TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/16 W252 2152861-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.08.2021
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Entscheidungsdatum

16.08.2021

Norm

AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W252 2152861-1/41E

Schriftliche Ausfertigung des am 31.05.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Dr. Helmut BLUM LL.M., gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen:

A)

Das Verfahren betreffend Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Dr. Helmut BLUM LL.M., gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

1. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Nichterteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

2. Im Übrigen wird der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und festgestellt, dass gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG eine den Beschwerdeführer betreffende Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

3. Dem Beschwerdeführer wird gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 und § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

4. Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am XXXX den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am Folgetag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Dabei gab er zu seinem Fluchtvorbringen im Wesentlichen an, dass er im Iran keine Zukunft habe. Er habe dort weder eine Aufenthaltserlaubnis, noch dürfe er in die Schule gehen, weil er dort illegal gelebt habe.

3. Am 29.06.2015 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) niederschriftlich einvernommen. Hierbei wurde ihm mitgeteilt, dass das Bundesamt aufgrund der zuvor erfolgten medizinischen Untersuchung zur Altersfeststellung von der Minderjährigkeit des BF ausgehe und das vom BF genannte Geburtsdatum anerkenne.

4. Der BF wurde am 24.02.2017 vor dem Bundesamt zu seinem Asylantrag niederschriftlich einvernommen. Hierbei führte er aus, dass er ledig und kinderlos sei. Er sei in XXXX , einer Vorstadt von Teheran, geboren und habe bis zu seiner Reise nach Europa durchgehend mit seiner Familie im Iran gelebt. In Afghanistan sei er noch nie zuvor gewesen. Er habe eine inoffizielle Schule für afghanische Kinder ohne Aufenthaltsberechtigung besucht. Von der gesamten Familie habe lediglich sein Vater eine Aufenthaltsbewilligung im Iran gehabt. In Afghanistan würden sich noch die Großeltern sowie zwei Onkel väterlicherseits und ein Onkel mütterlicherseits des BF befinden. Der BF habe diese jedoch noch nie gesehen und bestehe kein Kontakt mehr zu ihnen. Betreffend seine Fluchtgründe gab der BF an, dass er im Iran keine Zukunft habe. Er dürfe mangels Aufenthaltsberechtigung nicht arbeiten und könne somit nicht für seinen Lebensunterhalt aufkommen.

5. Das Bundesamt wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom XXXX bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab. Weiters wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegenüber dem BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Schließlich sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

6. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 01.07.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der BF in Anwesenheit seines Vertreters ausführlich zu seinen Fluchtgründen, zu seinen persönlichen Umständen im Herkunftsstaat und im Iran sowie zu seiner Integration in Österreich befragt wurde. Vertreter des Bundesamtes nahmen ebenfalls an der Verhandlung teil.

Zu dem mit der Ladung übermittelten und in der mündlichen Verhandlung ins Verfahren eingebrachten Länderberichtsmaterial wurden den Parteien eine vierwöchige Frist zur allfälligen Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

Das Bundesamt brachte am 10.07.2019 eine Stellungnahme ein. Mit Schreiben vom 27.07.2019 brachte der BF durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter ebenfalls eine Stellungnahme ein.

8. Mit Erkenntnis vom 07.08.2019 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde des BF - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt A) I.), erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt A) II.), erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt A) III.) und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt B)). Der BF werde nicht in der Lage sein in seinem Heimatstaat Fuß zu fassen und dort ein relativ normales Leben ohne unangemessene Härten zu führen. Die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative sei dem BF daher nicht zumutbar

9. Gegen die Spruchpunkte A) II. und A) III. dieses Erkenntnisses erhob das Bundesamt eine Amtsrevision. Das BVwG sei von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative abgewichen. Der BF beantragte die Zurückweisung, in eventu die Abweisung, der Amtsrevision.

