TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/15 W171 2246174-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.09.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.09.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs3
VwGVG §8a
ZPO §64 Abs1 Z1 lita

Spruch


W171 2246174-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , alias XXXX , (und andere Aliasnamen), geb. XXXX , alias XXXX , alias XXXX , Staatsangehörigkeit ungeklärt, alias Bosnien u. Herzegowina, alias Kosovo, vertreten durch die BBU GmbH (Bundesagentur für Betreuungs- u. Unterstützungsleistungen), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.08.2021, Zl: XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Gewährung von Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Eingabengebühr wird abgewiesen.


B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (in Folge BF genannt) wurde am 31.07.2021 von der deutschen Grenzpolizei an die österreichische Polizei übergeben und festgenommen.

Da eine erkennungsdienstliche Behandlung einen Eurodac-Treffer für Deutschland ergab, wurde ein Konsultationsverfahren mit Deutschland eingeleitet und gegen die BF Schubhaft gem. Art. 28 Dublin III VO verhängt. Seitens Deutschlands wurde ein Rückübernahme der BF jedoch per 09.08.2021 abgelehnt

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen u. Asyl (in der Folge BFA genannt) vom 09.08.2021 wurde sohin die gegenständlich angefochtene Schubhafthaft zur Sicherung des Verfahrens und der Abschiebung verhängt und ausgeführt, die BF habe durch ihr Vorverhalten Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 FPG erfüllt und sei daher von Fluchtgefahr auszugehen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit habe ergeben, dass die privaten Interessen der Schonung der persönlichen Freiheit der BF dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung und der Sicherheit und Ordnung im Lande hintanzustehen haben. Ein gelinderes Mittel sei nach Sicht der Behörde nicht als ausreichende Sicherung anzusehen, um von einer gesicherten Rückführung der BF in einen möglichen Herkunftsstaat ausgehen zu können. Die gegenständliche Schubhaft sei daher notwendig und rechtmäßig.

Mit Bescheid des BFA vom 26.08.2021 wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot erlassen und die Abschiebung der BF in den Kosovo für zulässig erklärt, eine freiwillige Ausreise nicht gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Mit Beschwerdeschrift vom 08.09.2021 wurde im Wesentlichen ausgeführt, die verhängte Schubhaft sei rechtwidrig, da bei Verhängung der Rückkehrentscheidung grobe Verfahrensmängel aufgetreten seien. Die BF lebe seit 2012 in Frankreich, habe sechs Kinder und ihr Vater verfüge über einen gültigen Aufenthaltstitel. Ihr Name sei XXXX und nicht XXXX . Sie sei nicht kosovarische Staatsangehörige. Ihr abgelaufener Aufenthaltstitel für Frankreich befinde sich im Verlängerungsverfahren.

Gegen die BF sei zu Unrecht eine Rückkehrentscheidung erlassen worden und zu Unrecht einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt worden. Daher sei auch die laufende Schubhaft nicht rechtskonform. In Wahrheit sei die Abschiebung der BF innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer nicht realisierbar und daher die Schubhaft rechtswidrig, da eine Erlangung eines Heimreisezertifikates für die BF in der gegenständlichen Konstellation nicht möglich sei.

Darüber hinaus sei keine Fluchtgefahr gegeben, sei keine nachvollziehbare Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt worden und zu Unrecht kein gelinderes Mittel herangezogen worden. Neben anderen kopierten Urkunden in schlecht erkennbarer Qualität legte die BF Dokumente ihrer Eltern und einen händisch ausgefüllten Meldeschein betreffend einer XXXX vor. Der Meldeschein ist auf der vorgelegten Kopie nicht sichtbar behördlich gestempelt oder unterschrieben.

Begehrt wurde (neben der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung) Verfahrenshilfe in Höhe der Eingabengebühr und Verfahrenskostenersatz.

Die Behörde legte dem Gericht den Schubhaftakt am 09.09.2021 vor und erstattete eine Stellungnahme unter Beantragung der Abweisung der Beschwerde sowie des Kostenersatzes

für die Aufwendungen. Dabei wurde wie nachstehend (verkürzt) ausgeführt:

„Die Beschwerdeführerin reiste laut eigenen Angaben bereits am 30.07.2021 in das Bundesgebiet ein.

Am 31.07.2021 wurde die BF um 15:32 Uhr, aufgrund einer Einreiseverweigerung in die Bundesrepublik Deutschland von der deutschen Polizei an die österreichische Polizei übergeben. Im Anschluss wurden der BF gem. § 39 FPG auf der PI Fremdenpolizei Salzburg festgenommen. Im PAZ Salzburg wurde die BF erkennungsdienstlich behandelt und anschließenden um 16:35 Uhr von der Polizei niederschriftlich einvernommen, wobei bereits Fragen für das BFA zur Prüfung einer etwaigen Sicherungsmaßnahme gestellt wurden.

Im Zuge der Niederschrift gab die BF ausdrücklich an, dass die BF in München bei einer Freundin auf Besuch gewesen sei, jedoch in den falschen Zug gestiegen wäre und so nach Österreich gekommen wäre. Die BF verließ in Salzburg den Zug um wieder zurück nach Deutschland zur reisen. Auf die konkrete Frage hin, wohin sich die BF im Fall der Entlassung aus der Anhaltung (Haft) begeben würde gab diese an, dass diese wieder nach Deutschland zurückzureisen würde, da diese bei der Ausländerbehörde einen Termin hätte. Die BF verfügt über keine ausweislegitimierenden Dokumente. Die Frage zu allfälligen Personen, welche sich legal in Österreich befinden, gab der BF an, dass die BF keine kennen würde. Auf die Frage ob die BF über Barmittel verfügt, gab dieser an, dass diese lediglich über € 79,36.- an Barmittel verfügen würde.

