TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/19 95/16/0060

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Veröffentlicht am 19.12.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs1;
AVG §69 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde der L KG in H, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 1. Dezember 1994, Zl. 17.254/104-IA7b/94, betreffend Ablehnung der Wiederaufnahme (eines Verfahrens zur Festsetzung von Importausgleichssätzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hatte (nach ihrem eigenen Vorbringen) im Jahr 1993 die wirtschaftliche Tätigkeit des Käseimportes nach Österreich aufgenommen. Am 9. August 1993 sandte sie drei verschiedene, als "Grana Padano" bezeichnete Käse an das Qualitätslabor der Agrarmarkt Austria (im folgenden kurz: AMA) ein. Die Untersuchung ergab Bedenken hinsichtlich der für Käse der genannten Art für einen Import nach der sog. GATT-Regelung erforderlichen Reifezeit von zwölf Jahren. In einem Schreiben vom 26. August 1993 wurde die Beschwerdeführerin dazu zur Stellungnahme aufgefordert.

Die Beschwerdeführerin veranlaßte daraufhin Kontakte zwischen den einschlägigen Spezialisten aus Italien und Österreich zum Zwecke der Abstimmung der Altersbestimmung des Käses, wobei allerdings eine Einigung nicht erzielt werden konnte.

Die Beschwerdeführerin schildert diesbezüglich, daß sie vor dem Hintergrund dieser unklaren Situation der Altersbestimmung des Käses angesichts von ihr übernommener konkreter Lieferverpflichtungen zur Vermeidung von Schäden gezwungen gewesen sei, am 9. September 1993 Anträge auf Erteilung von Importbewilligungen unter Verwendung falscher Behauptungen bzw. falscher Qualifikationen des zu importierenden Käses zu stellen.

Mit rechtskräftigen Bescheiden des Vorstandes für den GB III der AMA vom 14. September 1993, Zlen. 47678/93, GB III/Ref. 1/Per, 746/0009; 47686/93, GB III/Ref. 1/Per, 764/0011; 47694/93, GB III/Ref. 1/Per, 764/0012, wurden daraufhin für den in Rede stehenden Käse Importausgleichsätze festgesetzt, wobei davon ausgegangen wurde, daß ein Import nach der GATT-Regelung nicht (mehr) gewünscht wurde.

Am 25. November 1993 stellte die Beschwerdeführerin bei der AMA den Antrag auf Wiederaufnahme der mit den Bescheiden vom 14. September 1993 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren, wobei sie sich dazu auf ein ihr am 19. November 1993 zugegangenes italienisches Gutachten stützte.

Mit Bescheid des Vorstandes für den GB III der AMA vom 29. März 1994 wurde der Wiederaufnahmsantrag abgewiesen. Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wies die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

In der Begründung dazu stellte die belangte Behörde unter anderem die Tatsache in den Vordergrund, die Beschwerdeführerin habe die das Verfahren, dessen Wiederaufnahme begehrt werde, abschließenden Bescheide spätestens am 15. September 1993 erhalten; das italienische Gutachten hingegen, worauf der Wiederaufnahmsantrag gestützt werde, sei erst im November 1993 erstattet (und der Beschwerdeführerin am 19. November 1993 zugestellt) worden. Es handle sich dabei somit nicht um ein neu hervorgekommenes Beweismittel iS des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem subjektiven Recht auf Wiederaufnahme deshalb verletzt, "weil ihr ohne ihr Verschulden nachträglich erst Beweismittel, nämlich ein Fachgutachten, veranlaßt durch eine zuständige Behördenstelle in Italien, verfügbar" wurden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin war sie selbst während des mit seinerzeitigem Antrag vom 9. August 1993 eingeleiteten Verfahrens in Kenntnis der in Rede stehenden Sachproblematik und bemühte sie sich deshalb damals schon um ein entsprechendes italienisches Gutachten. Sie stellte dann aber am 9. September 1993 wegen diverser drohender ökonomischer Nachteile wider besseres Wissen einen anderen Antrag, wobei sie den betroffenen Käse falsch qualifizierte.

Da im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG eine neue Sachentscheidung ausgeschlossen ist, wenn die Tatsachen (hier der Umstand, daß der Käse, der Gegenstand des Antrages vom 9. September 1993 war, in Wahrheit eine andere Qualität als die von der Beschwerdeführerin deklarierte hatte) der Partei schon vor Abschluß des Verfahrens ohnehin bekannt war (vgl. dazu die bei Hauer/Leukauf, Handbuch5 unter E 19b zu § 69 Abs. 1 AVG referierte hg. Judikatur), hat die belangte Behörde im Ergebnis jedenfalls frei von Rechtswidrigkeit des Wiederaufnahmsantrag der Beschwerdeführerin als unberechtigt behandelt.

Dazu kommt, daß die Beschwerdeführerin dem Argument der belangten Behörde, jenes italienische Gutachten, auf das sie sich als Wiederaufnahmsgrund stützt, sei überhaupt erst im November 1993 (also nach Abschluß des wiederaufzunehmenden Verfahrens) erstattet worden, ebenfalls nicht entgegentritt. Somit fehlt es auch an dem für eine Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG erforderlichen Umstand, daß das betreffende Beweismittel (hier das italienische Gutachten) schon vor Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens vorhanden sein mußte, lediglich seine Verwendung aber für die Partei erst nachträglich möglich geworden ist (Hauer/Leukauf a.a.O. E 19a und die dort referierte Judikatur).

Damit ist das Schicksal der Beschwerde aber bereits entschieden. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß auch eine im Ermessensweg vorzunehmende amtswegige Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 3 AVG das Vorliegen eines der Wiederaufnahmstatbestände des Abs. 1 leg. cit. erfordert (vgl. Hauer/Leukauf a.a.O. E 2 zu § 69 Abs. 3 AVG und die dort angeführte hg. Judikatur) und daß niemand ein Recht auf amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens hat (Hauer/Leukauf a.a.O. E 4 zu § 69 Abs. 3 AVG).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei die Entscheidung mit Rücksicht auf die einfache Rechtslage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995160060.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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