TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/7 W282 2245556-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.09.2021
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Entscheidungsdatum

07.09.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs2

Spruch


W282 2245556-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Italien, vertreten durch den Verein HELPING HANDS bzw. DI Peter MARHOLD, MBA, gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2021, Zl. XXXX und hinsichtlich der Anhaltung in Schubhaft bis 04.08.2021 zu Recht:

A)       

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG als unbegründet abgewiesen.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 1 Z 3 u. 4 VwG-AufwErsV hat der Beschwerdeführer dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Feststellungen

1. Zum Verfahrensgang

1.1 Der Beschwerdeführer (BF), ein italienischer StA. hält sich seit 1968 im Bundesgebiet auf und spricht fließend Deutsch. Der BF hat im Bundesgebiet eine Vielzahl an strafrechtlichen Verurteilungen angehäuft.

1.2. Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt oder belangte Behörde) vom XXXX 2020 wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.), und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

1.3. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 14.08.2020, GZ G311 2233432-1/2E wurde der in Punkt 1.2 genannte Bescheid aufgehoben und gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Einer hiergegen erhobenen Amtsrevision an den VwGH des Bundesamtes war am 15. Februar 2021 zur Zl. Ra 2020/21/0399 erfolgreich und wurde der Beschluss des BVwG behoben. Darin wird festgehalten, dass BVwG wäre nicht zur Zurückverweisung berechtigt gewesen und hätte in der Sache selbst entscheiden müssen. Mit Behebung des Beschlusses des BVwG vom 14.08.2020 trat die Rechtssache in den Zustand vor der Erlassung des behobenen Beschlusses zurück.

1.4. Der BF wurde am 25.05.2021 von der LPD Wien über Auftrag des Bundesamtes gemäß
§ 34 BFA-VG im Hinblick auf das (nun wieder durchsetzbare) Aufenthaltsverbot festgenommen. Der BF wurde noch im Stande der Verwaltungsverwahrungshaft am 26.06.2021 von Beamten der LPD Wien – AFA 1.3 über Abschiebeauftrag des Bundesamtes nach Buchung eines Bahntickets von Nickelsdorf nach Hegyeshalom zum Bahnhof in Nickelsdorf gebracht wo er den Zug bestieg und somit überwacht aus dem Bundesgebiet ausgereist ist.

1.5. Der BF kehrte trotz aufrechtem Aufenthaltsverbot sofort wieder ins Bundesgebiet zurück und wurde am 01.07.2021 erneut von der Polizei (nach der StPO) festgenommen, da er im dringenden Verdacht eines Ladendiebstahls stand, bei dem er auch auf frischer Tat betreten wurde. Dabei wurde nach Abhandlung der Beschuldigteneinvernahme der BF im Stande der Festnahme nach dem BFA-VG in eine Polizeianhaltezentrum (PAZ) in Wien gebracht, wo er vom Bundesamt zur Schubhaftverhängung einvernommen wurde. Dort gab er wie folg an:

„F: Welche Sprachen sprechen Sie?

A: italienisch

F: Wie ist die Verständigung mit der Dolmetscherin?

A: Gut.

F: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Nehmen Sie Medikamente?

A: Mir geht es nicht so gut. Ich habe Schüttelfrost, ich brauche Methadon.

F: Können Sie der Einvernahme folgen?

A: Ich kann der Einvernahme folgen.

F: Werden Sie rechtsfreundlich vertreten?

A: Nein.

Beginn des Ermittlungsverfahrens

Stand des Ermittlungsverfahrens/Parteigehör

Gegen Sie besteht ein Aufenthaltsverbot und halten Sie sich illegal im Bundesgebiet auf. Sie wurden am 26.06.2021 abgeschoben und wurden Sie am heutigem Tag erneut beim illegalen Aufenthalt betreten. Sie wurden festgenommen und in das PAZ HG überstellt. Was sagen Sie dazu?

A: Ich habe durch helping Hands einen Einspruch erhoben.

F: Wo nehmen Sie Unterkunft?

A: Das sage ich nicht.

F: Wo befinden sich Ihre Personen Dokumente?

A: Das sag ich Ihnen nicht, die wurden mir gestohlen. Ich habe keine mehr.

F: Wie finanzieren Sie sich?

A: Ich arbeite manchmal irgendwo schwarz.

F: Was machen Sie in Österreich?

A: Ich bin seit 1967 hier. Ich kam unfreiwillig mit meinen Eltern.

F: Ihnen wird mitgeteilt, dass gegen Sie ein Aufenthaltsverbot besteht, Sie halten sich an unbekannter Adresse auf, Sie verfügen über keine Dokumente, auf freiem Fuß besteht die Gefahr, dass Sie im Bundesgebiet untertauchen werden. Sie werden im Anschluss an die Haft in Schubhaft genommen und werden Sie bei der nächsten Gelegenheit abgeschoben.

Was sagen Sie dazu?

A: Ich werde dagegen Einspruch erheben. Ich verstehe nicht, warum ich meine Straftaten abgesessen habe und trotzdem abgeschoben werden soll.