10. Mit Erkenntnis vom 12.03.2020 hob der VwGH das angefochtene Erkenntnis im angefochtenen Umfang sowohl hinsichtlich des Spruchpunktes A) II. als auch hinsichtlich des Spruchpunktes A) III., weil dieser mit der Aufhebung des Spruchpunktes A.) II. seine rechtliche Grundlage verliert, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf.

11. Am 14.12.2020 führte das BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der BF in Anwesenheit seines Vertreters zu seinem derzeitigen Leben und seiner Integration in Österreich befragt wurde. Zusätzlich wurde eine Freundin des BF zu seiner Integration in Österreich befragt.

12. Am 28.01.2021 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte.

13. Am 03.03.2021 absolvierte der BF die Integrationsprüfung Sprachniveau A2, Sprachkompetenz und Werte- und Orientierungswissen, des ÖIF positiv.

14. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 31.05.2021 abermals eine mündliche Verhandlung durch, in der der BF zu seinen Integrationsfortschritten befragt wurde. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. zog der BF in der mündlichen Verhandlung zurück.

15. Nach Schluss der Verhandlung wurde mit mündlich verkündetem Beschluss und Erkenntnis das Verfahren betreffend Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids eingestellt. Hinsichtlich der Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wurde die Beschwerde abgewiesen und im Übrigen wurde der Beschwerde stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist sowie dem BF der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus erteilt. Die ordentliche Revision wurde in beiden Fällen nicht zugelassen. Am 08.06.2021 wurde seitens des Bundesamtes die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des BF, seinen persönlichen Umständen im Herkunftsstaat und im Iran und zu seiner Ausreise:

Der BF führt den im Spruch genannten Namen und ist am im Spruch genannten Datum geboren. Der BF ist afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und muslimischen Glaubens. Die Muttersprache des BF ist Dari (AS 3, 133, 137; OZ 10, S. 6, 8).

Der BF wurde im Iran geboren und hielt sich bis zu seiner Reise nach Europa Anfang 2014 durchgehend im Iran auf. Der BF war noch nie in Afghanistan (AS 7-9; OZ 10, S. 6).

Der BF reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz (AS 5).

Der BF besuchte etwa zwei Jahre lang eine inoffizielle Schule im Iran (AS 3, 137; OZ 10, S. 8).

Der BF ist ledig und hat keine Kinder (AS 3, 141; OZ 10, S. 8)

Der BF ist gesund und arbeitsfähig (OZ 39, S. 5). Er verfügt über Berufserfahrung in der Gastronomie und im Baugewerbe (OZ 39, S. 5).

Die Familie des BF besteht aus seinen Eltern, einer Schwester und zwei Brüdern, die weiterhin im Iran aufhältig sind. Der BF steht selten in Kontakt zu seiner Familie. Die wirtschaftliche Situation der Familie des BF ist schlecht. Eine finanzielle Unterstützung des BF durch seine Familie ist bei einer Ansiedelung des BF in Afghanistan nicht zu erwarten. Der BF verfügt über keine familiären und sozialen Anknüpfungspunkte in Afghanistan. Der Vater des BF stammt aus der Provinz Kapisa. Er verließ Afghanistan im Jugendalter und ließ sich im Iran nieder. Die Mutter des BF stammt aus der Provinz Herat und lebte bereits im Iran, als sie dort den Vater des BF kennen lernte. Der BF hat keine (emotionale, familiäre oder soziale) Bindung zu der Herkunftsprovinz seines Vaters oder seiner Mutter. (AS 7, 139-141; OZ 10, S. 6, 9).

1.2.    Zum Leben des BF in Österreich

Der BF hält sich seit seiner Antragstellung am XXXX (seit mehr als sechs Jahren) aufgrund der vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend im Bundesgebiet auf.