Die am 31.07.2021 im PAZ Salzburg durchgeführte erkennungsdienstliche Behandlung ergab einen EURODAC-Treffer in Deutschland und daher war eine Zurückschiebung durch die LPD-Salzburg nicht möglich, weshalb am 31.07.2021 um 17:51 Uhr die Zuständigkeit des BFA erklärt, die Amtshandlung übernommen und nach Prüfung des Sachverhaltes um 20:46 Uhr der Schubhaftbescheid des BFA die BF zugestellt wurde. Weiter konnte festgestellt werden, dass die BF bereits in Österreich über mehrere Alias-Identitäten verfügt. Auf die Alias-Identitäten befragt, gab die BF an, dass es sich bei den früheren Angaben um Alias-Identitäten handeln würde. Laut BF lautet ihr richtiger Datensatz XXXX .

Zumal nach eingehender, individuell geführter Prüfung des Sachverhaltes bei der BF Fluchtgefahr nach den in § 76 Abs. 3 Ziffer 6 lit. a, b und c sowie Ziffer 9 FPG gegeben waren und diese auch die beabsichtigte, unberechtigte Weiterreise in einen anderen Mitgliedsstaat klar zum Ausdruck gebracht hatte und damit auch eindeutig festgestellt werden konnte, dass der BF beabsichtigt, sich sogleich dem Verfahren im Bundesgebiet und dem Zugriff der Behörden zu entziehen zu suchen, wurde durch den Journalbeamten zur Sicherung des Verfahrens zur Außerlandesbringung und zur Abschiebung gem. Art. 28 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 iVm § 76 Absatz 2 Ziffer 2 FPG idgF, iVm § 57 Absatz 1 AVG die Schubhaft verfügt.

Gleichzeitig mit der Zustellung des Schubhaftbescheides wurde der BF die Information Rechtberatung zugestellt und hierbei mitgeteilt, dass gem. § 52 Abs 1 BFA-VG dieser durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, eine Rechtsberatung durch die BBU amtswegig zur Seite gestellt wird.

Darüber hinaus wurde am 31.07.2021 über das Dublin-Büro der Erstaufnahmestelle West ersucht Konsultationsverfahren mit Deutschland einzuleiten.

Die durchgeführte Prüfung der Möglichkeit der Verfügung eines gelinderen Mittels ergab aufgrund der Tatsachenumstände und der Angaben der Beschwerdeführerin hinsichtlich deren beabsichtigten weiteren Verhalten keine Möglichkeit der Verfügung des gelinderen Mittels.

Am 09.08.2021 langte bei der ho. Behörde die Ablehnung der deutschen Behörde im Rahmen des Konsultationsverfahrens ein, weshalb der nunmehr angefochtene Mandatsbescheid gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens sowie der Sicherung zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. der Sicherung der Abschiebung, erlassen wurde.

Zu den angeführten Punkten in der von der BBU geführten Beschwerde:

Zu Punkt 1: Der Umstand, dass die BF mit dem Datensatz XXXX geführt wird, ergibt sich aus den Angaben der BF in der Befragung vom 31.07.2021 sowie der Einreiseverweigerung BRD. Sie selbst gab jeweils zu Protokoll, den Namen XXXX zu führen bzw. dass es sich bei den früheren Angaben um Alias-Identitäten handeln würde. Laut der BF lautet ihr richtiger Datensatz „ XXXX “. Aufgrund fehlender Ausweisdokumente und der Angaben der BF wurde daraufhin die BF mit dem Datensatz XXXX weitergeführt.

In der Beschwerde wird weiter moniert, dass die BF über keinen Reisepass verfügen würde und auch jemals in Bosnien und Herzegowina registriert gewesen sei. Dieser Umstand belegt vielmehr, dass die BF wissentlich illegal quer durch den Schengenraum reist.

Der Umstand, dass die BF als kosovarische Staatsbürgerin und nicht als bosnische Staatsbürgerin geführt wird, ergibt sich aus der durchgeführten erkennungsdienstlichen Behandlung. Der Umstand, dass die BF nunmehr in der Beschwerde vorbringt, doch den Namen XXXX zu führen ist für die ho. Behörde nicht nachvollziehbar. Die BF hat einerseits beim Versuch der illegalen Einreise nach Deutschland (s. Einreiseverweigerung BRD), den Datensatz XXXX , Kosovo angegeben bzw. auch bei der Einvernahme am 31.07.2021 angegeben, den Namen XXXX , Bosnien und Herzegowina zu führen. Der Umstand das die BF nunmehr angibt ihr richtiger Name sei XXXX , bekräftigt vielmehr, dass die BF weder beim Versuch der illegalen Einreise nach Deutschland – noch vor den österreichischen Beamten, Angaben zu ihrer wahren Identität machen wollte.