F: Haben Sie alles verstanden, möchten Sie noch etwas hinzufügen.

A: Nein, ich habe alles verstanden und möchte nichts hinzufügen.

F: Haben Sie alles verstanden.

A: Ja.“

1.6. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom XXXX 2021 zu im Spruch angegeben Zahl wurde über den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG verhängt. Unmittelbar im Anschluss wurde mit der italienischen Botschaft ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates begonnen, welches am 14.07.2021 auch zugesagt wurde. Am 04.08.2021 wurde der BF auf dem Luftweg nach Italien abgeschoben, wodurch die Schubhaft faktisch und rechtlich beendet wurde.

17. Mit Erkenntnis des BVwG G311 2233432-1/21E vom 09.07.2021 wurde die gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 14.08.2020 erhobene Beschwerde im zweiten Rechtsgang als unbegründet abgewiesen.

1.7. Am 19.08.2021 langte die ggst. Schubhaftbeschwerde gemäß § 22a Abs.1 Z 3 BFA-VG beim BVwG ein, die vom Rechtsvertreter des BF eingebracht wurde. Das Bundesamt legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Stellungahme.

1.8. Über Verbesserungsauftrag gemäß § 13 AVG vom 19.08.2021 behob der einschreitende Vertreter des BF mit Stellungnahme vom 31.08.2021 einen Mangel im Hinblick auf die Unschlüssigkeit des angefochtenen Anhaltezeitraums. Darin wird klargestellt, dass die Schubhaft „als Ganzes“ angefochten wird.

2. Zur Person des Beschwerdeführers und dem Vorverfahren:

2.1. Der BF ist italienischer Staatsangehöriger. Er beherrscht die deutsche Sprache in Wort und Schrift. Seine Muttersprache ist Italienisch.

2.2. Der BF ließ sich im Jahr 1968, als sein Vater beruflich bedingt nach Österreich gereist ist, im Verbund seiner Kernfamilie – Eltern und Bruder – in Österreich nieder.

Der BF besuchte in Österreich vier Jahre Volks- und zwei Jahre Mittelschule. Ein Pflichtschulabschluss liegt nicht vor. Weitere Schulbesuche verliefen aufgrund einer beim BF vorliegenden Drogensuchtproblematik und der fortlaufenden strafrechtlichen Delinquenz, wie auch die Eingliederung in den regulären Arbeitsmarkt, nicht erfolgreich.

Der BF war im Unternehmen seines Vaters vom 01.07.1987 bis 31.10.1991 und vom 01.09.1994 bis 31.12.1996 beschäftigt. Abgesehen davon weist er im österreichischen Bundesgebiet noch ein rund eineinhalbmonatiges und ein 21-tägiges Beschäftigungsverhältnis in den Jahren 1992 und 1999 auf, seitdem sind keine Erwerbstätigkeiten mehr ersichtlich.

Der BF konnte seinen Lebensunterhalt in Österreich vorwiegend aus Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und mithilfe finanzieller Unterstützung seiner Mutter aus Italien bestreiten.

2.4. Der BF wurde in Österreich insgesamt 25 Mal rechtskräftig strafrechtlich verurteilt, und zwar mit

•        Urteil von Oktober 1986, rechtskräftig (im Folgenden: RK) mit Oktober 1987, nach dem Suchtgiftgesetz zu einer Geldstrafe von 50 Tagsätzen zu je 40,00 ATS (2.000,00 ATS), im Nichteinbringungsfall 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, mit

•        Urteil von Oktober 1987, RK mit Oktober 1987, wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, wobei im April 1992 die Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen wurde, mit

•        Urteil von Juni 1989, RK mit Juli 1989, wegen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe von 50 Tagsätzen zu je 40,00 ATS (2.000,00 ATS), im Nichteinbringungsfall 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, mit

•        Urteil von November 1993, RK mit November 1993, nach dem Suchtgiftgesetz zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, wobei die Probezeit im Juni 1994 auf fünf Jahre verlängert und im Jänner 2020 die Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen wurde, mit

•        Urteil von Juni 1994, RK mit Juli 1994, wegen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe von 50 Tagsätzen zu je 50,00 ATS (2.500,00 ATS), im Nichteinbringungsfall 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, mit

•        Urteil von September 1994, RK mit Oktober 1994, nach dem Suchtgiftgesetz zu einer Geldstrafe von 30 Tagsätzen zu je 50,00 ATS (1.500,00 ATS), im Nichteinbringungsfall 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, mit

•        Urteil von August 1995, RK mit September 1995, wegen versuchten Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, wobei im April 1997 die Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert und im November 1999 der bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafe widerrufen wurde, mit

•        Urteil von April 1997, RK mit April 1997, nach dem Suchtgiftgesetz zu einer Geldstrafe von 90 Tagsätzen zu je 30,00 ATS (2.700,00 ATS), im Nichteinbringungsfall 45 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, mit

