Entscheidungsdatum
10.08.2021Norm
BFA-VG §9Spruch
W159 2237100-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.10.2020, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.07.2021 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina, beantragte am 30.06.2016 bei der XXXX Landesregierung, XXXX das gemeinschaftliche Niederlassungsrecht für sich und ihre Tochter. Die Beschwerdeführerin schloss am 25.06.2016 beim Standesamt in XXXX in Bosnien-Herzegowina die Ehe mit dem bulgarischen Staatsangehörigen XXXX (geb. XXXX ). Demzufolge wurden Aufenthaltskarten mit Gültigkeit vom 04.07.2016 bis 04.07.2021 für die Mutter der Beschwerdeführerin und die Beschwerdeführerin erteilt.
Am 18.07.2019 zeigte die Beschwerdeführerin die Scheidung ihrer Ehe an. Die Ehe wurde mit Beschluss des Gerichts zu Zl. XXXX am 01.07.2019 rechtskräftig geschieden. Die XXXX Landesregierung stellte mit Schreiben vom 25.05.2020, Zl. XXXX fest, dass die Ehe weniger als drei Jahre gedauert habe, weswegen die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für die Beschwerdeführerin und ihre Tochter weggefallen würden.
Am 05.08.2020 wurde die Beschwerdeführerin vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, IFA-Zahl/Verfahrenszahl XXXX vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, wonach eine Ausweisung gem § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG erfolge. Es könne eine schriftliche Stellungnahme innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung der Verständigung erfolgen. Dem Schreiben war ein Fragenkatalog beigefügt.
Am 18.08.2020 wurde eine schriftliche Stellungnahme, durch den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin, XXXX , eingebracht. Die Beschwerdeführerin gab an, sie sei öfters für ein paar Tage innerhalb der sichtvermerkfreien Tage nach Österreich eingereist, um ihren damaligen Gatten zu besuchen. Sie sei dann im Juni 2016 eingereist, um einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte für ihre Tochter und sich bei der XXXX zu stellen. Sie habe diese Aufenthaltskarten am 21.07.2016 bei der XXXX abgeholt und sei seit 29.06.2016 durchgehend im Bundesgebiet mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Sie sei geschieden, habe an der Wirtschaftsuniversität XXXX , BIH, studiert und das Studium abgeschlossen. Sie habe zurzeit keine Krankheiten bzw. gesundheitlichen Probleme.
Sie habe zwei Kinder, ihre Tochter XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörige BIH, Aufenthaltstitel gültig 04.07.2016 bis 04.07.2021 und ihren Sohn XXXX , Staatsangehöriger BIH, der noch kein Aufenthaltstitel habe.
Sie gab an, sie sei kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Sie habe eine Deutschprüfung mit Werteprüfung auf A2-Niveau im Jahr 2019 absolviert und würde Deutsch sprechen.
In ihrem Heimatland würde sich eine Tante und eine Cousine aufhalten. Zu beiden hätte sie regelmäßigen telefonischen Kontakt. Ihre Mutter würde seit Jahrzehnten in Deutschland leben, ihren Vater hätte sie nie kennengelernt. Sie habe in ihrer Kindheit bevorzugt bei ihren Großeltern in BIH gelebt. Ihre Großeltern seien mittlerweile verstorben.
Die Beschwerdeführerin gab des Weiteren an, sie habe als Reinigungskraft für knapp drei Jahre durchgehend bei XXXX gearbeitet. Ihr monatliches Nettoeinkommen habe etwa 1.250 € betragen. Aus der Berufstätigkeit sei sie in den Mutterschutz gegangen und habe vom 09.12.2019 bis 10.07.2020 Wochengeld in Höhe von 1.450 € monatlich bezogen. Derzeit habe sie keine Bezüge, sie warte auch auf die Klärung ihren Aufenthaltsrechtes. Sie habe Anfang Juli 2020 einen Antrag auf einkommenabhängiges Kinderbetreuungsgeld bei der ÖGK gestellt. Nach der Bewilligung des Kinderbetreuungsgeldes, werde sie laufend bei der ÖGK versichert sein. Sie wohne derzeit unentgeltlich bei einem Freund. Sie werde in ihrem Heimatstaat weder strafrechtlich noch politisch verfolgt. Sie strebe den Aufenthaltstitel rot-weiß-rot plus hier in Österreich an, da sie seit über vier Jahren in Österreich leben und arbeiten würde. Österreich sei für die Beschwerdeführerin ihr „Zuhause“ geworden. Ihre Tochter spreche perfekt Deutsch und habe sich gut integriert. Sie habe bis dato keine Sozialleistungen bezogen und habe die Integrationsvereinbarung erfüllt. Die Beschwerdeführerin brachte diverse Lohn und Gehaltsabrechnungen in Vorlage.
Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 21.10.2020, Zl. XXXX wurde unter Spruchpunkt I. die Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 FPG 2005, iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen und unter Spruchpunkt II. gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung erteilt.
Die Behörde stellte zu dem Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich fest, dass sie sei dem 29.06.2016 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet sei. Sie sei lt. behördlichen Abfragen seit 02.02.2017 bis 08.12.2019 bei der Firma XXXX als Arbeitnehmerin beschäftigt und befinde sich zurzeit im Mutterschutz bzw. Karenz. Da ihr Sohn, geb. 24.05.2020 über keinen Aufenthaltstitel verfüge, erhalte sie kein Wochengeld. Die mit dem bulgarischen Staatsangehörigen geschlossene zweite Ehe habe unter drei Jahren bestanden, weswegen die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht gem. § 51 ff NAG nicht mehr erfüllt seien. Aus den Geburtsurkunden sei ersichtlich, dass der Vater der Kinder der Beschwerdeführerin, ihr erster Ehemann, XXXX sei. Die Beschwerdeführerin würde über keine Familienangehörigen in Österreich verfügen., lediglich die Tochter würde den Kindergarten besuchen. Es hätte kein schützenswertes Privatleben festgestellt werden können. Es sei keine tiefer greifende Integration in Österreich erkennbar. Die Beschwerdeführerin sei geschieden und habe Sorgepflichten.
Eine Rückkehr nach BIH könne der Beschwerdeführerin und ihren mj. Kindern zugemutet werden, da aufgrund fehlender Angaben geschlossen werde, dass sie nicht ohne Existenzgrundlage in ihrem Heimatstaat sei. Auch sei der Vater ihrer Kinder in Bosnien aufhältig. Es bestehe ein öffentliches Interesse, dass die Bestimmungen des NAG eingehalten werden.
In der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. hegte die belangte Behörde den Verdacht, dass die Ehe mit dem bulgarischen Staatsangehörigen eine Zweckehe (Aufenthaltsehe) gewesen sei. Es hätte kein schützenswertes Privatleben in Österreich festgestellt werden können. Die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen würden die ganze Familie betreffen. Es sei auch keine tiefergreifende Integration, obwohl die Deutschprüfung auf A2 Niveau sowie die Werteprüfung absolviert worden wären, erkennbar gewesen. So sei auch die Ausweisung in diesem Fall zulässig gewesen.
Zu Spruchpunkt II. wurde angeführt, dass ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen gewesen sei, denn ein solcher wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausreichend.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Bescheid des BFA vom 21.10.2020, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX für ihre mj. Tochter und sich, im vollem Umfang Beschwerde. Begründend wurde angeführt, dass das BFA richtig festgestellt habe, dass sie sich seit Juni 2016 durchgehend im Bundesgebiet aufhalten würde. Ihre Ehe habe nur 10 Tage weniger als 3 Jahre gedauert. Diese kurze Zeitspanne würde keine Rückkehrentscheidung rechtfertigen. Sie habe in Österreich gearbeitet und der Behörde die Barmittel zur Finanzierung des Lebensunterhalts nachgewiesen. Sie stellte den Antrag die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
Mit Schreiben vom 13.11.2020 wurde die Beschwerde vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt mit dem Begehren die Beschwerde abzuweisen.
Mit Schreiben vom 16.02.2021 ersuchte die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung um rasche Erledigung der Angelegenheit, da ihr Kind aufgrund des mangelnden Aufenthaltstitels über keine Krankenversicherung verfüge.
Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsausschusses vom 23.03.2021 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung G313 abgenommen und nunmehr der Gerichtsabteilung W159 zugewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 06.07.2021 an, an welcher die Beschwerdeführerin, ihre Rechtsvertretung, Rechtsanwalt XXXX und ein Vertreter der belangten Behörde, XXXX , sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Serbisch teilnahmen.
Die Beschwerdeführerin gab befragt an, sie könne der Verhandlung ohne Probleme folgen. Sie gab an, sie halte ihr bisheriges Vorbringen einschließlich der Beschwerde aufrecht. Sie brachte keine Korrekturen oder Ergänzungen vor.
Die Beschwerdeführerin brachte vor, sie sei Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina, Serbin und serbisch-orthodoxen Glaubens. Sie sei am XXXX in XXXX , in der Republika Srpska, geboren worden. Sie habe in einem Dorf in der Gemeinde XXXX bis 2016 gelebt, dann sei im Oktober 2016 nach Österreich übersiedelt. Seither sei sie weitgehend in Österreich aufhältig gewesen, sie habe den ihr zustehenden Urlaub von fünf Wochen jedoch in Bosnien verbracht. Sie sei vor einem Monat zuletzt in Bosnien aufhältig gewesen. Aufgrund eines Unfalls sei sie länger geblieben, weil sie im Krankenhaus gewesen sei.
