Entscheidungsdatum
30.09.2021Norm
AVG §53bSpruch
W181 2245900-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald Perl als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 08.04.2021 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX beschlossen:
A)
I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm § 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 GebAG mit
€ 60,80 (inkl. USt)
bestimmt.
II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
I.1. Mit Schriftsatz vom 04.03.2021, XXXX , beraumte das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) für den 07.04.2021 eine mündliche Beschwerdeverhandlung an, zu welcher der Antragsteller als Dolmetscher ordnungsgemäß geladen wurde.
I.2. In der Folge fand am 07.04.2021 im Verfahren mit der XXXX eine mündliche Verhandlung statt, wobei es hierbei durch den Antragsteller zu keiner tatsächlichen Übersetzungstätigkeit kam, da der Beschwerdeführer zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist.
I.3. Am 08.04.2021 brachte der Antragsteller im Wege des ERV folgenden Antrag für Dolmetscher gemäß Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) betreffend die am 07.04.2021 am BVwG stattgefundene mündliche Verhandlung zur XXXX , ein:
Gebührennote 21056
An BVwG
Laut Gebührenanspruchsgesetz 1975 i.d.g.F. Fassung BGBl. I 71/2014 vom 11.8.2014 spreche ich für die nachstehend verzeichneten Leistungen folgende Gebühren an:
I. Entschädigung für Zeitversäumnis
a) § 32 (1) 3 begonnene Stunde(n) à € 22,70
€ 68,10
IV. Reisekosten: § 27 ff
Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln hin und zurück
€ 5,20
Zwischensumme
€ 73,30
§ 31 Z. 6 ……….USt
€ 14,67
Endsumme
€ 88,00
I.4. Das BVwG hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 01.09.2021, welches ihm nachweislich am 02.09.2021 zugestellt wurde, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen ab Zustellung kurz zusammengefasst vor, dass es angesichts des Nichterscheinens des Beschwerdeführers zu keiner Übersetzung gekommen sei. Allerdings würde die Zeitspanne, in welcher auf das Erscheinen des Beschwerdeführers gewartet worden sei als Zeitversäumnis gemäß § 32 GebAG zu vergüten sein, wobei vorliegend nicht – wie von ihm beantragt – von 3 begonnenen Stunden, sondern lediglich von 2 begonnenen Stunden Zeitversäumnis auszugehen sei.
I.5. In der Folge langte keine weitere Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller zu einer am 07.04.2021 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung am BVwG im Verfahren mit der XXXX als Dolmetscher geladen wurde. In dieser Verhandlung hat jedoch keine Übersetzungstätigkeit stattgefunden, da der Beschwerdeführer nicht erschienen ist.
2. Beweiswürdigung:
Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des BVwG zum Verfahren mit der XXXX , der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 07.04.2021, der vom Antragsteller eingebrachten Honorarnote, dem Schreiben des BVwG 01.09.2021 sowie dem Akteninhalt.
Die Feststellung, wonach es anlässlich der am 07.04.2021 stattgefundenen mündlichen Verhandlung zu keiner (tatsächlichen) Übersetzungsleistung durch den Antragsteller kam, ergibt sich insbesondere aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, aus der zwar hervorgeht, dass der Antragsteller an dieser Verhandlung in der Zeit von 11:30 Uhr bis 11:45 Uhr als Dolmetscher teilgenommen hat. Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer zu dieser Verhandlung jedoch (unentschuldigt) nicht erschienen ist, wurde durch den Antragsteller keine Übersetzungstätigkeit vorgenommen (arg. „Nach Aufruf der Sache um 11:30 Uhr ist BF nicht zur Verhandlung erschienen. R stellt fest, dass die Parte des Verfahrens und der Dolmetscher rechtzeitig durch persönliche Verständigung zur Verhandlung geladen wurden. […] Mit dem Beginn der Verhandlung wird 15 min zugewartet. Nach neuerlichem Aufruf zur Sache um 11:45 ist der BF noch immer nicht erschienen. D wird dankend um 11:45 Uhr entlassen.“ vgl. hierzu Seite 2 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 07.04.2021).
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.
Gemäß § 89c Abs. 5a Gerichtsorganisationsgesetz – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, sind Sachverständige sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, insbesondere zum Zweck der Übermittlung von Gutachten, Übersetzungen und Gebührenanträgen, zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a) verpflichtet. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher im Einzelfall nicht zumutbar ist; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher verbunden wäre, etwa im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen. Von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs kann abgesehen werden, wenn diese im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf den Gutachtensgegenstand oder die Verwertbarkeit des Gutachtens, untunlich ist.
Zu A) Zur Bestimmung der gebührenrechtlichen Ansprüche:
Zur beantragten Gebühr für Zeitversäumnis gemäß §§ 32 und 33 GebAG:
Gemäß § 32 Abs. 1 und 2 Z 1 GebAG hat der Sachverständige (hier: Dolmetscher) für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muss, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von € 22,70, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1 GebAG, von € 15,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde. Der Anspruch auf Entschädigung durch Zeitversäumnis besteht so weit nicht, als der Dolmetscher Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung hat. Nach dem Wortlaut des Gesetzes besteht ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis nur bei einer Tätigkeit außerhalb der Wohnung oder gewöhnlichen Arbeitsstätte (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 44 zu § 32).