Der BF hat zahlreiche Deutschkurse besucht und hat auch an einem Vorbereitungskurs zur Externistenreifeprüfung im Jahr 2020, sowie am XXXX Kurs zur Einführung in die Informatik 2015 teilgenommen. Im Jahr 2016 besuchte er die Berufsschule für Maschinen-, Fertigungstechnik und Elektronik in 1070 Wien. Er besuchte auch das Jugendcollege XXXX . Zuletzt hat er die Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz (Niveau A2) sowie Werte- und Orientierungswissen am 03.03.2021 absolviert und spricht mittlerweile fließend Deutsch.

Darüber hinaus ist der BF auch am Arbeitsmarkt gut integriert und hat bis zum Beginn der Covid-19 Pandemie und der daraus resultierenden Schließung der Gastronomie im Jahr 2020 in dieser Branche gearbeitet. Des Weiteren zeigte er sich bestrebt zu arbeiten und verfügt bereits über eine Wiedereinstellungszusage für Juni 2021 der Kulinaria Gastronomiebetriebs GmbH und hat in der Zeit von Februar 2021 bis April 2021 als Hilfsarbeiter für verschiedene Baufirmen gearbeitet, um über eine entsprechende Basis für eine bestmögliche Eingliederung in den österreichischen Arbeitsmarkt zu verfügen und sich somit ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften.

Es gelang dem BF sogar zahlreiche soziale Kontakte zur österreichischen Gesellschaft und auch freundschaftliche Beziehungen aufzubauen. Der BF ist kulturell interessiert und hat so am Impulstanz Festival im Jahr 2015 und 2016 teilgenommen und dort gewonnene Freundschaften auch Jahre später noch regelmäßig gepflegt. Des Weiteren spielt der BF Fußball in einem Wiener Verein.

Außerdem verfügt der Beschwerdeführer seit über drei Jahren über eine Lebensgefährtin, mit der er verlobt ist. Zusätzlich hat der BF zahlreiche Freunde und ein ausgeprägtes soziales Netz.

Demgegenüber hat er keine sozialen Bindungen zu seinem Herkunftsstaat Afghanistan. Er hat keine Verwandten im Bundesgebiet.

Der BF weist eine strafgerichtliche Verurteilung aus dem Jahr 2019 auf (Auszug aus dem Strafregister vom 14.12.2020).

Aufgrund der starken Bindung des BF an Österreich ist eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig.

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, den Gerichtsakt und durch Einvernahme des BF sowie der Zeugin XXXX in der mündlichen Verhandlung.

2.1.    Zu den Feststellungen zur Person des BF

Die Feststellung zum Namen des BF ergibt sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor dem Bundesamt, in der Beschwerde, in den im Verfahren erstatteten Stellungnahmen und in den mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Auf Grund seiner übereinstimmenden Angaben vor dem Bundesamt (AS 3, 87) sowie dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 10, S. 6) konnte das oben genannte Datum als Geburtsdatum des BF festgestellt werden.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des BF (Name und Geburtsdatum) getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung des BF im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des BF gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen – im gesamten Verfahren gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zu Afghanistan deckenden – Aussagen des BF zu zweifeln.

Die Angaben des BF zu seinen Aufenthaltsorten, seinem schulischen und beruflichen Werdegang, seinem Familienstand, seinen Familienangehörigen, seinen sozialen und familiären Anknüpfungspunkten in Afghanistan, der wirtschaftlichen Situation seiner Familie, seiner Einreise nach Österreich und seiner Muttersprache waren im Wesentlichen gleichbleibend und widerspruchsfrei, weitgehend chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozio-ökonomischen Strukturen in Afghanistan und im Iran plausibel (AS 5, 7, 133, 139, 141; OZ 10 S. 6 -9).

Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt (AS 5).

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des BF gründet sich auf seine glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung, wonach es ihm gesundheitlich gut gehe, er keine Medikamente einnehme und nicht in ärztlicher Behandlung sei (OZ 10, S. 5; OZ 39, S. 5).

