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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl, die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des M H in Wien, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Februar 2019, Zl. W211 2169147-1/2E, betreffend Auskunftserteilung nach dem Auskunftspflichtgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesministerin für Landesverteidigung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1.1. Mit E-Mail an die belangte Behörde vom 25. März 2015 beantragte der Revisionswerber unter Berufung auf die §§ 2 und 3 Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987, - erstens - „die Übermittlung des ursprünglichen und des abgeänderten Kaufvertrags bezüglich die Anschaffung von Flugzeugen des Typs Eurofighter Typhoon“ und - zweitens - die „teilweise Veröffentlichung des Vertrags und die Unkenntlichmachung von Stellen, auf die die Ausnahmebestimmungen im Auskunftspflichtgesetz bzw. in [Art. 20 Abs. 3 und 4 B-VG] zutreffen“. Für den Fall der Nichterteilung der Auskunft beantragte der Revisionswerber die Erlassung eines Bescheides.
2 Mit Schreiben vom 7. Mai 2015 teilte die belangte Behörde dem Revisionswerber mit, dass das Auskunftspflichtgesetz keinen Rechtsanspruch auf Akteneinsicht vermittle. Unter Auskunft sei nur die allfällige Mitteilung über den Inhalt von Akten zu verstehen, nicht aber die Verpflichtung, dem Auskunftswerber Gelegenheit zu geben, sich selbst ein Urteil über den Akteninhalt zu bilden. Seinem Ersuchen um Übermittlung des genannten Kaufvertrags und um teilweise Veröffentlichung dieses Vertrags könne daher nicht entsprochen werden.
3 Mit E-Mail vom 21. Mai 2015 beantragte der Revisionswerber neuerlich die Erlassung eines Bescheides und führte aus, „dass meine Anfrage keine Frage nach Akteneinsicht war, sondern um Übermittlung von Kopien von Dokumenten bzw. - durch den Verweis auf Unkenntlichmachung - Informationen aus Dokumenten“.
4 1.2. Mit – im dritten Rechtsgang (nach zweimaliger Aufhebung und Zurückweisung entsprechender Bescheide durch das Bundesverwaltungsgericht) ergangenem - Bescheid vom 18. Juli 2017 sprach die belangte Behörde aus, dass „die mit ihrem Antrag vom 21. Mai 2015 begehrte Auskunftserteilung gemäß § 2 des Auskunftspflichtgesetzes betreffend ‚die Übermittlung des ursprünglichen und des abgeänderten Kaufvertrages bezüglich der Anschaffung von Flugzeugen des Typs Eurofighter Typhoon‘ [verweigert wird]“. Begründend führte sie aus, soweit sich der Revisionswerber auf das öffentliche Interesse an der Kontrolle des Umgangs mit Steuergeldern berufe, sei auf die Zuständigkeit des Rechnungshofes zu verweisen. Hinsichtlich jener Informationen der gegenständlichen Verträge, die keine geheimen Tatsachen darstellten bzw. nicht der Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflichten unterlägen, werde auf die veröffentlichten Berichte, insbesondere den Wahrnehmungsbericht „Lauftraumüberwachungsflugzeuge: Kaufverträge“ (Reihe BUND 2005/3; III-143 BlgNR 22. GP) hingewiesen, womit bereits eine teilweise Offenlegung der Vertragsinhalte erfolgt sei, sodass es sich um öffentlich zugängliche Informationen handle. Darüber hinaus sei „derzeit“ bereits der zweite parlamentarische Untersuchungsausschuss hinsichtlich der gegenständlichen Flugzeuge tätig. Zum Vorbringen des Revisionswerbers, er habe einen teilweise geschwärzten Eurofighter-Vertrag aus dem Vereinigten Königreich bekommen, sei zu bemerken, dass das gegenständliche Auskunftsbegehren nach österreichischem Recht zu beurteilen sei. Überdies sei aus diesem Vorbringen nicht ableitbar, welche Informationen dem Revisionswerber auf Grund der Schwärzungen überhaupt zugänglich gemacht worden seien. Im Übrigen stünden, auch unter Berücksichtigung der Tätigkeit des Revisionswerbers als Journalist und in einer NGO, der Auskunftserteilung (aus näher genannten Gründen) gesetzliche Verschwiegenheitsverpflichtungen, nämlich das öffentliche Interesse der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, das wirtschaftliche Interesse des Bundes und die überwiegenden Interessen des Vertragspartners, entgegen.
