TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/8 W202 2244209-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.09.2021
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Entscheidungsdatum

08.09.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W202 2244209-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard Schlaffer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Julian Motamedi, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.05.2021, Zl. 1271130302/201151638, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 sowie 55 Abs. 1-3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (BF), eine volljährige Staatsangehörige Serbiens, stellte am 18.11.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge der polizeilichen Erstbefragung gab die BF an, sie sei serbische Staatsangehörige, ledig und römisch-katholische Christin. Sie habe zwei erwachsene Kinder und eine vierzehnjährige Tochter. Zu ihren Fluchtgründen gab sie an, dass sie Schwierigkeiten mit ihrem Ehemann gehabt habe. Sie habe dann mit ihrer jüngeren Tochter das Familienhaus verlassen und sich im November 2019 offiziell scheiden lassen, doch danach habe er der Familie weiterhin Besuche abgestattet und sie bedroht. Auch sei sie vom Ex-Mann beim Jugendamt betreffend die jüngere Tochter angezeigt worden. Die BF habe folglich Angst um ihre Existenz und vor den Schikanen ihres Ex-Mannes in Serbien gehabt.

2. Mit E-Mail vom 22.03.2021 teilte Rechtsanwalt Mag. Julian Motamedi dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl („BFA“ oder „belangte Behörde“) mit, dass er die BF rechtlich vertrete und alle Zustellungen an ihn zu erfolgen haben, und bezog zum Verfahren Stellung.

3. Mittels Ersuchen vom 15.04.2021 teilte das magistratische Bezirksamt für den 16. Bezirk dem BFA mit, dass die BF am 26.03.2021 das freie Gewerbe „Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten“ angemeldet hat.

4. Am 20.05.2021 fand eine niederschriftliche Einvernahme der BF vor dem BFA statt, in welcher sie im Wesentlichen angab, dass ihre erwachsenen Kinder in Serbien leben würden und es bestehe Kontakt. Geschieden sei die BF seit 2019, sie sei 13 Jahre verheiratet gewesen. Ihre jüngste Tochter sei sowohl serbische als auch kroatische Staatsbürgerin, sie habe aber keinen kroatischen Reisepass. Für sie sei ein Aufenthaltstitel für Österreich beantragt worden, der Cousin der BF habe eine Verpflichtungserklärung abgegeben und die Tochter gehe wegen eines polytechnischen Lehrgangs in eine Schule. Ein Bruder der BF lebe in Slowenien. In Wien habe sie Freunde, welche für ihre Ausgaben aufkommen würden. Nach Österreich sei sie am 02.08.2020 gekommen, sie sei danach noch drei Mal nach Serbien gefahren, wobei sie seit November nicht mehr dort gewesen sei.

Zu ihren Fluchtgründen gab die BF an, dass sie ein normales Leben führen wolle. Ihr Ex-Mann habe sowohl sie als auch ihre Tochter psychisch gequält, einmal habe er die BF sogar geohrfeigt. Sie beide seien mit dem Umbringen bedroht worden, ihre Tochter in der Zeit, als die BF schon in Wien aufhältig gewesen sei. Die BF habe sich nicht an staatliche Stellen gewandt. Sonstige Fluchtgründe habe sie nicht. Ihr Ex-Mann sei im Dezember 2020 an einer Corona-Erkrankung verstorben.

5. Mit Bescheid des BFA vom 31.05.2021 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise der BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde auf 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

6. Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schriftsatz ihrer rechtsanwaltlichen Vertretung vom 05.07.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF trägt den Namen XXXX , ist am XXXX geboren und serbische Staatsangehörige. Sie ist geschieden, gesund und arbeitsfähig. Sie ging insgesamt elf Jahre in Serbien zur Schule und hat als Küchengehilfin sowie in einer Bäckerei gearbeitet.

Zwei der drei Kinder der BF sind bereits erwachsen und leben in Serbien. Die jüngste Tochter der BF, XXXX , ist sowohl serbische als auch kroatische Staatsangehörige und somit Unionsbürgerin. Sie besuchte als außerordentliche Schülerin im Schuljahr 2020/21 eine öffentliche Fachmittelschule in Wien und lebt mit der BF im gemeinsamen Haushalt.

Die BF hat das freie Gewerbe „Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten“ angemeldet und führt auf diesem Wege Reinigungstätigkeiten aus. Sie bekommt zudem finanzielle Zuwendungen von Freunden.

