Entscheidungsdatum
09.09.2021Norm
ASGG §2 Abs1Spruch
W145 2242317-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , SVNR XXXX , vertreten durch XXXX GmbH, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Niederösterreich, vom 03.03.2021, Zl. XXXX , beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 03.03.2021, GZ XXXX , hat die Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Niederösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) in Spruchpunkt 1 des Bescheides festgestellt, dass das Verfahren über den Anspruch auf Ausgleichszahlung von XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) wieder aufgenommen und der Bescheid vom 10.02.2021 aufgehoben wird. In Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausgleichszulage abgelehnt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass ein Anspruch auf Ausgleichszulage nicht bestehe, weil das maßgebliche monatliche Gesamteinkommen die Höhe des in Betracht kommenden Richtsatzes erreiche bzw. übersteige.
Weiters führte die belangte Behörde aus, dass dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben sei, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Unter den gleichen Voraussetzungen könne die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen erfolgen. Die Voraussetzungen seien gegeben, weil sich das maßgebliche Gesamteinkommen geändert habe. Das Verfahren sei daher wieder aufzunehmen gewesen.
2. Mit Schriftsatz vom 31.03.2021 hat die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführerin gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid Beschwerde erhoben und führte hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Ausgleichzahlung betreffend aus, dass diese zu Unrecht erfolgt sei und stellte den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden, der Beschwerde Folge geben, den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Antrag auf Ausgleichszahlung bewilligt werde, in eventu, den Bescheid aufzuheben und die Sache zu Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverweisen.
3. Mit Schreiben vom 06.05.2021 legte die belangte Behörde die gegenständliche Rechtssache dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und führte in der Stellungnahme nach inhaltlicher Erläuterung der Ausgleichzulage aus, dass sich das gegenständliche Verfahren allein auf die Prüfung des Vorliegens eines Wiederaufnahmetatbestandes im Sinne des § 69 AVG beschränke, die konkrete anzurechnende Unterhaltshöhe somit im gegenständlichen Verfahren keiner meritorischen Überprüfung zu unterziehen sei. Die belangte Behörde behalte daher ein diesbezügliches Vorbringen einem allfälligen Klageverfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht vor.
4. Nach Übermittlung des Schriftsatzes der belangten Behörde vom 06.05.2021, erstattete die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25.05.2021 eine Stellungnahme und führte unter anderem aus, dass der Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 AVG zu bejahen sei und damit jedenfalls zu Recht bestehe. Weiters wurde einerseits die Wiederaufnahme gemäß § 69 AVG beantragt und andererseits das Verfahren zur Entscheidung der 1. Instanz unter Berücksichtigung des Pensionseinkommens des Ex-Ehemannes neu zu entscheiden.
5. Mit Schriftsatz vom 14.06.2021 nahm die belangte Behörde zum Schriftsatz der Beschwerdeführerin Stellung und führte aus, dass die Beschwerdeführerin offensichtlich davon ausgehe, dass der Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 AVG zu Recht bestehe. Soweit sich das Vorbringen in der Stellungnahme inhaltlich gegen die Anrechenbarkeit eines Unterhaltsanspruches gegen den geschiedenen Ehemann auf den Anspruch auf Ausgleichszahlung richte, sei auf die im Falle einer fristgerecht erhobenen Klage eintretende sukzessive Kompetenz des zuständigen Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht zu verweisen.
6. Diese Stellungnahme der belangten Behörde wurde der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23.06.2021 zur Kenntnisnahme übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 03.03.2021 zur GZ XXXX in Spruchpunkt 1 das Verfahren über den Anspruch auf Ausgleichszahlung wieder aufgenommen und den Bescheid vom 10.02.2021 aufgehoben. In Spruchpunkt 2 hat die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausgleichszulage abgelehnt.
Die Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides lautet wie folgt:
„Wenn Sie mit dem Inhalt dieses Bescheides nicht einverstanden sind und beabsichtigen den Rechtsweg in Anspruch zu nehmen, dann ist zu beachten, dass die geltende Rechtslage zwei Rechtmittel mit jeweils unterschiedlichen Anfechtungsfristen erfordert. Nämlich einerseits eine Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens (Spruchpunkt 1) binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides und andererseits eine Klage gegen die Feststellung des Anspruches selbst (Spruchpunkt 2) binnen drei Monaten nach Zustellung des Bescheides und zwar unabhängig vom Beschwerdeverfahren.