•        Urteil von Oktober 1997, RK mit Oktober 1997, wegen versuchten Diebstahls und wegen Erwerbs und Besitzes von Kokain zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten, mit

•        Urteil von November 1999, RK mit November 1999, wegen versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls zu einer einjährigen Freiheitsstrafe, mit

•        Urteil von März 2001, RK mit April 2001, wegen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten, mit

•        Urteil von Juni 2002, RK mit Juni 2002 wegen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, mit

•        Urteil von Juli 2003, RK mit Juli 2003, wegen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls, versuchter Nötigung und Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 17 Monaten, mit

•        Urteil von Jänner 2005, RK mit Jänner 2005, wegen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, wobei der BF am 19.12.2005 bedingt auf eine Probezeit von zwei Jahren aus der Freiheitsstrafe entlassen, im Mai 2006 die Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert und im August 2006 die vormals angeordnete Bewährungshilfe aufgehoben wurde, mit

•        Urteil von Mai 2006, RK mit Mai 2006, wegen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, mit

•        Urteil von März 2008, RK mit März 2008, wegen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, mit

•        Urteil von Oktober 2009, RK mit Oktober 2009, wegen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr, mit

•        Urteil von März 2011, RK mit März 2011, wegen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, wobei im Mai 2013 die Freiheitsstrafe bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehen und im März 2020 die Probezeit des bedingten Strafteils auf insgesamt fünf Jahre verlängert wurde, mit

•        Urteil von Juni 2011, RK mit März 2011, wegen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, wobei im Mai 2013 die Freiheitsstrafe auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen und im Oktober 2013 die bedingte Strafnachsicht widerrufen wurde, mit

•        Urteil von Juli 2012, RK mit Juli 2012, wegen versuchten Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, mit

•        Urteil von März 2013, RK mit März 2013, wegen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, mit

•        Urteil von Oktober 2013, RK mit Oktober 2013, wegen des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, mit

•        Urteil von Juli 2019, RK mit Juli 2019, wegen des versuchten Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen, mit

•        Urteil von November 2019, RK mit November 2019, wegen des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, und mit

•        Urteil von März 2020, RK mit März 2020, wegen versuchten Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten.

Der BF ist drogenabhängig, hat wiederholt gegen das Suchtgiftgesetz verstoßen, und neigt infolge seiner Suchterkrankung habituell zu Diebstählen zwecks Finanzierung seines Drogenkonsums.

Die Festnahme des BF am 01.07.2021 durch die Polizei erfolgte, weil er erneut bei einem Ladendiebstahl auf frischer Tat betreten wurde.

3. Zu den Voraussetzungen der Anhaltung in Schubhaft und zur Fluchtgefahr:

3.1 Gegen den BF besteht eine (wieder) durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme.

3.2 Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über keinen nennenswerten Grad der sozialen Verankerung. Nach Scheidung seiner Eltern kehrte seine Mutter nach Italien zurück. Sein Bruder und Vater verblieben in Österreich. Sein Vater ist bereits verstorben und war die Hauptbezugsperson für den BF. Der BF hat in Österreich noch zwei erwachsene Kinder, die 1982 und 1989 geboren sind und bei der Kindesmutter aufgewachsen sind und zu denen er ebenso wenig wie zur Kindesmutter einen (näheren) Kontakt anstrebte. Der BF erhielt in Haft nur selten Besuche, und zwar während des Vollzuges mehrerer unbedingter Haftstrafen hintereinander vom 05.10.2013 bis 05.02.2019 wurde er sechsmal von seinem Bruder, unter anderem viermal von seiner in Italien lebenden Mutter und zweimal von seiner Tochter besucht. In Schubhaft erhielt der BF mit Ausnahme der Schubhaftbetreuung der BBU und seines Vertreters keinen Besuch.

Der BF hat seit 26.06.2021 keinen gesicherten Wohnsitz, ging in den letzten Jahrzehnten keiner legalen Erwerbstätigkeit zur Bestreitung seiner Existenzmittel nach. Der BF war 24.11.2020 bis 26.06.2021 in einer Unterkunft des Vereins Obdach Wien in der XXXX gemeldet. Der BF wurde dort mit 26.06.2021 amtlich abgemeldet. Zuvor war der BF von 25.05.2020 bis 20.11.2020 in einer Justizanstalt gemeldet und davor erneut von 02.01.2020 bis 26.05.2020 in einer Unterkunft des Vereins Obdach Wien in der XXXX . Seit 26.06.2021 scheint keine Meldung des BF im Bundesgebiet mehr auf. Der BF weigerte sich bei seiner Einvernahme seinen Wohnort dem Bundesamt preis zu geben.

3.3. Der BF ist im hohem Maße vertrauensunwürdig und nicht zuverlässig. Der BF missachtet seine Ausreisepflicht und ist nicht kooperativ. Der BF hat bis zu seiner Inhaftnahme keinerlei Schritte unternommen, sich aus Eigenem ein Reise- oder Identitätsdokument zu beschaffen.