1.2. Die BF verließ Serbien aufgrund ihres Ex-Mannes, der gegenüber ihr und ihrer jüngsten Tochter mehrfach laut geworden ist und sie auch bedroht sowie zumindest einmal geohrfeigt hat. Sie suchte deswegen nie Schutz bei den staatlichen Behörden Serbiens. Ihr früherer Ehemann ist im Dezember 2020 an einer Corona-Erkrankung verstorben. Aus ihren vorgebrachten Fluchtgründen kann keine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität abgeleitet werden.

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat. Die BF hat im Falle ihrer Rückkehr keine staatlichen oder behördlichen Sanktionen zu befürchten. Sie wird dort weder strafrechtlich noch politisch noch aus anderen Gründen verfolgt. Es ist nicht zu erwarten, dass sie bei ihrer Rückkehr nach Serbien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt sein oder in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten würde.

1.3. Zur Lage in Serbien wird festgestellt:

Sicherheitslage

Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen. Insbesondere in Belgrad und anderen Städten sind vereinzelt Proteste und Demonstrationen möglich, die meistens friedlich verlaufen (AA 23.9.2019b).

Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vu?i? und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst (BN 13.5.2019).

Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Bei der Umsetzung der integrierten Grenzschutzstrategie und des Aktionsplans hat Serbien einige Fortschritte erzielt. Die Strategie und der Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration wurden angenommen (EK 29.5.2019).

Ein Zwischenfall mit serbischen Soldaten, denen am 7.9.2019 die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kroatien verweigert wurde, hat zu einem Eklat zwischen den beiden Ländern geführt. Zagreb kritisierte eine "Provokation" aus Belgrad, in Serbien wurde dem Nachbarland Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die serbische Militärdelegation hatte am 7.9.2019 in Jasenovac an einer Gedenkfeier der serbisch-orthodoxen Kirche für die Opfer des dortigen Konzentrationslagers teilnehmen wollen. Elf Militärangehörigen, die laut Medien in Zivil unterwegs waren und ihre Uniformen im Gepäck hatten, hatte die kroatische Grenzpolizei die Einreise verweigert. Laut Kroatien war die Delegation nicht angemeldet, die serbische Seite behauptet das Gegenteil. Der Delegation gehörten Berichten zufolge Offiziere der Militärakademie sowie Kadetten und Schüler des Militärgymnasiums an (Der Standard 9.9.2019).

Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo und Nordmazedonien (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) ist die Lage stabil (AA 3.11.2019).

Die von serbischer Seite als politische Strafzölle empfundenen 100 %-Erhöhungen der Importzölle für Waren in den Kosovo bleiben weiterhin der Hauptgrund der erneut belasteten bilateralen Beziehungen zu Pristina (VB 29.9.2019).

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Gerichte bleiben weiterhin anfällig für Korruption und politischen Einfluss (USDOS 11.3.2020).

Das serbische Justizwesen besteht aus einem Verfassungsgericht, dem Obersten Gerichtshof, 30 Bezirksgerichten und 138 Gemeindegerichten. Daneben bestehen spezielle Gerichte wie Verwaltungsgerichte und Handelsgerichte. Im Belgrader Bezirksgericht existiert eine Sonderkammer für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, daneben existiert eine Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen - beiden zusammen obliegt die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen aus den Balkankriegen der 1990er Jahre. Ihre Einrichtung ist Teil des Prozesses der Schließung des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (Den Haag) und der Überführung seiner Aufgaben auf die nationalen Justizbehörden in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien (LIPortal 6.2019).

Serbien hat im Bereich Justiz einige Fortschritte erzielt; während die Empfehlungen des Vorjahres nur teilweise umgesetzt wurden, wurden bei der Reduzierung alter Vollstreckungsfälle und der Weiterverfolgung von Maßnahmen zur Harmonisierung der Gerichtspraxis Fortschritte erzielt. Einige Änderungen der Regeln für die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten und für die Bewertung der Arbeit von Richtern und Staatsanwälten wurden angenommen, aber das System muss nach der Annahme der Verfassungsänderungen grundlegend überarbeitet werden, um eine leistungsbezogene Stellenbesetzungen und Beförderungen von Richtern zu ermöglichen. Politische Einflussnahme im Bereich der Justiz bleibt weiterhin ein Problem. Die Verfassungsreform befindet sich im Gange (EK 25.9.2019).