Befragt zu ihrer Schulbildung erzählte die Beschwerdeführerin sie habe acht Jahre Grundschule, vier Jahre Höhere Techn. Lehranstalt Elektrotechnik und anschließend die Wirtschaftsuniversität abgeschlossen. Sie habe in Bosnien nicht in ihrem Beruf gearbeitet, sondern als Kellnerin in einem Café, als Schankkraft.
Sie sei nach Österreich gekommen, weil sie ihren Mann XXXX geheiratet habe, den sie in Bosnien kennengelernt habe. Er sei bereits in Österreich aufhältig gewesen.
Der Richter erkundigte sich nach ihren Familienangehörigen bzw. Verwandten in Bosnien. Die Beschwerdeführerin antwortete, dass ihre Eltern geschieden seien, ihr Vater lebe in Bosnien, sie habe kaum Kontakt zu ihm und ihre Mutter würde in Deutschland leben. Es würden noch Tanten und eine Cousine in Bosnien leben und sie würde mit ihnen in Kontakt stehen.
Befragt zu ihrem Familienstand erzählte die Beschwerdeführerin: „Ich bin geschieden. … Ich war mit meinem 1. Mann ziemlich lange zusammen, wir haben gemeinsam studiert in Bosnien. Mein Mann wollte dann nach Wien kommen und in Wien weiter studieren, ich war dagegen, er kam aber dennoch nach Österreich, ich kam auch nach Wien, wir haben uns aber sehr selten gesehen. Er führt hier sein Leben, ich meines in Bosnien. Dann lernte ich XXXX kennen, das war im Café, wo ich arbeitete. Wir haben geheiratet. Am Anfang war alles ok, aber für ihn war meine Tochter ein Problem. Wir zwei konnten keine gemeinsamen Kinder bekommen und wir haben gemeinsam mit meiner Tochter in einer Wohnung gewohnt, die Wohnung war sehr klein. Er hat meine Tochter nicht gemocht, sie musste Einiges miterleben, für sie war das alles nicht ok. Das Mehrparteienhaus, wo wir wohnten, war ein altes Haus und musste abgerissen werden. Mein Mann hat die Wohnung verlassen und ich wartete in der Wohnung, bis das Haus abgerissen wurde. Wir ließen uns scheiden und ich ging zu einem Bekannten im XXXX , ich durfte bei ihm wohnen, das war in der XXXX . Es war für mich eine sehr schlimme Zeit und ich war froh, dass ich bei ihm wohnen durfte, ich habe die ganze Zeit gearbeitet. Der Bekannte hat mir sehr geholfen, ich musste nichts zahlen für das Wohnen bei ihm.“
Der Richter erkundigte sich, wo der erste Mann der Beschwerdeführerin gewesen sei, in Wien oder in Bosnien? Sie antwortete: „Er war in Bosnien. Er ist seit über einem Jahr in Bosnien, er ist zurückgekehrt. … Er hat wieder Kontakt aufgenommen. Er hat sich mir wieder angenähert, er hatte auch Kontakt zu unserer gemeinsamen Tochter, er hat gehört, dass ich mich von meinem Mann habe scheiden lassen. Es war meine Tochter, die uns wieder zusammengebracht hat. Sie hatte eine schwere Phase. Meine Tochter beginnt im September mit der Schule.“
XXXX , ihr zweiter Mann, sei 2019 ausgezogen, als sie den Antrag auf Scheidung eingebracht habe. Sie persönlich wolle nicht gemeinsam mit ihrem ersten Mann und ihren Kindern in Bosnien leben. „Meine Tochter spricht perfekt Deutsch, sie beginnt im September mit der Schule, auch ich habe mich an das Leben hier gewöhnt, in Bosnien habe ich keine Eltern mehr, ich habe niemanden dort. Das Verhältnis mit meinem Ex-Mann ist auch nicht mehr so, wie es einmal war.“
Ihr erster Mann sei nach Bosnien zurückgekehrt, es sei schwer für ihn in Österreich gewesen. Sie habe wieder geheiratet. Er habe sich nicht zurechtgefunden, es sei nicht so gewesen, wie er es sich vorgestellt habe.
Sie hätte ein Haus von ihren Großeltern in Bosnien, es stünde leer, es sei ein sehr altes Haus, man könne nicht wirklich dort wohnen.
Die Beschwerdeführerin gab an, sie und ihre Kinder seien gesund, sie leide unter keinen psychischen oder organischen Erkrankungen.
