Entscheidungsdatum
23.08.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W287 2245508-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Julia KUSZNIER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Gregor Klammer, gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 04.08.2021 zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € EUR 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge auch als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste unrechtmäßig nach Österreich ein und wurde am 15.06.2021 im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle in Suben angehalten. Die erkennungsdienstliche Behandlung ergab einen EURODAC-Treffer über eine Asylantragstellung in Bulgarien am 29.01.2021. Ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme wurde am 15.06.2021 eingeleitet.
Der BF gab im Rahmen der niederschriftlichen Basisbefragung vom 15.06.2021 an, er sei zu einem unbekannten Zeitpunkt illegal und mittels LKW in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Er sei nicht im Besitz eines Reisepasses sowie nicht im Besitz eines notwendigen Visums oder Aufenthaltstitels. Der BF gab ferner an, dass er nach Frankreich reisen wolle. Er leide an keiner schwerwiegenden Krankheit, verfüge über keinen Wohnsitz in Österreich oder einem anderen Mitgliedstaat. Er habe keine Familienangehörigen in Österreich oder einem anderen Mitgliedstaat. Er wolle in Österreich keinen Asylantrag stellen. Er verfüge über keine Barmittel. Er habe in Bulgarien um Asyl angesucht und kenne allerdings den Verfahrensstand nicht. Er besitze im österreichischen Bundesgebiet oder einem anderen Mitgliedstaat keinen Aufenthaltstitel. Bei einer möglichen Entlassung aus der Anhaltung würde er weiter nach Frankreich fahren.
Aufgrund des Dublin-Sachverhalts wurde der BF aus der Anhaltung entlassen, da zu diesem Zeitpunkt eine Dublin-Rückführung nach Bulgarien nicht durchführbar war.
Der Beschwerdeführer wurde am 18.06.2021 aufgrund einer Einreiseverweigerung seitens der deutschen Behörden von der PI Fremdenpolizei rückübernommen und gem. § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG festgenommen. Anschließend wurde er in ein österreichisches Polizeianhaltezentrum verbracht.
2. Am 18.06.2021 wurde gegen den BF die Dublin–Schubhaft gem. Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG erlassen. Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 6 a), b) und c) und 9 FPG Fluchtgefahr vorliege.
Mit Schreiben vom 25.06.2021 erklärte Bulgarien sich damit einverstanden, den BF gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d. Dublin III-VO rückzuübernehmen.
Mit dem Bescheid vom 25.06.2021 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gem. § 61 Abs. 1 Z 2 FPG gegen diesen die Anordnung der Außerlandesbringung angeordnet. Demzufolge sei gem. § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Bulgarien zulässig.
Der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 25.06.2021 wurde mit Beschluss des BVwG vom 15.07.2021 zu XXXX gemäß § 21 Absatz 3, 2. Satz BFA-VG stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz zugelassen und der Bescheid vom 25.06.2012 behoben. Begründet wurde die Behebung damit, dass das BFA weder ein aktenkundiges und überprüfbares Beweisverfahren geführt habe, noch zu irgendeinem Zeitpunkt des Verfahrens Parteiengehör gewährt oder den BF über die Verfahrensschritte ausreichend in Kenntnis gesetzt habe.
Am 05.07.2021 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 12.07.2021 wurde der Antrag auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zuständig sei. Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die mit Erkenntnis vom 27.07.2021 zu XXXX abgewiesen wurde.
3. Am 17.08.2021 erhob der BF durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde gegen die Anhaltung des BF in Schubhaft ab dem 04.08.2021. Begründend brachte der BF ausschließlich vor, dass seit 03.08.2021 (Absage der Charter-Abschiebung nach Afghanistan) klar sei, dass derzeit eine Abschiebung nach Afghanistan nicht möglich sei.
Der BF beantragte, die Anhaltung in Schubhaft ab 04.08.2021 als rechtswidrig zu erkennen, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen und dem BF Aufwandersatz im gesetzlichen Umfang zuzusprechen.