5 1.3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers mit der Maßgabe ab, es werde gemäß § 4 iVm. §§ 1 und 2 Auskunftspflichtgesetz festgestellt, dass dem Revisionswerber auf Grund seines Antrags vom 25. März 2015 ein Recht auf Auskunft nicht zukomme und von der belangten Behörde eine Auskunft nicht erteilt werde. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Begründend führte das Verwaltungsgericht (unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. November 2018, Ra 2017/02/0141, dem ein vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde gelegen sei) aus, der gegenständliche Antrag sei auf die Übermittlung von Kaufverträgen, und damit auf Zurverfügungstellung von Detailinformationen gerichtet, wie sie aus einer Akteneinsicht zu gewinnen wären, und nicht auf eine - in der Regel einen höheren Abstraktionsgrad aufweisende - Auskunft über den Inhalt einer Vereinbarung. Daher liege kein „geeignetes Auskunftsbegehren“ vor. Auch der Antrag auf Veröffentlichung des Vertrags sei kein „geeignetes Begehren“.
7 1.4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 2.1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Das im angefochtenen Erkenntnis zitierte hg. Erkenntnis Ra 2017/02/0141 sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Der Revisionswerber habe lediglich die „(teilweise) Veröffentlichung“ eines explizit bezeichneten Vertrags beantragt. Sein Auskunftsbegehren solle nicht die fehlende Parteistellung und damit einhergehende Akteneinsicht kompensieren. Der Revisionswerber sei Journalist und genieße als „public watchdog“ ein besonderes Recht auf Informationszugang nach Art. 10 EMRK. Sein Auskunftsbegehren sei daher „anhand der vom EGMR entwickelten Kriterien“ zu prüfen. Das Verwaltungsgericht habe auch das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2018, Ra 2017/03/0083, außer Acht gelassen, wonach es zur zweckmäßigen Erteilung von Auskünften sogar geboten sein könne, Zugang zu Dokumenten zu gewähren.
10 2.2. Die Revision ist im Sinne dieses Vorbringens zulässig. Sie ist auch begründet.
11 2.2.1. Nach § 1 Auskunftspflichtgesetz haben u.a. die Organe des Bundes Auskünfte über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht, und zwar in einem solchen Umfang, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt. Auskünfte sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden.
12 2.2.2. Die Auskunftspflicht nach dem Auskunftspflichtgesetz trifft die Organe des Bundes nicht nur im Bereich der Hoheitsverwaltung, sondern auch in jenem der Privatwirtschaftsverwaltung (vgl. VwGH 13.9.1991, 90/18/0193; 29.3.2017, Ra 2017/10/0021).
13 Der Pflicht der Behörde zur Auskunftserteilung nach § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz korrespondiert ein subjektives öffentliches Recht des Einschreiters. Ein über das in der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz anerkannte rechtliche Interesse des Antragstellers an der Auskunftserteilung schlechthin hinausgehendes, aus den besonderen Verwaltungsvorschriften abzuleitendes rechtliches Interesse an der Auskunftserteilung fordert das Auskunftspflichtgesetz nicht (vgl. VwGH 26.5.1998, 97/04/0239; 6.9.2005, 2002/03/0110).