Auf die Frage, was sie dzt. in Österreich mache, führte sie aus: „Ich kam im Oktober 2016 nach Österreich und begann im Februar 2017 zu arbeiten. Meine Tochter integrierte sich gut im Kindergarten und ich arbeite für eine Firma XXXX , ich arbeite nach wie vor für sie, ich bezog nie AMS-Geld. Ich habe seit zwei Jahren kein Geld bekommen, ich bezahle selbst die Versicherung, ich bekomme nur Kinderbeihilfe. … Gemeldet auf 40 Wochenstunden verdiene ich ca. Euro 1.500 netto.“
Die Beschwerdeführerin brachte ein Zeugnis zur Integrationsprüfung A2 mit dem Prüfungsergebnis vor. – Anm. Behördenvertreter nahm Einsicht.
Sie habe in Österreich keine Familienangehörigen oder Verwandte, sie habe sich jedoch einen Freundeskreis aufgebaut. Ihre Mutter würde in Deutschland leben und sie sehr unterstützen. Die Beschwerdeführerin gab weiters an, sie habe keine Geschwister. Sie würde in keiner neuen Lebensgemeinschaft leben. Sie halte Kontakt zu ihrem ersten Mann über das Internet und Facebook, er würde Kontakt zu den Kindern via Viper und Whats App halten. Sie habe ihn das letzte Mal gesehen, als sie nach Bosnien hätte fahren müssen, um eine Geburtsurkunde für ihr Kind sowie den Reisepass ausstellen zu lassen. Mit ihrem bulgarischen Ex-Mann bestehe überhaupt kein Kontakt mehr.
Die Beschwerdeführerin schilderte auf Deutsch: “Ich habe im Moment frei, ich habe jetzt mehr Zeit für meine Kinder. Ich bin in Karenz bis Ende September, dann gehe ich wieder arbeiten. Ich habe eine Bestätigung der Firma XXXX , dass ich dann dort wieder arbeiten kann. Ich habe noch Resturlaubstage, deshalb habe ich mit der Firma ausgemacht, dass ich den im Anschluss an die Karenz konsumieren kann.“
Sie habe nichts fürs Wohnen zahlen müssen, als sie bei dem Freund gewohnt habe. Sie hätte Geld ansparen können, ihre Mutter habe sie auch unterstützt. Anschaffungen würden von der Mutter bezahlt werden.
Die Beschwerdeführerin brachte eine Einstellungszusage der Firma XXXX in Vorlage.
Die Beschwerdeführerin erzählte dem Richter, dass ihre Tochter XXXX derzeit in den Kindergarten und ab Herbst 2021 in die Schule gehen würde. Seit sie in Österreich aufhältig seien, würde ihre Tochter den Kindergarten besuchen. Ihre Tochter würde sehr gutes Deutsch und auch Serbisch sprechen. Sie würde Deutsch besser verstehen und könne auch ein bisschen Englisch. Ihretwegen würde es der Beschwerdeführerin am meisten leidtun, wenn sie nicht hierbleiben könnten.
Befragt zu ihren Plänen, welche sie habe, wenn Sie in Österreich bleiben dürfte, antwortete sie: „Ich würde weiterhin in meiner Firma arbeiten, inzwischen würde ich B1 und B2 absolvieren wollen, mein Diplom nostrifizieren lassen, ich habe mich bereits erkundigt, es würden mir nur einige Prüfungen fehlen, damit mein Diplom anerkannt wird.“
Der Richter erkundigte sich: „Sie habe Höhere Schule für Elektrotechnik und ein Wirtschaftsstudium absolviert, wollen Sie wirklich weiterhin in Österreich als Putzfrau arbeiten?“ Die Beschwerdeführerin erklärte: „Diese Frage wurde mir in Österreich oft gestellt, für mich war es wichtig, dass ich arbeiten und selbsterhaltungsfähig bin, ich hatte anfangs nicht so viel Geld und konnte keine weitere Ausbildung finanzieren.“
Wenn die Beschwerdeführerin nach Bosnien-Herzegowina zurückkehren müsste, wäre es sehr schwer für sie. Sie wüsste nicht wohin und wo sie arbeiten könnte. Das Haus, in dem sie aufgewachsen sei, sei ein altes Haus, man könne dort nicht mehr wohnen.