4. Das Bundesamt legte am 18.08.2021 den Verwaltungsakt vor, gab dazu eine Stellungnahme ab, in der im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass sich die Beschwerde ausschließlich auf eine Abschiebung nach Afghanistan beziehe, der BF aber nach Bulgarien überstellt werden solle, und beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und den BF zum Kostenersatz zu verpflichten. Ferner teilte das Bundesamt mit, dass der BF bereits zwei Überstellungstermine vereitelt habe und dass für 26.08.2021 eine begleitete Abschiebung nach Bulgarien geplant sei.
5. Die Stellungnahme des Bundesamtes wurde dem BF am 19.08.2021 zum Parteiengehör übermittelt. Eine entsprechende Stellungnahme des BF langte nicht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Zur Person des BF
Der BF ist ein volljähriger Staatsangehöriger Afghanistans, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
Der BF verfügt in Österreich weder über einen gesicherten Wohnsitz noch über soziale oder familiäre Beziehungen. Der BF geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat in Österreich kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen.
2. Zum Verfahrensgang sowie zu den Voraussetzungen der Schubhaft
Der unter I.1. bis I.5. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
Der BF ist nicht ausreisewillig und wirkt am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung nicht mit. Der Beschwerdeführer ist nicht bereit, freiwillig nach Bulgarien zurückzukehren. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich der Überstellung nach Bulgarien zu entziehen.
Der erste Termin für eine Überstellung nach Bulgarien am 26.07.2021 musste aufgrund der Asylantragsstellung des BF am 05.07.2021 storniert werden. Ein weiterer geplanter Termin am 11.08.2021 scheiterte aufgrund der mangelnden Mitwirkung bzw der Vereitelung des BF. Aktuell ist eine begleitete Abschiebung des BF nach Bulgarien für den 26.08.2021 geplant.
Der BF ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und die Vereitelung von zwei Abschiebeterminen vertrauensunwürdig und nicht kooperativ. Der BF wird im Falle der Entlassung aus der Schubhaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Ausland (Frankreich) untertauchen.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Akt des Bundesamtes und in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen XXXX und XXXX sowie durch Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungsinformationssystem sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Ferner wurde dem BF Gelegenheit zur Stellungnahme im Rahmen eines Parteiengehörs geboten. Eine Stellungnahme langte jedoch nicht ein. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.1 Zur Person des Beschwerdeführers
Die Feststellungen zu der in Österreich geführten Identität des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, dem Zentralen Fremdenregister und der Anhaltedatei des Bundesministeriums. Anhaltspunkte dafür, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des Bundesamtes noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes. Es sind auch keine Ermittlungsergebnisse hervorgekommen, dass der BF nicht volljährig wäre.
Die Feststellungen zur gänzlich fehlenden sozialen und beruflichen Integration und dem fehlenden Wohnsitz ergeben sich aus seiner Einvernahme vor der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 15.06.2021. Die Feststellungen zu seinen finanziellen Verhältnissen ergeben sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums. Die Tatsache, dass der BF im Bundesgebiet nie berufstätig war, ergibt sich aus einem Versicherungsdatenauszug.
Das der BF einen Treffer in der EURODAC Datenbank hinsichtlich seines in Bulgarien laufenden Verfahrens über seinen dortigen Antrag auf internationalen Schutz ergibt sich aus dem EURODAC Auszug im Verwaltungsakt und den Erkenntnissen des BVwG zur GZ. XXXX und XXXX .
2.2 Zum Verfahrensgang und zu den Voraussetzungen der Schubhaft
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem vorgelegten Akt des Bundesamtes und den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen XXXX und XXXX . Die Stornierung zweier geplanter Überstellungstermine nach Bulgarien ergibt sich nachvollziehbar aus der Anhaltedatei des BMI und der Stellungnahme des Bundesamtes, der der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist.
Dass der BF nicht rückkehrwillig ist, ergibt sich aus seinem gesamten Verhalten im bisherigen Verfahren. So hat er bereits vor der Landespolizeidirektion Oberösterreich am 15.06.2021 angegeben, dass er nicht nach Bulgarien zurück will, sondern nach Frankreich weiterreisen wollte.
Dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten, ergibt sich aus dem festgestellten bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, vor allem aus der versuchten Ausreise aus Österreich nach Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Vereitelung der bisherigen Abschiebungstermine nach Bulgarien.
Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten werde.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Rechtsgrundlagen
3.1.1. §§ 76, 77 und 80 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) und Art 1, 2 und 28 Dublin III VO lauten auszugsweise:
Schubhaft (FPG)
„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
Gelinderes Mittel (FPG)
§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Dauer der Schubhaft (FPG)
§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich,
1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil,
1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)
§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn:
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;
(…)
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde
Gegenstand (Dublin III VO - Verordnung EU Nr. 604/2013)
Art 1. Diese Verordnung legt die Kriterien und Verfahren fest, die bei der Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, zur Anwendung gelangt.
Haft (Dublin III VO - Verordnung EU Nr. 604/2013)
Art 28. (1) Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt.
(2) Zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Fall dass die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.
(3) Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird.
(…) Befindet sich eine Person nach diesem Artikel in Haft, so erfolgt die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald dies praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Artikel 27 Abs 3 keine aufschiebende Wirkung mehr hat.
Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinn des Unterabsatzes 3 statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten. (…)
Definitionen (Dublin III VO - Verordnung EU Nr. 604/2013)
Art 2 Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
(…)
lit n) „Fluchtgefahr“ das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.
3.1.2. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).
Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Die innerstaatliche Regelung der Schubhaftgründe ist vor dem Hintergrund unionsrechtlichen Sekundärrechts zu lesen, das die maßgeblichen Voraussetzungen für die Haft - jedenfalls gegen nichtbegünstigte Drittstaatsangehörige - vorgibt. Neben der „Dublin-Verordnung", die unmittelbar anzuwenden ist, sind das einerseits die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungs-RL), insbesondere deren Art. 15, und andererseits die Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung) (Aufnahme-RL), insbesondere deren Art. 8.
Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 2 Dublin III-VO verkürzt für Personen, die nach Art. 28 Dublin III-VO in Haft genommen worden sind, die in Art. 21, 23 und 24 Dublin III-VO vorgesehenen Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuches auf einen Monat ab Stellung des Antrages auf internationalen Schutz und die in Art. 22 bzw. Art. 25 Dublin III-VO normierte Frist für die Antwort auf dieses Gesuch bzw. für den Eintritt der Zustimmungsfiktion durch Verschweigung auf zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs. Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 3 Dublin III-VO verkürzt in diesen Fällen die in Art. 29 Dublin III-VO vorgesehene Frist für die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auf sechs Wochen. An diese verkürzten Fristen nach Art. 28 Abs. 3 Dublin III-VO knüpft Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 4 Dublin III-VO an, indem er anordnet, dass die Haft bei Überschreiten der Fristen nicht aufrechterhalten werden darf (VwGH 26.4.2018, Ro 2017/21/0010).
Vor dem Hintergrund der Vorgaben des Art. 2 lit. n Dublin III-VO vermögen ausschließlich die Tatbestände des § 76 Abs. 3 FPG "Fluchtgefahr" an sich zu konstituieren. Der demonstrative Charakter des § 76 Abs. 3 FPG kommt demgegenüber lediglich insofern zum Tragen, als neben den dort genannten Tatbeständen andere Aspekte nur im Rahmen der abschließend vorzunehmenden konkreten Bewertung aller im Einzelfall maßgeblichen Gesichtspunkte miteinbezogen werden können (VwGH vom 26.04.2018, Ro 2017/21/0010).
3.2. Zum konkret vorliegenden Fall
Einleitend ist festzuhalten, dass sich die konkrete Beschwerde ausschließlich gegen eine Abschiebung nach Afghanistan richtet. Der Beschwerdeführer wendete sich nicht gegen eine Überstellung nach Bulgarien. Auch nach Übermittlung der Stellungnahme des Bundesamtes im Rahmen eines Parteiengehörs erstattete der Beschwerdeführer kein diesbezügliches Vorbringen und trat der Stellungnahme des Bundesamtes nicht entgegen.
Der Beschwerdeführer ist kein österreichischer Staatsbürger und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von erheblicher Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Form der durchführbaren Anordnung zur Außerlandesbringung vor.