Das Parlament hat am 21.5.2019 eine umstrittene Änderung des Strafrechts gebilligt, gemäß der Straftäter, die wegen Vergewaltigung und Ermordung eines Minderjährigen oder einer schwangeren oder behinderten Person zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden, zukünftig keine Möglichkeit einer frühzeitigen Entlassung mehr haben. Bislang belief sich die Höchststrafe in Serbien auf 40 Jahre. Der Europarat kritisierte den Gesetzesentwurf und sprach von einem Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (BN 27.5.2019).

Prinzipiell kann sich jede Person in Serbien, die sich privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt sieht, sowohl an die Polizei wenden als auch direkt bei der Staatsanwaltschaft persönlich oder schriftlich eine Anzeige einbringen. Auch können entsprechende Beschwerden an die Ombudsmann Institutionen getätigt werden. Darüber hinaus besteht auch für solche Personen, die Möglichkeit der Aufnahme in das Zeugen- bzw. Opferschutzprogramm. Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden (VB 29.9.2019).

Allgemeine Menschenrechtslage

Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Es wurden Änderungen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für nationale Minderheiten angenommen. Eine konsequente und effiziente Umsetzung der Rechtsvorschriften und der politischen Maßnahmen muss jedoch sichergestellt werden (EK 29.5.2019).

Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit (GIZ Geschichte & Staat 6.2019).

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien (VB 29.9.2019).

Todesstrafe

Die Gesetzte sehen für keine Straftat die Todesstrafe vor (AI 10.4.2019).

Die in der serbischen Verfassung integrierte Menschenrechtscharta verbietet die Todesstrafe (Art. 24 Abs. 1). Das gilt auch für Militärstraftaten. Die Bundesrepublik Jugoslawien hat das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe unterzeichnet. Das Protokoll trat am 6.12.2001 in Kraft und gilt - im Wege der Rechtsnachfolge - auch für Serbien (AA 3.11.2019).

Frauen / Kinder

Die Verfassung garantiert in Art. 15 die rechtliche Gleichheit der Geschlechter. Das im März 2009 verabschiedete allgemeine Antidiskriminierungsgesetz konkretisiert diesen Grundsatz ebenso wie zahlreiche Einzelgesetze. Im Mai 2012 wurde erstmals eine Gleichstellungsbeauftragte gewählt. Systematische geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen von staatlicher Seite können nicht festgestellt werden, in führenden Ämtern in Politik und Wirtschaft sind Frauen - trotz Fortschritten in Einzelbereichen - jedoch immer noch unterrepräsentiert. Im Februar 2016 verabschiedete die Regierung daher eine neue „Nationale Strategie für Geschlechter-Gleichberechtigung“ für den Zeitraum 2016-2020. Ziel der Strategie: Kampf gegen Geschlechter-Klischees, besserer Zugang für Frauen im Wirtschafts- und im politischen Leben. Ebenfalls im Februar 2016 führte Serbien als - nach eigenen Angaben - erstes Nicht-EU-Land den „EU-Index für Geschlechter-Gleichheit“ ein. Auf der Skala von 0 (komplette Ungleichheit) bis 100 (absolute Gleichheit) liegt Serbien unter dem EU-Schnitt: 40,6 (EU-weit 52,9). Frauen sind von Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich betroffen. Serbien ist traditionell Durchgangs- und in zunehmendem Umfang auch Herkunfts- bzw. Zielland des organisierten Frauenhandels (AA 3.11.2019).

Trotz gesetzlicher Gleichstellung besteht Diskriminierung gegen Frauen weiter. Auch Gewalt gegen Frauen ist nach wie vor ein Problem. 19 Frauen sind bis September 2019 an den Folgen von häuslicher Gewalt gestorben. Vergewaltigung, einschließlich Vergewaltigung in der Ehe, wird mit bis zu 40 Jahren, sexuelle Belästigung bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe sanktioniert. Häusliche Gewalt wird mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe geahndet. Während die Gesetzeslage es Frauen ermöglicht, eine einstweilige Verfügung gegen den Gewalttäter zu erwirken, setzt der Staat die Gesetze nicht wirksam durch. Frauenorganisationen behaupten, dass Fälle von sexueller Belästigung und unangemessener Berührung, die von der Polizei als Privatangelegenheit betrachtet werden, selten untersucht werden (USDOS 13.3.2020).