Die Beschwerdeführerin gab an, sie würde offiziell seit Dezember 2019, nicht mehr bei der Firma XXXX arbeiten. Sie habe Wochengeld bis Juli 2020 bekommen. Danach habe sie nur Kinderbeihilfe für zwei Kinder bezogen. Sie würde von den Unterstützungen der Mutter und von den Ersparnissen leben. Ihr Sohn hätte kein Visum bekommen können, da das Verfahren der Beschwerdeführerin noch anhängig sei, deshalb habe die Beschwerdeführerin keine Krankenversicherung und beziehe kein Karenzgeld, die Krankenversicherung finanziere sie selbst. Schließlich legte der Beschwerdeführervertreter eine Bestätigung der Fa. XXXX vom 09.07.2021 vor, dass die Beschwerdeführerin seit dem 02.02.2017 als Reinigungskraft beschäftigt sei und nach Konsumation des Urlaubs ab dem 09.07.2021 wieder arbeiten wird.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat, wie folgt festgestellt und erwogen:
1. Feststellungen:
Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin führt den Namen XXXX und wurde am XXXX in Bosnien und Herzegowina geboren. Sie ist Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina, gehört der serbischen Volksgruppe an und ist serbisch-orthodoxen Glaubens.
Die Beschwerdeführerin besuchte acht Jahre Grundschule und vier Jahre die Höhere Techn. Lehranstalt Elektrotechnik und absolvierte anschließend ein Betriebswirtschaftsstudium. Sie ist bei ihren Großeltern in BIH aufgewachsen, weil ihre Eltern sich scheiden ließen und die Mutter nach Deutschland gezogen ist. Ihre Großeltern verstarben zwischenzeitlich, das Haus welches sie hinterließen, ist alt und nicht mehr bewohnbar.
Die Beschwerdeführerin war mit einem Studienkollegen , in erster Ehe verheiratet aus dieser Ehe ging ihre Tochter XXXX , geb. am XXXX hervor. Das Ehepaar lebte sich auseinander.
Sie lernte ihren zweiten Mann, den in Österreich lebenden, bulgarischen Staatsangehörigen, XXXX kennen und lieben. Sie heirateten am 26.06.2016 am Standesamt in XXXX in Bosnien. Aufgrund ihres Antrages vom 30.06.2016 bei der XXXX Landesregierung erhielt die Beschwerdeführerin Aufenthaltsberechtigungen für sich und ihre Tochter, gültig vom 04.07.2016 bis 04.07.2021. Der 2. Ehemann der Beschwerdeführerin war nicht bereit, die Tochter aus 1. Ehe zu akzeptieren und kam es deswegen zu erheblichen Konflikten. Das Ehepaar brachte einvernehmlich einen Scheidungsantrag am 10.06.2019 ein und wurde am 01.07.2019 rechtskräftig geschieden.
Die Tochter brachte ihre Mutter und ihren Vater, den 1. Ehemann der Beschwerdeführerin wieder zusammen. Aus dieser Verbindung entstand das 2. Kind, der Sohn XXXX geb. am XXXX . Doch diese Verbindung war nicht von Dauer. Der Vater der Kinder ist nach Bosnien zurückgekehrt und hält über elektronische Hilfsmittel Kontakt zu seinen Kindern.
Die Beschwerdeführerin arbeitete als Reinigungskraft bei der Firma XXXX und verdiente ungefähr 1300 € monatlich. Sie hat nach Beendigung ihrer Karenz ihre Tätigkeit wieder aufgenommen.
Die Beschwerdeführerin hat die Deutsch- und Werteprüfung auf A2 absolviert und ist nunmehr bedacht die B1 und B2 Prüfung abzulegen. Sie arbeitet daran, dass ihr Studium in Österreich anerkannt wird. Sie möchte auf eigenen Beinen stehen. Zurzeit wird sie finanziell von der Mutter unterstützt.
Der Strafregisterauszug weist keine Verurteilungen auf.
In Anbetracht des Umstandes, dass keinerlei Verfolgung oder Bedrohung im Herkunftsstaat vorgebracht wurde, war es auch nicht erforderlich, eigene Länderfeststellungen zu treffen.
Beweis wurde erhoben durch schriftliches Parteiengehör durch die belangte Behörde und Durchführung von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes am 06.07.2021, durch Einsichtnahme in den gesamten Verfahrensakt der belangten Behörde, durch Vorlage des Zeugnis zur Integrationsprüfung auf Niveau A2, der Einstellungszusage der Firma XXXX sowie eine Bestätigung des genannten Unternehmens vom 09.07.2021, des Versicherungsauszuges der Beschwerdeführerin und durch Einsichtnahme in den, die Beschwerdeführerin betreffenden Strafregisterauszug durch das Bundesverwaltungsgericht.
2. Beweiswürdigung:
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin war genügend substantiiert und in sich schlüssig. Das Bundesverwaltungsgericht wertet das Vorbringen als plausibel. Die Lebensgeschichte der Beschwerdeführerin ist kein Einzelfall und kann auch als „schweres Schicksal“ bezeichnet werden. Die Beschwerdeführerin erschien dem Bundesverwaltungsgericht persönlich glaubwürdig, sie sprach offen über das Erlebte und übermittelte den Eindruck, die ihr gestellten Herausforderungen bestens bewältigen zu wollen.
