Entscheidungsdatum
17.06.2021Norm
AVG §10 Abs1Spruch
W249 2234700-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom XXXX , GZ. XXXX , Teilnehmernummer XXXX :
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit am XXXX bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben beantragte XXXX (in der Folge: „Antragstellerin“) die Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen. Im dabei verwendeten Antragsformular kreuzte diese unter der Rubrik „Wenn Sie eine der nachstehenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an“ keine der Auswahlmöglichkeiten an. Weiters gab sie an, dass an antragsgegenständlicher Adresse XXXX weitere Personen ( XXXX ) wohnhaft seien.
Dem Antragsformular waren keine Unterlagen angeschlossen.
2. Am XXXX richtete die belangte Behörde an die Antragstellerin folgendes Schreiben:
„[…] danke für Ihren Antrag vom XXXX auf
? Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernsehempfangseinrichtungen
? Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radioempfangseinrichtungen
Für die weitere Bearbeitung benötigen wir von Ihnen noch folgende Angaben bzw. Unterlagen:
? Kopie des Nachweises über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage (soziale Transferleistung der öffentlichen Hand).
? Nachweis über alle Bezüge des/der Antragsteller/in bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben.
Dies können beispielsweise sein - bitte immer in Kopie:
? bei Berufstätigen die aktuelle Lohnbestätigung oder der letzte Einkommenssteuerbescheid
? bei Pensionisten die aktuelle Bestätigung über die Pensionsbezüge
? bei Auszubildenden die Bestätigung der Lehrlingsentschädigung
? bei Schülern und Studenten die Bescheide über Schüler- und Studienbeihilfen sowie Angabe der sonstigen Zuwendungen (Unterhaltszahlungen der Eltern) und Einkünfte (geringfügige Beschäftigung)
? bei Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind, die Einheitswertbescheide
? sowie gegebenenfalls Bezüge von Alimenten bzw. sonstigen Unterhaltszahlungen
Anspruch z.B. Mindestsicherung und Einkommen von XXXX und XXXX nachreichen.
Wir bitten Sie, die noch fehlenden Unterlagen innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens nachzureichen. Bitte legen Sie Ihren Unterlagen unbedingt das beiliegende Formular „Deckblatt zur Nachreichung von Unterlagen“ bei. Auf diese Weise ist eine rasche Bearbeitung Ihres Antrages möglich.
[…]
Sollten uns bis zum Stichtag die benötigten Informationen und Unterlagen nicht vorliegen, müssen wir Ihren Antrag leider zurückweisen.“
3. Die Antragstellerin übermittelte hierauf, am XXXX bei der belangten Behörde eingelangt, folgenden Nachweis:
? eine Lohn-/Gehaltsabrechnung eines Haushaltsangehörigen für den Monat XXXX
4. Mit Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag der Antragstellerin zurück und führte begründend aus, dass die Antragstellerin schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen, nämlich einen Nachweis über ihre Anspruchsgrundlage sowie Nachweise über alle Bezüge der Antragstellerin bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, nachzureichen, diese Nachweise aber nicht erbracht habe. Wörtlich heißt es darin: „Anspruchsgrundlage (zB Rezeptgebührenbefreiung) und Einkommen von XXXX wurde nicht nachgereicht.“
5. Gegen diesen Bescheid richtete sich die per E-Mail übermittelte Beschwerde vom XXXX , in der XXXX (in der Folge „Einschreiterin“) im Wesentlichen erklärte, sie bitte, „den Antrag um Gebührenfreistellung der XXXX nochmals zu bearbeiten.“ Aktuell würden die Sozialhilfeleistungen aufgrund des verminderten Einkommens eines Haushaltsangehörigen neu berechnet, ein entsprechender Bescheid werde nachgereicht. Die Antragstellerin habe kein eigenes Einkommen und sei mit ihrem Mann mitversichert.
6. Am XXXX wandte sich die Einschreiterin per E-Mail nochmals mit der Bitte um Gebührenbefreiung an die belangte Behörde und übermittelte einen Bescheid der XXXX vom XXXX über die Gewährung einer Geldleistung zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhaltes sowie einer Sachleistung zur Befriedigung des Wohnbedarfs an die im Antrag angeführten Personen.
6. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom XXXX und der Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am XXXX ein. Im Vorlageschreiben wies die belangte Behörde ergänzend darauf hin, dass eine Befreiung bis XXXX bestanden habe.
7. Mit Mängelbehebungsauftrag vom XXXX forderte das Bundesverwaltungsgericht die Einschreiterin auf, binnen zwei Wochen eine Vertretungsvollmacht vorzulegen. Diese ließ die Frist fruchtlos verstreichen und kam dem der Aufforderung bis zum heutigen Tag nicht nach.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1. Mit am XXXX bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben beantragte die Antragstellerin die Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen. Sie machte keine Angaben zu ihrer Anspruchsberechtigung und gab an, dass an antragsgegenständlicher Adresse XXXX weitere Personen wohnhaft seien. Dem Antragsformular waren keine Unterlagen angeschlossen.
2. Am XXXX forderte die belangte Behörde die Antragstellerin auf, eine Kopie des Nachweises über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage (soziale Transferleistung der öffentlichen Hand) sowie Nachweise über alle Bezüge der Antragstellerin bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, nachzureichen, konkret: „Anspruch z.B. Mindestsicherung und Einkommen von XXXX und XXXX nachreichen.“
Für die Nachreichung der fehlenden Unterlagen wurde eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens gesetzt. Weiters wurde angemerkt, dass der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen werden müsse, wenn „bis zum Stichtag die benötigten Informationen und Unterlagen nicht vorliegen“.