Die Feststellung, wonach der BF keine Verwandtschaft mehr in Afghanistan hat, beruht aus seinen Aussagen in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wonach manche Verwandten verstorben und andere auch in den Iran gekommen seien. Zuvor gab der BF nämlich vor dem Bundesamt an, in Afghanistan noch über Großeltern, sowie zwei Onkeln väterlicherseits und einen Onkel mütterlicherseits zu verfügen (AS 139). Es ist daher durchaus realistisch, dass die Großeltern mittlerweile verstorben sind, und die Onkel auch in den Iran gezogen sind. Den Ausführungen des Bundesamtes in der Stellungnahme, wonach der BF bezüglich des Verbleibes seiner Angehörigen in Afghanistan widersprüchliche Angaben getätigt haben soll, konnte daher nicht gefolgt werden.

Dass beim BF keinerlei Bindung zur afghanischen Herkunftsprovinz seines Vaters oder seiner Mutter besteht, gab der BF in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich an (OZ 10, S. 8-9) und ist angesichts der Ausreise seines Vaters und seiner Mutter in jungen Jahren und mangels sozialer und familiärer Anknüpfungspunkte dort auch plausibel.

Die Feststellung, dass die Familie des BF bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in der Lage wäre, diesen finanziell zu unterstützen, gründet sich auf die glaubhaften Angaben des BF zu den Berufen und der Einkommenssituation seiner Familienangehörigen in der mündlichen Verhandlung (OZ 10, S. 8-9).

2.2.    Zu den Feststellungen zum Leben des BF in Österreich

Die Feststellungen zum Leben des BF in Österreich (insbesondere zur Aufenthaltsdauer, seinen Deutschkenntnissen, seinen sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner Integration) stützen sich allgemein auf die Aktenlagen, die vorgelegten Unterlagen, sowie auf die Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung (OZ 10, S. 7, 9 ff; OZ 30, S. 5 f; OZ 39, S. 5 f).

Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen, Kursteilnahmen und der Integrationsprüfung auf dem Sprachniveau A2 fußen einerseits auf den vom BF vorgelegten Kursbesuchsbestätigungen und andererseits auf den von ihm im Rahmen der mündlichen Verhandlung beantworteten Fragen in deutscher Sprache (OZ 10, S 9).

Zweifel an der grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit des BF sind während des gesamten Verfahrens nicht aufgetaucht, im Gegenteil erwies er sich als äußerst motiviert und erfolgreich am Arbeitsmarkt. Dem BF war es stets wichtig eine sichere Geldquelle zu haben und eigenständig für seinen Lebensunterhalt sorgen zu können. Selbst als er Corona-bedingt seine Anstellung in der Gastronomie verlor (jedoch mit Wiedereinstellungsbestätigung), bemühte er sich unentwegt erneut in der Arbeitswelt Fuß zu fassen und konnte so bei verschiedenen Baufirmen die Zeit erfolgreich überbrücken. Der BF konnte stets rasch eine Anstellung finden und hat so bereits ein breites Spektrum an Erfahrung im Gastgewerbe gesammelt, womit es ihm aufgrund des derzeitigen Mangels an Gastronomiearbeitskräften ein leichtes sein wird eine gute Anstellung zu finden. Darüber hinaus hat der BF bereits eine Wiedereinstellungsbestätigung seines vorherigen Arbeitgebers, wodurch er dort wieder arbeiten können wird.

Zusätzlich basieren die Feststellungen zu seinem beruflichen Werdegang auf den Aussagen des BF in der mündlichen Verhandlung (OZ 30, S. 6; OZ 39, S. 5f). Die festgestellte Wiedereinstellungsbestätigung und Annahme einer baldigen Selbsterhaltungsfähigkeit des BF basiert zum einen auf der Vorlage des entsprechenden Dokuments der Kulinaria Gastronomiebetriebs GmbH vom 15.03.2020 und zum anderen auf dem Schreiben des Fonds Soziales Wien vom 29.04.2021 aus dem die Dienstzeiten des BF von Februar 2021 bis April 2021 ersichtlich sind.