Zum Sicherungsbedarf
Die Anordnung der Schubhaft erfordert zu allererst das Vorliegen eines bestimmten Sicherungsbedarfs iSd § 76 Abs. 2 FPG. Im gegenständlichen Fall hat das Bundesamt die Schubhaft auf § 76 Abs. 2 Z 3 FPG gestützt. Gemäß § 76 Abs. 2 Z 3 FPG kann die Schubhaft zur Sicherung des Rücküberstellung nach Art 28 Dublin-III VO verhängt werden, wobei sich der Sicherungsbedarf und Fluchtgefahr nach Art. 2 lit. n) iVm § 76 Abs. 3 FPG richten.
Im gegenständlichen Fall ist klar, dass der BF unter die Bestimmungen der Dublin-III VO fällt, da er in Bulgarien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Unmittelbar nach der Inhaftnahme hat das Bundesamt ein Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 24 leg. cit. an Bulgarien gerichtet, das am 25.06.2021 von Bulgarien mit der Zusage der Wiederaufnahme des BF beantwortet wurde. Der BF hat am 05.07.2021 aus dem Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Es ist daher grundsätzlich der Sicherungszweck des § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm Art. 28 Dublin-III VO gegeben.
Zur erheblichen Fluchtgefahr:
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass das Bundesamt zu Recht von erheblicher Fluchtgefahr ausgegangen ist:
Die belangte Behörde stützte sich auf die Erfüllung der Tatbestände der Z. 1, Z. 3, Z. 6 a), b), c) und Z.9 des § 76 Abs. 3 FPG.
Der Beschwerdeführer verhält sich während seiner Anhaltung in Schubhaft nicht kooperativ. Er hat bereits Überstellungstermine vereitelt und versucht, vor Inschubhaftnahme aus Österreich auszureisen. Der Tatbestand der Z. 1 ist daher jedenfalls erfüllt.
Auch der Tatbestand der Z. 3 ist erfüllt, zumal eine rechtskräftige Anordnung zur Außerlandesbringung besteht, der Beschwerdeführer zuvor versucht hat, sich dem Verfahren durch Ausreise zu entziehen und sich dem in Bulgarien anhängigen Asylverfahren entzogen hat.
Auch Z. 6 a), b) und c) ist erfüllt, weil Bulgarien nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, der Beschwerdeführer darüber hinaus auch in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, er versucht hat, nach Deutschland weiterzureisen und im Rahmen der Einvernahme angab, nach Frankreich reisen zu wollen.
Das Bundesamt hat sich ferner auch zu Recht auf Z. 9 gestützt. Der BF hat im Bundesgebiet keine familiären Anknüpfungspunkte, er geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und besitzt keine maßgeblichen Vermögenswerte oder Geldmittel. Er hat ferner keinen festen Wohnsitz im Bundesgebiet und befand sich auf der Durchreise durch Österreich.
Zur höchstzulässigen Haftdauer
Der EuGH hält zur Auslegung der Haftfristen des Art. 28 Abs. 3 Dublin-III VO in seinem Urteil vom 13. September 2017, Rs. C?60/16 auszugsweise fest:
„1. Art. 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, ist im Licht von Art. 6 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen,
? dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die vorsieht, dass in einer Situation, in der die Inhaftnahme einer um internationalen Schutz nachsuchenden Person erfolgt, nachdem der ersuchte Mitgliedstaat dem Aufnahmegesuch stattgegeben hat, die Haft für höchstens zwei Monate aufrechterhalten werden darf, nicht entgegensteht, soweit zum einen die Haftdauer den für die Zwecke des Überstellungsverfahrens erforderlichen Zeitraum, der unter Berücksichtigung der konkreten Anforderungen dieses Verfahrens in jedem Einzelfall zu beurteilen ist, nicht übersteigt und zum anderen diese Haftdauer gegebenenfalls nicht länger ist als sechs Wochen von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung keine aufschiebende Wirkung mehr hat, und
? dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die es in einer solchen Situation erlaubt, die Haft während drei bzw. zwölf Monaten aufrechtzuerhalten, in denen die Überstellung effektiv vorgenommen werden konnte, entgegensteht.