Den Namen und das Geburtsdatum der Beschwerdeführerin ist durchgehend im Akt und in allen Dokumenten, gleichbleibend enthalten. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina ist, ergibt sich aus ihrer eigenen diesbezüglichen Aussage in der Beschwerdeverhandlung, aber auch insbesondere dem vorgelegten Reisepass No. XXXX . Aus der Aussage in der Beschwerdeverhandlung ergibt sich auch, dass sie der serbischen Volksgruppe angehört und serbisch-orthodoxen Glaubens ist.
Die Beschwerdeführerin hat im gesamten Verfahren angegeben, dass sie acht Jahre Grundschule und vier Jahre die Höhere Techn. Lehranstalt Elektrotechnik besuchte und anschließend ein Betriebswirtschaftsstudium absolvierte (Niederschrift der mündlichen Verhandlung Seite 4) Somit ist es auch glaubhaft, dass sie nunmehr um Anerkennung ihres Studiums in Österreich bemüht ist (Niederschrift der mündlichen Verhandlung Seite 7).
Sie gab ebenso glaubhaft im gesamten Verfahren an, dass sie bei ihren Großeltern in BIH aufgewachsen ist, weil ihre Eltern sich scheiden ließen. Sie gab durchgehend im Verfahren an, dass ihre Mutter in Deutschland lebt und sie auch finanziell unterstützt. Sie steht in keinen Kontakt zu ihrem Vater. Sie hat auch Kontakt zu ihrer Tante und ihrer Cousine die in BIH leben. (Niederschrift der mündlichen Verhandlung Seite 4)
Sie konnte glaubhaft vorbringen, dass ihre Großeltern verstorben sind und das Haus, welches sie hinterließen, nicht mehr bewohnbar ist (Niederschrift der mündlichen Verhandlung Seite 5).
Die Beschwerdeführerin war mit einem Studienkollegen in erster Ehe verheiratet aus dieser Ehe ging ihre Tochter XXXX , geb. am XXXX hervor. Das Ehepaar lebte sich auseinander.
Sie lernte ihren zweiten Mann, den in Österreich lebenden, bulgarischen Staatsangehörigen, XXXX kennen und lieben. Sie heirateten am 26.06.2016 am Standesamt in XXXX in Bosnien. Aufgrund ihres Antrages vom 30.06.2016 bei der XXXX Landesregierung erhielt die Beschwerdeführerin Aufenthaltsberechtigungen für sich und ihre Tochter, gültig vom 04.07.2016 bis 04.07.2021. Das Ehepaar brachte einvernehmlich einen Scheidungsantrag am 10.06.2019 ein und wurde am 01.07.2019 rechtskräftig geschieden. (Niederschrift der mündlichen Verhandlung Seite 4, sowie gemeinschaftsrechtliches Niederlassungsrecht/Dokumentation der XXXX Landesregierung vom 25.05.2020)
Die Tochter brachte ihre Mutter und ihren Vater, den 1. Ehemann der Beschwerdeführerin wieder zusammen. Aus dieser Verbindung entstand das 2. Kind, der Sohn XXXX geb. am XXXX . Doch diese Verbindung war nicht von Dauer. Der Vater der Kinder ist nach Bosnien zurückgekehrt und hält über elektronische Hilfsmittel Kontakt zu seinen Kindern. (Niederschrift der mündlichen Verhandlung Seite 4 bis 5).
Die Beschwerdeführerin konnte auch die Probleme mit ihren Ehemännern individuell, konkret, lebensnah und nachvollziehbar schildern. Jedenfalls hat sich der Verdacht einer Aufenthaltsehe durch diese glaubwürdigen Aussagen nicht erhärtet.
Die Beschwerdeführerin arbeitet als Reinigungskraft bei der Firma XXXX und verdiente ungefähr 1300 € monatlich. Sie hat nach Beendigung ihrer Karenz eine Wiedereinstellungszusage. (vorliegende Gehalts- und Lohnbestätigungen, Schreiben der Firma vom 26.06.2021) und nunmehr ihre Arbeit wieder aufgenommen (Bestätigung vom 09.07.2021).
Die Beschwerdeführerin hat die Deutsch- und Werteprüfung auf A2 absolviert (vorliegendes Dokument vom 01.06.2019) und ist nunmehr bedacht die B1 und B2 Prüfung abzulegen. Sie arbeitet daran, dass ihr Studium in Österreich anerkannt wird (Niederschrift der mündlichen Verhandlung Seite 7). Zurzeit wird sie finanziell von der Mutter unterstützt (Niederschrift der mündlichen Verhandlung Seite 8).
