TE OGH 2021/9/7 1Ob147/21f

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Veröffentlicht am 07.09.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** G*****, vertreten durch die Gewessler Rechtsanwaltsges mbH, Wien, gegen die beklagte Partei L***** KG, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Ebenbichler, Rechtsanwalt in Wien, wegen 10.061,81 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. Juni 2021, GZ 40 R 147/21w-27, mit dem das Teilurteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 26. März 2021, GZ 3 C 257/20d-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]            1. Soweit die Beklagte die Unschlüssigkeit der „restlichen Betriebskosten 2019“ behauptet, weil eine ordnungsgemäße Aufschlüsselung dieses Betrags vorzunehmen wäre, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie in der letzten Tagsatzung die Höhe der Betriebskostennachforderungen ausdrücklich nicht mehr bestritt und damit außer Streit stellte.

[2]            2. Die Beklagte gesteht zu, dass im Mietvertrag für die „normalen“ Aufwendungen eine „Betriebskostenpauschale“ vereinbart worden sei, meint jedoch, dass vereinbarungsgemäß für die Kosten „Müllabfuhr“ und „Wassersubzähler“ keine Jahrespauschalverrechnung im Sinn von § 21 Abs 3 MRG Anwendung gefunden habe. Abgesehen davon, dass – entgegen ihrer Ansicht, für die sie sich explizit auf den Inhalt der Beilage ./E beruft – sowohl im Jahr 2018 als auch im Jahr 2019 gleichbleibende monatliche Teilbeträge (inklusive Betriebskosten) vorgeschrieben wurden, geht sie auf die nachvollziehbare Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass im „Beiblatt zum Mietvertrag“ für die Betriebskostenpositionen „Müllentsorgung“ und „Wasser“ kein anderer Abrechnungsmodus vereinbart worden sei, sondern lediglich ein von § 17 Abs 1 MRG abweichender Abrechnungsschlüssel zur Anwendung gelange (betreffend Wasser gemäß Verbrauch nach Subzähler; betreffend Unratabfuhr: gänzliche Kostenübernahme für die zusätzlich erforderlichen Müllcontainer bzw Entleerungen) nicht ein und zeigt damit keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[3]            3. Nach § 21 Abs 3 MRG kann der Vermieter – wie hier – eine Jahrespauschalverrechnung vornehmen. Er hat in diesem Fall die im Laufe des Kalenderjahres fällig gewordenen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben spätestens zum 30. 6. des folgenden Kalenderjahres abzurechnen (Satz 2). Ergibt sich aus der Abrechnung – wie im vorliegenden Fall – ein Fehlbetrag zu Lasten der Hauptmieter, so haben die Hauptmieter den Fehlbetrag zum übernächsten Zinstermin zu entrichten (Satz 6).

[4]            Der Beurteilung des Berufungsgerichts über das Entstehen der Betriebskostennachforderung für das Abrechnungsjahr 2018 als auch jener für 2019 hält die Beklagte lediglich entgegen, dass die Betriebskostenschuld spätestens dann fällig werde, wenn sie der Vermieter erfüllen müsse. Da die klagende Vermieterin die „Betriebskosten im Jahr 2018 und Jänner 2019 erfüllen“ habe müssen, seien sowohl die Betriebskostennachforderungen für das Jahr 2018 als auch die Betriebskosten für Jänner 2019 schon vor der Eröffnung des Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung über das Vermögen ihrer Gesamtrechtsvorgängerin entstanden.

[5]            Entgegen der Ansicht der Beklagten kann im Rahmen der Jahrespauschalverrechnung die Fälligkeit einer Forderung eines Gläubigers, die Grundlage der späteren Betriebskostenschuld des Mieters ist, gegenüber dem Vermieter keinen unmittelbaren Einfluss auf das Entstehen der Betriebskosten-(nach-)forderung des Vermieters gegenüber dem Mieter haben, lässt sich der (positive oder negative) Saldo doch frühestens mit Ablauf des Abrechnungsjahres ermitteln. Die von ihr zitierte Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0108926) betrifft für die Fälle der – hier nicht vorliegenden – „Einzelvorschreibung“ die Regelung in § 21 Abs 4 MRG, bei der Jahrespauschalverrechnung aber lediglich den Beginn der einjährigen Präklusivfrist nach § 21 Abs 3 Satz 4 MRG und ist bei dieser Verrechnungsart für die Abgrenzung zwischen Insolvenz- und Masseforderungen mangels Bezugnahme auf den Zeitpunkt des Entstehens der Ansprüche gegenüber dem Mieter nicht relevant. Inwiefern sich aus dem von der Beklagten angeführten Rechtssatz RS0070042 und den diesen zugrunde liegenden Judikaten eine Aussage über die Notwendigkeit der Geltendmachung der noch offenen Betriebskosten für das Jahr 2018 (und Jänner 2019) „als Konkursforderung“ ableiten lässt, vermag sie nicht darzulegen.

[6]            Mit ihren Argumenten zur Fälligkeit einer Forderung gegenüber dem Vermieter zeigt sie damit im Zusammenhang mit der Beurteilung des Entstehens der Betriebskostennachforderungen gegenüber dem Mieter im Rahmen der Jahrespauschalverrechnung keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

[7]       4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E132850

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00147.21F.0907.000

Im RIS seit

15.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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