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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Rechtssatz
Die bei der vom VwG erlassenen Rückkehrentscheidung im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014 getroffenen Überlegungen sind nicht vollständig und bedürfen daher einer Ergänzung. Unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens ist nämlich auch von Bedeutung, welche Verhältnisse die Fremde konkret bei ihrer Rückkehr nach Nigeria dort vorfinden wird. Zwar ist infolge der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz davon auszugehen, dass die Fremde keine asylrelevante Verfolgung zu gewärtigen hat und dass ihre Abschiebung nach Nigeria im Grunde des § 50 FrPolG 2005 nicht unzulässig ist (vgl. E 16. Dezember 2015, Ra 2015/21/0119). Der Umstand, dass sie von einem Mann bedroht wird, der sie in Richtung Prostitution gedrängt und ihre Reise nach Belgien finanziert hat und dem sie Geld schuldet, hätte aber nicht ausgeblendet werden dürfen. Das VwG ist weiter davon ausgegangen, dass der aktuelle Aufenthalt der Fremden in Österreich oder zumindest die Reise nach Wien "mit hoher Wahrscheinlichkeit" unter Zwang und im Rahmen von Menschenhandel erfolgt sind. Auch dieser Aspekt wäre einzubeziehen gewesen (vgl. das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels, BGBl. III Nr. 10/2008; siehe weiters den Bericht "The Causes and Consequences of Re - trafficking: Evidence from the IOM Human Trafficking Database"). Dass die Fremde im Asylverfahren selbst abschlägige Auskünfte gegeben hatte, stand einer neuerlichen Beschäftigung mit dieser Frage im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht entgegen (vgl. Urteil der Großen Kammer des EGMR vom 23. März 2016, F. G. gegen Schweden, Nr. 43611/11).
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016210038.L01Im RIS seit
15.10.2021Zuletzt aktualisiert am
15.10.2021