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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
ASVG §16Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des G S in F, vertreten durch Dr. Harald Christandl, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Elisabethstraße 50b, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 2019, G302 2193212-1/8E, betreffend Rückforderung von Beiträgen gemäß § 69 ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Pensionsversicherungsanstalt), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht - in Bestätigung eines Bescheides der Pensionsversicherungsanstalt - den Antrag des Revisionswerbers vom 29. November 2017 auf Rückerstattung der von ihm für die Zeit von 1. Jänner 2013 bis 30. September 2013 geleisteten Beiträge zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung nach § 17 ASVG ab. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig.
2 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Revisionswerber sei von 1. April 2003 bis 30. September 2013 gemäß § 17 ASVG in der Pensionsversicherung weiterversichert gewesen. Für den Zeitraum von 1. Jänner 2013 bis 30. September 2013 habe er an die Pensionsversicherungsanstalt Beiträge für die Weiterversicherung von insgesamt € 8.771,85 geleistet.
3 Mit Bescheid vom 7. Oktober 2013 habe die Pensionsversicherungsanstalt dem Revisionswerber eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer ab 1. Oktober 2013 zuerkannt. Der Gewährung und Bemessung der Leistung seien unter anderem die bis zum 30. September 2013 vom Revisionswerber aufgrund seiner Weiterversicherung gemäß § 17 ASVG erworbenen Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung zugrunde gelegen.
4 Im Jahr 2016 habe sich aufgrund des nunmehr für das Jahr 2013 vorliegenden Einkommensteuerbescheides ergeben, dass der Revisionswerber von 1. Jänner 2013 bis 30. September 2013 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung (nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG) unterlegen sei. Der Revisionswerber habe die ihm für diesen Zeitraum von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vorgeschriebenen Beiträge entrichtet.
5 In Folge der rückwirkenden Einbeziehung des Revisionswerbers in die Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG seien in der Zeit von 1. Jänner 2013 bis 30. September 2013 die Voraussetzungen der Weiterversicherung in der Pensionsversicherung nach § 17 Abs. 1 ASVG nicht vorgelegen. Die Rückforderung der Beiträge sei jedoch gemäß § 69 Abs. 2 ASVG ausgeschlossen, weil die entrichteten Beiträge des Revisionswerber Grundlage für eine Leistung - nämlich die ihm zuerkannte Pension - gewesen seien.
6 Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu fehle, ob im Fall einer rückwirkend festgestellten Pflichtversicherung nach dem GSVG ein Anspruch auf Rückerstattung der für denselben Zeitraum geleisteten Beiträge zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung nach § 17 ASVG bestehe.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Auch in einer ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Das gilt auch dann, wenn sich die Revision zwar auf die Gründe, aus denen das Verwaltungsgericht die (ordentliche) Revision für zulässig erklärt hatte, beruft, diese aber fallbezogen keine Rolle (mehr) spielen oder zur Begründung der Zulässigkeit der konkret erhobenen Revision nicht ausreichen (vgl. VwGH 27.4.2021, Ro 2021/08/0001, mwN).
11 Unter dem Gesichtspunkt ihrer Zulässigkeit verweist die Revision zunächst auf die diesbezügliche Begründung des Bundesverwaltungsgerichts und bringt ergänzend vor, aus § 69 ASVG seien die Voraussetzungen der Rückforderung einer Leistung nicht „genau zu entnehmen“. Es bedürfe auch „höchstgerichtlicher Judikatur“, um „Ungleichbehandlungen samt der Verletzung in das subjektive Recht auf Vermögen sowie des Verstoßes des Vertrauensgrundsatzes hintanzuhalten“.