Alle Zeitversäumnisse sind stets zusammenzurechnen und erst dann ist zu prüfen, wie viele Stunden sie zusammen ergeben, wobei eine bloß begonnene Stunde genauso wie eine volle honoriert wird (vgl. OGH 06.02.1969, EvBI 1969/388; OLG Wien 24.07.1986, 11 R 108/86; LGZ Wien 48R 68/08t EFSLg 121.620; OGH Wien 28.09.2010, 14 Os 109/10a; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, § 32, E 72).
Am 07.04.2021 nahm der Antragsteller an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung ( XXXX ) teil. Diese begann um 11:30 Uhr, mangels Anwesenheit bzw. Erscheinens des Beschwerdeführers wurde der Antragsteller jedoch bereits um 11:45 Uhr wieder aus der Verhandlung entlassen (arg. „Nach Aufruf der Sache um 11:30 Uhr ist BF nicht zur Verhandlung erschienen. R stellt fest, dass die Parte des Verfahrens und der Dolmetscher rechtzeitig durch persönliche Verständigung zur Verhandlung geladen wurden. […] Mit dem Beginn der Verhandlung wird 15 min zugewartet. Nach neuerlichem Aufruf zur Sache um 11:45 ist der BF noch immer nicht erschienen. D wird dankend um 11:45 Uhr entlassen.“ vgl. Seite 2 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung).
In der gegenständlichen Honorarnote vom 08.04.2021 verzeichnete sich der Antragsteller nunmehr für seine Teilnahme an dieser Verhandlung Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von 3 begonnenen Stunden zu je € 22,70, sohin insgesamt einen Betrag in Höhe von € 68,10.
Zeitversäumnis für die Hin- und Rückreise
Ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis steht [..] für die Anreise zur Verhandlung und die Rückfahrt zum Wohn- oder Arbeitsplatz zu (vgl. OLG Wien 31 Rs 145/87 SVSlg 34.220, Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 9, § 32).
Routenplaner berechnen eine mögliche, als Richtwert anzusehende Fahrzeit. Tatsächliche Verkehrssituationen sind naturgemäß aber nicht einbeziehbar, sodass insbesondere für die Anreise zu einem Gericht unter Berücksichtigung des erwünschten pünktlichen Erscheinens ein nicht unerheblicher „Zeitpolster hinzuzufügen“ ist (vgl. OGH 15 Os 74/08h; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, § 32, E 63). Die in den Fahrplänen für die öffentlichen Verkehrsmittel in Wien angegebenen Fahrtzeiten sind lediglich Richtwerte, die nur unter idealen Bedingungen der Realität entsprechen. Dabei sind längere Wartezeiten nicht berücksichtigt, die sich dadurch ergeben können, dass die Reise nicht zum fahrplanmäßig idealen Zeitpunkt begonnen wird, oder die zu Fuß zurückzulegende Wegstrecke nicht in der in den Fahrplänen dafür vorgesehenen Zeit bewältigt werden, sodass größere Wartezeiten beim Anschlussverkehrsmittel entstehen. Zu berücksichtigen ist auch der Zeitaufwand für das Passieren der Sicherheitsschleuse im Gerichtsgebäude, das Erreichen des Verhandlungssaals und ein zur Sicherstellung pünktlichen Erscheinens jedenfalls zu berücksichtigender Zeitpolster für allfällige Verzögerungen bei der Anreise (vgl. OGH 11 Os 51/08x SV 2008/2, 94; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 60 zu § 32).
Für die Wegstrecke von seiner Wohnstätte zum Ladungsort Bundesverwaltungsgericht, Erdbergstraße 192-196 in 1030 Wien, werden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln laut Routenplaner „www.wienerlinien.at“ circa 35 Minuten (pro Richtung) benötigt.
Bei Zusammenrechnung aller Weg- und Wartezeiten an diesem Verhandlungstag (insgesamt 70 Minuten Reisezeit für die Hin- und Rückfahrt zum und vom Bundesverwaltungsgericht, sowie die Einberechnung eines zu berücksichtigenden Zeitpolsters von 20 Minuten im Zusammenhang mit der Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie für das rechtzeitige Erscheinen zu der Sicherheitskontrolle des Bundesverwaltungsgerichtes und der Wartezeit im Rahmen der mündlichen Verhandlung von 15 Minuten), ergibt sich eine Zeitspanne von ungefähr 1 Stunde und 45 Minuten, welche somit zwei begonnene Stunden nicht übersteigt.
Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen kann gegenständlich lediglich eine Entschädigung für zwei Stunden Zeitversäumnis gemäß § 32 Abs. 1 GebAG in Höhe von € 45,40 zuerkannt werden.
Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:
I. Entschädigung für Zeitversäumnis
a) § 32 (1) 2 begonnene Stunde(n) à € 22,70
€ 45,40
IV. Reisekosten: § 27 ff
Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln hin und zurück
€ 5,20
Zwischensumme
€ 50,60
§ 31 Z. 6 ……….USt
€ 10,12
Endsumme
€ 60,72
Endsumme gerundet auf volle 10 Cent
€ 60,80
Aus diesem Grund war daher die Gebühr des Dolmetschers mit € 60,80 zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zuständigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Schlagworte
Anreise Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Mehrbegehren mündliche Verhandlung Teilstattgebung Weg- und Wartezeit ZeitversäumnisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W181.2245900.1.00Im RIS seit
15.10.2021Zuletzt aktualisiert am
15.10.2021