Entscheidungsdatum
28.07.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4Spruch
W121 2195639-1/49E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Erika ENZLBERGER-HEIS als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zlen. XXXX und XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Dem damals minderjährigen Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen Afghanistans, wurde nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet im Familienverband mit seinen Eltern und Geschwistern im Jahr XXXX (ebenso wie seinen Familienangehörigen) mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom XXXX , ZI. XXXX , in Österreich Asyl gewährt und festgestellt, dass ihm kraft Gesetz die Flüchtlingseigenschaft zukomme, da seinem XXXX Verfolgung in Afghanistan drohe. Eigene Fluchtgründe wurden für den damals minderjährigen Beschwerdeführer nicht geltend gemacht.
Mit Bescheiden des BFA vom XXXX wurde der Familie des Beschwerdeführers der mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom XXXX zuerkannte Status der Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihnen keine Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes mehr zukomme. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen nicht erteilt und es wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Begründet wurden diese Entscheidungen damit, dass der XXXX des Beschwerdeführers freiwillig in das Land, das er aus behaupteter Furcht vor Verfolgung verlassen hätte, zurückgekehrt sei und sich in Kabul bei seinen Angehörigen auch wieder für etwa 20 Tage aufgehalten habe. Zudem hätte er sich dem Schutz des Herkunftsstaates unterstellt.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX , GZ: XXXX , wegen schwerer gemeinschaftlicher Gewalt nach § 274 Abs. 1 StGB als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von XXXX , bedingt auf eine Probezeit von XXXX rechtskräftig verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX , GZ: XXXX , wurde er wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von XXXX , bedingt auf eine Probezeit von XXXX rechtskräftig verurteilt.
Am XXXX leitete das BFA ein Aberkennungsverfahren ein, lud den Beschwerdeführer vor und führte am XXXX eine niederschriftliche Einvernahme mit ihm durch.
Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , GZ: XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB als junger Erwachsener zu einer Geldstrafe von XXXX zu je XXXX rechtskräftig verurteilt.
Am XXXX stellte der Beschwerdeführer beim BFA einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses. Dabei gab er an, dass er bereits einen Konventionsreisepass vom XXXX mit Gültigkeit bis XXXX gehabt habe.
Der Beschwerdeführer übermittelte ein Schreiben vom XXXX , wonach er etwa zwei Mal monatlich an Terminen im Rahmen der Bewährungshilfe beim Verein Neustart teilnehme.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer der zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG aberkannt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I). Gleichzeitig wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG nicht zuerkannt (Spruchpunkt II), ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV), die Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 52 Abs. 9 FPG für zulässig erklärt (Spruchpunkt V), ihm eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen zuerkannt (Spruchpunkt VI.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein Einreiseverbot auf die Dauer von fünf Jahren erlassen (Spruchpunkt VII.). Schließlich wurde sein Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 98 Abs. 5 iVm § 92 FPG abgewiesen.
Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass ihm zwar vor über XXXX Jahren der Asylstatus zuerkannt worden sei, er jedoch straffällig geworden sei. Die Voraussetzungen, die zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten seiner Bezugsperson (seines XXXX ) geführt hätten, würden nicht mehr vorliegen. Er selbst hätte keine eigenen Asylgründe. Der Status als Asylberechtigter seines XXXX sei (nicht rechtskräftig) aberkannt worden und sei das Verfahren beim BVwG anhängig. Durch die erwiesene XXXX des XXXX hätte auch er alle Tatbestandsmerkmale des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG erfüllt. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer auch einen Aberkennungsgrund gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG verwirklicht hätte, da die von ihm begangene Straftat nach § 274 StGB alleine als auch iVm den weiteren Taten jedenfalls als besonders schwer zu qualifizieren sei. Hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer kürzlich wegen einer Straftat nach dem Suchtmittelgesetz angezeigt worden wäre und wenngleich keine Verurteilung vorliege, davon auszugehen sei, dass er mit Hilfe des Konventionsreisepasses in einen internationalen Suchtmittelhandel involviert werde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die gegenständliche Beschwerde in der er im Wesentlichen ausführte, dass ein Asylausschlussgrund nicht vorliege und ihm erneut ein Konventionsreisepass auszustellen sei.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX eine mündliche Verhandlung durch. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde ordnungsgemäß zu dieser öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen, ein Vertreter des Bundesamtes nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil. Der Beschwerdeführer wurde in Anwesenheit seines (damaligen) Rechtsvertreters von der Vorsitzenden Richterin befragt.