3.5 Heimreisezertifikate (HRZ) werden unter EU-Staaten mit sehr kurzen Bearbeitungszeiten problemlos ausgestellt. Dem BF wurde nach Beantragung bei der italienischen Botschaft durch das Bundesamt schon am 14.7.2021 Ausstellung eines HRZ zugesagt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zur im Spruch angeführten GZ, sowie in den Beschwerdeschriftsatz und die Stellungnahme der belangten Behörde. Auskünfte aus dem Strafregister (SA), dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem „Zentrales Fremdenregister“ und aus der Anhaltedatei des Bundeministeriums für Inneres wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt. Weiters wurde in den Gerichtsakt des BVwG zur GZ G311 2233432-1 (Aufenthaltsverbot gegen den BF) Einsicht genommen, auf dem überwiegend die Feststellungen des Verfahrensgangs beruhen.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Behördenakt und den darin erliegenden Berichten/Anzeigen der einschreitenden Polizeibeamten und des Bundesamtes. Die Feststellungen zu den persönlichen und sozialen Verhältnissen sowie dem langen Aufenthalt in Strafhaft und den zahlreichen Verurteilungen ergeben sich aus dem Erkenntnis des BVwG G311 2233432-1/21E vom 09.07.2021 sowie aus dem Strafregister.

Dass der BF in keiner Weise vertrauenswürdig ist, ergibt sich schon aus seiner umfangreichen Straffälligkeit im Bereich der Suchtmittel-Beschaffungskriminalität und aus der Missachtung des gegen ihn verhängten Aufenthaltsverbots. So kehrte der BF sofort nach seiner Abschiebung am 26.06.2021 per Bahn nach Ungarn ins Bundesgebiet zurück und wurde am 01.07.2021 erneut bei einer Straftat auf frischer Tat betreten und festgenommen. Auch zeigte sich der BF bei seiner Einvernahme am 01.07.2021 denkbar unkooperativ und verweigerte Angaben über seinen Wohnsitz und seinen Aufenthaltsort. Das Bundesamt durfte angesichts dieser Weigerung, Angaben zu einem möglichen Wohnsitz zu machen, von der Nicht-Existenz eines gesicherten Wohnsitzes ausgehen. Dementsprechend gehen auch die Ausführungen in der Beschwerde, der BF habe natürlich einen Wohnsitz in der Obdachlosenunterkunft in der XXXX gehabt, ins Leere, da der BF bei seiner Einvernahme hierzu keine Angaben machte und er an eben dieser Adresse am 26.06.2021 behördlich abgemeldet wurde. Das Bundesamt hatte daher keinen Grund davon auszugehen, dass dem BF diese Unterkunft noch zur Verfügung steht. Auch der Verweis in der Beschwerde darauf, dass der BF an dieser Adresse ja im Juni 2021 festgenommen werden konnte, geht ins Leere, da – wie schon ausgeführt - der BF hiernach dort behördlich abgemeldet wurde und aus dem Gerichtsakt G311 2233432-1 (dort OZ 16) ersichtlich ist, dass eine Zustellung des Bundesamtes nach § 11 BFA-VG nur über die Hinterlegung bei einer Polizeiinspektion erfolgreich war, bei der sich der BF später das Schriftstück abgeholt hat, weil der BF in der Unterkunft nicht angetroffen wurde.

Soweit die Beschwerde noch behauptet, der BF sei nicht existentiell gefährdet, ist ihr der Versicherungsdatenauszug entgegenzuhalten, aus dem ungeachtet möglicher Ansprüche auf Sozialleistungen hervorgeht, dass der BF nur Arbeitslosengeld bezogen hat. Dementsprechend durfte das Bundesamt auch auf die Mittellosigkeit des BF schließen, da der BF bei Inschubhaftnahme kaum Bargeld bei sich hatte (Anhaltedatei) und selbst angab illegalen Beschäftigungen nachzugehen um seine Existenzmittel zu bestreiten.

Die in der Beschwerde behaupteten diesbezüglichen Aktenwidrigkeiten im Schubhaftbescheid des Bundesamtes sind angesichts dieser Fakten erweisen sich somit selbst als aktenwidrig.

Auch ist nicht klar, worauf sich die Behauptung in der Beschwerde stützt, „der BF sei am 26.6.2021 im Grenzbereich zu Ungarn sich selbst überlassen worden“. Nach dem unzweifelhaften Akteninhalt des angeforderten Verwaltungsaktes der Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Leoben des Bundesamtes hierzu (OZ 10) wurde der BF im Wege einer Abschiebung per Bahn in Richtung Ungarn aus dem österr. Bundesgebiet verbracht. Der BF wurde im Auftrag des Bundesamtes von Organen der LPD Wien dabei in Nickelsdorf in einen Zug nach Ungarn gebracht und die Ausreise bis Abfahrt des Zuges überwacht. Der BF hat das österr. Bundesgebiet daher nach dem Vorliegenden Abschiebebericht ohne Zwischenfälle mit diesem Zug verlassen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A):

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG.

Gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG hat der Fremde das Recht das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides anzurufen, wenn gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde. Für diese Beschwerden gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Gemäß § 22a Abs. 2 leg. cit. hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

Nach § 22a Abs. 3 leg. cit hat, sofern die Anhaltung noch andauert, das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, wenn eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, vom Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

3.1. Rechtsgrundlagen:
§§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Abs 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)


„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Dauer der Schubhaft (FPG)

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich,
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil,
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur allgemein:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG darf die Anhaltung in Schubhaft nur bei Vorliegen der dort in den Z 1 bis 4 genannten alternativen Voraussetzungen höchstens achtzehn Monate dauern. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so beträgt die Schubhaftdauer - wie in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG als Grundsatz normiert - nur sechs Monate. Mit § 80 Abs 4 FPG soll Art. 15 Abs. 6 RückführungsRL umgesetzt werden, sodass die Bestimmung richtlinienkonform auszulegen ist. In diesem Sinn ist auch der Verlängerungstatbestand des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG dahingehend auszulegen, dass der Verlängerungstatbestand nur dann vorliegt, wenn das Verhalten des Beschwerdeführers kausal für die längere (mehr als sechsmonatige) Anhaltung ist. Wenn kein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Drittstaatsangehörigen und der Verzögerung der Abschiebung festgestellt werden kann, liegen die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 80 Abs 4 Z 4 FPG über die Dauer von sechs Monaten nicht vor (VwGH vom 15.12.2020, Ra 2020/21/0404).

Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.2 Zum konkreten Fall:

Der BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr in Schubhaft, der Fortsetzungsausspruch iSd § 22a Abs. 3 BFA-VG entfällt daher.

3.2.1 Zum Sicherungszweck bzw. zum Schubhaftbescheid:

Die Anordnung der Schubhaft erfordert zu allererst das Vorliegen eines bestimmten Sicherungsbedarfs iSd § 76 Abs. 2 FPG. Im gegenständlichen Fall hat das Bundesamt die Schubhaft zu Recht auf § 76 Abs. 2 Z 2 FPG gestützt, da mit Behebung des Beschlusses des BVwG vom 14.08.2020 durch den VwGH am 15.02.2021 (vgl. die Feststellungen zum Verfahrensgang) die Rechtssache gemäß § 42 Abs. 3 VwGG somit in die Lage zurückgetreten ist, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses bzw. Beschlusses befunden hat. Demnach bestand mit dieser Behebung des Beschlusses des BVwG ein (wieder) durchsetzbares Aufenthaltsverbot gegen den BF in Form des Bescheides des Bundesamtes XXXX 2020, da einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

Soweit die Beschwerde vorbringt, das Ermittlungsverfahren des Bundesamtes sei grob mangelhaft gewesen, bzw. bestehe der Bescheid nur aus zahlreichen Textbausteinen verkennt sie die Rechtslage, da Schubhaftbescheide gemäß § 76 Abs. 4 FPG als Mandatsbescheide gemäß § 57 AVG zu ergehen haben. Weder sind an Mandatsbescheid nach höchstgerichtlicher Rsp. hohe Begründungsanforderungen zu stellen noch hat einem Mandatsbescheid ein umfangreiches Ermittlungsverfahren voranzugehen. Dieses Vorbringen geht daher ins Leere.

Auf Seite 4 der Beschwerde wird (soweit erkennbar) offenbar zum Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbots gegen den BF ausgeführt, die – mutatis non mutandis – offenbar übernommen wurde. Die Frage der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbots als auch des nicht gewährten Durchsetzungsaufschubes sind jedoch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens über die Schubhaft. Begleitend darf auch ergänzt werden, das die Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot des Bundesamtes vom XXXX 2020 durch das BVwG mit Zustellung des Erkenntnisses vom 09.07.2021 an den RV am 14.07.2021 als unbegründet abgewiesen wurde.

Weiter bringt die Beschwerde länglich und weitschweifig vor, es fehle ggst. an der „Notwendigkeit den BF aus dem Bundesgebiet zu entfernen“. Wie dies angesichts des durchsetzbaren Aufenthaltsverbots gegen den BF zutreffen sollte ist für das BVwG nicht ersichtlich. Auch die im Anschluss zitierte Judikatur (teils zeitlich weit überholte Rsp.) des VwGH (S. 5 der Beschwerde) ist ein Fehlgriff, ging es dort doch um den Sicherungszweck des (nunmehrigen) § 76 Abs. 2 Z 2 FPG „Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme“. Dieser ist für die ggst. Schubhaft irrelevant, weil mit dem durchsetzbaren Aufenthaltsverbot eine durchsetzbare aufenthaltsbeende Maßnahme bestand, deren Durchsetzung durch Abschiebung iSd § 46 FPG erfolgte. Die Beschwerde scheint diese Tatsache über weite Strecken konsequent zu ignorieren und geht argumentativ offensichtlich davon aus, es bestünde eine derartige durchsetzbare Maßnahme nicht. Auch die Ausführungen auf Seite 7f der Beschwerde behaupten eine spezifizierte Unzulässigkeit der Erlassung von aufenthaltsbeenden Maßnahmen ggü. Unionsbürgern, die nicht Gegenstand dieses Schubhaftbeschwerdeverfahrens sind.