Zum Vorbringen in der Beschwerde, dass die BF in Frankreich über einen Aufenthaltstitel verfügen würde bzw. auch fristgerecht einen Verlängerungsantrag eingebracht hätte, wird folgendes entgegengehalten: Laut PKZ-Anfrage vom 24.08.2021 ist für Frau XXXX , Ausländernummer: XXXX , StA Bosnien und Herzegowina – derzeit kein – französischer Aufenthaltstitel ausgestellt. Laut dem französischen Ausländersystem liegen lediglich unter diesen Personalien eine unerlaubte Einreise im Jahr 2006 vor bzw. eine abgelaufene Aufenthaltsbescheinigung, gültig vom 28.09.2017 – 27.12.2017 vor. Ein Antrag um Verlängerung wurde abgelehnt. Weiter ist die BF in Frankreich wegen Bandendiebstählen und falscher Namensangaben bekannt. Nach der BF wird in Frankreich derzeit gefahndet, sie gilt als vermisst und es besteht die Vermutung sie könnte Opfer einer Straftat geworden sein.

Zu Punkt 2: Wie von Seiten der BBU richtig festgestellt, wurde im gegenständlichen Fall eine Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Zur Erlassung einer Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, ist keine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erforderlich. Eine Abschiebung der BF würde ohnehin erst nach rechtskräftiger Rückkehrentscheidung erfolgen. Eine Abschiebung der BF kann somit auch im Rahmen der gesetzlichen Gesamtanhaltedauer erfolgen. Zumal die BF sogar in Frankreich dafür bekannt ist falsche Angaben zu Ihrer Identität zu machen bzw. auch in Österreich bereits über mehrere Alias-Datensätze verfügt, kann es alleinig der BF selbst anzulasten sein, dass sie als kosovarische Staatsangehörige geführt wird und sich somit die Anhaltung in Schubhaft verlängert.

Die BF hat aufgrund ihres dargelegten Verhaltens gezeigt, dass sie sich einer Abschiebung entziehen bzw. auch eine Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Zu Punkt 3 u. 4: Insoweit die Vertreter/in der BBU-Rechtsberatung eine Unzulässigkeit des nationalen Gesetzgebers zur eigenständigen Definition von Fluchtgefahr moniert und darüber hinaus der Meinung ist, dass der nationale Gesetzgeber die Vorgaben nicht erfüllt, wird von Seiten des BFA nicht näher erörtert, da dem Bundesamt weder eine anderslautende Beurteilung des VwGH oder des VfGH bekannt ist.

Festgehalten wird von Seiten des Bundesamtes, dass gerade mit der Umsetzung des letzten Fremdenrechtsänderungsgesetzes die vorgegebenen Kriterien gem. EU-Verordnung aber auch den Vorgaben des VwGH Rechnung getragen wurde und daher nicht verständlich ist, weshalb die Vertreter/in der BBU trotz bereits zahlreich ergangener Erkenntnisse des BVwG immer wieder das gleiche Vorbringen tätigt.

Wie bereits ausgeführt wurde mit der Neufassung des § 76 FPG in Entsprechung der Richtlinie unter Abs. 3 normiert, dass eine Fluchtgefahr vorliegt, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Unter den nachfolgend angeführten Ziffern ist festgelegt, was diesbezüglich besonders zu berücksichtigen ist.

So ist in § 76 Abs. 3 unter anderem angeführt, dass eine Fluchtgefahr anzunehmen ist,

1.       ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

und gem. Ziffer 9 auch dann, wenn der Grad der Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes nicht in Bestand ist.

Darüber hinaus ist in § 76 Abs. 3 Zi 1 FPG festgehalten, dass eine Fluchtgefahr anzunehmen ist, wenn der Fremde die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert.

Durch die beabsichtigte, illegale Weiterreise hat der BF auch klar zum Ausdruck gebracht, dass diese sich auch dem behördlichen Zugriff im Bundesgebiet entziehen will und steht damit auch fest, dass diese am Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht mitwirken und eine Abschiebung ohnehin behindern will, weshalb auch § 76 Abs. 3 Zi 1 erfüllt ist.

Das Bundesamt hat sich hier auf die Angaben des BF und dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu stützen und wird dies darüber hinaus auch noch die Fluchtgefahr durch den Beschwerdeschriftsatz der Vertreter/in der BBU erhärtet, zumal aus Sicht des Bundesamtes dieser klar zu entnehmen ist, dass weiterhin eine illegale Weiterreise und somit eine Entziehung des Verfahrens beabsichtigt ist.

Wie bereits erörtert wurde in Entsprechung der Gesetze und in der vorgenommenen Einzelfallprüfung zweifelsfrei festgestellt, dass eben genau jene vom Gesetzgeber in Umsetzung der Vorgaben des VwGH normierte Fluchtgefahr besteht und wurde dies auch im Bescheid klar dargelegt. Selbstredend hat das Bundesamt auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 76 Abs. 3 FPG zu berufen, auch wenn die Vertreter/in der BBU dies moniert, zumal das Handeln der Behörde selbstverständlich ausschließlich auf gesetzlichen Grundlagen zu basieren hat. Im bekämpften Bescheid ist über die Sachverhaltsschilderung, insbesondere auch über die getroffenen Feststellungen, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sowie der Grund der Anhaltung in Schubhaft festgehalten und auch aufgezeigt, weshalb die Inschubhaftnahme das einzige Mittel zur Erreichung des Sicherungszweckes darstellt.

Diese im Zuge der Einzelfallprüfung festgestellten Kriterien, welche auf eine Fluchtgefahr gegründet haben, werden von der BBU-Rechtsberatung völlig ausgeblendet.