Mit Stellungnahme vom XXXX übermittelte der Beschwerdeführer Integrationsunterlagen.
Mit Schreiben vom XXXX gab das BFA an, dass dem XXXX des Beschwerdeführers (als Ankerperson des Beschwerdeführers hinsichtlich der Asylgewährung) der Asylstatus aberkannt worden sei und der Beschwerdeführer auch kein aufrechtes Familienleben mit seiner Familie hätte. Der Beschwerdeführer hätte sich auch nicht in Österreich integriert.
Mit Stellungnahme vom XXXX übermittelten die Eltern des Beschwerdeführers Unterlagen und Fotos und bekräftigten, dass ein aufrechtes Familienleben mit dem Beschwerdeführer bestehe.
Mit Stellungnahme vom XXXX gab das BFA an, dass bestritten werde, dass der Beschwerdeführer über ein aufrechtes Familienleben mit seiner Familie verfüge. Zudem sei er bereits mehrfach rechtskräftig verurteilt worden. Schließlich sei auch ein Waffenverbot gegen den Beschwerdeführer aufrecht. Eine Integration liege beim Beschwerdeführer nicht vor.
In weiterer Folge hat das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst mit Erkenntnis (zu hg. Verfahrenszahlen der Familienangehörigen: XXXX ) die Bescheide des BFA hinsichtlich der Aberkennung des Asylstatus der Familienangehörigen des Beschwerdeführers (auch seines XXXX ) ersatzlos behoben, womit diesen weiterhin die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger Afghanistans, gesund, gehört der Volksgruppe der XXXX an und ist XXXX Glaubens.
Dem damals minderjährigen Beschwerdeführer wurde nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet im Familienverband mit seinen Eltern und Geschwistern im Jahr XXXX (ebenso wie seinen Familienangehörigen) mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom XXXX , ZI. XXXX , in Österreich Asyl gewährt (durch Erstreckung von seinem XXXX ) und festgestellt, dass ihm kraft Gesetz die Flüchtlingseigenschaft zukomme, da seinem XXXX Verfolgung in Afghanistan drohe. Eigene Fluchtgründe wurden für den damals minderjährigen Beschwerdeführer nicht geltend gemacht.
Mit Bescheiden des BFA vom XXXX wurde der Familie des Beschwerdeführers u.a. der mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom XXXX zuerkannte Status der Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihnen keine Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes mehr zukomme.
In weiterer Folge hat das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst mit Erkenntnis (zu hg. Verfahrenszahlen der Familienangehörigen: XXXX ) die Bescheide des BFA hinsichtlich der Aberkennung des Asylstatus der Familienangehörigen des Beschwerdeführers ersatzlos behoben, womit diesen weiterhin die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Auch sein XXXX ist weiterhin im Bundesgebiet asylberechtigt.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX , GZ: XXXX , wegen schwerer gemeinschaftlicher Gewalt nach § 274 Abs. 1 StGB als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von XXXX , bedingt auf eine Probezeit von XXXX rechtskräftig verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX , GZ: XXXX , wurde er wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von XXXX , bedingt auf eine Probezeit von XXXX rechtskräftig verurteilt.
Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , GZ: XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB als junger Erwachsener zu einer Geldstrafe von XXXX zu je XXXX rechtskräftig verurteilt.
Der Beschwerdeführer nahm im Jahr XXXX zwei Mal monatlich an Terminen im Rahmen der Bewährungshilfe beim Verein Neustart teil.
Der Beschwerdeführer kam seinen Bewährungsauflagen nach und ist bei ihm ein Persönlichkeitswandel erkennbar. Er hat ein aufrechtes Familienleben mit seiner Familie.