Soweit die Beschwerde diesbezüglich unter Verweis auf die UnionsbürgerRL (RL 2004/38/EG) zu insinuieren versucht, das Aufenthaltsverbot gegen den BF sei nicht durchsetzbar gewesen, ist festzuhalten, dass das BVwG keinen Zweifel daran hat, das die Bestimmung des
§ 18 Abs. 3 BFA-VG nach der dem BF die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundeamtes vom 30.06.2021 aberkannt wurde, mit Art. 31 Abs. 2 dritter Spiegelstrich UnionsbürgerRL in Einklang steht. Somit ist zur Durchsetzbarkeit eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung in diesem Fall keine gerichtliche Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz notwendig, zumal die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die gehäufte und über Jahrzehnte vielfach wiederholte Straffälligkeit des BF auf der Hand liegt. Mit Zustellung des Erkenntnisses des BVwG vom 09.07.2021 am 14.07.2021 an den RV des BF ist dies Frage insoweit obsolet geworden, da hiermit eine gerichtliche Bestätigung des Aufenthaltsverbotes (iSd „Ausweisung“ der UnionsbürgerRL) vorliegt. Prophylaktisch sei an dieser Stelle festgehalten, dass auch die rezente Judikatur des VwGH zur Durchführung von Abschiebungen vor gerichtlicher Entscheidung über die Rechtsmäßigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (VwGH 5.03.2021, Ra 2020/21/0175) nicht einschlägig ist, da sich diese (vgl. Rn 13 und 15 des zitierten VwGH Erkenntnisses) auf Rückkehrentscheidungen iSd § 52 FPG bezieht, die immer mit einem Ausspruch iSd § 52 Abs. 9 zur Zulässigkeit der Abschiebung verbunden werden müssen, die bei dem ggst. Aufenthaltsverbot schon dem Grunde nach fehlt, beinhaltet es doch „bloß“ die Anweisung das österr. Bundesgebiet in ein anderes Land nach Wahl des EWR-Bürgers zu verlassen und für eine bestimmte Zeit nicht wiederzukehren. Auch deckt der Sicherungszweck des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG auch die „Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme“ der solange die Grundlage einer Schubhaft darstellen kann, solange die Durchsetzbarkeit einer aufenthaltsbeenden Maßnahme noch nicht besteht.

Auch unter dem Titel „Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides“ wird erneut wieder zur Unzulässigkeit der Nicht-Gewährung des Durchsetzungsaufschubes somit zum Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes ausgeführt, das hier nicht verfahrensgegenständlich ist. Soweit - ebenfalls länglich ausgeführt – behauptet wird, die Schubhaftverhängung ggü. einem Unionsbürger sei eine Verletzung von Art. 5 EMRK ist dies ebenso wenig stichhaltig, verweist doch die zitierte Stellungnahme des Generalanwaltes nur darauf, dass im nationalen Recht Verfahrensgarantien zu schaffen sind, die sicherstellen, dass die Freiheitsentziehung nur aus den dort geregelten Gründen und nur in verhältnismäßiger Art und Weise erfolgt. Warum dies im Hinblick auf § 76 FPG und den Rechtsschutzmöglichkeiten des § 22a BFA-VG nicht gewahrt sein soll, bleibt im Dunkeln.

3.2.2 Zu Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf:

Aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1, 2 und Z 9 FPG nahm das Bundesamt im angefochtenen Bescheid Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf an. Wie im Folgenden zu zeigen ist, zu Recht:

§ 76 Abs. 3 Z 1 FPG ist im ggst. Fall jedenfalls erfüllt, da sich der BF unmittelbar nach seiner am 26.06.2021 erfolgen Abschiebung nach Ungarn sofort wieder ins Bundesgebiet begab und hier am 01.07.2021 erneut festgenommen wurde. Allein schon diese beharrliche Ignoranz ggü. des erlassenen Aufenthaltsverbots demonstriert die mangelnde Kooperationsbereitschaft des BF deutlich. Darüber hinaus machte der BF bei seiner Einvernahme auch ausreichend klar, dass er nicht kooperativ ist, als er Angaben zu einen persönlichen Verhältnissen und seinem Aufenthaltsort- bzw. Wohnort verweigerte. Angesichts dieses Verhaltens in Zusammenhalt mit der Tatsache, dass dem BF aufgrund seiner exorbitanten Straffälligkeit und der Tatsache, dass der BF am 01.07.2021 erneut bei einer Straftat betreten wurde, keine hohe Vertrauenswürdigkeit in Anspruch nehmen kann, kann dem Bundesamt nicht entgegengetreten werden, wenn es den Fluchtgefahrtatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG als erfüllt ansieht.