Die serbische Regierung veröffentlicht im März 2019 einen Bericht zur Übereinstimmung von nationalem Recht und Rechtspraxis mit der europäischen Sozialcharta. Darin finden sich Informationen zur Verfügbarkeit von Notunterkünften für Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Laut dem Bericht gibt es in Serbien 14 Notunterkünfte („safe houses“) / Unterkünfte für Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Davon werden zehn Häuser vom Zentrum für Sozialarbeit verwaltet, nämlich jene in Novi Sad, Zrenjanin, Jagodina, Sombor, Niš, Pan?evo, Leskovac, Šabac, Priboj und Smederevo. Weiters gibt es zwei Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt, die den Zentren für Entwicklung von Sozialschutzdiensten zugerechnet werden, nämlich jene in Kragujevac und Vranje. Eine Unterkunft für dringende Fälle mit einer Notrufnummer für Frauen, Kinder und Gewaltopfer befindet sich in Vlasotince und in Belgrad gibt es eine Beratungsstelle für häusliche Gewalt mit kostenloser Rufnummer. Die Mehrheit der Notrufnummern sind rund um die Uhr erreichbar (Regierung R. Serbien 21.3.2019).

Serbien ist eine kinderfreundliche Gesellschaft. Familien mit Kindern werden daher überall bevorzugt behandelt. Serbien verfügt über ein ausgebautes Netz an staatlichen Kindergärten. Vor allem in der Hauptstadt Belgrad gibt es mittlerweile außerdem eine Vielzahl an privaten Einrichtungen der vorschulischen Erziehung (GIZ Alltag 9.2019).

Es gibt keine Hinweise auf speziell gegen Kinder gerichtete Handlungen wie z.B. Kinderzwangsarbeit. Allerdings sind Angaben von Menschenrechtsorganisationen zufolge oft Kinder - und Frauen Opfer innerfamiliärer Gewalt sowie - in geringerem Umfang - von Menschenhandel (AA 3.11.2019).

Grundversorgung / Wirtschaft

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die Wirtschaftszahlen zeigen große Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung (AA 2.5.2019c).

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9 %. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13 % prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05 % geschätzt. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Serbien rund 50,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2024 wird das BIP Serbiens auf rund 75,2 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien rund 7.223 US-Dollar. Im Jahr 2019 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate in Serbien auf rund 2 % gegenüber dem Vorjahr (Statista 24.4.2020).

Sozialbeihilfen

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich (IOM Country Fact Sheet 2018).

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld in Höhe von umgerechnet ca. 25 Euro ausbezahlt (AA 3.11.2019).

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet (EDA 24.9.2019).

Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren - oft private - Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen (AA 23.9.2019b).

Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Check-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Sollte einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzen, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können (IOM 1.4.2019).

Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Im Juli 2018 wurde in Serbien ein Transplantationsgesetz und ein Gesetz über eine Organspenderdatenbank, welche jedoch bis heute nicht funktionsfähig ist, verabschiedet. Mehr als 1.000 Patienten warten auf eine Organtransplantation, während die Zahl der potentiellen Spender sehr gering ist (AA 3.11.2019).

Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch kranken-gymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können (AA 3.11.2019).

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z. B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind. Für den Patienten fällt bei Vorlage eines vom Allgemeinarzt ausgestellten Rezeptes lediglich eine Beteiligungsgebühr von 50,- RSD an (ca. 0,50 Euro) (AA 3.11.2019).

Negative Journalistenberichte über unzureichende Gesundheitssicherheitsmaßnahmen für das eingesetzte medizinische Personal als auch die Sicherheitskräfte wurden von der Regierung umgehend zurückgewiesen. Es gab anfängliche logistische Probleme im ganzen Land die entsprechende Schutzausrüstung bereitzustellen. Zugleich hat Serbien enorme Anstrengungen mithilfe der EU, Chinas und Russlands unternommen, im medizinischen Bereich nachzurüsten, so beim Ankauf zahlreicher Beatmungsgeräte. Eine flächendeckende Versorgung mit der notwendigen medizinischen Ausrüstung scheint nach zwei Monaten COVID-19 Bekämpfung landesweit gegeben zu sein. Serbien hatte den ersten festgestellten COVID-19 Fall am 6.3.2020 im Land bestätigt und nachfolgend eine täglich ansteigende Fallzahl. Gesundheitspolitisch darf der Ausnahmezustand, welcher über 53 Tage (15.3. bis 7.5.2020) Gültigkeit hatte, als erfolgreich bezeichnet werden. Mit Stand 9.5.2020 hatte Serbien 10.032 Erkrankungsfälle und damit verbunden 213 Todesfälle (VB 11.5.2020).
Das Gesundheitsministerium der Republik Serbien hat eine Homepage bezüglich des möglichen Auftretens des Coronavirus (COVID-19) mit Informationen und Verhaltensregeln auf Englisch online gestellt, welche laufend aktualisiert wird (BMEIA 12.5.2020).
Auf dem Portal www.covid19.rs werden täglich Informationen zur Ausbreitung des Coronavirus aktualisiert und Empfehlungen zum Umgang mit der Situation sowie eine Hotline-Nummer sind dort veröffentlicht. Lockerungen seit 6.5.2020:

?        Alle Exportverbote, die während der Covid-19 Krise eingeführt wurden, sind wieder aufgehoben

?        Keine Ausgangssperren

?        Kein Einsatz von Militär für zivile Zwecke

?        Öffentliche Verkehrsmittel werden wieder den Betrieb aufnehmen

?        Handschuhe- und Schutzmaskenpflicht in öffentl. Verkehrsmitteln sowie Gaststätten

?        Kindergärten öffnen wieder, aber Schulen bleiben geschlossen (Unterricht online)

?        Kinos und Theater bleiben geschlossen

?        Abstandspflicht von 2 Metern und weiterhin Social Distancing

?        Größere Zusammentreffen (Feiern) erst ab 15. Juni erlaubt, derzeit sind Versammlungen im Innen- sowie Außenbereich bis 50 Personen unter Befolgung der Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen zugelassen (WKO 8.5.2020).

Die Vorschriften im Zusammenhang mit dem neuen Coronavirus (COVID-19) ändern sich laufend (EDA 3.6.2020).
Die Modernisierung der Labore in Serbien wird von der EU mit 7,5 Millionen Euro unterstützt. Die EU hat insgesamt 38 Millionen Euro Soforthilfe an die sechs Nicht-EU-Staaten auf dem Balkan - etwa für Beatmungsgeräte - zur Verfügung gestellt. Das weitaus meiste Geld davon (nämlich 15 Millionen) bekam Serbien, um die fünf Flugtransporte mit den Hilfsgütern zu bezahlen. In Serbien wurden bisher etwa 26.000 Personen getestet, davon waren über 4.800 positiv, das sind etwa 5,4 %. Problematisch ist zurzeit vor allem, dass das Virus sich auch in zwölf Heimen verbreitet hat - darunter zwei Heime für Behinderte. Der serbische Präsident selbst hatte angegeben, dass Serbien von China einige Beatmungsgeräte geschenkt bekommen habe und einige von China eingekauft habe (DS 16.4.2020).

Rückkehr

Seit dem 22. Mai 2020 ist eine Ein- und Durchreise nach und durch Serbien wieder ohne jede Einschränkung möglich. Reisende erhalten an der Grenze ein zweisprachiges Informationsblatt über die zu beachtenden Maßnahmen (AA 3.6.2020).

Keine Einreisebeschränkungen mehr seit 22. Mai 2020 (IOM AVRR 26.5.2020).

Durch das StarthilfePlus - Level D Programm, bietet IOM Serbien konkrete Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrenden an. Außerdem stellt das DIMAK Beratungszentrum (Deutsches Informationszentrum für Migration, Ausbildung und Karriere in Serbien) durch sein 'Build Your Future'-Programm immaterielle Unterstützung bei der Reintegration zur Verfügung. Das Programm klärt darüber auf, welche Möglichkeiten es für die Betroffenen in Serbien gibt (inklusive Weiterbildungsmöglichkeiten) und unterstützt bei der Jobbewerbung. Zusätzlich organisiert DIMAK in Zusammenarbeit mit Firmen, die neues Personal suchen, regelmäßig Berufsmessen in Serbien. Nach der Rückkehr sollte die rückkehrende Person sich bei relevanten Behörden und Stellen (wieder) anmelden; dazu ist unbedingt der Personalausweis erforderlich - dieser kann, falls nötig, bei einer lokalen Polizeistelle beantragt werden; sich für die (staatliche) Krankenversicherung/Rentenversicherung anmelden; Sozialhilfe beantragen; Stellen kontaktieren, die bei der Arbeits- und Wohnungssuche unterstützen; die Anmeldung bei Kinderbetreuung, Schule und weitere Bildungsinstitutionen in die Wege leiten (IOM 2019).

