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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §67a Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des Y in E, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 13. Dezember 1995, Zl. 2/03/95/E2, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. Dezember 1995 wurde die an diese gerichtete Beschwerde wegen behaupteter Rechtswidrigkeit der Anbringung eines Stempelaufdruckes im Reisepaß des Beschwerdeführers gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, gemäß § 27 Abs. 5 Fremdengesetz könnten durchsetzbare Ausweisungen oder Aufenthaltsverbote im Reisedokument des Fremden ersichtlich gemacht werden. Mit dem vom Beschwerdeführer bekämpften Stempelaufdruck sei lediglich das rechtskräftig und durchsetzbare Aufenthaltsverbot beurkundet worden, sodaß keine normative Willensäußerung der Behörde vorliege. Daraus folge, daß durch die Anbringung des erwähnten Stempelaufdruckes keine Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 13. März 1996, Zl. B 414/96, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:
Was zunächst das Vorbringen des Beschwerdeführers anlangt, die belangte Behörde habe die an sie gerichtete Beschwerde nicht auch nach § 88 Abs. 2 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) geprüft, ist zu bemerken: Nach dieser Gesetzesstelle erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate "außerdem" (sohin neben den im Abs. 1 geregelten Beschwerden nach Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt) über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist. Der Beschwerdeführer bringt allerdings nicht vor, daß er eine "Behauptung" im Sinne der soeben zitierten Gesetzesstelle aufgestellt habe; vielmehr läßt er die Ausführungen im angefochtenen Bescheid unwidersprochen, wonach der (rechtsfreundlich vertretene) Beschwerdeführer die in Rede stehende "Einstempelung" in den Reisepaß als "faktische Amtshandlung" (worunter nach Lehre und Rechtsprechung nur die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG verstanden wird - vgl. etwa Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. Aufl., Rz 607, sowie die nachstehend zitierte Judikatur beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) bekämpft habe. Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung, die an sie gerichtete Beschwerde auch unter dem Blickwinkel des § 88 Abs. 2 SPG zu prüfen (wobei im übrigen bemerkt wird, daß selbst in dem an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeschriftsatz noch nicht auf diese Gesetzesstelle Bezug genommen wurde).
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 13. Dezember 1988, Slg. Nr. 11935) ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen eine behauptete "faktische Amtshandlung", daß sie gegen die Anwendung von Gewalt oder gegen eine normative Anordnung (bei deren Nichtbefolgung mit einer unmittelbaren Sanktion gerechnet werden mußte) gerichtet ist; es wird daher insoweit die "Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch" gefordert. Auch nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 6. Oktober 1993, Zl. 92/17/0284) ist phyischer Zwang oder unmittelbare Befehlsgewalt Voraussetzung für die Wertung einer Amtshandlung als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.
Ausgehend davon hat die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer bekämpfte Anbringung des zitierten Stempels im Reisepaß zu Recht nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gewertet. Soweit der Beschwerdeführer im übrigen davon spricht, die belangte Behörde sei "im Zuge einer mit eindeutigem imperium durchgeführten Amtshandlung" in den Besitz des Reisepasses gelangt, so war darauf nicht näher einzugehen, weil dies nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996020284.X00Im RIS seit
20.11.2000