Am XXXX stellte der Beschwerdeführer beim BFA einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses. Der Beschwerdeführer bekam letztmalig am XXXX einen Konventionsreisepass ausgestellt, welcher am XXXX abgelaufen ist.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Nationalität, Volksgruppenzugehörigkeit und Gesundheit des Beschwerdeführers stützen sich auf die Angaben im Asylverfahren. Der Beschwerdeführer machte diesbezüglich durchgehend gleichbleibende Angaben.
Die festgestellten Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem eingeholten aktuellen Strafregisterauszug.
Der Verfahrensgang (auch hinsichtlich der Verfahren seiner Familienangehörigen) ergibt sich aus dem Verwaltungsakt sowie den Akten der Familienangehörigen des Beschwerdeführers, in die Einsicht genommen wurde. Daraus ergibt sich insbesondere auch, dass die Familie des Beschwerdeführers und insbesondere sein XXXX nach wie vor asylberechtigt sind, somit seiner Ankerperson, von der er den Asylstatus abgeleitet hat, dieser Status nicht rechtskräftig aberkannt wurde. Vielmehr wurde der diesbezügliche Bescheid des BFA vom BVwG ersatzlos behoben.
Die Feststellungen zu seinen familiären Verhältnissen und dem aufrechten Familienleben sowie dem Nachkommen seiner Bewährungsauflagen im Jahr XXXX ergeben sich aus dem Akteninhalt. So wird in einem Schreiben des Vereins Neustart vom XXXX bestätigt, dass der Beschwerdeführer seit XXXX vom Verein betreut wurde und etwa zwei Mal im Monat Termine stattfanden. Sein Persönlichkeitswandel ergibt sich insbesondere aus dem persönlichen Eindruck, den die erkennende Richterin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am XXXX vom Beschwerdeführer gewann. In dieser beteuerte er mehrfach, dass er seine Taten bereut und sich bessern will sowie, dass er eine Arbeit ergreifen will. Hinsichtlich seiner begangenen Taten zeigte er sich zudem einsichtig. Aus den mit Stellungnahme vom XXXX übermittelten Unterlagen seiner Eltern ergibt sich zudem, dass ein aufrechtes Familienleben mit seiner Familie besteht. So besucht er diese zwei Mal wöchentlich, verbringt Zeit mit seinen Familienangehörigen und wird von diesen auch finanziell unterstützt.
Die Feststellungen zum Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses sowie, dass der Beschwerdeführer bereits zuvor einen Konventionsreisepass hatte, ergeben sich aus den im Akt aufliegenden diesbezüglichen Antrag sowie einer Kopie seines bisherigen Konventionsreisepasses. Hinsichtlich des Grundes der Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses wurde im angefochtenen Bescheid des BFA auf S. 88 festgehalten, dass der Beschwerdeführer kürzlich wegen einer Straftat nach dem Suchtmittelgesetz angezeigt worden sei und wenngleich keine Verurteilung vorliege, davon auszugehen sei, dass er mit Hilfe des Konventionsreisepasses in einen internationalen Suchtmittelhandel involviert werde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) Stattgebung der Beschwerde und Behebung des angefochtenen Bescheides:
Die wesentlichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:
§ 6. (1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn
1. und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;
3. aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder
4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.
(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt.
§ 7. (1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder
3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.
(2) In den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Z 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Z 1 eingeleitet wurde, längstens binnen XXXX nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen XXXX ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates.
(2a) Ungeachtet der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.
(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt – wenn auch nicht rechtskräftig – nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.
(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.
§ 92 und § 94 FPG lauteten auszugsweise:
"§ 92. (1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, das
(...) 3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen; (...)
5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde. (...)
§ 94. (1) Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen. (...)
(5) §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt."
3.1.1. Das BFA stützte seine Entscheidung, mit der dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten aberkannt wurde, im Wesentlichen zunächst auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 und somit auf das Eintreten einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegten Endigungsgründe.
