Entscheidungsdatum
03.08.2021Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W200 2207884-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX (alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Georg Bürstmayr, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien, vom 08.10.2018, Zl. 1072882100-150639713, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.07.2021, zu Recht:
A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
III. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. – V. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG und § 52 FPG 2005 iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist.
Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 AsylG 2005 wird XXXX (alias XXXX ) der befristete Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ in der Dauer von zwölf Monaten erteilt.
IV. Der Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger Afghanistans und gehört der turkmenischen Volksgruppe und dem sunnitischen Glauben an. Er reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 09.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung am 10.06.2015 gab der Beschwerdeführer an, er sei 17 Jahre alt und könne sein genaues Geburtsdatum nicht angeben, er sei ungefähr am 01.01.1998 geboren worden. Er stamme aus Kunduz, sei ledig, kinderlos und habe fünf Jahre lang die Grundschule besucht und keine Berufsausbildung. Er habe eine Schwester und vier Brüder. Nach seiner Ausreise aus Afghanistan habe er sich etwa 15 Monate lang in der Türkei aufgehalten und sei dann, teils mit Unterstützung von Schleppern, teils selbständig, über die Länder Bulgarien, Serbien und Ungarn bis nach Österreich gereist. Als Fluchtgrund nannte der Beschwerdeführer, dass er für eine ausländische Firma (Contrack Int.) als Bürokraft in Kunduz gearbeitet habe. Seine Aufgabe habe darin bestanden, die Anwesenheitsliste zu überprüfen. Sein Bruder XXXX habe als Dolmetscher in Kunduz gearbeitet. Die Familie des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführer seien wegen ihrer Arbeit von den Taliban bedroht worden. Aus Angst um ihr Leben, hätten sie entschieden, Afghanistan zu verlassen. Bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte der Beschwerdeführer, von den Taliban getötet zu werden.
Zur Altersfeststellung des Beschwerdeführers wurde das Gutachten des Zentrums für Anatomie und Zellbiologie, AG. für Hartgewebe und Biomaterialforschung, vom 28.08.2015 erstellt. Darin wurde festgestellt, dass beim Beschwerdeführer ein Mindestalter (FMA) von 18,5 Jahren zum Untersuchungszeitpunkt bzw. von 18,38 Jahren zum Zeitpunkt der Antragstellung auf internationalen Schutz vorliege. Das aus dem höchstmöglichen Mindestalter errechnete „fiktive“ Geburtsdatum entspreche dem XXXX .
Mit Schreiben vom 04.11.2016 übermittelte der Beschwerdeführer ein ergänzendes Vorbringen. Er schilderte detailliert seine vermeintlichen Ausreisegründe und berichtete von seinem Aufenthalt in der Türkei und in Österreich. Zudem erklärte er in diesem Schreiben, dass er bezüglich seines Alters falsche Angaben gemacht habe.
Im Rahmen der ersten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 10.05.2017 gab der Beschwerdeführer an, sein Geburtsdatum sei der XXXX und er stamme aus dem Zentrum der Stadt Kunduz. Er sei Turkmene, Sunnit, ledig und habe fünf Jahre lang die Schule in Kunduz besucht. Der Beschwerdeführer habe in Afghanistan von Mai 2011 bis Mai 2013 als Timekeeper (Anwesenheitskontrollor) bei der Firma ITT Contrack gearbeitet. Er gebe nunmehr ein anderes Geburtsdatum an, weil der Schlepper dem Beschwerdeführer am Weg nach Deutschland gesagt habe, dass er sich als unter 18-Jähriger ausgeben solle. Der Beschwerdeführer habe vorgehabt, in Deutschland sein richtiges Geburtsdatum bekanntzugeben. Er lege zudem seinen Reisepass, der ihm in der Türkei von der afghanischen Botschaft in Istanbul ausgestellt worden sei, vor. Diesen habe er während seines Aufenthaltes in der Türkei verloren.
Befragt zu Angehörigen im Heimatland, gab der Beschwerdeführer an, sein Vater sei im Alter von 58 Jahren gewaltsam gestorben. Er habe vier Brüder, seine Brüder XXXX und XXXX wären in der Provinz Kunduz aufhältig. Die Mutter, seine Schwester und die zwei anderen Brüder, XXXX und XXXX , würden sich in Istanbul aufhalten.
Befragt zum Fluchtgrund gab er im Wesentlichen an, dass sein Vater, der für die Amerikaner gearbeitet habe, vermutlich im Zuge eines Talibanangriffs ermordet worden sei. Der Beschwerdeführer und sein Bruder XXXX hätten nach dem Tod des Vaters von 2010 bis 2011 als Aushilfe bei ISAF gearbeitet, XXXX habe als Dolmetscher bei Contrack zu arbeiten begonnen. XXXX sei auch für die Aufnahme von Personal zuständig gewesen und habe den Beschwerdeführer bei Contrack eingestellt. Nach eineinhalb Jahren habe XXXX einen Drohanruf eines Unbekannten erhalten. Nach diesem Anruf hätten der Beschwerdeführer und XXXX Panik bekommen und sie hätten nicht mehr nach Hause gehen wollen und seien im Militärcamp, in dem die Firma ihren Sitz gehabt hätte, geblieben. Es habe insgesamt drei Bedrohungen von den Taliban gegeben, eine davon sei der Anruf bei XXXX gewesen. Die zweite Bedrohung wäre über eine in der Moschee „ XXXX “ angebrachte Warnung erfolgt. Aus dieser Warnung seien die Namen des Beschwerdeführers, seines Bruders XXXX sowie die Namen von dreizehn Freunden, die auch bei der gleichen Firma gearbeitet hätten, hervorgegangen. Als dritte Bedrohung wäre der Drohbrief, den der Beschwerdeführer vorgelegt habe, zu sehen. Diesen Drohbrief habe seine Mutter erhalten. Der Beschwerdeführer und XXXX hätten überlegt, in eine andere Provinz zu ziehen, ihre Mutter habe aber gesagt, dass sie Afghanistan verlassen sollen. Nachdem Contrack ihre Tätigkeit beendet hätte, sei es den zivil Beschäftigten nämlich auch nicht mehr gestattet gewesen, im Camp zu bleiben. XXXX und der Beschwerdeführer hätten sich in weiterer Folge von der Familie verabschiedet und sie seien nach Kabul gefahren. Sie hätten sich dort etwa einen Monat lang aufgehalten, bis ihnen ein Visum vom türkischen Konsulat ausgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe in die Türkei ausreisen können, sein Bruder XXXX nicht, da dieser noch Verschiedenes für die Firma Contrack zu erledigen gehabt hätte (z. B. das Abmontieren von Lampen). XXXX sei mit seiner Familie etwa zwei Monate nach dem Beschwerdeführer ebenso in die Türkei ausgereist. Der Beschwerdeführer legte Unterlagen zur Bescheinigung seiner vermeintlichen Fluchtgründe sowie Integrationsunterlagen vor.