14 2.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im von der Revision zitierten Erkenntnis vom 29. Mai 2018, Ra 2017/03/0083, zur Bedeutung des Art. 10 EMRK in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) für die auf der Grundlage des Art. 20 Abs. 4 B-VG erlassenen Auskunftspflichtgesetze wie folgt geäußert:
„22 Zudem ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des EGMR Art. 10 Abs. 1 EMRK dahingehend auszulegen ist, dass dieser - unter bestimmten weiteren Voraussetzungen - ein Recht auf Zugang zu Informationen mit einschließt (vgl. dazu und zum Folgenden EGMR (Große Kammer) 8.11.2016, Magyar Helsinki Bizottsag, 18030/11, insbesondere Z 131 und 156 ff). Ein solches durch Art. 10 EMRK geschütztes Recht auf Zugang zu Informationen hat der EGMR unter anderem dann anerkannt, wenn der Betroffene nach nationalem Recht einen Anspruch auf Erhalt von Informationen hat (wie dies durch das in Art. 20 Abs. 4 B-VG grundgelegte, einfachgesetzlich einzuräumende Recht auf Auskunft in Österreich der Fall ist), insbesondere wenn dieser Anspruch gerichtlich bestätigt wurde. Ein Recht auf Zugang zu Informationen steht auch dann im Raum, wenn der Zugang zur Information für die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung, vor allem die Freiheit zum Empfang und zum Mitteilen von Nachrichten oder Ideen, instrumentell ist und die Verweigerung des Zugangs einen Eingriff in dieses Recht darstellt. Der EGMR nennt für diesen Fall im Wesentlichen folgende Kriterien, die für die Ermittlung der Reichweite eines Rechts auf Zugang zu Informationen nach Art. 10 EMRK relevant sind: den Zweck und das Ziel des Informationsansuchens (ist das Sammeln von Informationen ein relevanter Vorbereitungsschritt für journalistische oder andere Aktivitäten, mit denen ein Forum für eine öffentliche Debatte geschaffen werden soll oder die ein essentielles Element einer solchen darstellen?), die tatsächliche Notwendigkeit des Informationsbegehrens für die Ausübung der Meinungsfreiheit, den Charakter der begehrten Informationen (die Informationen, Daten oder Dokumente, hinsichtlich derer ein Zugang begehrt wird, müssen generell den Test, ob sie im öffentlichen Interesse liegen, bestehen; die Notwendigkeit einer Offenlegung kann dann bestehen, wenn die Offenlegung unter anderem für Transparenz über die Art und Weise der Führung von Amtsgeschäften und über Angelegenheiten sorgt, die für die Gesellschaft als Ganzes interessant sind), die Rolle des Zugangswerbers (als Journalist bzw. als ‚social watchdog‘ (gesellschaftlicher Wachhund) oder Nichtregierungsorganisation, deren Aktivitäten sich auf Angelegenheiten des öffentlichen Interesses bezogen), und schließlich die Existenz von bereiten und verfügbaren Informationen.
23 Der Umfang des durch die Auskunftspflichtgesetze auf der Grundlage des Art. 20 Abs. 4 B-VG, hier das Wiener Auskunftspflichtgesetz, eingeräumten subjektiven Rechts auf Auskunft ist - ebenso wie die Reichweite der dieses Recht gegebenenfalls einschränkenden Bestimmungen über die zulässige Verweigerung der Auskunft aus Gründen der Verschwiegenheit, der wesentlichen Beeinträchtigung der Besorgung der übrigen Aufgaben und der Mutwilligkeit eines Auskunftsersuchens - aufgrund der in Verfassungsrang stehenden Bestimmung des Art. 10 EMRK im Lichte der dazu ergangenen Rechtsprechung des EGMR verfassungskonform auszulegen. (...)
(...)
29 Zur Beurteilung der Frage, in welchem Umfang und in welcher Art Auskunft zu erteilen ist, kann - wie sich aus der oben zitierten neueren Rechtsprechung des EGMR ergibt - nicht außer Betracht bleiben, ob der Zugang zu den begehrten Informationen für die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung, vor allem die Freiheit zum Empfang und zum Mitteilen von Nachrichten oder Ideen, instrumentell ist, was anhand der vom EGMR genannten Kriterien zu prüfen ist. Jene Bestimmungen, die dem Auskunftspflichtigen nach den Auskunftspflichtgesetzen des Bundes und der Länder die Verweigerung einer begehrten Auskunft ermöglichen, sind daher insbesondere dann eng auszulegen, wenn ein Auskunftsersuchen als relevanter Vorbereitungsschritt für journalistische oder andere Aktivitäten, mit denen ein Forum für eine öffentliche Debatte geschaffen werden soll, zu sehen ist, die begehrten Informationen im öffentlichen Interesse liegen und dem Auskunftswerber eine Rolle als ‚watchdog‘ im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zukommt.