2. Art. 28 Abs. 3 der Verordnung Nr. 604/2013 ist dahin auszulegen, dass auf die mit dieser Bestimmung eingeführte Frist von sechs Wochen von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung keine aufschiebende Wirkung mehr hat, die Tage, während deren die betreffende Person bereits in Haft war, nachdem ein Mitgliedstaat dem Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch stattgegeben hat, nicht anzurechnen sind.
3. Art. 28 Abs. 3 der Verordnung Nr. 604/2013 ist dahin auszulegen, dass die mit dieser Bestimmung eingeführte Frist von sechs Wochen von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung keine aufschiebende Wirkung mehr hat, auch dann gilt, wenn die Aussetzung der Durchführung der Überstellungsentscheidung nicht ausdrücklich von der betreffenden Person beantragt worden ist.“
Wie aus dem Spruch des Judikats des EuGH hervorgeht, entspringen Art. 28 Abs. 3 Dublin-III VO grundsätzlich zwei max. sechswöchige Haftfristen, wobei die zweite (und somit letzte) maximal sechswöchige Frist spätestens ab jenem Zeitpunkt zu berechnen ist, ab dem ein gegen die Überstellungsentscheidung erhobener Rechtsbehelf oder die Überprüfung der Überstellungsentscheidung auch ohne Erhebung eines Rechtsbehelfes keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Diese (zweite und letzte) sechswöchige Haftfrist gilt, wie EuGH in Spruchpunkt 3. festhält, auch für den Fall als Maximalfrist, wenn der zu überstellende Fremde kein Rechtsmittel gegen die Überstellungsentscheidung erhebt.
Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies folgendes:
Gemäß § 16 Abs. 2 Z 1 u 3 BFA-VG kommt einer Beschwerde gegen einen Bescheid, mit dem ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist bzw. eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wird, ex-lege keine aufschiebende Wirkung zu. Kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen oder abgewiesen wurde oder mit der eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wurde, die aufschiebende Wirkung nicht zu, ist diese durchsetzbar. Mit der Durchführung der mit einer solchen Entscheidung verbundenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der die bereits bestehende Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung ist bis zum Ende der Rechtsmittelfrist, wird ein Rechtsmittel ergriffen, bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Einlangen der Beschwerdevorlage, zuzuwarten (§ 16 Abs. 4 leg. cit).
Im gegenständlichen Fall wurde gegen den die zurückweisende Entscheidung des Bundesamtes samt Anordnung zur Außerlandesbringung am 20.07.2021 Beschwerde erhoben. Der Verwaltungsakt langte am 22.07.2021 vollständig beim BVwG ein. Die siebentägige Wartefrist iSd letztgenannten Bestimmung bis zur Durchführbarkeit der Überstellung nach Bulgarien endete daher mit Ablauf des 29.07.2021. Das Bundesverwaltungsgericht entschied mit Erkenntnis vom 27.07.2021 über die Beschwerde des BF. Die zweite sechswöchige Haftfrist ist daher jedenfalls aktuell noch nicht abgelaufen. Auch der nunmehr in Aussicht genommene Überstellungstermin (26.08.2021) liegt innerhalb dieser Frist.
Zur Verhältnismäßigkeit:
Die angeordnete Schubhaft ist auch verhältnismäßig. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder sozial noch familiär verankert. Er hat keine Verwandten oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich, sondern war auf der Durchreise nach Frankreich. Er ist beruflich nicht verwurzelt und hat auch keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Er hat versucht, sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme durch Ausreise zu entziehen und zwei Überstellungstermine nach Bulgarien vereitelt. Ferner hat er sich zuvor bereits seinem Asylverfahren in Bulgarien durch Weiterreise bislang entzogen. Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung.
Gelinderes Mittel:
Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht. Der BF wird eine Entlassung aus der Schubhaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Weiterreise nach Frankreich oder einen anderen Mitgliedstaat nutzen. Auch verfügt der BF nicht über essentielle Barmittel oder Wertgegenstände, die er als Sicherheit hinterlegen könnte.
Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. Die Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 04.08.2021 war daher einerseits bereits deshalb abzuweisen, weil sich die Beschwerde lediglich auf eine Abschiebung nach Afghanistan bezog und außer Acht ließ, dass der Beschwerdeführer nach Bulgarien überstellt werden soll, andererseits auch deshalb, weil die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft nach Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) vorlagen.