Wie bereits erörtert gab der BF ausdrücklich an, dass diese unmittelbar nach Beendigung der Anhaltung beabsichtigt nach Deutschland weiterreisen zu wollen – obwohl der BF bereits die Einreise nach Deutschland verweigert wurde, untermauert. Die Kriterien des § 76 Abs. 3 Zi 9 waren ebenfalls nicht zu Gunsten des BF auszulegen.

Der VwGH führt in seinem Erkenntnis vom 31.08.2006, Zahl 2006/21/0087 unter anderem aus, dass eine fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht rechtfertigen würde. Das Sicherungserfordernis nach § 76 Abs. 1 FPG müsse in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa eine mangelnde berufliche oder soziale Verankerung im Inland in Frage kommen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen.

Dies ist bei der BF wie bereits ausgeführt gegeben, konnte nämlich weder eine berufliche noch eine soziale Verankerung im Inland festgestellt werden.

Wenn die BBU-Rechtsberatung in Zusammenschau mit allen Fakten keine Fluchtgefahr erkennen kann, so sei dies dieser unbenommen, aus Sicht des Bundesamtes war und ist eine solche aus genannten Gründen weiterhin gegeben.

In Unterscheidung zur Rechtsberatung haben sich die Mitarbeiter des Bundesamtes nicht von irgendwelche persönlichen Befindlichkeiten oder Mutmaßungen sondern von Tatsachenumständen leiten zu lassen und ergaben diese eindeutig einen Sicherungsbedarf und keine Möglichkeit ohne Verhängung der Schubhaft den Sicherungszweck erreichen zu können und musste in Abwägung der Tatsachenumstände und unter Prüfung der Verhältnismäßigkeit sowie im Zuge der Einzelfallprüfung wie bereits ausgeführt die Schubhaft verfügt werden.

Auch kann sich das Bundesamt bei seiner Entscheidung nur auf belegte Aussagen und Angaben des BF stützen. Wenn diese erst nach einer durch die BBU geführten Rechtsberatung andere Faktoren oder Tatsachen einfallen, als sie dies zuvor im Zuge einer Niederschrift bekannt gegeben hat und hier absolut widersprüchliche Angaben zu einer beabsichtigten Mitwirkung am Verfahren bestehen, so können solche bei Verfügung der Schubhaft natürlich nicht berücksichtigt werden und ist auch der Glaubwürdigkeitsgehalt dieser Angaben hinsichtlich des Widerspruches erheblich in Zweifel zu ziehen.

Zur Nichtanwendung des gelinderen Mittels wird ebenfalls auf die bereits geführten Angaben bzw. die Angaben im Bescheid verwiesen und wurde auch durch den BF selbst eine zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigte Person ausdrücklich in Abrede gestellt.

Auch ist die vom BF zweifelsfrei geführte Angabe sofort in einen anderen Mitgliedstaat weiterreisen zu wollen und somit die Ankündigung des BF sich sogleich dem behördlichen Zugriff zu entziehen maßgeblich und nicht die ohne Beweis geführte Angabe der BBU-Rechtsberatung, dass sich der BF nunmehr – entgegen seinen eigenen Angaben – Regelkonform verhalten und sein Verfahren auch außerhalb einer Anhaltung abwarten werde. Vielmehr deuteten und deuten weiterhin alle Fakten darauf hin, dass genau das Gegenteil der Fall ist und somit der Zweck des Verfahrens ohne entsprechende Sicherung nicht mehr gegeben wäre.

Zu Punkt 5: Zu den Anträgen auf die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann von Seiten des Bundesamtes keine Stellungnahme abgegeben werden.

Zusammenfassend ist noch einmal festzuhalten, dass der BF klar zum Ausdruck gebracht hat, sich dem laufenden Verfahren durch illegale Weiterreise in einen anderen Mitgliedstaat und somit dem Zugriff der Behörde entziehen will und damit auch ganz klar zum Ausdruck gebracht hat, sich nicht an bestehende Gesetze und Auflagen halten zu wollen.

Darüber hinaus ergab die entsprechend erfolgte Einzelfallprüfung und die Abwägung der Für und Wider im Rahmen einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung den Schluss, dass nur durch die Verhängung der Schubhaft die Abschiebung in den Herkunftsstaat gesichert werden konnte und weiterhin gesichert werden kann und diese unter Einhaltung des nationalen Rechts verfügt wurde sowie von der BBU-Rechtsberatung vorgeschlagene, rechtswidrige Vorgehensweisen nicht Anwendung finden können.

Auch die Verfügung eines gelinderen Mittels war aus Sicht des Bundesamtes in Zusammenschau mit dem bisher gezeigten Verhalten und der Angaben der BF nicht tunlich wäre dadurch der Zweck der Sicherung nicht mehr zu erwirken gewesen.

Gemäß § 35 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Zumal in gegenständlicher Beschwerde im Fall des Obsiegens der Behörde die BF die unterlegene Partei ist, wird daher der Antrag gestellt, diesfalls dem Bundesamt

?        Kostenersatz in der gesetzlichen Höhe zuzuerkennen

und diese Kosten dem BF aufzuerlegen.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

1.1. Die BF reiste illegal am 30.07.2021 in das Bundesgebiet ein, gab bisher vor den österreichischen, deutschen und französischen Behörden mehrere unterschiedliche Identitäten an und beantragte am 09.08.2021 eine freiwillige Rückkehr nach Bosnien. Der Antrag wurde durch die Rechtsvertretung widerrufen. Die Staatsangehörigkeit der BF wurde von ihr bisher nicht durch unzweifelhafte Urkunden nachgewiesen und liegen von ihr diesbezüglich unterschiedliche Angaben vor. Sie ist nicht österreichische Staatsangehörige und fällt daher unter das Fremdenrecht. Sie hat weder für Deutschland, noch für Frankreich einen aufrechten (aktuell gültigen) Aufenthaltstitel.