Serbische Staatsangehörige, die zurückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. Als erste Anlaufstelle für Rückkehrer dient ein Wiederaufnahmezentrum für Rückgeführte am Flughafen Belgrad, das eine Informationsbroschüre auf Deutsch, Serbisch und Romanes bereithält, die u.a. Fragen zur Registrierung und den dafür erforderlichen Unterlagen sowie Kontakttelefonnummern enthält (AA 3.11.2019).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Identität der BF beruhen auf ihren Angaben sowie ihrem im behördlichen Verfahren vorgelegten Reisepass. Die weiteren Feststellungen zu ihren persönlichen Verhältnissen sowie zu ihrer Familie beruhen auf den Angaben der BF.

Dass die Tochter der BF kroatische Staatsangehörige ist, ergibt sich aus der im Akt einliegenden kroatischen Geburtsurkunde sowie aus den Angaben der BF vor der belangten Behörde.

2.2. Die Feststellungen zu den Ausreisegründen der BF beruhen auf ihren Angaben vor der Polizei und der belangten Behörde, in welchen sie gleichbleibend vortrug, dass ihr Ex-Mann sie und ihre Tochter bedroht sowie sie selbst einmal geohrfeigt habe. Die Feststellungen, dass sie nie Schutz bei den staatlichen Behörden Serbien suchte und ihr Ex-Mann mittlerweile verstorben ist, beruht auf ihren eigenen Angaben vor dem BFA.

Dass es sich bei Serbien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, der BF keine Verfolgung droht und die Schutzfähigkeit sowie Schutzwilligkeit bei Opfern häuslicher Gewalt gegeben ist, ergibt sich aus den Länderfeststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien, die wiederum auf aktuellen Länderberichten beruhen. In Serbien herrscht eine weitgehend unbedenkliche Sicherheitslage und es besteht eine ausreichende Grundversorgung. Bei Serbien handelt es sich um einen Staat, der weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht - etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien, u.a. - als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde. Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass Serbien aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat gilt.

Aus einer Zusammenschau der Angaben der BF zu ihren Fluchtgründen, der aktuellen Länderberichtslage, aus der hervorgeht, dass der serbische Staat bei Opfern häuslicher Gewalt sowohl schutzfähig als auch schutzwillig ist, und dem Tod des Ex-Mannes ergibt sich, dass der BF in Serbien keine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht (siehe dazu auch Punkt II.3.1.).

Die Feststellung, dass die BF bei ihrer Rückkehr nach Serbien in keine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten würde, ergibt sich insbesondere aus den oben angeführten Länderberichten in Zusammenschau mit den Angaben der BF. Sie stammt aus Serbien, lebte die meiste Zeit ihres Lebens in dem Land und zog erst vor wenigen Monaten nach Österreich. Sie ging in Serbien einer Erwerbstätigkeit nach, besuchte die Schule und hat familiäre Anknüpfungspunkte, da ihre erwachsenen Kinder in Serbien leben. Auch geht aus den Länderberichten hervor, dass Serbien ein funktionierendes Sozialsystem hat und die Grundversorgung auch in Zeiten der Covid-19-Pandemie gesichert ist. Es lässt sich folglich nicht erkennen, dass die BF im Falle einer Rückkehr nach Serbien Gefahr laufen würde, in eine aussichtslose bzw. Art. 3 EMRK widersprechende Lage zu geraten (siehe auch ausführlich Punkt II.3.2.).

2.3. Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zum Herkunftsstaat Serbien vom 09.07.2020 und auf die darin zitierten Quellen, welche nicht in Zweifel gezogen wurden. Die BF ist den Feststellungen, denenzufolge in Serbien eine unbedenkliche Sicherheitslage sowie eine ausreichende Grundversorgung besteht, nicht konkret entgegengetreten. 3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Zu A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staats kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrechtliche Intensität erreichenden - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (zuletzt VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153).

Die BF machte als Fluchtgrund eine Verfolgung durch eine Privatperson, nämlich ihren früheren Ehemann, geltend. Dieser ist mittlerweile verstorben, weshalb eine aktuelle Verfolgungsgefahr von asylrelevanter Intensität durch den Ex-Mann gegenständlich

Zudem gilt Serbien als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 6 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der serbischen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153).