Dies ist dann der Fall, wenn der Betroffene (1.) sich freiwillig wieder unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt hat, (2.) die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat, (3.) eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz seines neuen Heimatlandes genießt, (4.) sich freiwillig in dem Staat, den er aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat, (5.) wenn die Umstände, auf Grund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und er es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz seines Heimatlandes zu stellen, wobei die Bestimmungen der Z 5 nicht auf die in Z 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Flüchtlinge anzuwenden sind, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen und (6.) staatenlos ist und die Umstände, auf Grund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, er daher in der Lage ist, in sein früheres Aufenthaltsland zurückzukehren.
Wie oben dargelegt, wurden für den damals minderjährigen Beschwerdeführer im Verfahren über seinen durch seine gesetzlichen Vertreter gestellten Asylantrag keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht, sondern erfolgte die Zuerkennung von Asyl aufgrund der von dem XXXX des Beschwerdeführers befürchteten Verfolgung, weil dieser politisch tätig war. Den Eltern (und Geschwistern des Beschwerdeführers) kommt nach wie vor der Status der Asylberechtigten zu; bei allen genannten Familienangehörigen des Beschwerdeführers wurde zwar zunächst ein Aberkennungsverfahren vom BFA eingeleitet, die diesbezüglich ergangenen Aberkennungsbescheide wurden jedoch im Ergebnis allesamt bereits ersatzlos vom BVwG behoben, weshalb den Familienangehörigen des Beschwerdeführers weiterhin die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Es sind keine Hinweise ersichtlich, aus denen zu schließen wäre, dass die Umstände, auf Grund deren der XXXX des Beschwerdeführers (und seine Familie sowie der Beschwerdeführer im Familienverfahren) als Flüchtlinge anerkannt worden sind, nicht mehr bestehen würden. Die Umstände, aufgrund der dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, bestehen somit nach wie vor (vgl. XXXX ). Der Beschwerdeführer lebt weiters seit dem Jahr XXXX durchgehend in Österreich, war seitdem nicht mehr in Afghanistan und hat keine andere Staatsangehörigkeit erworben.
Der Aberkennungstatbestand des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist somit nicht erfüllt.
3.1.2. Das BFA stützte seine Entscheidung, mit der dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten aberkannt wurde, zudem auf § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 Konkret stützte sich das Bundesamt darauf, dass der Beschwerdeführer wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sei und wegen dieses strafbaren Verhaltens in Zusammenschau mit den restlichen Verurteilungen eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeute (vgl. S 91 des angefochtenen Bescheids).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa XXXX , mwN) müssen für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss erstens ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür zweitens rechtskräftig verurteilt worden sein, drittens gemeingefährlich sein und es müssen viertens die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung seine Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen.
Unter dem Begriff des „besonders schweren Verbrechens“ fallen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (etwa XXXX ) nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch bereits festgehalten, dass es sich dabei um eine demonstrative und daher keineswegs abschließende Aufzählung von Delikten in Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 2 GFK handelt.
Es genügt außerdem nicht ( XXXX ), wenn ein abstrakt als „schwer“ einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen, wobei unter anderem auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen und der Entscheidung eine Zukunftsprognose zugrunde zu legen ist. Bei der Beurteilung, ob ein „besonders schweres Verbrechen“ vorliegt, ist daher eine konkrete fallbezogene Prüfung vorzunehmen und sind insbesondere die Tatumstände zu berücksichtigen. Lediglich in gravierenden Fällen schwerer Verbrechen ist bereits ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose zulässig (vgl. etwa in Zusammenhang mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren wegen des Verbrechens des versuchten Mordes VwGH 14.02.2018, Ra 2017/18/0419, mwN).
Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof schon zum Ausdruck gebracht ( XXXX ), dass auch im Fall einer Vielzahl einschlägiger rechtskräftiger Verurteilungen und insofern verhängter, beträchtlicher und überwiegend unbedingter Freiheitsstrafen, verwirklichte Delikte in einer Gesamtbetrachtung als „besonders schweres Verbrechen“ qualifiziert werden können.