1.2. Die BF leidet an keinen nennenswerten Erkrankungen.

1.3. Im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung verletzte die BF ihre Mitwirkungspflicht und gab keine Stellungnahme im Wege eines eingeräumten Parteiengehörs zu ihren persönlichen Verhältnissen ab.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Seit dem 26.08.2021 besteht gegen die BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot.

2.2. Die BF hat bisher in keinem Verfahren den Behörden unbedenkliche identitätsbezeugendes Dokument im Original vorgelegt. Die Staatsangehörigkeit ist daher derzeit nicht mit Sicherheit bestimmbar. Auch im Zuge des Beschwerdeverfahrens wird eine eindeutige Aussage, welche Nationalität die BF tatsächlich hat, tunlichst vermieden.

2.3. Die BF ist haftfähig.

2.4. Aktuell sind Flüge nach Bosnien und in den Kosovo mehrmals die Woche buchbar. Abschiebungen sind möglich.

Zum Sicherungsbedarf/zur Verhältnismäßigkeit:

3.1. Gegen die BF liegen eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme und ein aufrechtes Einreiseverbot vor.

3.2. Sie ist nicht vertrauenswürdig, war bisher nicht kooperativ und ist nicht rückreisewillig.

3.3. Die BF hat keine Meldeadresse in Österreich.

3.4. Bei einer Freilassung würde die BF nach Deutschland oder Frankreich weiterreisen bzw. in Österreich untertauchen.

3.5. Die BF bediente sich im In- u. Ausland in der Vergangenheit mehrerer Aliasidentitäten, legte jedoch bisher keine unbedenklichen Urkunden zum Nachweis vor.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. In Österreich bestehen keine familiären und sonstigen nennenswerten sozialen Beziehungen.

4.2. Die BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und weist keine Integrationsmerkmale auf.

4.3. Sie verfügt über keine Geldreserven. Zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung hatte die BF jedoch ausreichende Barmittel um die Eingabengebühr gesetzmäßig zu entrichten.

4.4. Die BF hat in Österreich keinen gesicherten Wohnsitz.

Zur Vorfrage der Rechtmäßigkeit der Rückkehrentscheidung (Grobprüfung)

5.1. Das Gericht konnte bei der behördlichen Rückkehrentscheidung keine groben Fehler, die mit Sicherheit angrenzender Wahrscheinlichkeit zur Aufhebung des Bescheides führen würden, erkennen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.3.):

Der Verfahrensgang sowie die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde zur Schubhaft sowie dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Hinzu kommt noch die Einbeziehung des behördlichen Aktes hinsichtlich der Rückkehrentscheidung (SIM). Die Feststellung zu 1.1. hinsichtlich der illegalen Einreise und den bisher fehlenden unbedenklichen Urkunden bezieht sich auf die allgemeinen Angaben aus dem Schubhaftakt. Vorgelegt wurden nur schlechte Kopien, die im Wesentlichen einen aufrechten fremdenrechtlichen Status der behaupteten Eltern der BF angeben. Zur ihrer Person selbst wurde weder ein aufrechter Aufenthaltstitel für ein europäisches Land, noch ein gültiges Reisedokument vorgelegt.

Dass die BF in der Vergangenheit sowohl in Österreich, Deutschland und Frankreich mehrere Identitäten angab, ergibt sich aus der Stellungnahme des BFA vom 09.09.2021, aus dem Mail vom 31.07.2021 (AS 119 im SIM-Akt) und dem Mail vom 25.08.2021 (AS 47).

Dass die BF bereits eine freiwillige Ausreise beantragte und sodann widerrief ergibt sich aus dem SIM-Akt AS 115 und dem Haftakt (AS 51).

Nach den Informationen Deutschlands (mail vom 31.07.2021, AS 119 SIM-Akt) und den Informationen Frankreichs (Haftakt AS 47) gibt es für die BF weiterhin keinen aufrechten Aufenthaltstitel innerhalb der EU.

Die Feststellung über den Gesundheitszustand der BF gründet sich darauf, dass keine nennenswerten Leiden der BF bekannt sind und sich aus der Anhaltedatei keinerlei diesbezügliche Auffälligkeiten ergeben.

Die BF wurde im Rahmen des Rückkehrentscheidungsverfahrens mittels schriftlichen Parteiengehörs aufgefordert Näheres über Ihre Person bekannt zu geben. Eine Stellungnahme hiezu durch die BF erfolgte jedoch nicht, sodass die Behörde zu Recht von den bekannten Fakten ausgehen musste (1.3.).

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.4.):

Mit Bescheid des BFA vom 26.08.2021 wurde eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf die BF ausgesprochen und einer allfälligen Beschwerde dagegen die aufschiebende Wirkung gem. § 18 BFA-VG aberkannt. Die Rückkehrentscheidung ist sohin durchsetzbar. Eine Rechtskraft, wie sie die Rechtsvertretung fordert, ist für die laufende Schubhaft nicht notwendig (2.1.).