Mit Schreiben vom 06.07.2017 und 20.11.2017 legte er Integrationsunterlagen vor.
Im Rahmen der zweiten Einvernahme vor dem BFA am 29.08.2018 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass ihm im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan direkte Gefahr drohe, da er den Amerikanern gedient habe. Die Lage habe sich für ihn zugespitzt, weil er in einem europäischen Land gelebt habe. Insbesondere in seiner Heimatprovinz würden ihn die Menschen als ungläubig abstempeln, seine Rückkehr bedeute den Tod. Er legte weitere Integrationsunterlagen vor.
Mit Schreiben vom 11.09.2018 nahm der Beschwerdeführer zum vom BFA übermittelten Länderinformationsblatt Stellung. Er führte im Wesentlichen aus, dass ihm eine Verfolgung durch die Taliban (aus gleichermaßen politischen wie religiösen Motiven) drohe. Der aktuelle Erkenntnisstand lasse ausreichend abgesicherte Prognosen für keinen Landesteil mehr zu, eine IFA sei daher nicht anzunehmen.
Mit Bescheid des BFA vom 08.10.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (II.) in Bezug auf Afghanistan abgewiesen, dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (III.) und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (IV.) sowie festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (V.). Es wurde ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen gewährt (VI.).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, die im Wesentlichen mit fehlenden Sachverhaltsfeststellungen und einer in der Folge unrichtigen rechtlichen Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften begründet wurde. Der Beschwerdeführer wiederholte im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Zudem betonte er, dass er über ein beachtenswertes Privatleben verfüge.
Mit Schreiben vom 12.11.2018 übermittelte der Beschwerdeführer ein Schreiben von Dr. XXXX an das BVwG. Dr. XXXX habe den Beschwerdeführer vor mehr als drei Jahren bei sich aufgenommen und unterstütze ihn seither in vielerlei Hinsicht.
Mit Schreiben vom 30.06.2021 nahm der Beschwerdeführer zur Lage im Herkunftsstaat Stellung und übermittelte Artikel von „The Washington Post“ vom 29.06.2021 und von www.zeit.de vom 17.04.2021. Im Wesentlichen führte er aus, dass die Taliban neue Gebiete erobern würden. Es scheine immer wahrscheinlicher, dass die Taliban die Macht wieder an sich reißen würden. Derzeit gebe es keine mittelfristig ausreichend sicheren Teilregionen in Afghanistan für Rückkehrer. Zum Privat- und Familienleben brachte der Beschwerdeführer vor, dass er sich um eine Lehrausbildung bemüht habe. Er wäre von zwei österreichischen Unternehmen als Lehrling angestellt worden. Beide Anträge wären vom AMS abgewiesen worden. Die Strabag AG sei nach wie vor bereit, den Beschwerdeführer im Falle der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung als Lehrling zu beschäftigen. Er habe von Dezember 2017 bis August 2020 die Maturaschule Dr. Roland besucht, diese Ausbildung habe er abgebrochen. Seit September 2020 besuche er den Vorbereitungslehrgang für Berufstätige für Elektrotechnik. Seit Februar 2020 lebe der Beschwerdeführer in einem Wohnprojekt der Diakonie. Seit mehr als einem Jahr befinde er sich in einer Beziehung, wobei bisher kein gemeinsamer Haushalt bestehe. Seit 2015 sei er Mitglied in einem Rugby-Team. Die Kernfamilie des Beschwerdeführers lebe mittlerweile in der Türkei, auch die 2018 noch in Afghanistan wohnhaften Brüder hätten ihr Heimatland verlassen müssen. Er habe keinen Kontakt zu in Afghanistan lebenden Angehörigen. Der Beschwerdeführer legte auch weitere Integrationsunterlagen vor.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 07.07.2021 zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer in Anwesenheit seines Rechtsvertreters neuerlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde. Ebenso im Verhandlungssaal anwesend waren das Ehepaar XXXX und ein weiterer Freund. In der Verhandlung bestätigte der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Richtigkeit seines bisherigen Vorbringens.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person:
Der am XXXX geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans, Turkmene, Sunnit, aus der Provinz Kunduz stammend und spricht Turkmenisch als Muttersprache. Weiters spricht er die Sprachen Dari und Urdu und verfügt über Englischkenntnisse. Er reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 09.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Er hat keine gesundheitlichen Einschränkungen und hat in Afghanistan fünf Jahre lang die Schule besucht. Er hat ungefähr die letzten eineinhalb Jahre vor seiner Ausreise in Richtung Europäische Union in der Türkei verbracht. Sein Leben bis zu seiner legalen Ausreise (mit einem Visum) in die Türkei hat er im gemeinsamen Familienverband mit seiner Familie in der Stadt Kunduz verbracht.
Die Kernfamilie des Beschwerdeführers (Mutter und Geschwister) lebt in der Türkei. Sein Vater ist bereits verstorben. Er hält Kontakt zu seiner Mutter, zu seinen Geschwistern hat er keinen Kontakt. Er hat familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan, zu den noch in Afghanistan lebenden Verwandten hat der Beschwerdeführer jedoch keinen Kontakt. Es kann jedenfalls nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass die Familie des Beschwerdeführers ihn bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanziell unterstützen würde bzw. könnte.