Die gute und weit fortgeschrittene Integration des BF bestätigte darüber hinaus die glaubwürdige Zeugin XXXX , welche den BF und seine Verlobte bereits seit Jahren kennt. Überzeugend berichtete sie von regelmäßigen Treffen sowohl zuhause, als auch unterwegs. Zudem berichtete sie von weiteren Freunden des BF aus Österreich (OZ 30, S. 7).

Die Ausführungen zur Beziehung des BF zu seiner Verlobten in Österreich ergeben sich insbesondere aus seinen diesbezüglichen Aussagen in den mündlichen Verhandlungen. Die Beziehung besteht mittlerweile seit über 3 Jahren und der BF und seine Verlobte haben langfristige Pläne für eine gemeinsame Zukunft in Österreich (OZ 10, S. 7, 11-12; OZ 30, S. 5; OZ 39, S. 5-6). Wenn das Bundesamt in der Stellungnahme vom 10.07.2019 vorbringt, dass die Beziehung des BF nur eine Schutzbehauptung ist und seine Verlobte in Wahrheit seit Jahren mit einem anderen Mann verheiratet ist und zwei Kinder hat, so kann dem nicht gefolgt werden. Die vom Bundesamt genannte Person ist um fünfeinhalb Jahre älter als der BF und gab er jedoch glaubwürdig an, dass seine Verlobte genau in seinem Alter ist und ihre Geburtstage nur 12 Tage auseinanderliegen (OZ 10, S. 11). Seine Verlobte war auch bei der mündlichen Verhandlung am 14.12.2020 anwesend (OZ 30, S. 5). Zudem kennen einige Freunde des BF, welche Unterstützungsschreiben verfasst haben, die beiden seit langem als Paar.

Die Feststellung zur strafrechtlichen Verurteilung ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Strafregisterauszug vom 14.12.2020).

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. A)

3.1. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 13 Abs. 7 AVG iVm § 17 VwGVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offenlässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. zB VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320 uvm. zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Die Entscheidung über die Verfahrenseinstellung war daher in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen (vgl. VwGH vom 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

§ 28 Abs. 1 VwGVG legt nicht fest, wann das Verfahren einzustellen ist, sodass insoweit auf die diese Frage regelnden Vorschriften abzustellen ist. Bezogen auf nach dem AVG geführte Rechtsmittelverfahren ist davon auszugehen, dass - auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung - eine Verfahrenseinstellung dann vorzunehmen ist, wenn das Rechtsmittel rechtswirksam zurückgezogen wurde. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen (vgl. VwGH vom 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Eine solche Erklärung lag im gegenständlichen Fall zweifelsfrei vor. Der BF zog in der mündlichen Verhandlung am 31.05.2021 seine Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides explizit zurück. Das Verfahren ist in diesem Umfang also einzustellen.

Spruchpunkt I. (negativ) des angefochtenen Bescheids ist bereits rechtskräftig geworden.

Zu Spruchpunkt II. A)

3.2. Zur Beschwerde gegen den Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides

3.2.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des Fremdenpolizeigesetzes BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017 (FPG) zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

3.2.2. Prüfung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Abs. 1 AsylG

§ 57 Abs 1 AsylG lautet auszugsweise:

"Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz"

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des BF weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der BF Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der BF das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

3.2.3. Die Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG 2005 richtet, abzuweisen, weil keiner der in § 57 Abs. 1 Z 1 bis 3 AsylG 2005 vorgesehenen Tatbestandsvoraussetzungen vorliegt.