30 Vor diesem Hintergrund kann es - auch wenn das Recht auf Auskunft gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG und den Auskunftspflichtgesetzen des Bundes und der Länder nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Anspruch auf Akteneinsicht einräumt (vgl. VwGH 22.10.2013, 2012/10/0002) - zur zweckmäßigen Erteilung einer Auskunft geboten sein, dem Auskunftswerber nicht bloß mündliche oder schriftliche Auskunft über den Inhalt von Dokumenten zu erteilen, sondern den Zugang zu den relevanten Dokumenten zu gewähren (vgl. dazu insbesondere das Österreich betreffende Urteil des EGMR vom 28.11.2013, Österreichische Vereinigung zur Erhaltung, Stärkung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes, 39534/07), zumal damit gegebenenfalls der Arbeitsaufwand für das auskunftspflichtige Organ - und damit eine mögliche Beeinträchtigung der Besorgung dessen übriger Aufgaben - geringer ausfallen kann.“
15 2.2.4. Auch der Verfassungsgerichtshof hat jüngst ausgeführt, dass gemäß Art. 10 Abs. 1 EMRK nach Maßgabe der Rechtsprechung des EGMR - der Verfassungsgerichtshof bezieht sich ebenfalls auf das Urteil des EGMR vom 8. November 2016 im Fall Magyar Helsinki Bizottsag - ein Recht auf Zugang zu Informationen im Einzelfall bestehen kann, und bei Anwendung der Kriterien dieser Rechtsprechung keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz gesehen (vgl. VfGH 4.3.2021, E 4037/2020). Aus den gleichen Erwägungen sind auch beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung entstanden, sodass im Revisionsfall kein Anlass besteht, die in der Revision enthaltene Anregung, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag nach Art. 140 B-VG zu stellen, aufzugreifen.
16 2.2.5. Im Revisionsfall hat der Revisionswerber - wenn auch erst in seinen Beschwerden gegen die jeweiligen Bescheide - vorgebracht, er sei Journalist und Mitglied einer NGO, die als „watchdog“ (im Sinne des Urteils des EGMR vom 28.11.2013, Österreichische Vereinigung zur Erhaltung, Stärkung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes, 39534/07) zu sehen sei (Feststellungen dazu hat das Verwaltungsgericht nicht getroffen).
17 Die vom Revisionswerber begehrten Informationen betreffen den vom Bund abgeschlossenen Kaufvertrag über die genannten Flugzeuge, also eine große öffentliche Beschaffung, und sind somit dem Grunde nach geeignet, zur Transparenz über die Art und Weise der Führung von Amtsgeschäften („the manner of conduct of public affairs“, EGMR (Große Kammer) 8.11.2016, Magyar Helsinki Bizottsag, 18030/11, Rn 161) beizutragen, sodass nicht zu erkennen ist, dass der Zugang zu den begehrten Informationen nicht im öffentlichen Interesse gelegen wäre.
18 Das Verwaltungsgericht hat die Beschwerde gegen die Verweigerung der Auskunftserteilung nicht deshalb abgewiesen, weil der Revisionswerber Akteneinsicht beantragt hätte, sondern weil der Antrag auf die Zurverfügungstellung von Informationen in einem Detailgrad gerichtet gewesen sei, wie er sonst nur durch Akteneinsicht zu gewinnen wäre. Ein solches Auskunftsbegehren - der Revisionswerber hat Akteneinsicht tatsächlich nicht beantragt - hätte das Verwaltungsgericht aber nach jenen Kriterien zu prüfen gehabt, die nach der im zitierten hg. Erkenntnis Ra 2017/03/0083, Rn 22, wiedergegebenen Rechtsprechung des EGMR für den Umfang des durch § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz begründeten Rechts auf Auskunft maßgeblich sind.
19 2.3. Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
20 Der Antrag auf „teilweise Veröffentlichung des Vertrags“ war nicht revisionsgegenständlich, weil er nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war.
21 2.4. Im fortzusetzenden Verfahren wird das Verwaltungsgericht - neben den in Rn 16 und 17 erwähnten Umständen - auch zu berücksichtigen haben, inwieweit die vom Revisionswerber begehrten Informationen bereits öffentlich bzw. diesem - der Revisionswerber hat im Verfahren vorgebracht, er habe einen geschwärzten Vertragstext von öffentlichen Stellen des Vereinigten Königreichs übermittelt bekommen - bereits konkret bekannt sind. Insoweit würde sich nämlich die Frage stellen, ob das Informationsbegehren tatsächlich für die Ausübung der Meinungsfreiheit notwendig war (vgl. EGMR 30.1.2020, Studio Monitori u.a., 44920/09 und 8942/10, Rn 41, unter Hinweis auf EGMR Magyar Helsinki Bizottsag, Rn 159; vgl. auch VwGH 28.3.2014, 2014/02/0006, wonach keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht, wenn das Ersuchen Tatsachen betrifft, die dem Auskunftswerber ohnehin aus eigener Wahrnehmung bekannt sind).
22 2.5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. Juni 2021
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019110049.L00Im RIS seit
12.10.2021Zuletzt aktualisiert am
13.10.2021