3.3. Zu Spruchteil A. – Fortsetzungsausspruch
Der BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft oben besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 6 a), b) und c) und 9 FPG iVm Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) auch weiterhin erhebliche Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf vorliegen.
Wie oben ausgeführt, ist die Schubhaft auch verhältnismäßig. Das Bundesamt hat auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hingewirkt. Die bisherigen Verzögerungen der Abschiebung beruhten allein auf Umständen, die dem BF zuzurechnen sind (Stellung eines Asylantrages in Österreich am 05.07.2021, sodass die geplante Rückführung nach Bulgarien am 26.07.2021 storniert werden musste, Vereitelung einer Abschiebung am 11.08.2021). Eine Abschiebung innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer ist wahrscheinlich und nunmehr für den 26.08.2021 geplant.
Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt die geforderte „Ultima-ratio-Situation“ für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft auch weiterhin vor und erweist sich diese auch als verhältnismäßig.
Es war daher festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
3.4. Zu Spruchteil A. – Kostenentscheidung
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Im gegenständlichen Verfahren wurde sowohl gegen den im Spruch genannten Schubhaftbescheid als auch gegen die Anhaltung in Schubhaft Beschwerde erhoben. Sowohl der BF als auch das Bundesamt haben einen Antrag auf Kostenersatz im Sinne des § 35 VwGVG gestellt. Da die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde und festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft auch vorliegen, ist die belangte Behörde die obsiegende Partei. Ihr gebührt daher gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 3 VwGVG Kostenersatz in der Höhe von EUR 57,40 für den Vorlageaufwand (§ 1 Z. 3 VwG-AufwErsV) und Kostenersatz in der Höhe von EUR 368,80 für den Schriftsatzaufwand (§ 1 Z. 4 VwG-AufwErsV), sohin insgesamt EUR 426,20.
Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegene Partei gemäß § 35 Abs 1 VwGVG kein Kostenersatz.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Einleitend ist festzuhalten, dass weder vom Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung beantragt wurde.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 Abs. 4 VwGVG.
Der Sachverhalt wurde durch die belangte Behörde vollständig erhoben und ergibt sich im Übrigen widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Der Sachverhalt weist auch die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht in den tragenden Gründen ebenfalls angeschlossen. In der Beschwerde wurde ausschließlich vorgebracht, dass eine Abschiebung nach Afghanistan aktuell unzulässig und unmöglich sei. Die Stellungnahme des Bundesamtes vom 18.08.2021, in der das Bundesamt ausführte, dass eine Rückführung nach Bulgarien, nicht aber eine Abschiebung nach Afghanistan gegenständlich sei, wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen eines Parteiengehörs zugestellt. Der Beschwerdeführer brachte dazu keine Stellungnahme ein.
„Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung des Weiteren bereits festgehalten, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG (selbst bei anwaltlich Vertretenen) auch ohne Antrag von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen hat, wenn es dies für erforderlich hält, wobei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ohne Parteiantrag nicht im Belieben, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Verwaltungsgerichtes steht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 9. September 2014, Ro 2014/09/0049, vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/19/0085, und vom 22. Jänner 2015, Ra 2014/21/0019). Dies ist nach der Rechtsprechung nur dann anzunehmen, wenn die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde substantiiert bekämpft und/oder ein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet wird (vgl. nochmals das erwähnte Erkenntnis vom 27. Jänner 2015, mwN).“ (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/19/0171).
Es konnte somit aufgrund der Aktenlage entschieden werden, ohne dass der BF in seinen Rechten nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC verletzt ist.
Zu Spruchteil B) – (Un)Zulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Unzuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebung Außerlandesbringung Dublin III-VO Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel illegale Einreise Kostenersatz Mittellosigkeit öffentliche Interessen Schubhaft Sicherungsbedarf Überstellung Ultima Ratio Untertauchen Vereitelung VerhältnismäßigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W287.2245508.1.00Im RIS seit
13.10.2021Zuletzt aktualisiert am
13.10.2021