3.3. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. des angefochtenen Bescheides

3.3.1. Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA- Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018 (BFA-VG) auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG ist, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird -insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit, 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. auch VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

3.3.2. Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG eine Interessenabwägung in Hinblick auf einen allfälligen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des BF gemäß Art. 8 EMRK durchzuführen:

Der durch eine Rückkehrentscheidung erfolgende Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des BF in Österreich ist in Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände jedenfalls nicht statthaft:

Der BF befindet sich seit mehr als sechs Jahren dauerhaft im Bundesgebiet, wobei sein Asylverfahren von Beginn seines Aufenthalts in Österreich bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung andauerte. Der BF setzte dabei keine verfahrensobstruierenden Handlungen, weshalb die lange Aufenthaltsdauer jedenfalls in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der BF in der Verhandlung nun auch seine Beschwerde gegen Spruchunkt II. des angefochtenen Bescheides zurückzog und somit sein Aufenthalt offenbar nur auf einen nicht begründeten Antrag auf internationalen Schutz gestützt war. Davon abgesehen hat er sich der vorübergehenden Natur seines Aufenthaltes stets bewusst sein müssen. Nichts desto weniger muss der mehr als sechs jährige Aufenthalt des BF als sehr für seinen Verbleib im Bundesgebiet sprechend angesehen werden, handelt es sich dabei doch um eine sehr lange Zeitspanne, die den Großteil des bisherigen Erwachsenenlebens des BF umfasst.

Zwar weist der BF eine Eintragung im Strafregister aus dem Jahre 2019 (Tathandlung im Jahr 2018) auf, doch kann angesichts des bisherigen weiteren Lebenswandels des BF nicht mehr von einer von ihm ausgehenden Gefährdung respektive krimineller Energie gesprochen werden: Diese Annahme ergibt sich zum einen daraus, dass es sich nicht um ein Gewalt-, sondern um ein Vermögensdelikt handelt. Außerdem zeugen zahlreiche vorliegende Unterstützungsschreiben davon, dass der BF einen ordentlichen Lebenswandel führt, und attestieren die Unterstützer dem BF einheitlich sozial, fürsorglich und integrationswillig zu sein. Im Zusammenhang mit seinem beruflichen Streben bezeichnen sie ihn einhellig als fleißig, engagiert und ehrgeizig. Dieser Eindruck des BF konnte auch durch die erkennende Richterin im Zuge der mündlichen Verhandlung gewonnen werden. In der mündlichen Verhandlung legte der BF überzeugend dar, dass er sein Leben in geordnete Bahnen gebracht hat, einen ordentlichen Lebenswandel führt und dies auch in Zukunft so beibehalten werde. Darüber hinaus war der Eindruck des BF geprägt von dessen Zielstrebigkeit ein geordnetes und eigenständiges Leben mit einer festen Anstellung und seiner Verlobten zu führen.

Aufgrund dieser Gesamtabwägung kommt das erkennende Gericht damit unter Einbeziehung der dargestellten Aspekte zum Schluss, dass dem über sechsjährigen Inlandsaufenthalt des Beschwerdeführers ein bedeutendes Gewicht zukommt, das seine Interessen am Verbleib maßgeblich verstärkt und zudem überdurchschnittliche integrationsbegründende Aspekte in wirtschaftlicher, sozialer und sprachlicher Hinsicht gegeben sind. Dem persönlichen Interesse des BF am Verbleib in Österreich steht auf der anderen Seite ein gewichtiges öffentliches Interesse daran gegenüber, unbegründete Asylantragsstellungen und strafgerichtliches Fehlverhalten zu unterbinden. Allerdings liegt das strafrechtliche Fehlverhalten des BF bereits beinahe drei Jahre zurück, sodass Umstände, die das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers grundsätzlich verstärken, an Bedeutung (Gewicht) verlieren. Dies insbesondere unter Berücksichtigung seiner Wohlverhaltensperiode, seiner erfolgreich gelungenen Integration in den österreichischen Arbeitsmarkt und in die österreichische Gesellschaft.

Außerdem nutzte der BF diesen Aufenthalt in Österreich dazu, sich schnellstmöglich sprachlich und sozial zu integrieren. Der BF erlernte die deutsche Sprache auf A2-Niveau, hat am Vorbereitungskurs zur Externistenreifeprüfung im Jahr 2020, sowie am XXXX Kurs zur Einführung in die Informatik 2015 teilgenommen. Zuletzt hat er die Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz (Niveau A2), sowie zu Werte- und Orientierungswissen am 03.03.2021 gemacht und spricht mittlerweile fließend Deutsch.