Der Beschwerdeführer war in Afghanistan bis kurz vor seiner Ausreise in die Türkei von Mai 2011 bis Mai 2013 für das US-amerikanische Unternehmen Contrack International Inc. an ihrem Sitz in einem ANA-Camp als Anwesenheitskontrollor tätig und verfügt über entsprechende Arbeitserfahrung. Auch sein Bruder XXXX arbeitete für dieses Unternehmen, und zwar als Dolmetscher. Die Tätigkeit dieses Unternehmens im ANA-Camp wurde mit Juni 2013 eingestellt. Vor der Tätigkeit für die Contrack International Inc. hat der Beschwerdeführer in Afghanistan etwa ein Jahr lang als Müllmann für die Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) gearbeitet. In der Türkei hat er als Bügler in einer Textilfirma und Verkäufer im Großen Bazar von Istanbul gearbeitet.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung zu erwarten hätte.
Festgestellt werden konnte zwar, dass der Beschwerdeführer und sein Bruder XXXX für das Unternehmen Contrack International Inc. tätig waren, jedoch konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer beziehungsweise seine Familienmitglieder wegen ihrer beruflichen Tätigkeit drei Mal von den Taliban bedroht worden sind. Somit konnte insbesondere nicht festgestellt werden, dass der Bruder des Beschwerdeführers, XXXX , tatsächlich einen Drohanruf erhalten hat, in der Moschee „ XXXX “ tatsächlich eine Warnung bezüglich des Beschwerdeführers, seines Bruders XXXX und anderer Mitarbeiter von Contrack ausgehängt war und diese Warnung den Tod für die genannten Namen bedeutete und der vermeintliche Drohbrief, den die Mutter des Beschwerdeführers erhalten habe, tatsächlich von den Taliban stammte. Dem Beschwerdeführer droht daher im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine individuell konkret gegen ihn gerichtete Bedrohung oder Verfolgung.
Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass bereits der Vater des Beschwerdeführers aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit von den Taliban bedroht und im Zuge eines Talibanangriffs getötet wurde. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass andere Familienmitglieder des Beschwerdeführers – schon bevor die drei vermeintlichen unmittelbar fluchtauslösenden Bedrohungen stattgefunden haben – aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeiten von den Taliban bedroht worden sind.
Des Weiteren droht dem Beschwerdeführer auch keine konkrete und individuelle Verfolgung aufgrund der Tatsache, dass er in Europa gelebt hat. Gleichzeitig wird festgestellt, dass nicht jedem afghanischen Rückkehrer aus Europa physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.
Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.
Dem Beschwerdeführer wäre eine Rückkehr in seine Herkunftsprovinz aufgrund der dortigen Sicherheitslage nicht zumutbar. Ihm steht aber eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in der Stadt Mazar-e Sharif zur Verfügung. Er ist jung, gesund, arbeitsfähig und verfügt über eine Schulbildung sowie Berufserfahrung.
Festgestellt wird, dass die aktuell vorherrschende Pandemie aufgrund des Corona-Virus kein Rückkehrhindernis darstellen würde. Der Beschwerdeführer ist völlig gesund und gehört mit Blick auf sein Alter und das Fehlen physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde.
Der Beschwerdeführer hält sich nachweislich seit Juni 2015 in Österreich auf. Im Bundesgebiet leben keine Verwandten des Beschwerdeführers. Es liegt kein aufrechtes Familienleben vor. Der Beschwerdeführer hat jedoch bereits zahlreiche soziale Kontakte geknüpft. Zudem war er von Oktober 2015 bis Februar 2020 bei einer österreichischen Familie im Familienverband wohnhaft. Mit dieser pflegt er ein familienähnliches intensives Verhältnis. Weiters hat er seit circa einem Jahr auch eine Freundin in Österreich.
Der Beschwerdeführer hat seinen bislang im Bundesgebiet verbrachten Aufenthalt äußerst positiv genutzt und war von Beginn an außerordentlich bemüht, in Österreich Fuß zu fassen und sich zu integrieren. Er hat zahlreiche Deutschkurse beziehungsweise das Unterrichtsfach „Deutsch“ besucht. Im Schuljahr 2015/2016 besuchte der Beschwerdeführer von Montag bis Freitag zwischen 08:00 und 13:00 Uhr den Deutschunterricht am XXXX Gymnasium und nahm auch am Projekt „Betreuung von unbegleiteten Flüchtlingen“ dieses Gymnasiums teil. Ebenso besuchte er von 23.11.2015 bis 02.03.2016 den VHS-Kurs „Deutsch in der Schule“ im Ausmaß von 90 Unterrichtseinheiten regelmäßig. Von 11.07.2016 bis 25.08.2016 hat der Beschwerdeführer den VHS-Kurs „Deutsch A2+“ im Ausmaß von 90 Unterrichtseinheiten regelmäßig besucht. Er nahm im Jahr 2016 auch an einem Erste-Hilfe-Grundkurs des Österreichischen Jugendrotkreuzes teil. Der Beschwerdeführer schloss im Juni 2017 den Vorbereitungslehrgang zum Pflichtschulabschluss an der VHS ab. Im Unterrichtsfach „Deutsch –Kommunikation und Gesellschaft“ wurde der Beschwerdeführer mit der Note „Sehr gut“ beurteilt. Ebenso hat der Beschwerdeführer im Jahr 2017 die Externistenprüfung an einer Polytechnischen Schule bestanden. Aus dem Externistenprüfungszeugnis über die Polytechnische Schule geht hervor, dass der Beschwerdeführer das Unterrichtsfach „Deutsch“ mit der Note „Befriedigend“ abgeschlossen hat. Von Dezember 2017 bis August 2020 besuchte er die Maturaschule Dr. Roland, diese Ausbildung brach er ab. Seit September 2020 besucht der Beschwerdeführer den Vorbereitungslehrgang für Berufstätige für Elektrotechnik an einer HTL. Er nimmt zudem regelmäßig an Rugby-Trainingseinheiten und darüberhinausgehenden sozialen Aktivitäten von Rugby Open Borders und der Rugby Union Donau Wien teil.
Einer Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit beziehungswiese dem Antritt einer Lehre sind bisher lediglich ausländerbeschäftigungsrechtliche Regelungen entgegengestanden. So hätten ihn jedenfalls zwei österreichische Unternehmen als Lehrling aufgenommen, wären die Anträge auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht vom AMS abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer ist äußerst bemüht, eine Berufsausbildung zu erlangen bzw. arbeiten zu gehen. Er ist bereits sehr gut in die österreichische Gesellschaft integriert. Er spricht ausgezeichnet Deutsch und ist strafgerichtlich unbescholten. Seit Februar 2020 wohnt der Beschwerdeführer in einer betreuten Wohnung eines Wohnprojektes der Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH.