Der Strafregisterauszug weist keine Verurteilungen auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige
Der mit Ausweisung umschriebene § 66 FPG lautet:
§ 66 (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
Der mit „Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate“ umschriebene § 55 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz lautet:
§ 55 (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.
(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.
(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.
(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ quotenfrei zu erteilen.
(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.
Der mit „Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub“ umschriebene § 70 FPG lautet:
§ 70 (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ überschriebene § 9 BFA-VG lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist. Die Beschwerdeführerin ist aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit zu Bosnien und Herzegowina sohin Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechtes ist gemäß Abs. 2 leg. cit. nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar2 [1996] Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Der Begriff des Privatlebens iSd Art. 8 EMRK ist weit zu verstehen und umfasst das persönliche und berufliche Umfeld eines Menschen, in dem er mit anderen interagiert. Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR ist die Gesamtheit der sozialen Beziehungen zwischen einem ansässigen Migranten und der Gemeinschaft, in der er lebt, integraler Bestandteil des Begriffs des Privatlebens (EGMR 13.10.2011, 41548/06, Trabelsi/DE; EGMR [GK] 23.06.2008, 1638/03, Maslov/AT). Dazu zählen auch berufliche und geschäftliche Beziehungen. Wie stark das Privatleben ausgeprägt ist, hängt in erster Linie von der Dauer des Aufenthalts ab. Für die Annahme eines in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fallenden Privatlebens ist keine konkrete Mindestaufenthaltsdauer erforderlich. Die bereits in Österreich verbrachte Zeit und die dabei erfolgte Integration ist erst bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachten (vgl. Peyerl/Czech in Abermann et al. NAG § 11 Rz 38).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechtes ist gemäß Abs. 2 leg. cit. nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar2 [1996] Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Der Begriff des Privatlebens iSd Art. 8 EMRK ist weit zu verstehen und umfasst das persönliche und berufliche Umfeld eines Menschen, in dem er mit anderen interagiert. Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR ist die Gesamtheit der sozialen Beziehungen zwischen einem ansässigen Migranten und der Gemeinschaft, in der er lebt, integraler Bestandteil des Begriffs des Privatlebens (EGMR 13.10.2011, 41548/06, Trabelsi/DE; EGMR [GK] 23.06.2008, 1638/03, Maslov/AT). Dazu zählen auch berufliche und geschäftliche Beziehungen. Wie stark das Privatleben ausgeprägt ist, hängt in erster Linie von der Dauer des Aufenthalts ab. Für die Annahme eines in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fallenden Privatlebens ist keine konkrete Mindestaufenthaltsdauer erforderlich. Die bereits in Österreich verbrachte Zeit und die dabei erfolgte Integration ist erst bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachten (vgl. Peyerl/Czech in Abermann et al. NAG § 11 Rz 38).
Die Beziehung der Beschwerdeführer zueinander fällt als schützenswertes Familienleben in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK. Die gegenständliche Entscheidung betrifft allerdings die die Beschwerdeführerin und ihre mj. Tochter gemeinsam, die als Kernfamilie somit im selben Umfang von der aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind. Durch die gemeinsame Ausweisung bzw. Rückkehrentscheidung betreffend eine Familie wird nicht in das Familienleben der Fremden eingegriffen, weil alle Familienmitglieder von derselben aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind (VwGH 18.3.2010, 2010/22/0013; 19.09.2012, 2012/22/0143; 19.12.2012, 2012/22/0221; vgl. EGMR 09.10.2003, Slivenko v. Lettland, Appl. 48321/99); dies gilt auch für den Fall, dass sich ein oder mehrere Familienmitglieder durch Untertauchen der Effektuierung der Rückkehrentscheidung entziehen.
Da die Beschwerdeführerinnen ansonsten keine schützenswerten familiären Verbindungen im Bundesgebiet haben, stellen die ihnen gegenüber ergehenden Rückkehrentscheidungen demnach keinen Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Familienlebens dar.
Die sie betreffenden aufenthaltsbeendenden Maßnahmen könnten daher allenfalls lediglich in das Privatleben der Beschwerdeführer eingreifen.
Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua. v. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren […] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch könne in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, – je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse – variieren (vgl. z.B. EGMR 05.09.2000, Solomon v. Niederlande, Appl. 44328/98; EGMR 09.10.2003, Slivenko v. Lettland, Appl. 48321/99; EGMR 22.04.2004, Radovanovic v. Österreich, Appl. 42703/98; EGMR 31.01.2006, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande, Appl. 50435/99; EGMR 31.07.2008, Darren Omoregie ua v. Norwegen, Appl. 265/07).Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin einen EU-Staatangehörigen von Bulgarien, welcher in Österreich lebte, in ihrem Heimatstaat Bosnien und Herzegowina kennen und lieben gelernt. Die Beschwerdeführerin war bereits einmal verheiratet und brachte eine Tochter in die am XXXX in XXXX in Bosnien und Herzegowina geschlossene Ehe mit. Sie beantragte für ihre mj. Tochter und sich, bei der XXXX Landesregierung, XXXX ein unionrechtliches Aufenthaltsrecht, welches mit Aufenthaltskarten mit Gültigkeit vom 04.07.2016 bis 04.07.2021 gewährt wurde.