Auf die Strafdrohung allein kommt es bei der Beurteilung, ob ein „besonderes schweres Verbrechen“ vorliegt, nicht an ( XXXX ).
Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer in Österreich insgesamt XXXX rechtskräftig verurteilt, davon einmal zu einer Freiheitsstrafe von XXXX bedingt und einmal zu XXXX bedingt. Einmal wurde er zu einer Geldstrafe iHv XXXX verurteilt. Die Verurteilungen des Beschwerdeführers betrafen sohin allesamt Vergehen, keine Verbrechen, und war der Beschwerdeführer (zum Großteil) geständig. Mildernd waren überdies das Alter unter 21 Jahren sowie, dass es (zum Teil) beim Versuch geblieben ist (versuchter Diebstahl) berücksichtigt worden. Erschwerend wurden der rasche Rückfall und Handeln während offener Probezeit (beim versuchten Diebstahl) berücksichtigt. Der Beschwerdeführer war auch noch nicht aufgrund einer etwaigen unbedingten Freiheitsstrafe inhaftiert. Laut Schreiben der Bewährungshilfe setzte er sich mit seinen Straftaten im Rahmen von zwei Terminen monatlich auseinander. Im konkreten Fall ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass es sich beim Beschwerdeführer im Tatzeitraum jeweils um einen jungen Erwachsenen gehandelt hat. Angesichts dieser Umstände und der zugrundeliegenden Taten kann in den Strafhandlungen des Beschwerdeführers – auch in ihrer Zusammenschau – nicht erkannt werden, dass sich diese als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erwiesen. Ein Aberkennungsgrund nach § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 ist somit ebenfalls – noch – nicht gegeben.
Daran vermögen auch die vom BFA mit Stellungnahme vom XXXX betreffend den Beschwerdeführer genannten anhängigen Verfahren nichts zu ändern. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer keine Verurteilung wegen der vom BFA näher bezeichneten Straftaten aufweist und es sich auch hierbei nicht um schwere Verbrechen handelt.
Fallbezogen liegt somit keine Verurteilung wegen eines besonders schweren Verbrechens im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 vor; der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogene Asylaberkennungstatbestand des § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 ist somit ebenfalls nicht erfüllt.
3.1.3. Die Sache des Beschwerdeverfahrens ist aber nur der Inhalt des Spruches, nicht der Grund, warum es zum Inhalt des Spruches gekommen ist; das bedeutet, dass das Verwaltungsgericht alle Gründe, die zum von der Behörde ausgesprochenen Ergebnis führen könnten, zu prüfen hat (VwGH 21.01.2016, Ra 2015/12/0027). „Sache“ des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens ist nicht nur die Klärung der Frage, ob der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angenommene Aberkennungsgrund vorlag, sondern sie umfasst sämtliche in § 7 AsylG 2005 vorgesehenen Aberkennungsgründe; es ist dem Verwaltungsgericht daher nicht verwehrt, bei Verneinung einer der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 AsylG 2005 die anderen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 AsylG 2005 zu prüfen (VwGH 07.01.2021, Ra 2020/18/0491).
Zu prüfen sind daher auch die anderen, in § 7 AsylG 2005 vorgesehenen Aberkennungsgründe:
3.1.3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist wie bereits dargelegt einem Fremden der Status des Asylberechtigten abzuerkennen, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG 2005 vorliegt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn und solange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D GFK genießt. Gemäß Art. 1 Abschnitt D GFK findet dies auf Personen keine Anwendung, die derzeit von anderen Organen oder Organisationen der Vereinten Nationen als dem Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge Schutz oder Hilfe erhalten. Dies sind derzeit nur unter dem Schutz von UNRWA stehende Personen; der Beschwerdeführer gehört nicht zu dieser Personengruppe.