Unter Berücksichtigung der Persönlichkeitskonstellation, des Lebensverlaufs seit seiner Einreise und seinen Zukunftsperspektiven ist von einer positiven Prognose auszugehen. Es liegt ein aufrechtes Privatleben in Österreich vor. Eine Rückkehrentscheidung würde einen ungerechtfertigten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers darstellen.
Zu Afghanistan:
COVID-19:
Entwicklung der COVID-19 Pandemie in Afghanistan
Der erste offizielle Fall einer COVID-19 Infektion in Afghanistan wurde am 24.2.2020 in Herat festgestellt (RW 9.2020; vgl UNOCHA 19.12.2020). Laut einer vom afghanischen Gesundheitsministerium (MoPH) durchgeführten Umfrage hatten zwischen März und Juli 2020 35% der Menschen in Afghanistan Anzeichen und Symptome von COVID-19. Laut offiziellen Regierungsstatistiken wurden bis zum 2.9.2020 in Afghanistan 103.722 Menschen auf das COVID-19-Virus getestet (IOM 23.9.2020). Aufgrund begrenzter Ressourcen des öffentlichen Gesundheitswesens und der Testkapazitäten, der Testkriterien, des Mangels an Personen, die sich für Tests melden, sowie wegen des Fehlens eines nationalen Sterberegisters werden bestätigte Fälle von und Todesfälle durch COVID-19 in Afghanistan wahrscheinlich insgesamt unterrepräsentiert (HRW 14.1.2021; vgl. UNOCHA 18.2.2021, USAID 12.1.2021, UNOCHA 19.12.2020, RFE/RL 23.2.2021a).
Die fortgesetzte Ausbreitung der Krankheit in den letzten Wochen des Jahres 2020 hat zu einem Anstieg der Krankenhauseinweisungen geführt, wobei jene Einrichtungen die als COVID-19- Krankenhäuser in den Provinzen Herat, Kandahar und Nangarhar gelten, nach Angaben von Hilfsorganisationen seit Ende Dezember voll ausgelastet sind. Gesundheitseinrichtungen sehen sich auch zu Beginn des Jahres 2021 großen Herausforderungen bei der Aufrechterhaltung oder Erweiterung ihrer Kapazitäten zur Behandlung von Patienten mit COVID-19 sowie bei der Aufrechterhaltung grundlegender Gesundheitsdienste gegenüber, insbesondere, wenn sie in Konfliktgebieten liegen (BAMF 8.2.2021; vgl. IOM 18.3.2021).
Die WHO äußerte ihre Besorgnis über die Gefahr der Verbreitung mutierter Viren in Afghanistan. In Pakistan ist bereits ein deutlicher Anstieg der Infektionen mit einer neuen Variante, die potenziell ansteckender ist und die jüngere Bevölkerung trifft, festgestellt worden. Das afghanische Gesundheitsministerium bereite sich auf eine potenzielle dritte Welle vor. Die Überwachung an der Grenze soll ausgeweitet und Tests verbessert werden. Angesichts weiterer Berichte über unzureichende Testkapazitäten im Land bleibt die Wirkung der geplanten Maßnahmen abzuwarten (BAMF 29.3.2021).
Laut Meldungen von Ende Mai 2021 haben afghanische Ärzte Befürchtungen geäußert, dass sich die erstmals in Indien entdeckte COVID-19-Variante nun auch in Afghanistan verbreiten könnte. Viele der schwerkranken Fälle im zentralen Krankenhaus für COVID-Fälle in Kabul, wo alle 100 Betten belegt seien, seien erst kürzlich aus Indien zurückgekehrte Personen (BAMF 31.5.2021; vgl. TG 25.5.2021, DW 21.5.2021, UNOCHA 3.6.2021). Seit Ende des Ramadans und einige Woche nach den Festlichkeiten zu Eid al-Fitr konnte wieder ein Anstieg der COVID-19 Fälle verzeichnet werden. Es wird vom Beginn einer dritten Welle gesprochen (UNOCHA 3,6,2021; vgl. TG 25.5.2021). Waren die [Anm.: offiziellen] Zahlen zwischen Februar und März relativ niedrig, so stieg die Anzahl zunächst mit April und dann mit Ende Mai deutlich an (WHO 4.6.2021; vgl. TN 3.6.2021, UNOCHA 3.6.2021). Es gibt in Afghanistan keine landeseigenen Einrichtungen, um auf die aus Indien stammende Variante zu testen (UNOCHA 3.6.2021; vgl. TG 25.5.2021).
Mit Stand 3.6.2021 wurden der WHO offiziell 75.119 Fälle von COVID-19 gemeldet (WHO 3.6.2021), wobei die tatsächliche Zahl der positiven Fälle um ein Vielfaches höher eingeschätzt wird (IOM 18.3.2021; vgl. HRW 14.1.2021).
Maßnahmen der Regierung und der Taliban
Das afghanische Gesundheitsministerium (MoPH) hat verschiedene Maßnahmen zur Vorbereitung und Reaktion auf COVID-19 ergriffen. „Rapid Response Teams“ (RRTs) besuchen Verdachtsfälle zu Hause. Die Anzahl der aktiven RRTs ist von Provinz zu Provinz unterschiedlich, da ihre Größe und ihr Umfang von der COVID-19-Situation in der jeweiligen Provinz abhängt. Sogenannte „Fix-Teams“ sind in Krankenhäusern stationiert, untersuchen verdächtige COVID-19-Patienten vor Ort und stehen in jedem öffentlichen Krankenhaus zur Verfügung. Ein weiterer Teil der COVID-19-Patienten befindet sich in häuslicher Pflege (Isolation). Allerdings ist die häusliche Pflege und Isolation für die meisten Patienten sehr schwierig bis unmöglich, da die räumlichen Lebensbedingungen in Afghanistan sehr begrenzt sind (IOM 23.9.2020). Zu den Sensibilisierungsbemühungen gehört die Verbreitung von Informationen über soziale Medien, Plakate, Flugblätter sowie die Ältesten in den Gemeinden (IOM 18.3.2021; vgl. WB 28.6.2020). Allerdings berichteten undokumentierte Rückkehrer immer noch von einem insgesamt sehr geringen Bewusstsein für die mit COVID-19 verbundenen Einschränkungen sowie dem Glauben an weitverbreitete Verschwörungen rund um COVID-19 (IOM 18.3.2021; vgl. IOM 1.2021).