12 § 69 Abs. 2 ASVG lautet:
„Die Rückforderung von Beiträgen, durch welche eine Formalversicherung begründet wurde, sowie von Beiträgen zu einer Versicherung, aus welcher innerhalb des Zeitraumes, für den Beiträge ungebührlich entrichtet worden sind, eine Leistung erbracht wurde, ist für den gesamten Zeitraum ausgeschlossen. Desgleichen ist die Rückforderung ausgeschlossen, wenn nach dem Zeitraum, für den Beiträge ungebührlich entrichtet worden sind, eine Leistung zuerkannt worden ist und die Beiträge auf den Bestand oder das Ausmaß des Leistungsanspruches von Einfluß waren, es sei denn, der zur Leistungserbringung zuständige Versicherungsträger hatte die Möglichkeit, im Wege einer Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 69 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51) neuerlich über den Leistungsanspruch zu entscheiden und konnte die zu Unrecht geleisteten Beträge mit Erfolg zur Gänze zurückfordern.“
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 69 Abs. 2 erster Satz ASVG festgehalten, dass die Rückforderung von Beiträgen zu einer Versicherung, aus welcher innerhalb des Zeitraumes, für den Beiträge ungebührlich entrichtet worden sind, eine Leistung erbracht wurde, für den gesamten Zeitraum, somit die Zeit vom ersten bis zum letzten Monat, für den ein Beitrag ungebührlich entrichtet wurde, ausgeschlossen ist (vgl. VwGH 20.6.2001, 96/08/0098; 3.10.2002, 98/08/0124; 26.5.2004, 2001/08/0051).
14 § 69 Abs. 2 zweiter Satz ASVG schließt die Rückforderung aus, wenn nach dem Zeitraum, für den Beiträge ungebührlich entrichtet worden sind, eine Leistung zuerkannt worden ist und die Beiträge auf den Bestand oder das Ausmaß des Leistungsanspruches von Einfluss waren. Davon ausgenommen ist der Fall einer Wiederaufnahme des Verfahrens über die erbrachte Leistung, an die sich die Rückforderung der Leistung anschließt.
15 Es ist nicht zweifelhaft, dass vom Ausschluss der Rückforderung nach § 69 Abs. 2 zweiter Satz ASVG - entsprechend dem klaren Wortlaut der Bestimmung - insbesondere auch Beiträge in der Pensionsversicherung erfasst werden, die auf den Bestand oder das Ausmaß einer Leistung aus der Pensionsversicherung von Einfluss waren. Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass die vom Revisionswerber geleisteten Beiträge zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung der Gewährung der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer ab 1. Oktober 2013 zugrunde gelegen sind.
16 Es kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass die von § 69 Abs. 2 ASVG normierten Gründe für den Ausschluss einer Rückforderung auch auf Beiträge zu einer freiwilligen Versicherung nach dem ASVG - insbesondere zu einer Weiterversicherung in der Pensionsversicherung nach § 17 ASVG - Anwendung finden (vgl. zu aufgrund des Bestehens einer Pflichtversicherung nach dem GSVG ungebührlich entrichteten Beiträgen zu einer Selbstversicherung in der Krankenversicherung nach § 16 ASVG nochmals VwGH 96/08/0098 und 2001/08/0051). Es liegt daher ein Fall vor, in dem nach § 69 Abs. 2 zweiter Satz ASVG eine Rückforderung von Beiträgen ausgeschlossen ist.
17 Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen - wie vorliegend - klar und eindeutig, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor; das selbst dann, wenn zu einer Frage der Auslegung der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. VwGH 27.8.2019, Ra 2018/08/0188, mwN).
18 Hinsichtlich des weiteren Zulässigkeitsvorbringens reicht es darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung einer Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten - wie etwa des von der Revision angesprochenen Gleichheitssatzes - gemäß Art. 133 Abs. 5 B-VG nicht berufen ist (vgl. etwa VwGH 30.1.2019, Ra 2018/02/0311, mwN).
19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher - nach Durchführung des Vorverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die Pensionsversicherungsanstalt - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 23. September 2021
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020080003.J00Im RIS seit
15.10.2021Zuletzt aktualisiert am
05.11.2021