Durch die unmittelbare Wiederkehr des BF nach seiner Abschiebung am 26.06.2021 nach Ungarn verwirklichte der BF letztlich auch den Fluchtgefahrtatbestand des § 76 Abs. 3 Z 2 FPG, da er entgegen eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist. Hierzu ist festzuhalten, dass es zwar ungewöhnlich sein mag, dass der BF am 26.06.2021 nach Ungarn gebracht wurde, jedoch beinhaltet ein Aufenthaltsverbot iSd § 67 FPG letztlich im Kern eine Ausweisung iSd § 66 FPG, also die Anweisung an den EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen das österr. Bundesgebiet in einen Drittstaat oder einen anderen Mitgliedsstaat zu verlassen, in dem ihm ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukommt. Dieses Land muss dabei auch nicht zwangsweise das Herkunftsland des EWR-Bürgers sein. Nach dem insoweit klaren Akteninhalt wurde der BF per Bahn über den Bahnhof Nickelsdorf nach Ungarn verbracht, wobei eine Abklärung mit den ungarischen Behörden zuvor nicht erfolgte. Es besteht jedoch aufgrund des Berichts über die Abschiebung kein Zweifel daran, dass der BF das Bundesgebiet letztlich faktisch verlassen hat. Auch ist es nicht Gegenstand dieses Verfahrens die Rechtmäßigkeit der Abschiebung am 26.06.2021 zu überprüfen.

Zu Guter Letzt ist der BF im Bundesgebiet wie festgestellt auf keine nennenswerte Weise sozial ober beruflich verankert. Wie festgestellt, haben sich die familiären Kontakte des BF durch seine Aufenthalte in Strafhaft stark abgeschwächt und wurde der BF in fast fünf Jahren Strafhaft nur sehr selten besucht. Auch besteht mit seinen Familienangehörigen seit Jahren kein gemeinsamer Wohnsitz mehr, wie das Melderegister zeigt. In beruflicher Hinsicht bezieht der BF seit langem Sozialleistungen, die nur mit Mühe an das Existenzminimum heranreichen und gibt er selbst an, sein Leben durch illegale Beschäftigungen zu finanzieren. Weiters hat der BF keinen gesicherten Wohnsitz, da der BF schon zuvor im Quartier in der XXXX in Wien nicht angetroffen werden konnte, weswegen ihm im Juni 2021 Schriftstücke des Bundesamtes auf einer nahegelegenen Polizeiinspektion hinterlegt werden mussten, wo sie der BF letztlich behob. Auch wurde der BF nach der Abschiebung am 26.6.2021 dort amtlich abgemeldet. Zu guter Letzt verweigerte auch der BF selbst bei seiner Einvernahme zur Schubhaftverhängung Angaben zu seinem Wohnsitz bzw. zu seinem Aufenthaltsort. Zusammengefasst durfte das Bundesamt daher auch vom Vorliegen des Tatbestandes des § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ausgehen.

Soweit die Beschwerde noch auf Judikatur des VwGH verweist in der dieser besonders hohe Anforderungen an die Schubhaftverhängung ggü. Unionsbürgern knüpft (Zl. 2009/21/0121), da der VwGH dies insb. nur bei gehäufter Straffälligkeit zulasse, die im ggst. Fall nicht vorliege, da der nur wegen BF Vergehen aber nicht wegen Verbrechen verurteilt wurde, ist angesichts der gehäuften Vorstrafen und der Tatsache, dass der BF auf frischer Tat am 01.07.2021 erneut bei einer Straftat betreten wurde, nicht stichhaltig. Das BVwG zweifelt ggst. nicht am Vorliegen dieser Voraussetzungen, zumal der betroffene Unionsbürger im zitierten Judikat auch minderjährig war, was ggst. zweifelsfrei nicht zutrifft. Weiters verkennt die Beschwerde, dass im genannten Judikat der VwGH die Schubhaftverhängung für zulässig hielt und deshalb der dort erhobenen (damaligen) Amtsbeschwerde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien gegen den Berufungsbescheid des UVS Wien stattgab. Grund dafür waren auch die im Judikat angesprochenen 30 Vorstrafen des dort betroffenen Unionsbürgers; worin hier der Unterschied zu den 25 Vorstrafen des Beschwerdeführers sein soll, verbleibt im Dunkeln.

Ebenso gehen die weiters länglich zitierten und nach Belieben herausgegriffenen Teile von Judikaten des VwGH, die sich teils auf längst nicht mehr in Kraft stehende Rechtsvorschriften beziehen (u.a. FrG 1997 uam.), ins Leere, da sich das Bundesamt im angefochten Mandatsbescheid aus Sicht des BVwG jedenfalls für einen Mandatsbescheid ausreichend mit der individuellen Situation des BF auseinandergesetzt hat. Angesichts der offenkundigen Ausreiseunwilligkeit aufgrund der sofortigen Rückkehr ins Bundesgebiet nach der Verhaltung zur Ausreise nach Ungarn, war das Vorliegen von Fluchtgefahr und dem Mangel an Kooperationswillen auch ausreichend klar, sodass keine weiterführende Begründung für deren Vorliegen erforderlich war.