Gegenwärtig gibt es in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif keine Ausgangssperren. Das afghanische Gesundheitsministerium hat die Menschen jedoch dazu ermutigt, einen physischen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, eine Maske zu tragen, sich 20 Sekunden lang die Hände mit Wasser und Seife zu waschen und Versammlungen zu vermeiden (IOM 18.3.2021). Auch wenn der Lockdown offiziell nie beendet wurde, endete dieser faktisch mit Juli bzw. August 2020 und wurden in weiterer Folge keine weiteren Ausgangsperren erlassen (ACCORD 25.5.2021).
Laut IOM sind Hotels, Teehäuser und andere Unterkunftsmöglichkeiten derzeit [Anm.: März 2021] nur für Geschäftsreisende geöffnet. Für eine Person, die unter der Schirmherrschaft der IOM nach Afghanistan zurückkehrt und eine vorübergehende Unterkunft benötigt, kann IOM ein Hotel buchen. Personen, die ohne IOM nach Afghanistan zurückkehren, können nur in einer Unterkunftseinrichtung übernachten, wenn sie fälschlicherweise angeben, ein Geschäftsreisender zu sein. Da die Hotels bzw. Teehäuser die Gäste benötigen, um wirtschaftlich überleben zu können, fragen sie nicht genau nach. Wird dies durch die Exekutive überprüft, kann diese - wenn der Aufenthalt auf der Angabe von falschen Gründen basiert - diesen jederzeit beenden. Die betreffenden Unterkunftnehmer landen auf der Straße und der Unterkunftsbetreiber muss mit einer Verwaltungsstrafe rechnen (IOM AUT 22.3.2021). Laut einer anderen Quelle gibt es jedoch aktuell [Anm.: März 2021] keine Einschränkungen bei der Buchung eines Hotels oder der Unterbringung in einem Teehaus und es ist möglich, dass Rückkehrer und Tagelöhner die Unterbringungsmöglichkeiten nutzen (RA KBL 22.3.2021).
Indien hat inzwischen zugesagt, 500.000 Dosen seines eigenen Impfstoffs zu spenden, erste Lieferungen sind bereits angekommen. 100.000 weitere Dosen sollen über COVAX (COVID-19 Vaccines Global Access) verteilt werden. Weitere Gespräche über Spenden laufen mit China (BAMF 8.2.2021; vgl. RFE/RL 23.2.2021a).
Die Taliban erlauben den Zugang für medizinische Helfer in Gebieten unter ihrer Kontrolle im Zusammenhang mit dem Kampf gegen COVID-19 (NH 3.6.2020; vgl. Guardian 2.5.2020) und gaben im Januar 2020 ihre Unterstützung für eine COVID-19-Impfkampagne in Afghanistan bekannt, die vom COVAX-Programm der Weltgesundheitsorganisation mit 112 Millionen Dollar unterstützt wird. Nach Angaben des Taliban-Sprechers Zabihullah Mudschahid würde die Gruppe die über Gesundheitszentren durchgeführte Impfaktion „unterstützen und erleichtern“ (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021), wenn der Impfstoff in Abstimmung mit ihrer Gesundheitskommission und in Übereinstimmung mit deren Grundsätzen eingesetzt wird (NH 7.4.2021). Offizielle Stellen glauben, dass die Aufständischen die Impfteams nicht angreifen würden, da sie nicht von Tür zu Tür gehen würden (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021).
Bei der Bekanntgabe der Finanzierung sagte ein afghanischer Gesundheitsbeamter, dass das COVAX-Programm 20% der 38 Millionen Einwohner des Landes abdecken würde (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021, IOM 18.3.2021). Das Gesundheitsministerium plant 2.200 Einrichtungen im ganzen Land, um Impfstoffe zu verabreichen, und die Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen, die in Taliban-Gebieten arbeiten (NH 7.4.2021). Die Weltbank und die asiatische Entwicklungsbank gaben laut einer Sprecherin des afghanischen Gesundheitsministeriums an, dass sie bis Ende 2022 Impfstoffe für weitere 20% der Bevölkerung finanzieren würden (REU 26.1.2021; vgl. RFE/RL 23.2.2021a). Um dies zu erreichen, müssen sich die Gesundheitsbehörden sowohl auf lokale als auch internationale humanitäre Gruppen verlassen, die dorthin gehen, wo die Regierung nicht hinkommt (NH 7.4.2021).
Im Februar 2021 hat Afghanistan mit seiner COVID-19-Impfkampagne begonnen, bei der zunächst Mitglieder der Sicherheitskräfte, Mitarbeiter des Gesundheitswesens und Journalisten geimpft werden (RFE/RL 23.2.2021a). Die Regierung kündigte an, 60% der Bevölkerung zu impfen, als die ersten 500.000 Dosen COVID-19-Impfstoff aus Indien in Kabul eintrafen. Es wurde angekündigt, dass zuerst 150.000 Mitarbeiter des Gesundheitswesens geimpft werden sollten, gefolgt von Erwachsenen mit gesundheitlichen Problemen. Die Impfungen haben in Afghanistan am 23.2.2021 begonnen (IOM 18.3.2021). Wochen nach Beginn der ersten Phase der Einführung des Impfstoffs gegen COVID-19 zeigen sich in einige Distrikten die immensen Schwierigkeiten, die das Gesundheitspersonal, die Regierung und die Hilfsorganisationen überwinden müssen, um das gesamte Land zu erreichen, sobald die Impfstoffe in größerem Umfang verfügbar sind. Hilfsorganisationen sagen, dass 120 von Afghanistans rund 400 Distrikten - mehr als ein Viertel - als „schwer erreichbar“ gelten, weil sie abgelegen sind, ein aktiver Konflikt herrscht oder mehrere bewaffnete Gruppen um die Kontrolle kämpfen. Ob eine Impfkampagne erfolgreich ist oder scheitert, hängt oft von den Beziehungen zu den lokalen Befehlshabern ab, die von Distrikt zu Distrikt sehr unterschiedlich sein können (NH 7.4.2021).