3.1.3.2. Gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn einer der in Art. 1 Abschnitt F GFK genannten Ausschlussgründe vorliegt. Gemäß Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention sind die Bestimmungen auf Personen nicht anwendbar, hinsichtlich derer ernsthafte Gründe für den Verdacht bestehen, dass sie (a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben, und zwar im Sinne jener internationalen Einrichtungen, die ausgearbeitet wurden, um Bestimmungen gegen solche Verbrechen zu schaffen, (b) bevor sie als Flüchtlinge in das Gastland zugelassen wurden, ein schweres, nicht politisches Verbrechen begangen haben, (c) sich Handlungen schuldig gemacht haben, die sich gegen die Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen richten. Hierfür gibt es im Akt keine Hinweise.
3.1.3.3. Gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 04.04.2019, Ro 2018/01/0014, zur Auslegung des § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 und der Umstände, die eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellen, Folgendes ausgeführt: „Das Vorliegen stichhaltiger Gründe gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 setzt weder eine – im Gegensatz zum Asylaberkennungstatbestand des § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 – rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Fremden, noch sonst die Verwirklichung eines gerichtlichen Straftatbestandes voraus […]. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof zur Auslegung des Art. 33 Abs. 2 GFK dargelegt, dass die Bestimmung neben dem Tatbestand einer Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltslandes aus gewichtigen Gründen durch den Flüchtling auch den Tatbestand enthält, dass der Flüchtling wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet. Daraus ist abzuleiten, dass nur dann eine Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltslandes aus gewichtigen Gründen angenommen werden kann, wenn ganz spezifische Umstände vorliegen, die eine Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltslandes darstellen können. Jene Gefahren, die sich für die Gemeinschaft aus der Begehung eines besonders schweren Verbrechens, dessentwegen ein Flüchtling rechtskräftig verurteilt worden ist, ergeben, sind demgegenüber vom zweiten Tatbestand erfasst (vgl. VwGH 15.12.1993, 93/01/0900).“ Der diesem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs zugrundeliegende Sachverhalt betraf insbesondere radikal-salafistische Ideologien, die Stellung der Scharia über die österreichische Rechtsordnung, die Verbreitung einer staatsfeindlichen Grundhaltung sowie staatsfeindlicher Propaganda, die Legitimierung militärischen Jihads, die Radikalisierung sowie Anwerbung von Kämpfern für den „Islamischen Staat“ in Syrien bzw. Nordirak, sowie die Förderung von terroristischen Aktivitäten.
Im gegenständlichen Fall sind keine derartigen „ganz spezifischen Umstände“ hervorgekommen, aufgrund derer anzunehmen wäre, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die Sicherheit Österreichs (über die von § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 erfassten Gefahren, die sich für die Gemeinschaft aus der Begehung von etwaigen besonders schweren Verbrechen, wegen derer ein Beschwerdeführer rechtskräftig verurteilt werden kann, ergeben, hinaus) darstellen würde; das Verhalten des Beschwerdeführers ist daher nicht unter § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 zu subsumieren. Das Vorliegen eines Waffenverbots bzw. Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer wegen Vergehen (Diebstahl, Sachbeschädigung, Körperverletzung, unbefugter Fahrzeuggebrauch, Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung) reichen hierfür noch nicht aus.
Der Aberkennungstatbestand des § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist somit ebenfalls nicht erfüllt.
3.1.3.4. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten schließlich abzuerkennen, wenn der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat. Der Beschwerdeführer lebt seit dem Jahr XXXX durchgehend in Österreich.
Auch der Aberkennungstatbestand des § 7 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist daher nicht gegeben.
3.1.4. Im Fall des Beschwerdeführers liegt sohin kein Asylaberkennungsgrund vor.
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war somit stattzugeben und dieser ersatzlos zu beheben. Da somit auch die Voraussetzungen für die weiteren diesbezüglichen Absprachen (Spruchpunkte II. bis VII.) wegfallen, war der angefochtene Bescheid auch hinsichtlich dieser Spruchpunkte ersatzlos zu beheben.
Sollte der Beschwerdeführer künftig weitere strafbare Handlungen oder ein sonstiges Verhalten setzen, das die Aberkennung des Status des Asylberechtigten rechtfertigen würde, steht es dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl freilich offen, ein neuerliches Aberkennungsverfahren einzuleiten, die Aberkennung neuerlich einer Prüfung zu unterziehen und gegebenenfalls eine anderslautende Entscheidung zu treffen.
