TE Vwgh Beschluss 2021/9/2 Ra 2018/04/0085

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Veröffentlicht am 02.09.2021
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

AVG §73 Abs1
BVergG 2006 §319 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision der S GmbH in W, vertreten durch die Stolz Rechtsanwalts-GmbH in 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Jänner 2018, Zl. W123 2179259-3/2E, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Parteien: 1. Bgesellschaft m.b.H. in W; 2. S AG in W), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1.1. Mit Beschluss vom 23. Jänner 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht im Vergabeverfahren „Zentrales Lehr und Lerngebäude der [...] Universität [...]“ den Antrag der revisionswerbenden Partei, der erstmitbeteiligten Partei (Auftraggeberin) gemäß § 319 BVergG 2006 den Gebührenersatz aufzuerlegen bzw. der revisionswerbenden Partei den Gebührenersatz zuzusprechen, ab und erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.

2        1.2. In der Begründung verwies das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass die Anträge der revisionswerbenden Partei auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung ab- bzw. zurückgewiesen worden seien. Ein Ersatz der Pauschalgebühren fände daher nicht statt. Die Entscheidung ergehe innerhalb der Frist des § 319 Abs. 3 BVergG 2006.

3        2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

4        Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        3. In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, dass vom Bundesverwaltungsgericht entgegen der üblichen Praxis in derselben Causa drei verschiedene Beschlüsse gefasst worden seien. Es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weil hinsichtlich der Frage, ob die nunmehr separat bekämpfte Entscheidung über die Abweisung des Antrags auf Zuspruch von Gebührenersatz nicht unter einem mit der Entscheidung in der Hauptsache hätte getroffen werden müssen, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs fehle bzw. der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts von der Rechtsprechung abweiche. Bedeutung erlange die Frage auch deshalb, weil durch diese Vorgehensweise neben dem zusätzlichen Arbeitsaufwand für ein Rechtsmittel gegen die separate Entscheidung auch zusätzlich Kosten und Einbringungsgebühren unnötigerweise anfallen würden.

7        4. Das bloße Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer Rechtsfrage führt nicht automatisch zur Zulässigkeit einer Revision (vgl. etwa die Nachweise bei Thienel, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verwaltungsgerichtsbarkeit, ZVG 2018, 180 [189]). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt dann nicht vor, wenn es trotz fehlender Rechtsprechung auf Grund der eindeutigen Rechtslage keiner Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf (vgl. VwGH 13.4.2021, Ra 2018/04/0130, mwN).

8        Die Rechtslage erweist sich im vorliegenden Fall insoweit als eindeutig und somit als nicht klärungsbedürftig, als § 319 Abs. 3 BVergG 2006 dem Bundesverwaltungsgericht aufträgt, über den Gebührensatz spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, ob ein Anspruch auf Gebührenersatz besteht. Mit der Einführung dieser Entscheidungsfrist betreffend die Gebührenentscheidung soll verhindert werden, dass für diese Entscheidung die allgemeine sechsmonatige Entscheidungsfrist gemäß § 73 Abs. 1 AVG gilt (siehe dazu die Erläuterungen zur Novelle BGBl. I Nr. 86/2007: RV 127 BlgNR 23. GP 17; vgl. zum Überschreiten dieser Frist zuletzt VwGH 22.6.2021, Ra 2019/04/0140).

Bereits durch die Normierung dieser Frist ist klargestellt, dass die Entscheidung über den Anspruch auf Gebührenersatz nicht zwingend unter einem mit der Entscheidung in der Hauptsache getroffen werden muss, sondern im Anschluss daran - innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist - in einer gesonderten Entscheidung ergehen kann.

9        5. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 2. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2018040085.L00

Im RIS seit

12.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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