Mit Stand 2.6.2021 wurden insgesamt 626.290 Impfdosen verabreicht (WHO 4.6.2021; vgl UNOCHA 3.6.2021). Etwa 11% der Geimpften haben beide Dosen des COVID-19-Impfstoffs erhalten. Insgesamt gibt es nach wie vor große Bedenken hinsichtlich des gerechten Zugangs zu Impfstoffen für Afghanen, insbesondere für gefährdete Gruppen wie Binnenvertriebene, Rückkehrer und nomadische Bevölkerungsgruppen sowie Menschen, die in schwer zugänglichen Gebieten leben (UNOCHA 3.6.2021).
Gesundheitssystem und medizinische Versorgung
COVID-19-Patienten können in öffentlichen Krankenhäusern stationär diagnostiziert und behandelt werden (bis die Kapazitäten für COVID-Patienten ausgeschöpft sind). Staatlich geführte Krankenhäuser bieten eine kostenlose Grundversorgung im Zusammenhang mit COVID-19 an, darunter auch einen molekularbiologischen COVID-19-Test (PCR-Test). In den privaten Krankenhäusern, die von der Regierung autorisiert wurden, COVID-19-infizierte Patienten zu behandeln, werden die Leistungen in Rechnung gestellt. Ein PCR-Test auf COVID-19 kostet 3.500 Afghani (AFN) (IOM 18.3.2021).
Krankenhäuser und Kliniken haben nach wie vor Probleme bei der Aufrechterhaltung oder Erweiterung der Kapazität ihrer Einrichtungen zur Behandlung von Patienten mit COVID-19 sowie bei der Aufrechterhaltung wesentlicher Gesundheitsdienste, insbesondere in Gebieten mit aktiven Konflikten. Gesundheitseinrichtungen im ganzen Land berichten nach wie vor über Defizite bei persönlicher Schutzausrüstung, medizinischem Material und Geräten zur Behandlung von COVID-19 (USAID 12.1.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, HRW 13.1.2021, AA 16.7.2020, WHO 8.2020). Bei etwa 8% der bestätigten COVID-19-Fälle handelt es sich um Mitarbeiter im Gesundheitswesen (BAMF 8.2.2021). Mit Mai 2021 wird vor allem von einem starken Mangel an Sauerstoff berichtet (TN 3.6.2021; vgl. TG 25.5.2021).
Während öffentliche Krankenhäuser im März 2021 weiterhin unter einem Mangel an ausreichenden Testkapazitäten für die gesamte Bevölkerung leiden, können stationäre Patienten während ihres Krankenhausaufenthalts kostenfreie PCR-Tests erhalten. Generell sind die Tests seit Februar 2021 leichter zugänglich geworden, da mehr Krankenhäuser von der Regierung die Genehmigung erhalten haben, COVID-19-Tests durchzuführen. In Kabul werden die Tests beispielsweise im Afghan-Japan Hospital, im Ali Jennah Hospital, im City Hospital, im Alfalah-Labor oder in der deutschen Klinik durchgeführt (IOM 18.3.2021). Seit Mai 2021 sind 28 Labore in Afghanistan in Betrieb - mit Plänen zur Ausweitung auf mindestens ein Labor pro Provinz. Die nationalen Labore testen 7.500 Proben pro Tag. Die WHO berichtet, dass die Labore die Kapazität haben, bis zu 8.500 Proben zu testen, aber die geringe Nachfrage bedeutet, dass die Techniker derzeit reduzierte Arbeitszeiten haben (UNOCHA 3.6.2021).
In den 18 öffentlichen Krankenhäusern in Kabul gibt es insgesamt 180 Betten auf Intensivstationen. Die Provinzkrankenhäuser haben jeweils mindestens zehn Betten auf Intensivstationen. Private Krankenhäuser verfügen insgesamt über 8.000 Betten, davon wurden 800 für die Intensivpflege ausgerüstet. Sowohl in Kabul als auch in den Provinzen stehen für 10% der Betten auf der Intensivstation Beatmungsgeräte zur Verfügung. Das als Reaktion auf COVID-19 eingestellte Personal wurde zu Beginn der Pandemie von der Regierung und Organisationen geschult (IOM 23.9.2020). UNOCHA berichtet mit Verweis auf Quellen aus dem Gesundheitssektor, dass die niedrige Anzahl an Personen die Gesundheitseinrichtungen aufsuchen auch an der Angst der Menschen vor einer Ansteckung mit dem Virus geschuldet ist (UNOCHA 15.10.2020) wobei auch die Stigmatisierung, die mit einer Infizierung einhergeht, hierbei eine Rolle spielt (IOM 18.3.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, UNOCHA 18.2.2021, USAID 12.1.2021).
Durch die COVID-19 Pandemie hat sich der Zugang der Bevölkerung zu medizinischer Behandlung verringert (AAN 1.1.2020). Dem IOM Afghanistan COVID-19 Protection Monitoring Report zufolge haben 53 % der Bevölkerung nach wie vor keinen realistischen Zugang zu Gesundheitsdiensten. Ferner berichteten 23 % der durch IOM Befragten, dass sie sich die gewünschten Präventivmaßnahmen, wie den Kauf von Gesichtsmasken, nicht leisten können. Etwa ein Drittel der befragten Rückkehrer berichtete, dass sie keinen Zugang zu Handwascheinrichtungen (30%) oder zu Seife/Desinfektionsmitteln (35%) haben (IOM 23.9.2020).