Des Weiteren zeigte sich der BF zu jeder Zeit bestrebt, eine entsprechende Basis für eine bestmögliche Eingliederung in den österreichischen Arbeitsmarkt zu finden und arbeitete bereits in verschiedenen Gastronomiebetrieben, sowie übergangsmäßig in der Baubranche. Zusätzlich verfügt der BF über eine Wiedereinstellungsbestätigung seines früheren Arbeitgebers, welcher ihn aufgrund der Covid-19 bedingten Schließung der Gastronomie vorübergehend kündigen musste. Sobald der Betrieb wieder vollends aufgenommen werden kann, ist dem BF eine erneute Anstellung somit sicher. Der BF ist somit nicht nur bereit, sondern auch im Stande sein eigenes Einkommen zu erwirtschaften.

Diese Tätigkeiten steigern im Sinne eines Beitrags für die Allgemeinheit jedenfalls den Grad seiner Integration und verstärken seine Interessen im Rahmen der durchzuführenden Abwägung nach Art. 8 EMRK.

Der BF hat keine Verwandten im Bundesgebiet, aber zahlreichen Freunde und Bekannte in der österreichischen Gesellschaft. Seine sozialen Kontakte konnte der BF aufgrund seines großen Interesses an Kultur knüpfen, als er unter anderem 2015 und 2016 am Impulstanz Festival teilnahm. Zusätzlich ist der BF sportlich aktiv und Mitglied in einem Fußballverein.

Auch durch seine vielfältige Arbeitserfahrung verfügt der BF über soziale Kontakte zur österreichischen Gesellschaft, konnte freundschaftliche Beziehungen aufbauen und zeigt damit ein fortgeschrittenes Maß an sozialer Integration in Österreich.

Eine besonders starke Bindung an Österreich hat der BF durch seine langjährige Beziehung zu seiner Verlobten. Die beiden möchten sich in Österreich eine gemeinsame und unabhängige Zukunft aufbauen.

In Hinblick auf Afghanistan ist auszuführen, dass der BF im Iran aufwuchs und Afghanistan niemals betreten hat. Er ist dort weder sozialisiert, noch ist er mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut. Der BF hat keine familiären Anknüpfungspunkte in Afghanistan. Folglich erscheint die Bindung zum Herkunftsstaat aufgrund fehlender familiärer Anknüpfungspunkte und der Tatsache, dass der BF noch nie in Afghanistan war als äußerst gering. In Österreich hingegen ist der BF fortgeschritten Integriert und um seine finanzielle Eigenständigkeit bemüht.

Insgesamt abgewogen bedeutet die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen schwerwiegenden Eingriff in das in Österreich entfaltete Privatleben des BF.

Im Sinne dieser zugunsten des BF ausfallenden Interessenabwägung nach § 9 Abs. 2 BFA-VG ist gemäß Abs. 3 leg.cit. festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den BF auf Dauer unzulässig ist.

3.3.3. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 leg.cit. von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wurde.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

Das Integrationsgesetz, BGBl. I Nr. 68/2017 idF BGBl. I Nr. 41/2019 (im Folgenden: IntG), lautet auszugsweise:

„Modul 1 der Integrationsvereinbarung

§ 9. (1) Drittstaatsangehörige (§ 2 Abs. 1 Z 6 NAG) sind mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet. Diese Pflicht ist dem Drittstaatsangehörigen nachweislich zur Kenntnis zu bringen.

(2) Der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 haben Drittstaatsangehörige binnen zwei Jahren ab erstmaliger Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG nachzukommen. Unter Bedachtnahme auf die persönlichen Lebensumstände des Drittstaatsangehörigen kann der Zeitraum der Erfüllungspflicht auf Antrag mit Bescheid verlängert werden. Diese Verlängerung darf die Dauer von jeweils zwölf Monaten nicht überschreiten; sie hemmt den Lauf der Fristen nach § 14.