Es ist davon auszugehen, dass die BF nach ihrer Rückkehr nach Serbien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von den dortigen Behörden ausreichend Schutz vor einer etwaigen Verfolgung und der Zufügung ernsthafter Schäden durch Privatpersonen in- oder außerhalb ihrer Herkunftsfamilie erhalten würde. Ein lückenloser Schutz ist weder in Österreich noch in Serbien möglich.

Sonstige Fluchtgründe brachte die BF nicht vor und etwaige Anhaltspunkte für eine asylrelevante Verfolgungsgefahr sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Folglich wurde festgestellt, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Serbien keine asylrelevante Verfolgung droht, und ist die diesbezügliche Entscheidung der belangten Behörde nicht zu beanstanden.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher abzuweisen.

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides - Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten:

Wird ein Asylantrag „in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten“ abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, „wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde“. Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Bei der Beurteilung der Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, die eine ganzheitliche Analyse der möglichen Gefahren erfordert und sich auf die persönliche Situation der Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob sie in ihrem Herkunftsstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Dies ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen; die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Wenn im Herkunftsstaat einer Asylwerberin eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, die ein solches Ausmaß erreicht, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich ist, dass auch sie tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltakts sein wird, liegen stichhaltige Gründe für die ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit bei der Rückführung in diesen Staat vor. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit der Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere, in der persönlichen Situation der Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer Art. 2 oder Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die die BF bei der Rückkehr in ihr Heimatland vorfinden würde, reicht für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Die Voraussetzungen dafür, der BF subsidiären Schutz zuzuerkennen, liegen gegenständlich nicht vor:

In Serbien ist die Todesstrafe abgeschafft. Angesichts der stabilen Sicherheitslage besteht keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der BF infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Bei ihrer Rückführung nach Serbien droht keine konkrete Gefahr, dort das Leben zu verlieren, Folter oder einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt zu sein.

Voraussetzung für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung oder Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141).

Es wurde bereits unter Punkt 3.1. dargelegt, dass eine konkrete Verfolgungsgefahr aktuell nicht besteht und die serbischen Behörden hier ausreichend schutzfähig und schutzwillig sind. Die BF ist eine gesunde Frau im erwerbsfähigen Alter, die mit der Landessprache und den kulturellen Gepflogenheiten in Serbien vertraut ist. Sie ist als nicht besonders schutzbedürftig anzusehen, sodass es ihr möglich sein wird, sich durch eigene Erwerbstätigkeit, Inanspruchnahme karitativer Hilfsleistungen oder staatlicher Sozialhilfeleistungen eine Existenz aufzubauen. Sie hat in Serbien bereits gearbeitet und ist elf Jahre zur Schule gegangen. Zudem leben ihre erwachsenen Kinder, die bereits über 20 Jahre alt sind, mit ihren Familien in Serbien. Es ist daher auch unter Berücksichtigung, dass die BF für eine minderjährige Tochter zu sorgen hat, nicht zu befürchten, dass ihr bei der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell in Serbien nicht vor.

Der BF droht in Serbien somit weder durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder fehlenden Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zu berücksichtigenden, von der EMRK gewährleisteten Rechte.

Somit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.3. Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides - Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG:

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird (Z 1), der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2), einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt (Z 3), einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird (Z 4) oder ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5).

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1.       wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2.       zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.       wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet ist nicht geduldet, sie ist nicht Zeugin oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

3.4. Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides - Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

3.4.1. Eine Rückkehrentscheidung nach dem Asylgesetz setzt voraus, dass der Asylwerber nicht aufgrund sonstiger Rechtsvorschriften zum Aufenthalt in Österreich berechtigt ist. Ein solches Aufenthaltsrecht kann sich insbesondere unmittelbar aus unionsrechtlichen Vorschriften oder aus den - zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorschriften erlassenen - Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts ergeben. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hat die Behörde (das Gericht) diese Vorschriften "in die Prüfung der Ausweisungsentscheidung" mit einzubeziehen (VfSlg. 18.985/2010, VfGH 30.11.2010, U 833/10, VfGH 18.06.2012, U 1553/11, VfGH 05.06.2014, U 2238/2013, sowie vor dem Hintergrund der Rechtslage vor der Novelle BGBl. I 100/2005 die zum Gebot der unmittelbaren Anwendung der ein Aufenthaltsrecht vermittelnden Bestimmungen der Richtlinie 2004/38/EG VfSlg. 18.970/2009, 18.984/2010, VfGH 26.04.2010, U 2309/09).