3.1.5. Zum abgewiesenen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses (Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides):
Am XXXX stellte der Beschwerdeführer beim BFA einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses. Der Beschwerdeführer bekam letztmalig am XXXX einen Konventionsreisepass ausgestellt, welcher am XXXX abgelaufen ist.
Hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses wurde vom BFA im angefochtenen Bescheid auf S. 88 (im Rahmen der Beweiswürdigung) festgehalten, dass der Beschwerdeführer kürzlich wegen einer Straftat nach dem Suchtmittelgesetz angezeigt worden wäre und wenngleich keine Verurteilung vorliege, davon auszugehen sei, dass er mit Hilfe des Konventionsreisepasses in einen internationalen Suchtmittelhandel involviert werde.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Die Versagung eines Konventionsreisepasses stellt eine vorbeugende Sicherungsmaßnahme zur Abwendung künftiger Straftaten dar. Bei der Prüfung der Frage, ob die vom Gesetz geforderte Annahme gerechtfertigt ist (Zukunftsprognose), ist festzustellen, ob Tatsachen vorliegen, die diese Annahme rechtfertigen. Insbesondere ist das Vorliegen bestimmter Tatsachen zu prüfen, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer den Konventionsreisepass benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.
Diesem Umstand wird dann Rechnung getragen, wenn der Antragsteller bereits in der Vergangenheit Suchtmitteldelikte begangen hat und deswegen verurteilt wurde. Dies gilt umso mehr dann, wenn eine solche Tat, die mit einer Reisebewegung ins Ausland verbunden war, bereits im Besitz eines Konventionsreisepasses begangen wurde. Der Versagungsgrund setzt jedoch nicht voraus, dass der Betreffende tatsächlich schon einmal ein Reisedokument für den verpönten Zweck benützt habe.
Im konkreten Fall weist der Beschwerdeführer keine einzige Verurteilung nach dem SMG auf. Dem BFA ist zwar zu folgen, dass der Beschwerdeführer schon mehrere Verurteilungen im Bundesgebiet aufweist, jedoch handelte es sich dabei um gemeinschaftliche Gewalt, Diebstahl sowie eine gefährliche Drohung. Damit hat sich die maßgebliche Annahme im Sinne der Z 3 des § 92 Abs. 1 FPG in der Vergangenheit jedoch nicht verwirklicht.
Im vorliegenden Fall ist auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer letztmalig am XXXX einen Konventionsreisepass ausgestellt bekommen hatte. Der Beschwerdeführer war bis zum XXXX im Besitz eines gültigen Konventionsreisepasses und sind keine Hinweise dahingehend aktenkundig, dass der Beschwerdeführer jenen Konventionsreisepass missbräuchlich verwendet hätte. Es sind für die erkennende Richterin sohin keine Tatsachen erkennbar, welche die Annahme rechtfertigen würden, dass der Beschwerdeführer seinen Konventionsreisepass dazu benutzen wird, um gegen die Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.
Es war daher der Beschwerde auch zu diesem Spruchpunkt spruchgemäß stattzugeben und der angefochtene Bescheid somit zur Gänze ersatzlos zu beheben.
Durch die im vorliegenden Fall gebotene Aufhebung des angefochtenen Bescheides in der Sache ist der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses somit wieder unerledigt, jedoch neuerlich vom BFA meritorisch zu erledigen (vgl VwGH 27.06.2006, 2005/05/0374, RS 2). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem Beschwerdeführer daher einen Konventionsreisepass auszustellen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aberkennung des Status des Asylberechtigten Asylaberkennung Asylgewährung von Familienangehörigen Behebung der Entscheidung besonders schweres Verbrechen Diebstahl Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung Familienverfahren Körperverletzung Reisedokument Rückkehrentscheidung behoben Sachbeschädigung Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Versagung KonventionsreisepassEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W121.2195639.1.00Im RIS seit
13.10.2021Zuletzt aktualisiert am
13.10.2021