Die BF hat sich selbst bisher in Österreich zumeist als XXXX bezeichnet. Aus dem Mailverkehr im Behördenakt ergibt sich, dass sie sich jedenfalls in Frankreich und Österreich unter mehreren unterschiedlichen Namen aufgehalten hat. Aus diesem Grund verwundert es auch nicht, dass die BF nunmehr im Schubhaftverfahren (im Unterschied zu den behördlichen Verfahren) vermeint, nun XXXX zu heißen. Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Verfahren, dass bisher nur schlecht kopierte Unterlagen zur Identität der behaupteten Eltern (Aufenthaltstitel), jedoch keine unzweifelhaften behördlichen und auch gut lesbaren Dokumente (im Original) hinsichtlich der Identität der BF vorgelegt wurden. Ebenso war es bisher nicht möglich eine eindeutige Zuordnung der BF zu einem Herkunftsland vorzunehmen. In diesem Zusammenhang darf erwähnt werden, dass selbst in der Beschwerde zwar anfangs bei den Daten eine bosnische Staatsangehörigkeit angeführt wird, sonst aber lediglich bestritten wird, dass die BF kosovarische Staatsangehörige sei. Es wird weiters zwar ein französisches Dokument in schlechter Kopie übermittelt, aus der sich eine bosnische Staatsangehörigkeit entnehmen ließe, jedoch im Rahmen des Vorbringens sogleich relativiert, dass die BF in Bosnien nie registriert worden sei (BS 2). Dennoch ist aufgrund der langen Zeit, die sich die BF nunmehr in der Union aufgehalten haben dürfte, nicht von Staatenlosigkeit auszugehen. Die Staatsangehörigkeit ist daher aus Sicht des Gerichtes weiterhin fraglich. Da es in den Akten auch unterschiedliche Geburtsorte ( XXXX , Berlin) gibt, werden hier gleichzeitig mit der Erlangung eines Heimreisezertifikates noch weitere Erhebungen seitens der Behörde zu erfolgen haben. Dies berührt derzeit die Rechtmäßigkeit der Schubhaft jedoch nicht. Auf die diesbezügliche Mitwirkungspflicht der BF wird hingewiesen, wodurch es zu einer wesentlichen Verkürzung der Anhaltung kommen könnte (2.2.).

Die Feststellung zur Haftfähigkeit (2.3.) ergibt sich aus den Angaben im Akt und liegen diesbezüglich dem Gericht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine anderslautenden Informationen vor. Es war daher von einer bestehenden Haftfähigkeit auszugehen.

Nach den Informationen des Gerichts finden aktuell mehrmals wöchentlich Flüge sowohl nach Pristina, als auch nach Sarajevo statt. Von einem Abschiebestopp in die Länder Kosovo und/oder Bosnien hat das Gericht keine Kenntnis erlangt. Es ist daher davon auszugehen, dass eine Abschiebung der BF auch tatsächlich durchführbar ist (2.4.).

2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.5.):

Das Vorliegen einer durchsetzbaren und aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie eines gültigen Einreiseverbotes ergibt sich bereits aus dem Akteninhalt (3.1.).

Die BF ist in der Vergangenheit durchaus mobil gewesen und hat nachweislich ihre Spuren in Deutschland, Frankreich und Österreich hinterlassen. Sie verwendete in der Vergangenheit mehrere Identitäten und machte konträre Angaben über ihre familiären Verhältnisse und ihr Reiseziel. Sie kann daher nicht als vertrauenswürdig eingestuft werden. Sie war vor den Behörden bisher auch nicht kooperativ, da sie ihre Staatsangehörigkeit bisher nicht klar dargelegt hat und im Rückkehrverfahren gegen ihre Mitwirkungspflicht verstoßen hat.

Aus der Beschwerdeschrift und den zuvor bei der Behörde getätigten Angaben lässt sich klar erkennen, dass der BF keinesfalls freiwillig in ihren Herkunftsstaat zurückkehren möchte, sondern ihre Reise (vorzugsweise nach Deutschland oder Frankreich) fortsetzen will. Alternativ kommt auch ein Untertauchen in Österreich in Frage. Für das Gericht stellt sich diesbezüglich klar dar, dass die BF jedenfalls nicht für die Behörde greifbar bleiben würde. Aus dem gesamten bisherigen Verhalten des BF ergibt sich, dass diese nicht vertrauenswürdig, nicht kooperativ und auch nicht rückkehrwillig ist (3.2., 3.4.).

Im zentralen Melderegister findet sich kein Eintrag für die BF (3.3.).

Die Feststellung zu 3.5. ergibt sich aus der bereits oben eingehend erörterten Tatsache, dass bisher keine unbedenklichen Dokumente der Behörde oder dem Gericht zugegangen sind, aus denen sich die konkrete Identität der BF eindeutig zuordnen ließe (3.5.).

2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):

Aufgrund der Aktenlage (behördlicher und gerichtlicher Schubhaftakt) ergibt sich, dass die BF über keinerlei familiäre oder anderweitige wesentliche soziale Kontakte in Österreich verfügt (AS 15ff). Auch im gerichtlichen Verfahren konnte daher von keinen nennenswerten sozialen Kontakten der BF in Österreich ausgegangen werden (4.1.). Die BF hat auch bisher keine legale Berufstätigkeit in Österreich nachgewiesen und dies auch im Verfahren niemals behauptet (4.2.). Die BF verfügte nach den Angaben in der Anhaltedatei über keinen nennenswerten Geldbetrag (€ 30,-- per 08.09.2021)(4.3.). Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist keine Wohnmöglichkeit für die BF erkennbar geworden und wurde Derartiges auch nicht behauptet (4.4.).