Zu Punkt 1 Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens:
Sie haben das Recht, gegen diesen Bescheid binnen vier Wochen nach Zustellung Beschwerde zu erheben.
Die Beschwerde
- ist an das Bundesverwaltungsgericht zu richten,
- hat den Beschied, gegen den sie sich richtet und die belangte Behörde zu bezeichnen,
- hat die Gründe anzuführen, auf die sich die behauptete Rechtswidrigkeit stützt und einen begründeten Entscheidungsantrag zu enthalten,
- hat die erforderlichen Angaben zur Beurteilung der rechtzeitigen Erbringung der Beschwerde zu enthalten und
- ist bei der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Niederösterreich, 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 5, schriftlich (auch per Telefax) einzubringen.
(…)
Zu Punkt 2 Klage gegen die Feststellung des Anspruches:
Belehrung über das Klagerecht
Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb von drei Monaten ab Zustellung Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht oder bei der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Niederösterreich, 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 5, einbringen. Das für Sie zuständige Arbeits- und Sozialgericht ist das
Landesgericht Wr. Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht,
2700 Wr. Neustadt, Maria Theresien-Ring 5
(…)
Die Klage ist schriftlich in zweifacher Ausfertigung oder mündlich zu Protokoll zu geben und hat zu enthalten:
? eine kurze Darstellung des Sachverhaltes
? Hinwiese auf die Beweismittel
? ein bestimmtes Klagebegehren
? als Beilage den angefochtenen Bescheid im Original oder in Kopie.
Durch die Klage tritt der Bescheid im Umfang des Klagebegehrens außer Kraft. Die Entscheidungsbefugnis geht auf das Arbeits- und Sozialgericht über. (…)“
2. Mit Schriftsatz vom 31.03.2021 erhob die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführerin Bescheidbeschwerde und stellte den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden, der Beschwerde Folge geben, den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Antrag auf Ausgleichszulage bewilligt werde, in eventu den Bescheid aufzuheben und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverweisen. Inhaltlich brachte der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführer lediglich Beschwerdegründe vor, die gegen die Abweisung des Antrages auf Ausgleichszulage gerichtet sind.
3. Gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Aufhebung des Bescheides vom 10.02.2021 (Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides) wurden keine Beschwerdepunkte angeführt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Ausführungen zum Verfahrensgang und zu den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
Gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Aufhebung des Bescheides vom 10.02.2021 (Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides) wurden keine Beschwerdepunkte angeführt; die Wiederaufnahme des Verfahrens ist laut wiederholten Ausführungen/Stellungnahmen im Akt von beiden Verfahrensparteien gewollt und sohin unstrittig.
Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Rechtsmittelbelehrungen (getrennt nach Spruchpunkt 1 und 2) werden als ordnungsgemäß und rechtsrichtig qualifiziert.
2.2. Entfall der mündlichen Verhandlung
Von der Durchführung einer Beschwerdeverhandlung wurde abgesehen, da gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn die Beschwerde mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zurückzuweisen ist.
Der Sachverhalt konnte im gegenständlichen Fall anhand des Akteninhaltes festgestellt werden und das Bundesverwaltungsgericht geht des Weiteren davon aus, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtslage nicht erwarten lässt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger oder des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz oder des Bundesministers für Gesundheit in Verwaltungssachen und wegen Verletzung ihrer (seiner) Entscheidungspflicht in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
§ 355 ASVG enthält im Rahmen einer Generalklausel eine Definition des Begriffs Verwaltungssache. Gemäß dieser Bestimmung gehören alle nicht gemäß § 354 als Leistungssachen geltenden Angelegenheiten, für die nach § 352 die Bestimmungen dieses Teiles gelten, zu den Verwaltungssachen. Insbesondere gehören zu den Verwaltungssachen die
1. Feststellung der Versicherungspflicht, der Versicherungsberechtigung sowie des Beginns und Ende der Versicherung,
2. Feststellung der Versicherungszugehörigkeit und –zuständigkeit, in der Pensionsversicherung auch der Leistungszugehörigkeit und – zuständigkeit,
3. Angelegenheiten der Beiträge der Versicherten und ihrer Dienstgeber, einschließlich der Beitragszuschläge nach § 113,
4. Angelegenheiten der Überweisungen in der Pensionsversicherung bei der Aufnahme in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis oder beim Ausscheiden aus einem solchen,
5. Streitigkeiten zwischen den Versicherungsträgern bzw. den Versicherungsträgern und dem Dachverband aus der Durchführung dieses Bundesgesetzes, insbesondere solche gemäß Abschnitt I des Fünften Teiles.