Soweit die Beschwerde noch moniert, die Annahmen von Fluchtgefahr wären seitens des Bundesamtes nur durch Verweis auf die Straffälligkeit des BF erfolgt, erschließt sich dies dem BVwG nicht. Das Bundesamt hat sich im Hinblick auf die für Mandatsbescheid notwendigen Begründungserfordernisse ausreichend mit der individuellen Situation des BF auseinandergesetzt und begründet diese keineswegs nur in Konjunktion mit der Straffälligkeit des BF. Dass das Bundesamt diese bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit mit einbezogen hat, entspricht dementgegen aber sogar der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 76 Abs. 2a FPG.

3.2.3 Zur Verhältnismäßigkeit:

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Gemäß §76 Abs. 2a FPG ist ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden bei dieser Bemessung miteinzubeziehen.

Der BF ist im Bundesgebiet in toto 25 mal vorbestraft, wobei es sich überwiegend um Suchtgift- bzw. Suchtmitteldelikte und in großer Zahl um Eigentumsdelikte handelt. Dabei zeigt sich von 1986 bis zum Jahr 2020 eine durchgehende und immer wiederkehrende Straffälligkeit, auch wenn manche Taten im Versuchsstadiums blieben. Angesichts dieser gehäuften Straffälligkeit kann kein Zweifel daran bestehen, dass einer raschen, nachhaltigen und gesicherten Aufenthaltsbeendigung des BF ein sehr großes öffentliches Interesse zukommt.

Dementgegen vermag die Beschwerde nichts vorzubringen, aus dem ersichtlich wäre, dass die Interessen des BF im Hinblick auf sein Recht auf persönliche Freiheit überwiegen würden. Da der BF nicht erwerbstätig war und mit amtlicher Abmeldung am 26.06.2021 auch über keinen gesicherten Wohnsitz verfügt hat, sich auch maßgeblich unkooperativ verhalten hat und sofort unmittelbar nach seiner Aufenthaltsbeendigung am 26.06.2021 wieder eingereist ist, ist keine Unverhältnismäßigkeit der Schubhaftverhängung erkennbar. Das Bundesamt durfte aufgrund der Unionsbürgerschaft des BF im Hinblick auf die ggst. zu prüfende Schubhaft auch von einer sehr zeitnahen und raschen HRZ-Ausstellung durch die italienische Botschaft ausgehen. Dieses HRZ-Verfahren wurde auch tatsächlich rasch betrieben und mündete am 14.07.2021 in der Zusage eines HRZ für den BF seitens der italienischen Botschaft. Unter Zugrundelegung der notwendigen Vorkehrungen für eine Abschiebung nach Italien auf dem Luftweg (ua. PCR-Test auf COVID-19) kann hinsichtlich der Dauer der weiteren Anhaltung bis zur organisierten Abschiebung am 04.08.2021 keine Unverhältnismäßigkeit erblickt werden, zumal die gesamte Schubhaft in Summe etwas mehr als 4 Wochen betragen hat.

Es ist dem Bundesamt angesichts des Verhaltens des BF und der Verweigerung persönlicher Angaben bei seiner Einvernahme auch kaum entgegenzutreten, wenn es die Voraussetzungen für die Verhängung eines gelinderen Mittels iSd § 77 FPG als nicht gegeben erachtetet hat, zumal auch angesichts des nach Italien problemlos und kurzfristig organisierbaren Abschiebetermins die Abschiebung schon bei der Inschubhaftnahme zeitnah bevorstand und der so erhöhte Sicherungsbedarf ein gelinderes Mittel nicht zugelassen hätte. Weiters mangelt es im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen dem BF an persönlicher Vertrauenswürdigkeit, da er sich bereits durch seine Wiedereinreise fremdenpolizeilichen Maßnahmen wiedersetzt hat und ihm auch ein gesicherter Wohnsitz zur Anordnung einer periodischen Meldeverpflichtung fehlt, zudem er auch keinerlei Angaben hierzu machen wollte. Für eine Sicherheitsleistung fehlt es dem BF an Vermögenswerten bzw. Bargeld, da sich aus der Anhaltedatei ergibt, dass der BF de-facto ohne Barmittel festgenommen wurde.

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt hätte. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers im konkreten Fall zu gewährleisten.

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft von XXXX 2021 bis 04.08.2021 war daher gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG als unbegründet abzuweisen.

3.3 Zur Kostenentscheidung (Spruchpunkte II. und III.):

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Im gegenständlichen Verfahren ist die belangte Behörde obsiegende Partei, weshalb ihr Aufwandersatz im gesetzlichen bzw. beantragten Umfang gemäß § 35 VwGVG iVm
§ 1 Z 3 u. 4 VwGAufwErsV iHv € 426,20 zuzusprechen war. Der BF weder im Beschwerdeschriftsatz noch in der Stellungnahme vom 30.08.2021 einen Antrag auf Aufwandsersatz gestellt.

4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Im Beschwerdeschriftsatz wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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