Sozioökonomische Auswirkungen und Arbeitsmarkt
COVID-19 trägt zu einem erheblichen Anstieg der akuten Ernährungsunsicherheit im ganzen Land bei (USAID 12.1.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, UNOCHA 19.12.2020). Die kürzlich veröffentlichte IPC-Analyse schätzt, dass sich im April 2021 12,2 Millionen Menschen - mehr als ein Drittel der Bevölkerung - in einem Krisen- oder Notfall-Niveau der Ernährungsunsicherheit befinden (UNOCHA 3.6.2021; vgl. IPC 22.4.2021). In der ersten Hälfte des Jahres 2020 kam es zu einem deutlichen Anstieg der Lebensmittelpreise, die im April 2020 im Jahresvergleich um rund 17% stiegen, nachdem in den wichtigsten städtischen Zentren Grenzkontrollen und Lockdown-Maßnahmen eingeführt worden waren. Der Zugang zu Trinkwasser war jedoch nicht beeinträchtigt, da viele der Haushalte entweder über einen Brunnen im Haus verfügen oder Trinkwasser über einen zentralen Wasserverteilungskanal erhalten. Die Auswirkungen der Handelsunterbrechungen auf die Preise für grundlegende Haushaltsgüter haben bisher die Auswirkungen der niedrigeren Preise für wichtige Importe wie Öl deutlich überkompensiert. Die Preisanstiege scheinen seit April 2020 nach der Verteilung von Weizen aus strategischen Getreidereserven, der Durchsetzung von Anti-Preismanipulationsregelungen und der Wiederöffnung der Grenzen für Nahrungsmittelimporte nachgelassen zu haben (IOM 23.9.2020; vgl. WHO 7.2020), wobei gemäß dem WFP (World Food Program) zwischen März und November 2020 die Preise für einzelne Lebensmittel (Zucker, Öl, Reis…) um 18-31% gestiegen sind (UNOCHA 12.11.2020). Zusätzlich belastet die COVID-19-Krise mit einhergehender wirtschaftlicher Rezession die privaten Haushalte stark (AA 16.7.2020).
Die Lebensmittelpreise haben sich mit Stand März 2021 auf einem hohen Niveau stabilisiert: Nach Angaben des Ministeriums für Landwirtschaft, Bewässerung und Viehzucht waren die Preise für Weizenmehl von November bis Dezember 2020 stabil, blieben aber auf einem Niveau, das 11 %, über dem des Vorjahres und 27 % über dem Dreijahresdurchschnitt lag. Insgesamt blieben die Lebensmittelpreise auf den wichtigsten Märkten im Dezember 2020 überdurchschnittlich hoch, was hauptsächlich auf höhere Preise für importierte Lebensmittel zurückzuführen ist (IOM 18.3.2021).
Laut einem Bericht der Weltbank zeigen die verfügbaren Indikatoren Anzeichen für eine stark schrumpfende Wirtschaft in der ersten Hälfte des Jahres 2020, was die Auswirkungen der COVID-19-Krise im Kontext der anhaltenden Unsicherheit widerspiegelt. Die Auswirkungen von COVID-19 auf den Landwirtschaftssektor waren bisher gering. Bei günstigen Witterungsbedingungen während der Aussaat wird erwartet, dass sich die Weizenproduktion nach der Dürre von 2018 weiter erholen wird. Lockdown-Maßnahmen hatten bisher nur begrenzte Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion und blieben in ländlichen Gebieten nicht durchgesetzt. Die Produktion von Obst und Nüssen für die Verarbeitung und den Export wird jedoch durch Unterbrechung der Lieferketten und Schließung der Exportwege negativ beeinflusst (IOM 18.3.2021; vgl. WB 15.7.2020).
Es gibt keine offiziellen Regierungsstatistiken, die zeigen, wie der Arbeitsmarkt durch COVID-19 beeinflusst wurde bzw. wird. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass die COVID-19-Pandemie erhebliche negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage in Afghanistan hat, einschließlich des Arbeitsmarktes (IOM 23.9.2020; vgl. AA 16.7.2020). Die afghanische Regierung warnt davor, dass die Arbeitslosigkeit in Afghanistan um 40% steigen wird. Die Lockdown-Maßnahmen haben die bestehenden prekären Lebensgrundlagen in dem Maße verschärft, dass bis Juli 2020 84% der durch IOM-Befragten angaben, dass sie ohne Zugang zu außerhäuslicher Arbeit (im Falle einer Quarantäne) ihre grundlegenden Haushaltsbedürfnisse nicht länger als zwei Wochen erfüllen könnten; diese Zahl steigt auf 98% im Falle einer vierwöchigen Quarantäne (IOM 23.9.2020). Insgesamt ist die Situation vor allem für Tagelöhner sehr schwierig, da viele Wirtschaftssektoren von den Lockdown-Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 negativ betroffen sind (IOM 23.9.2020; vgl. Martin/Parto 11.2020).
Die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, die durch die COVID-19-Pandemie geschaffen wurden, haben auch die Risiken für vulnerable Familien erhöht, von denen viele bereits durch langanhaltende Konflikte oder wiederkehrende Naturkatastrophen ihre begrenzten finanziellen, psychischen und sozialen Bewältigungskapazitäten aufgebraucht hatten (UNOCHA 19.12.2020).
Die tiefgreifenden und anhaltenden Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die afghanische Wirtschaft bedeuten, dass die Armutsquoten für 2021 voraussichtlich hoch bleiben werden. Es wird erwartet, dass das BIP im Jahr 2021 um mehr als 5% geschrumpft sein wird (IWF). Bis Ende 2021 ist die Arbeitslosenquote in Afghanistan auf 37,9% gestiegen, gegenüber 23,9% im Jahr 2019 (IOM 18.3.2021).
Nach einer Einschätzung des Afghanistan Center for Excellence sind die am stärksten von der COVID-19-Krise betroffenen Sektoren die verarbeitende Industrie (Non-Food), das Kunsthandwerk und die Bekleidungsindustrie, die Agrar- und Lebensmittelverarbeitung, der Fitnessbereich und das Gesundheitswesen sowie die NGOs (IOM 18.3.2021).
Nach Erkenntnissen der WHO steht Afghanistan [Anm.: mit März 2021] vor einer schleppenden wirtschaftlichen Erholung inmitten anhaltender politischer Unsicherheiten und einem möglichen Rückgang der internationalen Hilfe. Das solide Wachstum in der Landwirtschaft hat die afghanische Wirtschaft teilweise gestützt, die im Jahr 2020 um etwa zwei Prozent schrumpfte, deutlich weniger als ursprünglich geschätzt. Schwer getroffen wurden aber der Dienstleistungs- und Industriesektor, wodurch sich die Arbeitslosigkeit in den Städten erhöhte. Aufgrund des schnellen Bevölkerungswachstums ist nicht zu erwarten, dass sich das Pro-Kopf-Einkommen bis 2025 wieder auf das Niveau von vor der COVID-19-Pandemie erholt (BAMF 12.4.2021).
