Entscheidungsdatum
13.08.2021Norm
AVG §56Spruch
W221 2244945-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela URBAN als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX gegen das als Bescheid bezeichnete Schreiben des Präsidenten des Landesgerichts Krems an der Donau vom 23.06.2021, Zl. Jv1885/20p-31,Jv1577/21w-99, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin beantragte am 21.05.2021 Akteneinsicht in eine angeführte Liste von Justizverwaltungsakten.
Mit als „Mitteilung“ bezeichnetem Schreiben vom 23.06.2021 informierte der Präsidenten des Landesgerichts Krems an der Donau die Beschwerdeführerin, dass mangels gesetzlicher Grundlage und mangels Parteistellung keine Akteneinsicht bestehe.
Gegen dieses Schreiben erhob die Beschwerdeführerin am 16.07.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der sie im Wesentlichen ausführt, dass das Schreiben als Bescheid zu qualifizieren sei, weil sämtliche Merkmale erfüllt seien.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt am 02.08.2021 dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die mündliche Verhandlung entfallen, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist.
Zu A)
Nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gegenstand dieser Bescheidbeschwerdeverfahren kann nur ein Bescheid sein (vgl. VwGH 01.09.2015, Ra 2015/03/0060). Bescheide nach § 56 AVG sind individuelle, hoheitliche Erledigungen der Verwaltungsbehörde, durch die in bestimmten Verwaltungssachen in einer förmlichen Weise über Rechtsverhältnisse materiell-rechtlicher oder formell-rechtlicher Art abgesprochen wird, sei es, dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden. Die näheren Vorschriften, welche Bestandteile ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufzuweisen hat, finden sich in §§ 58 ff AVG; darunter ist insbesondere auch das Erfordernis genannt, dass jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen ist und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung ist das Fehlen der Bezeichnung als Bescheid für die Qualifikation einer Erledigung als Bescheid dann unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat (für die Wertung als Bescheid ist ein strenger Maßstab anzulegen). In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung (also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung) Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist somit die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Für die Beurteilung als Bescheid sind die objektiven Merkmale eines Schriftstückes maßgebend und nicht die subjektive Absicht der Behörde, von der das Schriftstück ausgegangen ist. Sofern es daher an der für einen Bescheid vorgeschriebenen Form mangelt, muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den (objektiv erkennbaren) Willen hatte, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Erledigung einer Verwaltungsangelegenheit vorzunehmen (vgl. auch VwGH 22.09.2020, Ra 2019/12/0033).
Im gegenständlichen Fall ist also zu klären, ob das Schreiben vom 23.06.2021 Bescheidqualität besitzt.
Vorweg ist festzuhalten, dass die belangte Behörde grundsätzlich über den Antrag der Beschwerdeführerin mit Bescheid abzusprechen hätte, da es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Beamtin handelt und sie ein Recht auf Akteneinsicht geltend macht. Dies könnte die Beschwerdeführerin nach Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist der Behörde auch mit Säumnisbeschwerde geltend machen. Das gilt auch, wenn die Behörde die Ansicht vertritt, dass der Antrag unzulässig ist, da grundsätzlich unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Anspruch eines Antragstellers auf Zurückweisung seines Antrages besteht. Auch dieser Anspruch ist mit Säumnisbeschwerde verfolgbar. Eine Verwaltungsbehörde verletzt ihre Entscheidungspflicht daher nicht nur dann, wenn sie nicht rechtzeitig eine Sachentscheidung trifft, sondern auch dann, wenn sie eine gebotene Zurückweisung eines Antrages [im Fall vor dem VwGH: eines Rechtsmittels] verabsäumt (vgl. dazu VwGH 27.06.2017, Ra 2016/12/0092 mwH und zur Frage der Akteneinsicht insbesondere VwGH 04.12.2019, Ra 2019/12/0065 mwH).
Das vorliegende Schreiben ist jedoch nicht als Bescheid bezeichnet, sondern als Mitteilung, mit der etwas „bekannt gegeben“ wird. Wie bereits anhand der Rechtsprechung dargelegt, ist das Fehlen der Bezeichnung als Bescheid für die Qualifikation einer Erledigung als Bescheid dann unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält. Im vorliegenden Fall enthält das Schreiben keinen Spruch im Sinne einer Formulierung eines normativen Abspruchs, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Behörde den objektiv erkennbaren Willen hatte, in einer Verwaltungssache hoheitlich abzusprechen, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes zu entscheiden. Das Schreiben enthält auch entgegen § 58 Abs. 1 AVG keine Rechtmittelbelehrung, sondern endet mit einer Höflichkeitsfloskel („mit freundlichen Grüßen“).
Es ist daher insgesamt nicht erkennbar, dass die Behörde den Willen hatte, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Erledigung einer Verwaltungsangelegenheit vorzunehmen.
Dem Schreiben der belangten Behörde vom 23.06.2021 kommt somit kein Bescheidcharakter zu. Die Beschwerde ist aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgrund der unter A) zitierten Judikate auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Akteneinsicht Bescheidqualität Nichtbescheid ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W221.2244945.1.00Im RIS seit
13.10.2021Zuletzt aktualisiert am
13.10.2021