Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16. September 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Lampret in der Strafsache gegen ***** M***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten ***** S***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 29. April 2021, GZ 154 Hv 7/21k-58, sowie über dessen Beschwerde gegen den Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe und Erteilung einer Weisung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
***** S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen – auch rechtskräftige Schuldsprüche Mitangeklagter und einen ebensolchen Freispruch eines Mitangeklagten enthaltenden – Urteil wurde ***** S***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB (I./1./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 7. Oktober 2020 in W***** in einverständlichem Zusammenwirken mit ***** M***** ***** T***** mit Gewalt gegen dessen Person eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Kappe im Wert von 250 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem ***** M***** und ***** S***** mehrfach auf ihn einschlugen und ihm Tritte versetzten, wobei ihm ***** S***** die Kappe wegnahm und ***** T***** durch die ausgeübte Gewalt schwer (§ 84 Abs 1 StGB) in Form einer Prellung des Kopfes und des linken Oberschenkels, einer Rissquetschwunde oberhalb des rechten Auges und einer Beule hinter dem rechten Ohr sowie einer akuten Belastungsreaktion und einer posttraumatischen Belastungsstörung verletzt wurde.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S***** verfehlt ihr Ziel.
[4] Die Mängelrüge (Z 5 erster, nominell auch vierter Fall) macht nicht klar, aus welchem Grund die Konstatierungen, wonach der Angeklagte S***** die Kappe des Raubopfers aufhob, die im Zuge der körperlichen Attacken des Genannten und seines Mittäters vom Kopf gefallen war (US 8), undeutlich sein sollen.
[5] Unter dem Aspekt materieller Nichtigkeit (Z 10, nominell auch Z 9 lit a) erschöpft sich die im Wesentlichen inhaltsgleich argumentierende Beschwerde in der pauschalen Behauptung, die Feststellungen der Tatrichter lassen einen Zusammenhang zwischen Gewaltanwendung und Sachwegnahme nicht erkennen. Diese Argumentation macht aber nicht deutlich, welche zusätzlichen Konstatierungen zu treffen gewesen wären.
[6] Bleibt lediglich der Vollständigkeit halber anzumerken:
[7] Ein durch die Anwendung von Gewalt oder Drohung zu bewerkstelligendes Wegnehmen oder Abnötigen einer Sache setzt einerseits (aufgrund eben dieser tatbestandsmäßigen Ausführungsmodalitäten) einen solchen zeitlichen Zusammenhang des Geschehens voraus, dass der Gewahrsamsübergang vom Opfer auf den (oder immerhin einen der mehreren) Täter noch unter der unmittelbaren Einwirkung der Nötigungshandlung, also während und wegen der Wirksamkeit des jeweiligen Begehungsmittels herbeigeführt wird und andererseits ist (aufgrund des zur Tatbestandsverwirklichung notwendigen Gewahrsamsbruchs) auch ein derartiges örtliches Naheverhältnis zwischen Opfer und Tatobjekt erforderlich, dass nach den Umständen des konkreten Falls jedenfalls von einem zur Tatzeit aufrechten Gewahrsam des ersten an letzterem gesprochen werden kann (RIS-Justiz RS0093820). Genau das ist bei dem hier festgestellten Aufheben der (weiterhin im Gewahrsam des Opfers stehenden) Kappe der Fall.
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die (implizit erhobene) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
[9] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E132822European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2021:0120OS00091.21F.0916.000Im RIS seit
13.10.2021Zuletzt aktualisiert am
06.12.2021