Demgegenüber enthält § 354 ASVG eine taxative Aufzählung der Leistungssachen. Gemäß dieser Bestimmung sind Leistungssachen jene Angelegenheiten, in denen es sich um
1. die Feststellung des Bestandes, des Umfanges oder des Ruhens eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung einschließlich einer Feststellung nach § 367 Abs. 1, soweit nicht hierbei die Versicherungszugehörigkeit (§§ 13 bis 15), die Versicherungszuständigkeit (§§ 26 bis 39), die Leistungszugehörigkeit (§ 245) oder die Leistungszuständigkeit (§ 246) in Frage steht;
2. Feststellungen der Verpflichtung zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung,
3. Streitigkeiten über Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe gemäß Abschnitt UU des Fünften Teiles;
4. Feststellungen von Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens auf Antrag des Versicherten (§ 247),
4a. die Feststellung der Invalidität (§ 255a, 280a) oder der Berufsunfähigkeit (§ 273a),
5. die Feststellung der Kontoerstgutschrift sowie einer Ergänzungsgutschrift oder eines Nachtragsabzuges (§ 15 APG)
handelt.
Gemäß § 2 Abs. 1 ASGG (Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes) sind zur Entscheidung über Arbeits- und Sozialsachen die ordentlichen Gerichte berufen; soweit nichts Anderes angeordnet ist, sind für die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen geltenden Vorschriften anzuwenden.
Gemäß § 65 Abs. 1 Z 1 ASGG sind Sozialrechtssachen Rechtsstreitigkeiten über den Bestand, den Umfang oder das Ruhen eines Anspruchs auf Versicherungs- oder Pflegegeldleistungen, soweit hierbei nicht die Versicherungszugehörigkeit, die Versicherungszuständigkeit, die Leistungszugehörigkeit oder die Leistungszuständigkeit in Frage stehen (§ 354 Z 1 ASVG, § 194 GSVG, § 182 BSVG, § 65 NVG 1972, § 129 B-KUVG, § 84 StVG beziehungsweise §§ 4 Abs. 2, 43 und 44 BPGG).
Wird in einer Leistungssache nach § 65 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 bis 8 Klage rechtzeitig erhoben, so tritt der Bescheid des Versicherungsträgers gemäß der Bestimmungen des § 71 Abs. 1 ASGG im Umfang des Klagebegehrens außer Kraft; Bescheide, die durch den außer Kraft getretenen Bescheid abgeändert worden sind, werden insoweit aber nicht wieder wirksam.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG (Spruchpunkt 1) wird vorliegend nicht bestritten; im Gegenteil ist diese laut Ausführungen des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin sogar gewollt. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde in Spruchpunkt 2 bescheidmäßig über das Bestehen einer Leistungssache gemäß § 354 Z 1 ASVG (Antrag auf Ausgleichszulage) abgesprochen. Der Bescheid enthält gesetzeskonforme Rechtsmittelbelehrungen. Wie ausgeführt, richtet sich das Beschwerdebegehren lediglich gegen die Abweisung dieses Anspruches auf Ausgleichszulage; sohin nur gegen Spruchpunkt 2. Gemäß der Bestimmung des § 414 ASVG – wonach es lediglich über Beschwerden in Verwaltungssachen im Sinne des § 355 ASVG und nicht über Beschwerden in Leistungssachen im Sinne des § 354 Z 1 ASVG absprechen kann – ist somit das Bundesverwaltungsgericht nicht zur Entscheidung befugt (vgl. VwGH 03.10.1962, 1441/62; 10.06.1987, 87/08/0102 und 29.06.1993, 92/08/0074).
Mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes war die erhobene Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ausgleichszahlung Leistungssache Pensionsversicherung Unzuständigkeit BVwG ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W145.2242317.1.00Im RIS seit
13.10.2021Zuletzt aktualisiert am
13.10.2021