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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art144 Abs3;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):96/19/3297Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, 1.) über den Antrag des U in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Jänner 1996, Zl. 301.421/4-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, und
2.) in dieser Beschwerdesache den Beschluß gefaßt:
Spruch
1.) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
2.) Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf den hg. Beschluß vom 26. September 1996, Zl. 96/19/0952, verwiesen.
1.) Mit dem vorliegenden, am 13. November 1996 zur Post gegebenen Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der genannten Frist im wesentlichen mit folgender Begründung:
Der Beschwerdeführer habe rechtzeitig Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, wobei aufgrund eines Versehens seines Rechtsvertreters der ansonsten von diesem in ähnlich gelagerten Fällen jeweils zugleich eventualiter gestellte Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof für den Fall, daß der Verfassungsgerichtshof seinerseits die Behandlung der Beschwerde ablehnen sollte, irrtümlich unterblieben sei. Anläßlich des ersten die Behandlung der Beschwerde ablehnenden Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 1996 und der Wortfolge im Spruch "Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten" habe für seinen Rechtsvertreter keine Veranlassung bestanden, nochmals zu prüfen, ob ein solcher Abtretungsantrag in der seinerzeitigen Verfassungsgerichtshofbeschwerde auch tatsächlich gestellt worden sei. Durch den unrichtigen, eine Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof aussprechenden Beschluß des Verfassungsgerichtshofes habe sich sein Rechtsvertreter in seiner Annahme, einen solchen Abtretungsantrag ohnehin gestellt zu haben, bestärkt fühlen können und müssen. In dieser Annahme habe sein Rechtsvertreter am 16. April 1996 ergänzend (noch) einen, auf den Prüfungsgegenstand des Verwaltungsgerichtshofes abgestimmten Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof übermittelt. Der Verfassungsgerichtshof habe mit Beschluß vom 26. Juni 1996 den ersten Beschluß vom 13. März 1996 dahingehend berichtigt, daß in dessen Spruch die Worte "Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten" zu entfallen haben. Aufgrund dieses (zweiten) berichtigenden Beschlusses habe der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde mit Beschluß vom 26. September 1996 zurückgewiesen. Dieser Beschluß sei seinem Rechtsvertreter am 31. Oktober 1996 zugestellt worden. Es liege lediglich ein dem Beschwerdeführer zuzurechnendes Versehen minderen Grades gemäß § 46 Abs. 1 VwGG vor.
§ 46 Abs. 1 VwGG lautet:
"Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."
§ 46 Abs. 3 VwGG lautet:
"Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhörung des
Hindernisses ... zu stellen ... Die versäumte Handlung ist
gleichzeitig nachzuholen."
Als Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG, nach dessen Aufhören die Frist zur Stellung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu laufen beginnt, kann nur das die Säumnis verursachende Ereignis angesehen werden. Im gegenständlichen Fall ist dieses Ereignis die - infolge der irrtümlichen Unterlassung des Vertreters des Beschwerdeführers, bereits in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde einen Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof für den Fall zu stellen, daß der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ablehnt - nach der tatsächlich erfolgten Ablehnung der Behandlung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof samt Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof unterbliebene Stellung eines solchen Antrages.
Der Beschwerdeführer brachte seinen ergänzenden Schriftsatz vom 16. April 1996 "zufolge des Abtretungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 13.3.1996" an den Verwaltungsgerichtshof unter Beifügung der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten ursprünglichen Beschwerde vom 22. Februar 1996 ein. Diesen Schriftsatz erstattete er ohne Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof.
Ein Parteienvertreter ist verpflichtet, bevor er einen Beschwerdeergänzungsschriftsatz unterfertigt, zu überprüfen, ob mit der beabsichtigten Prozeßhandlung den gesetzlichen Anforderungen über Form und Inhalt einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof entsprochen wird. Da der Beschwerdeführer auf die Ergänzung seiner ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde abstellt und diese sogar beilegt, mußte er angesichts der Überprüfung, welche Mängel dieser ursprünglichen Beschwerde anhafteten, erkennen, daß er gar keinen Abtretungsantrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden darstellt.
Denn der Beschwerdeführer erlangte spätestens mit Zustellung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Juni 1996 - das Datum der Zustellung läßt der Beschwerdeführer ungenannt, obwohl er verpflichtet gewesen wäre, ausdrückliche Angaben über die Rechtzeitigkeit des Antrages im Sinne der Bestimmung des § 46 Abs. 3 VwGG zu machen - Kenntnis von der Unterlassung der Stellung eines Abtretungsantrages. Die Frist für den Wiedereinsetzungsantrag läuft vom Wegfall des Hindernisses, nicht von der Zustellung des hg. Beschlusses, mit dem die verspätete Beschwerde zurückgewiesen worden ist. Die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist begann daher spätestens mit Zustellung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Juni 1996 zu laufen. Die Unterlassung der Angaben über die Zustellung dieses Beschlusses - hiebei handelt es sich um einen nicht verbesserungsfähigen inhaltlichen Mangel der Eingabe - führt zur Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages gemäß § 46 Abs. 3 VwGG (vgl. zB. den hg. Beschluß vom 28. Juni 1982, VwSlg. N.F. Nr. 10.771/A, und vom 14. Jänner 1986, Zl. 85/04/0105, 0200).
2.) Bei diesem Ergebnis war die mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung am 13. November 1996 zur Post gegebene und am 14. November 1996 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG durch Beschluß in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, wodurch sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erübrigt.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996193296.X00Im RIS seit
03.04.2001Zuletzt aktualisiert am
03.05.2012