Mit der Zeit wurde für den 2. Mann der Beschwerdeführerin ihre kleine Tochter zum Problem. Das Ehepaar konnte keine gemeinsamen Kinder bekommen. Sie wohnten gemeinsam mit der mj. Tochter der Beschwerdeführerin in einer kleinen Wohnung. Der 2. Ehemann der Beschwerdeführer mochte das kleine Mädchen nicht, was vorher nicht abzusehen gewesen war und verhielt sich ungebührlich ihr gegenüber. Er hat die gemeinsame Wohnung verlassen und die Beschwerdeführerin reichte die Scheidung ein.
Sie konnte bei einem Freund mit ihrer kleinen Tochter unterschlüpfen, da das Haus, in welchem sie gelebt hat, abgerissen wurde. Nach der Scheidung hat ihr 1. Mann, welcher in Bosnien aufhältig war, wieder Kontakt aufgenommen und die Tochter brachte ihre Eltern wieder zusammen. Nach einiger Zeit stellte die Beschwerdeführerin fest, dass das Verhältnis zu ihrem 1. Ehemann abflachte.
Mit ihrer Ankunft in Österreich, war die Beschwerdeführerin bemüht sich sofort zu integrieren. Sie hat die ÖSD A2 Prüfung abgelegt und ist bestrebt weiter die deutsche Sprache zu lernen. Sie nahm bei der Firma XXXX einen Job als Reinigungskraft an, obwohl sie einen akademischen Abschluss als Betriebswirtin vorweisen konnte. Aufgrund ihrer zweiten Schwangerschaft wurde sie vorzeitig von der Arbeit freigestellt, da sie schwer zu heben hatte und mit Chemikalien hantieren musste. Die Beschwerdeführerin hatte 12.000 € angespart, erhielt Unterstützung von ihrer in Deutschland lebenden Mutter und bezahlte ihre Krankenversicherung selbst. Sie hat nach Beendigung der Karenz eine Wiedereinstellungszusage der Firma XXXX und zwischenzeitig ihre Tätigkeit wieder aufgenommen. Sie ist nunmehr auch bemüht um Anerkennung ihres in Bosnien und Herzegowina abgeschlossenen betriebswirtschaftlichen Studiums in Österreich. Die Beschwerdeführer hat und wird etwa 1.300 € monatlich verdienen.
Ihre Tochter wurde in Österreich sozialisiert, sie spricht perfekt Deutsch und wird im September eingeschult. Sie hat sich so wie ihre Mutter einen Freundeskreis in Österreich aufgebaut.
Die Beschwerdeführerin führt ein Privatleben in Österreich und intensives Familienleben mit ihren Kindern, es besteht auch ein enges Verhältnis zu ihrer in Deutschland lebenden Mutter. Ihr familiärer Bezugspunkt, ihre Großeltern in BIH sind schon verstorben und das ihr vermachte Haus ist nicht bewohnbar, schon gar nicht mit zwei kleinen Kindern.
Es ist schließlich auch das Augenmerk darauf zu richten, dass die Beschwerdeführerin und ihre mj. Kinder sich ein Leben in XXXX aufgebaut haben. Sie hat sich in Österreich einen Freundeskreis geschaffen und ist hier verwurzelt.
Die Ausweisung der Beschwerdeführerin und ihrer mj. Kinder, insbesondere der schulpflichtigen Tochter der Beschwerdeführerin, würde eine Verletzung des Art. 8 EMRK darstellen und es war daher der bekämpfte Bescheid zur Gänze zu beheben.
Außerdem kann in Anbetracht der baldigen Arbeitsaufnahme der Beschwerdeführerin argumentiert werden, dass Sie zur Arbeitssuche mit begründeter Aussicht auf Arbeitsaufnahme nach Österreich eingereist ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Vielmehr stützt sich die gegenständliche Entscheidung auf die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichthofes (basierend auf der Judikatur des EGMR).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Aufenthaltsrecht Ausweisung Ausweisung aufgehoben Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Familienleben Interessenabwägung Privatleben Scheidung UnionsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W159.2237100.1.00Im RIS seit
13.10.2021Zuletzt aktualisiert am
13.10.2021