3. Die Antragstellerin übermittelte hierauf, am XXXX bei der belangten Behörde eingelangt, eine Lohn-/Gehaltsabrechnung eines Haushaltsangehörigen für den Monat XXXX .
4. Mit Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag der Antragstellerin zurück und führte begründend aus, dass die Antragstellerin schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen, nämlich einen Nachweis über ihre Anspruchsgrundlage sowie Nachweise über alle Bezüge der Antragstellerin bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, nachzureichen, diese Nachweise aber nicht erbracht habe. Wörtlich heißt es darin: „Anspruchsgrundlage (zB Rezeptgebührenbefreiung) und Einkommen von XXXX wurde nicht nachgereicht.“
5. Gegen diesen Bescheid richtete sich die per E-Mail übermittelte Beschwerde vom XXXX , in der die Einschreiterin im Wesentlichen erklärte, sie bitte, „den Antrag um Gebührenfreistellung der XXXX nochmals zu bearbeiten.“
6. Adressat des angefochtenen Bescheides ist die Antragstellerin, XXXX ; die Beschwerde wurde von der Einschreiterin, XXXX ohne Vorlage einer Vollmacht eingebracht.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Daraus ist ersichtlich, dass der Beschwerde keine Vollmacht beigelegt war und ein etwaiges Vollmachtverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Einschreiterin auch nachträglich – trotz Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht – nicht nachgewiesen wurde.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu A)
3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Eine Zurückweisung durch Beschluss hat etwa im Falle des Fehlens der Parteistellung zu erfolgen (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 [2019] § 28 K 3).
3.2. Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Nach Abs. 4 leg. cit. kann die Behörde von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 36a), Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Nichtvorlage einer schriftlichen Vollmacht gemäß § 10 Abs. 2 AVG ein iSd § 13 Abs. 3 AVG behebbares Formgebrechen dar (VwGH 13.10.2011, 2010/22/0093).
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem/r Einschreiter/in die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Einschreiter/in ist, wer das Anbringen bei der Behörde stellt, sei es für sich oder für einen anderen (VwSlg 11633 A/1985). Die Eingabe ist – bis zum Nachweis der Bevollmächtigung – nicht dem Machtgeber, sondern dem/r einschreitenden Vertreter/in zuzurechnen, sofern diese/r eine für die Bevollmächtigung geeignete Person ist. Dementsprechend ist der Mängelbehebungsauftrag an den/die einschreitende/n Vertreter/in zu richten und diesem/r zuzustellen (VwGH 13.12.2000, 2000/03/0336).
3.3. Es ergaben sich weder aus der Beschwerde, noch aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der Einschreiterin um eine amtsbekannte Angehörige iSd § 36a AVG oder eine sonst zur Vertretung der Antragstellerin befugte Person handelt. Dementsprechend wurde dieser vom Bundesverwaltungsgericht die Gelegenheit mittels Mängelbehebungsauftrag geben, eine Vertretungsvollmacht nachträglich vorzulegen. Die Einschreiterin ließ die angemessene Frist zur Verbesserung jedoch ungenützt verstreichen.
Mangels schriftlichen Nachweises einer Vollmacht zur Erhebung der Beschwerde im Namen der Antragstellerin im Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung konnte die Beschwerde damit nicht der Antragstellerin zugerechnet werden.
3.4. Eine Eingabe ist zwar bis zum Nachweis der Bevollmächtigung der Einschreiterin zuzurechnen und als von der Einschreiterin im eigenen Namen eingebracht zu behandeln (VwGH 22.05.2012, 2008/04/0208). Der Einschreiterin fehlt jedoch mangels Parteistellung im Verwaltungsverfahren, weil diese nicht Adressatin des von ihr angefochtenen Bescheides ist, die Legitimation zur Einbringung der gegenständlichen Beschwerde im eigenen Namen.
3.5. Der Einschreiterin kommt daher im gegenständlichen Verfahren weder eine eigene Beschwerdelegitimation zu, noch hat diese eine Befugnis zur Beschwerdeerhebung im Namen der Antragstellerin dargelegt. Da den gesetzlichen Formvorschriften für die Erhebung eines Rechtsmittels auch nach erteiltem Verbesserungsauftrag nicht entsprochen wurde, war gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG vorzugehen und das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der gewährten Verbesserungsfrist als unzulässig zurückzuweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht sieht sich jedoch veranlasst darauf hinzuweisen, dass die vorliegende abschlägige Entscheidung einer neuerlichen Antragstellung bei der GIS Gebühren Info Service GmbH nicht entgegensteht.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die vorliegende Entscheidung folgt – wie dargelegt – der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Berechnung Beschwerdelegimitation Beschwerdemängel Beschwerderecht Bevollmächtigter Mängelbehebung Mangelhaftigkeit Nachweismangel Nettoeinkommen neuerliche Antragstellung Parteistellung Rundfunkgebührenbefreiung Unzulässigkeit der Beschwerde Verbesserungsauftrag Vertretungsverhältnis Vertretungsvollmacht Vollmacht Vorlagepflicht Zurechenbarkeit ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W249.2234700.1.00Im RIS seit
14.10.2021Zuletzt aktualisiert am
14.10.2021