Bewegungsfreiheit
Im Zuge der COVID-19 Pandemie waren verschiedene Grenzübergänge und Straßen vorübergehend gesperrt (RFE/RL 21.8.2020; vgl. NYT 31.7.2020, IMPACCT 14.8.2020, UNOCHA 30.6.2020), wobei später alle Grenzübergänge geöffnet wurden (IOM 18.3.2021). Seit dem 29.4.2021 hat die iranische Regierung eine unbefristete Abriegelung mit Grenzschließungen verhängt (UNOCHA 3.6.2021; vgl. AnA 29.4.2021). Die Grenze bleibt nur für den kommerziellen Verkehr und die Bewegung von dokumentierten Staatsangehörigen, die nach Afghanistan zurückkehren, offen. Die Grenze zu Pakistan wurde am 20.5.2021 nach einer zweiwöchigen Abriegelung durch Pakistan wieder geöffnet (UNOCHA 3.6.2021).
Die internationalen Flughäfen in Kabul, Mazar-e Sharif, Kandarhar und Herat werden aktuell international wie auch national angeflogen und auch findet Flugverkehr zu nationalen Flughäfen statt (F 24 o.D.; vgl. IOM 18.3.2021). Derzeit verkehren Busse, Sammeltaxis und Flugzeuge zwischen den Provinzen und Städten. Die derzeitige Situation führt zu keiner Einschränkung der Bewegungsfreiheit (IOM 18.3.2021).
IOM Österreich unterstützt auch derzeit Rückkehrer im Rahmen der freiwilligen Rückkehr und Teilnahme an Reintegrationsprogrammen. Neben der Reiseorganisation bietet IOM Österreich dabei Unterstützung bei der Ausreise am Flughafen Wien Schwechat an (STDOK 14.7.2020). Von 1.1.2020 bis 22.9.2020 wurden 70 Teilnahmen an dem Reintegrationsprojekt Restart III akzeptiert und sind 47 Personen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt (IOM 23.9.2020). Mit Stand 18.3.2021 wurden insgesamt 105 Teilnahmen im Rahmen von Restart III akzeptiert und sind 86 Personen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt (IOM 18.3.2021). Mit Stand 25.5.2021 ist das Projekt Restart III weiter aktiv und Teilnehmer melden sich (IOM AUT 25.5.2021).
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1. Sicherheitslage
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (UNGASC 17.3.2020; vgl. USDOS 30.3.2021). Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die Provinzhauptstädte, die meisten Distriktzentren und die meisten Teile der wichtigsten Transitrouten. Mehrere Teile der wichtigsten Transitrouten sind umkämpft, wodurch Distriktzentren bedroht sind. Seit Februar 2020 haben die Taliban ein hohes Maß an Gewalt gegen die ANDSF (Afghan National Defense Security Forces) aufrechterhalten, vermeiden aber gleichzeitig Angriffe gegen Koalitionstruppen, welche in der Nähe von Provinzhauptstädten stationiert sind - wahrscheinlich um das US-Taliban-Abkommen nicht zu gefährden. Unabhängig davon begann IS/ISKP im Februar 2020 (zum ersten Mal seit dem Verlust seiner Hochburg in der Provinz Nangarhar im November 2019) Terroranschläge gegen die ANDSF und die Koalitionstruppen durchzuführen (USDOD 1.7.2020). Die Zahl der Angriffe der Taliban auf staatliche Sicherheitskräfte entsprach im Jahr 2020 dem Niveau der Frühjahrsoffensiven der vergangenen Jahre, auch wenn die Offensive dieses Jahr bisher nicht offiziell erklärt wurde (AA 16.7.2020; vgl. REU 6.10.2020).
Die Umsetzung des US-Taliban-Abkommens, angefochtene Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen, regionale politische Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran, Diskussionen über die Freilassung von Gefangenen, Krieg und die globale Gesundheitskrise COVID-19 haben laut dem Combined Security Transition Command-Afghanistan (CSTC-A) das zweite Quartal 2020 für die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF) zum „vielleicht komplexesten und herausforderndsten Zeitraum der letzten zwei Jahrzehnte“ gemacht (SIGAR 30.7.2020).
Der Konflikt in Afghanistan befindet sich nach wie vor in einer „strategischen Pattsituation“, die nur durch Verhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban gelöst werden kann (SIGAR 30.1.2020). Die afghanische Regierung führte zum ersten Mal persönliche Gespräche mit den Taliban, inhaltlich wurde über den Austausch Tausender Gefangener verhandelt (BBC 1.4.2020). Diese Gespräche sind ein erster Schritt Richtung inner-afghanischer Verhandlungen, welche Teil eines zwischen Taliban und US-Amerikanern unterzeichneten Abkommens sind (TD 2.4.2020). Die Gespräche fanden vor dem Hintergrund anhaltender Gewalt im Land statt (BBC 1.4.2020; vgl. HRW 13.1.2021), was den afghanischen Friedensprozess gefährden könnte (SIGAR 30.1.2021).
Die Sicherheitslage im Jahr 2021
Mit April bzw. Mai 2021 nahmen die Kampfhandlungen zwischen Taliban und Regierungstruppen stark zu (RFE/RL 12.5.2021a; cf. SIGAR 30.4.2021, BAMF 31.5.2021). Im Mai 2021 übernahmen die Taliban die Kontrolle über den Distrikt Dawlat Shah in der ostafghanischen Provinz Laghman (LWJ 20.5.2021) und den Distrikt Nerkh in der Provinz (Maidan) Wardak, einen strategischen Distrikt etwa 40 Kilometer von Kabul entfernt. Spezialkräfte wurden in dem Gebiet eingesetzt, um den Distrikt Nerkh zurückzuerobern, nachdem Truppen einen „taktischen Rückzug“ angetreten hatten (RFE/RL 12.5.2021b; vgl. TN 12.5.2021, AJ 12.5.2021). Aufgrund der sich intensivierenden Kämpfe zwischen den Taliban und der Regierung an unterschiedlichsten Fronten in mindestens fünf Provinzen (Baghlan, Kunduz, Helmand, Kandahar und Laghman) sind im Mai 2021 bis zu 8.000 Familien vertrieben worden. Berichten zufolge haben die Vertriebenen keinen Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, Schulen oder medizinischer Versorgung (BAMF 31.5.2021; vgl. UNOCHA 2.6.2021).
Ende Mai/Anfang Juni übernahmen die Taliban die Kontrolle über m