültig war – weicht von der Bestimmung des § 10 Abs. 2 BewG ab, weshalb als Wert im Sinne des § 26 Abs. 1 GGG idF der GGN nicht der gemeine Wert zu verstehen ist und bei einem Preis, der bei einer Veräußerung der Sache üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden kann, ein vorbehaltenes Wohnrecht (durch einen Abschlag vom Sachwert) zu berücksichtigen ist (vgl. VwGH 30.03.2017, Ra 2016/16/0037). Im Umstand, dass bei einer allenfalls Gegenstand eines Kaufvertrags darstellenden Liegenschaft ein Wohnrecht vorbehalten wird, liegen außergewöhnliche Verhältnisse iSd § 26 Abs. 3 GGG idF der GGN vor, welche die Anwendung dieser Bestimmung ausschließen und wieder zurück zu § 26 Abs. 1 leg. cit. führen (vgl. VwGH 30.03.2017, Ra 2016/16/0037).

Mit Art. 4 des Zivilrechts- und Zivilverfahrensrechts-Änderungsgesetzes 2019 (ZZRÄG 2019), BGBl. I Nr. 38/2019, wurde § 26 Abs. 1 GGG novelliert. Mangels ausdrücklicher Bestimmungen zum Inkrafttreten trat § 26 Abs. 1 GGG idF des ZZRÄG 2019 (BGBl. I Nr. 38/2019) mit Ablauf des Tages ihrer am 22.05.2019 erfolgten Kundmachung in Kraft.

Der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 05.07.2019 und die danach erfolgte, nach § 2 Z 4 GGG maßgebliche Eintragung im Grundbuch erfolgten somit nach Inkrafttreten der Änderung des § 26 Abs. 1 GGG durch das ZZRÄG 2019.

Im vorliegenden Fall ist daher § 26 Abs. 1 GGG idF des ZZRÄG 2019 anzuwenden. Dieser lautet:

„§ 26. (1) Die Eintragungsgebühr ist bei der Eintragung des Eigentumsrechts und des Baurechts – ausgenommen in den Fällen der Vormerkung – sowie bei der Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechts vom Wert des jeweils einzutragenden Rechts zu berechnen. Der Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, sind nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.“

Nach den Erläuterungen zur RV 560 BlgNR XXVI. GP soll mit der durch das ZZRÄG 2019 vorgenommenen Novellierung des § 26 Abs. 1 GGG die – wie aus dem Erkenntnis des VwGH vom 30.03.2017, Ra 2016/16/0037, hervorgeht – missverständliche Formulierung des § 26 Abs. 1 GGG saniert werden, um eine Wertberechnung der Eintragungsgebühr nach einheitlichen Bewertungskriterien, nämlich dem gemeinen Wert im Sinne des § 10 Abs. 2 BewG 1955, sicherzustellen. Durch das ZZRÄG 2019 wurde § 26 Abs. 1 GGG vollständig an § 10 Abs. 2 BewG 1955 angepasst.

§ 10 Abs. 2 BewG 1995 lautet:

„(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.“

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 10 Abs. 2 BewG 1955 ist ein Wohnrecht bei der Ermittlung des gemeinen Wertes nach § 10 Abs. 2 BewG deshalb nicht zu berücksichtigen, weil unter der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes im Sinn des § 10 Abs. 2 BewG die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen sind, die dem zu bewertenden Wirtschaftsgut arteigen sind (vgl. VwGH 28.04.1994, 93/16/0186, VwSlg 6890 F/1994) und es sich bei einem eingeräumten Wohnrecht um nicht zu berücksichtigende persönliche Verhältnisse im Sinn des § 10 Abs. 2 BewG handelt (vgl. VwGH 29.09.2011, 2011/16/0024 bis 0026).

§ 26 Abs. 1 GGG idF BGBl. I Nr. 38/2019 entspricht nun dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 BewG 1955, weshalb die zu § 10 Abs. 2 BewG 1955 ergangene Rechtsprechung für das Verständnis von § 26 Abs. 1 GGG idF BGBl. I Nr. 38/2019 herangezogen werden kann. Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 10 Abs. 2 BewG 1955 folgend bedeutet dies, dass ein eingeräumtes Wohnrecht als persönliches Verhältnis bei der Berechnung des gemeines Wertes nicht heranzuziehen ist.

Der Wert des einzutragenden Rechts wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre. Im vorliegenden Fall wurde ein Kaufpreis von € 210.000, vereinbart. Im Kaufvertrag wurde auch ein Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt und dieses mit € 290.000, bewertet. Bei einem eingeräumten Wohnrecht handelt es sich um nicht zu berücksichtigende persönliche Verhältnisse. Der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre, wäre daher € 500.000,.

Die Eintragungsgebühr ist daher auf Basis einer Bemessungsgrundlage von € 500.000,? zu berechnen. Die Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z 1 GGG beträgt 1,1 %. Das sind somit € 5.500, zuzüglich der Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von € 8,. Auf Grund der bereits geleisteten Zahlung von € 2.310, wurde der Beschwerdeführerin somit zu Recht ein noch offener Betrag von € 3.198, zur Zahlung vorgeschrieben.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt (vgl. insb. VwGH 29.09.2020, Ra 202/16/0086).

Schlagworte

Bemessungsgrundlage Einhebungsgebühr Eintragungsgebühr Gerichtsgebühren Gerichtsgebührenpflicht Grundbuchseintragung Rechtsanschauung des VwGH Wohnrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L524.2226508.1.00

Im RIS seit

15.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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