Aufgrund der festgestellten kroatischen Staatsbürgerschaft der minderjährigen Tochter der BF hat das Bundesverwaltungsgericht der Frage nachzugehen, ob der BF abgeleitet von ihrer Tochter als Unionsbürgerin ein Aufenthaltsrecht zukommen könnte.

Gemäß § 54 Abs. 1 NAG sind Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 (Ehegatte oder eingetragener Partner), Z 2 (Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie (...)) oder Z 3 (Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihm von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird) genannten Voraussetzungen erfüllen, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt und haben Anspruch auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte.

Mit dieser Regelung wird Art. 7 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2004/38 umgesetzt. Dabei entspricht der in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 NAG definierte Kreis der begünstigten Angehörigen (im Wesentlichen) den in Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie vorgesehenen Angehörigen (vgl. ErläutRV 952 BlgNR 22. GP 141, 144; vgl. 12.12.2017, Ra 2015/22/0149)

Vorliegend kommt im Hinblick darauf, dass die BF als Drittstaatsangehörige die Mutter einer Unionsbürgerin ist, von den soeben genannten Tatbeständen nur jener des § 52 Abs. 1 Z 3 NAG (entspricht Art. 2 Nr. 2 Buchst. d der Richtlinie 2004/38) in Betracht. Dieser Tatbestand setzt voraus, dass es sich beim Angehörigen des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers um einen Verwandten in gerader aufsteigender Linie handeln muss, dem von diesem "Unterhalt (tatsächlich) gewährt" wird.

Zum Erfordernis der tatsächlichen Unterhaltsgewährung ist der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) zu entnehmen, dass sich die Eigenschaft als Familienangehöriger, dem der aufenthaltsberechtigte Unionsbürger "Unterhalt gewährt", aus einer tatsächlichen Situation ergibt, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Familienangehörige vom Aufenthaltsberechtigten materiell unterstützt wird. Indessen kann sich beim Vorliegen der umgekehrten Situation, in der also dem Aufenthaltsberechtigten von einem Drittstaatsangehörigen Unterhalt gewährt wird, dieser nicht auf die Eigenschaft als Verwandter in aufsteigender Linie, dem der Aufenthaltsberechtigte "Unterhalt gewährt", im Sinn der Richtlinie 2004/38 berufen (vgl. etwa EuGH 8.11.2012, Iida, C-40/11, Rn. 55; siehe auch VwGH 7.6.2016, Ra 2015/22/0161; 12.12.2017, Ra 2015/22/0149).

Im Verfahren ist nicht hervorgekommen und wurde auch nicht behauptet, dass die fünfzehnjährige Tochter als Unionsbürgerin der BF als ihrer Mutter Unterhalt gewährt. Vielmehr ergibt sich das Bild, dass die Mutter sich um die Versorgung der Familie kümmert; sie arbeitete schon im Heimatland Serbien und geht auch in Österreich einer selbständigen Tätigkeit nach, um Geld für sich und ihre Tochter zu verdienen. Sonstiges, für die Bestreitung des Lebensunterhalts notwendiges Geld wird von Freunden der BF bereitgestellt. Davon, dass die Tochter der BF ihr Unterhalt tatsächlich gewährt, kann folglich nicht die Rede sein. Im Hinblick darauf ist die BF nicht als Familienangehörige ihrer Tochter als Unionsbürgerin im Sinn des Art. 2 Nr. 2 Buchst. d der Richtlinie 2004/38 anzusehen. Sie ist daher nicht als Berechtigte im Sinn des § 54 Abs. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 Z 3 NAG bzw. des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 zu erachten.

Da schon insoferne ein Aufenthaltsrecht der BF auf Basis des Unionsrechts nicht in Frage kommt, kann dahinstehen, ob ihrer Tochter als kroatische Staatsangehörige und Unionsbürgerin ein Recht zum Aufenthalt für mehr als drei Monate in Österreich zukommt.

Sonstige Anhaltspunkte, dass der BF nach anderen Bundesgesetzen ein Aufenthaltsrecht zukommt, sind nicht hervorgekommen.

3.4.2. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist üb

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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