TE Bvwg Beschluss 2021/9/29 W250 2244781-3

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Veröffentlicht am 29.09.2021
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Entscheidungsdatum

29.09.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W250 2244781-3/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA Nigeria, in Schubhaft:

A)

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 06.08.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.07.2009 abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 07.09.2015 als unbegründet ab und verwies das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) zurück.

Mit Bescheid vom 05.10.2016 erteilte das Bundesamt dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.02.2017 abgewiesen.

2. Der BF stellte am 20.04.2017 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Er entzog sich dem Asylverfahren und tauchte unter. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.05.2018 wurde der Folgeantrag auf internationalen Schutz zur Gänze abgewiesen. Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen ihn wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Dem BF wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt, einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und gegen ihn ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 04.12.2008 verloren hat.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.07.2020 als unbegründet abgewiesen.

3. Der BF wurde straffällig und mehrfach von Strafgerichten verurteilt. Er wurde zuletzt am 18.10.2018 festgenommen und in Strafhaft angehalten.

4. Während der Anhaltung des BF in Strafhaft beantragte das Bundesamt die Ausstellung eines Heimreisezertifikats bei der nigerianischen Vertretungsbehörde, die am XXXX der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF zustimmte.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 31.03.2021 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der BF wurde seit 07.04.2021 in Schubhaft angehalten.

6. Der BF stellte am 16.04.2021 während der Anhaltung in Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz um seine Abschiebung zu verhindern. Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom 18.05.2021 wurde der faktische Abschiebeschutz aufgehoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.05.2021 wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG für rechtmäßig erklärt.

7. Eine für den 20.04.2021 geplante Charterabschiebung konnte nicht durchgeführt werden, da Deutschland, als durchführender Staat, den gegenständlichen Charterflug abgesagt hat.

Charterabschiebungen vom 22.06.2021, vom 26.05.2021, vom 27.07.2021 sowie vom 24.08.2021 mussten abgesagt werden, da der BF sich geweigert hat den für die Abschiebung erforderlichen Covid-PCR-Test durchführen zu lassen.

8. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Erkenntnissen vom 06.08.2021 und 31.08.2021 fest, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.

9. Am 17.09.2021 legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakt neuerlich zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG vor.

10. Am 21.09.2021 wurde der BF nach Nigeria abgeschoben, den diesbezüglichen Abschiebebericht legte das Bundesamt am 24.09.2021 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter I.1. bis I.10. dargestellte Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.

Insbesondere festgestellt wird, dass sich der BF seit 07.04.2021 durchgehend in Schubhaft befunden hat, die Schubhaft am 21.09.2021 geendet hat und die gesetzliche Frist zur Überprüfung der Schubhaft am 28.09.2021 geendet hätte.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren sowie die Asylverfahren des BF betreffend sowie durch Einsichtnahme in die Anhaltedatei.

Die Feststellung über die Beendigung der mit Bescheid vom 31.03.2021 angeordneten Schubhaft am 21.09.2021 ergibt sich aus der diesbezüglichen Eintragung in der Anhaltedatei und dem damit übereinstimmenden Abschiebebericht.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A.

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen, wenn ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden soll.

Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder "des Untergangs" des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013, eine Einstellung des Verfahrens auch bei materieller Klaglosstellung des Beschwerdeführers wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses in Betracht kommen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 28 VwGVG, Anm. 5).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten, wenn auf andere Weise als durch Abänderung des angefochtenen Bescheides im Sinne des Beschwerdeführers durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung im Nachhinein wegfällt (vgl. zB VwGH 17.12.2007, 2005/12/0153, mwN).

Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall gegeben.

Der BF befand sich von 07.04.2021 bis 21.09.2021 in Schubhaft. Durch die Beendigung der Schubhaft ist das Rechtsschutzinteresse des BF im Sinne des § 22a Abs. 4 BFA-VG weggefallen. Seine Rechtsstellung würde sich durch die Feststellung, dass seine weitere Anhaltung in Schubhaft nicht zulässig ist, nicht ändern.

Eine bloß formlose Beendigung – etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk – eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens kommt nicht in Betracht, handelt es sich doch bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung im Sinne des § 31 Abs. 1 VwGVG.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Da das Rechtsschutzinteresse des BF an der Prüfung der Verhältnismäßigkeit seiner weiteren Anhaltung in der mit Bescheid vom 31.03.2021 angeordneten Schubhaft durch Beendigung der Schubhaft weggefallen ist, war das Beschwerdeverfahren mit Beschluss einzustellen.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im gegenständlichen Verfahren findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung Schubhaft Verfahrenseinstellung Wegfall des Rechtsschutzinteresses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W250.2244781.3.00

Im RIS seit

15.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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