(3) Für die Dauer von fünf Jahren ab Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG werden bereits konsumierte Zeiten der Erfüllungspflicht auf den Zeitraum der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 2 angerechnet.

(4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1.         einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,
3.         über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,
4.         einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder
5.         als Inhaber eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.

(5) Ausgenommen von der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 sind Drittstaatsangehörige,
1.         die zum Ende des Zeitraums der Erfüllungspflicht (Abs. 2) unmündig sein werden;
2.         denen auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustands die Erfüllung nicht zugemutet werden kann; der Drittstaatsangehörige hat dies durch ein amtsärztliches Gutachten nachzuweisen;
3.         wenn sie schriftlich erklären, dass ihr Aufenthalt die Dauer von 24 Monaten innerhalb von drei Jahren nicht überschreiten soll; diese Erklärung enthält den unwiderruflichen Verzicht auf die Stellung eines weiteren Verlängerungsantrags im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 11 NAG nach dem ersten Verlängerungsantrag.

(6) Die Behörde kann von Amts wegen mit Bescheid feststellen, dass der Drittstaatsangehörige trotz Vorliegen eines Nachweises gemäß Abs. 4 Z 1 oder 2 das Modul 1 der Integrationsvereinbarung mangels erforderlicher Kenntnisse gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 nicht erfüllt hat.

(7) Der Nachweis über die Erfüllung des Moduls 1 gemäß Abs. 4 Z 1 bzw. 2 oder Abs. 4 iVm. § 10 Abs. 2 Z 1 bzw. 2 darf zum Zeitpunkt der Vorlage im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens (§ 24 NAG) nicht älter als zwei Jahre sein.

§ 10. […]

Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1

§ 11. (1) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 wird bundesweit nach einem einheitlichen Maßstab vom Österreichischen Integrationsfonds durchgeführt.

(2) Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit „Bestanden“ oder „Nicht bestanden“ zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

(3) Der Prüfungsinhalt, die Modalitäten der Durchführung, die Qualifikationen der Prüfer sowie die Prüfungsordnung zur Erfüllung des Moduls 1 werden durch Verordnung der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres festgelegt.“

Gemäß der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 iVm BGBl. I Nr. 56/2018, gilt das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG überdies als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.

Nach der alten Rechtslage war das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a Abs. 4 NAG ua. erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt (Z 1) oder einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 NAG vorlegt (Z 2).

Das Modul 1 diente gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 NAG dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur vertieften elementaren Sprachverwendung. Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) war gemäß § 7 Abs. 1 IV-V die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben. Den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses bildete gemäß § 7 Abs. 2 IV-V eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF. Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14a Abs. 4 Z 2 oder § 14b Abs. 2 Z 1 galten gemäß § 9 IV-V Zeugnisse des ÖIF und von allgemein anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse, insbesondere von Österreichisches Sprachdiplom Deutsch (ÖSD), Goethe-Institut e.V. oder der Telc GmbH nach erfolgreichem Abschluss einer Prüfung auf A2-Niveau oder B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

3.3.4. Der BF legte im Verfahren ein positives „Zeugnis zur Integrationsprüfung Sprachniveau A2, Sprachkompetenz und Werte- und Orientierungswissen“ des ÖIF vom 03.03.2021 vor. Er hat daher einen Nachweis im Sinne des § 9 Abs 4 Z 1 IntG erbracht. Der BF hat somit das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, weshalb die Voraussetzungen gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 vorliegen und ihm eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen ist.

3.3.5. Die Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides sind aufgrund der Erteilung des Aufenthaltstitels ersatzlos zu beheben.

Zu Spruchpunkt I. und II. B) wegen Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltsdauer Deutschkenntnisse Ersatzentscheidung Integration Interessenabwägung Privatleben Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Teileinstellung Teilstattgebung teilweise Beschwerderückziehung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W252.2152861.1.00

Im RIS seit

14.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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