2.5. Zur Grobprüfung der Rückkehrentscheidung (5.1.)

Die BF hat im Rahmen des behördlichen Rückkehrentscheidungsverfahrens keine Stellungnahme zu den offenen Verfahrensfragen abgegeben sowie bei der Einvernahme Falschangaben vor der Behörde gemacht und sohin gegen die sie treffende Mitwirkungspflicht verstoßen. Ihre Identität wurde auch bisher nicht durch unbedenkliche Urkunden nachgewiesen. Es handelt sich daher bei einer u. U. unrichtigen Beurteilung der Sachlage durch die Behörde nicht um einen Ermittlungsfehler, sondern tatsächlich um einen groben Verstoß gegen die die BF treffende Mitwirkungspflicht im Rückkehrentscheidungsverfahren. Darüber hinaus darf angemerkt werden, dass es nicht Aufgabe des Schubhaftprüfungsverfahrens ist, dass darin Versäumnisse der Parteien im Fremdenrechtsverfahren nachgeholt und eigene Fehler korrigiert werden können bzw. das ordentliche Bescheidprüfungsverfahren (ebenfalls vor dem BVwG laufend) binnen Wochenfrist im Schubhaftverfahren zu „präjudizieren“. Das Gericht konnte in diesem Sinne im Rahmen einer Grobprüfung der Sach- u. Rechtslage der behördlichen Rückkehrentscheidung keine groben Fehler, die mit Sicherheit angrenzender Wahrscheinlichkeit zur Aufhebung des Bescheides führen würden, erkennen.

2.6. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen:
Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der

Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann.

Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

3.1.3. Aufgrund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht Sicherungsbedarf für gegeben an, da die BF nicht rechtmäßig im Inland aufhältig ist und gegen sie eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt. Über die BF wurde zudem ein Einreiseverbot erlassen. Im Rahmen des behördlichen Verfahrens zur Erlassung der durchsetzbaren Rückkehrentscheidung gab die BF keine Stellungnahme zu dem ihr gewährten Parteiengehör ab und zeigte sich demnach höchst unkooperativ. Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung des BFA wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und ist die Rückkehrentscheidung sohin bereits durchsetzbar. Seitens des angerufenen Bundesverwaltungsgerichts (im Rückkehrentscheidungsbeschwerdeverfahren) wurde bis zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine aufschiebende Wirkung gewährt.

Aus der Beschwerdeschrift und den bisherigen Aussagen der BF lässt sich klar erkennen, dass die BF keinesfalls freiwillig in ihren Herkunftsstaat zurückkehren möchte, sondern ihren illegalen Verbleib in einem Unionsstaat fortsetzen will. Aus dem gesamten bisherigen Verhalten der BF ergibt sich, dass diese nicht vertrauenswürdig, nicht kooperativ und auch nicht rückkehrwillig ist.

Sie ist in Österreich nicht sozial verfestigt, hat keine Familienangehörigen im Inland und konnte auch keinen gesicherten Wohnsitz darlegen. Darüber hinaus kamen im Zuge des Verfahrens auch keinerlei weiteren sozialen Kontakte der BF ans Tageslicht und wurde Derartiges für Österreich auch nicht behauptet. Sie bedarf nach Ansicht des Gerichts daher einer behördlichen Unterstützung für die Heimreise.

Das Gericht geht in einer Gesamtsicht des Verhaltens unter den oben angeführten und festgestellten Tatbeständen des § 76 Abs. 3 jedenfalls vom Bestehen ausreichenden Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Person der BF aus. Die im Bescheid erwähnten Kriterien zur Annahme des Sicherungsbedarfes haben sich im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens als weiterhin zutreffend erwiesen. Zur behördlichen Qualifikation des Sicherungsbedarfs konnte im gerichtlichen Verfahren die naheliegenden Tatbestände des § 76 Abs. 3 Zi. 1, 3 und 9 FPG erkannt werden.

3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen der BF an den Rechten ihrer persönlichen Freiheit in Bezug auf ihre familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass die Beschwerdeführerin keinerlei familiäre/soziale Kontakte im Inland hat, die im Rahmen der gerichtlichen und behördlichen Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung bzw. eines Belassens in Freiheit zu beeinflussen ausreichend waren. Die BF hat durch die Missachtung der fremdenrechtlichen Bestimmungen in Deutschland, Frankreich und auch Österreich in der Vergangenheit klar zum Ausdruck gebracht, dass sie keine Unterordnung unter die in den Ländern der Union bestehenden fremdenrechtlichen Normen und Rechtssysteme beabsichtigt. Sie hat nicht nur versucht die österreichischen Behörden durch Angabe einer veränderten Identität zu täuschen und sich sohin einen Vorteil zu verschaffen, sondern dies auch nachweislich in Frankreich und Deutschland so praktiziert. Durch die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot hat die Republik Österreich nach Ansicht des Gerichts aber ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib der BF im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und auch eine Wiederkehr der BF nicht gewünscht wird. Daraus lässt sich sohin auch ein erhöhtes Interesse der Öffentlichkeit an einer gesicherten Außerlandesbringung der BF klar erkennen. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen der BF weit weniger schwer als das öffentliche Interesse einer baldigen gesicherten Außerlandesbringung der BF. Das Gericht geht daher – wie oben angeführt – von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine gesicherte Heimreise für den BF zu organisieren, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind. Eine Rücknahme der BF durch ein mögliches Herkunftsland Bosnien oder Kosovo liegt nahe. Die BF ist gesund und haftfähig und es besteht kein familiäres- oder sonstiges soziales Netz, das der BF Halt geben und diese von der Weiterreise innerhalb der Union oder vom Untertauchen erfolgreich abhalten könnte. Es ist daher der BF nach heutiger Sicht zuzumuten, die Zeit bis zu ihrer baldigen Rückführung in Schubhaft zuzubringen.

3.1.5. Das Gericht schließt nicht aus, dass es aufgrund der derzeitigen Pandemie (CoViD-19) in den kommenden Wochen unter Umständen noch zu Verzögerungen oder Annullierungen von einzelnen Flügen im internationalen Flugverkehr, oder Unregelmäßigkeiten bei der Rücknahme von Schubhäftlingen in den entsprechenden Herkunftsstaaten kommen könnte. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht jedoch aus aktueller Sicht jedenfalls. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand – kooperatives Verhalten der Beschwerdeführerin vorausgesetzt – mit wenigen Wochen einzustufen. Eine Abschiebung der BF innerhalb der gesetzlichen Höchstfrist ist aus momentaner Sicht jedenfalls möglich.

3.1.6. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt „Sicherungsbedarf“ erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit der BF nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre, zumal die BF einen Antrag auf freiwillige Ausreise nach Bosnien nun zurückgezogen hat. Dabei wäre nicht von einer jederzeitigen Greifbarkeit der BF auszugehen und eine kontrollierte Ausreise nicht anzunehmen. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin, die bisher in Österreich amtlich nicht gemeldet war, nicht zu diesem Zwecke untertauchen würde. Es besteht daher für das Gericht kein Grund davon auszugehen, dass ein gelinderes Mittel eine ausreichende Sicherung der Abschiebung der BF bedeuten würde, zumal die BF im Zuge der Beschwerdeschrift klar zu Ausdruck brachte, dass sie nicht gewillt ist, in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

3.1.7. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als „ultima ratio“ und wird die Schubhaft auch bis zur erfolgreichen Abschiebung vorerst weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der „ultima ratio“ im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.1.8. Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation der BF auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßig verhängte Schubhaft.

4.0. Im vorliegenden Fall konnte aber auch von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten (Behördenakt und gerichtlicher Akt) abschließend ermittelt und beurteilt werden. Gründe für die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung liegen daher nicht vor und wurde auch in der Beschwerdeschrift zu Unrecht lediglich behauptet, dass im Rahmen des behördlichen Ermittlungsverfahrens, welches sich auf die Ergebnisse des Rückkehrentscheidungsverfahrens stützt, Fehler passiert seien. Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar ergeben, dass zur Klärung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Schubhaft die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist.

Zu Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt III.– Kostenbegehren

Lediglich die Behörde begehrte den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Behörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Zu Spruchpunkt IV. Verfahrenshilfe

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Das BFA-VG sieht für seinen, das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffenden Anwendungsbereich allerdings keine ausdrückliche Regelung vor, ob oder inwieweit im Rahmen der kostenlosen Rechtsberatung nach § 52 BFA-VG auch eine Befreiung von allfälligen zu entrichtenden Gerichtsgebühren oder anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren (§ 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO) möglich ist (siehe etwa auch VwGH 31.8.2017, Ro 2017/21/0004). Für Beschwerdeverfahren gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 7 Abs. 1 BFA-VG sind die Bestimmungen des VwGVG anzuwenden. Da in diesen Fällen eine gesetzliche Gebührenbefreiung nicht besteht, unterliegen derartige Beschwerden der Verpflichtung zur Entrichtung der Eingabegebühr nach § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 1 lit. b GebG iVm BuLVwG- EGebV. Im vorliegenden Fall handelt es sich dabei um eine Gebühr von € 30,--.

Der gegenständliche Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr findet somit in § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1Z 1 lit. a ZPO grundsätzlich eine geeignete Rechtsgrundlage.

Entgegen den Ausführungen im Antrag auf Verfahrenshilfe (Bargeldbetrag: ~30 Euro) weist der dem Gericht vorliegende Auszug aus der Anhaltedatei per 08.09.2021 ein Bargeldguthaben der BF von exakt € 30,-- aus. Diese Summe ist zwar als gering zu betrachten, es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die BF durch die Anhaltung im PAZ keinerlei Aufwendungen für Unterkunft oder Nahrung zu tätigen hatte. Es wäre ihm daher durchaus möglich, die Euro 30 für die Eingabengebühr zu begleichen. Die angegebene Vermögenslosigkeit wäre daher bei korrekter Mittelverwendung erst nach Begleichung der Eingabengebühr eingetreten.

Es war daher gemäß § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO der gegenständliche Antrag abzuweisen und die Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr nicht zu erteilen.

Zu Spruchpunkt B. – Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Dublin III-VO Eingabengebühr Einreiseverbot falsche Angaben Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Identität illegale Einreise Kostenersatz Mittellosigkeit öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Staatsangehörigkeit Ultima Ratio Untertauchen Verfahrenshilfe Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W171.2246174.1.00

Im RIS seit

15.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten