TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/20 94/02/0525

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.12.1996
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs3;
FrG 1993 §51 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 16. November 1994, Zl. VwSen-420061/3/Wei/Bk, betreffend Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist bosnischer Staatsbürger. Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 23. November 1993 schuldig erkannt, im Zuge einer ehelichen Auseinandersetzung mit seiner Ehefrau deren Onkel im Sinne der §§ 83 und 84 StGB schwer am Körper verletzt zu haben, und wurde zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt, wobei der Vollzug von 8 Monaten dieser Freiheitsstrafe für die Dauer von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Die Bundespolizeidirektion Linz verhängte mit Bescheid vom 12. April 1994 gemäß § 18 Fremdengesetz (FrG) ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 25. Juli 1994 keine Folge gegeben.

Mit Bescheid vom 24. August 1994 ordnete die Bundespolizeidirektion Linz gegen den Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 1 FrG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung an. Der Beschwerdeführer wurde am 14. September 1994 um 8.10 Uhr in Linz festgenommen und in das Polizeigefangenenhaus eingeliefert. Um ca. 9.00 Uhr wurde der Schubhaftbescheid dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers per Telefax zugestellt und im Telefaxbegleitschreiben festgehalten, daß der Bescheid am 28. August 1994 "erlassen" worden sei. Der Beschwerdeführer wurde sodann noch am 14. September 1994 nach Zagreb abgeschoben.

Die vom Beschwerdeführer wegen unrechtmäßiger Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. November 1994 als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid - soweit er über die Festnahme und Anhaltung abspricht - richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht Verfahrensvorschriften dadurch verletzt, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, eine mündliche Verhandlung abzuhalten, legt jedoch in der Folge die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels nicht dar, sodaß es sich erübrigt, auf dieses Vorbringen näher einzugehen.

Das Recht auf Parteiengehör soll schließlich dadurch verletzt worden sein, daß die belangte Behörde entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers davon ausgegangen sei, daß der Schubhaftbescheid nicht - wie im Telefaxprotokoll vom 14. September 1994 enthalten - am 28. August 1994, sondern erst am 14. September 1994 erlassen worden sei. Wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides bereits ausgeführt hat, lassen sich aus dem vom Beamten der Bundespolizeidirektion Linz verwendeten Begriff "erlassen" Rechtswirkungen dann nicht ableiten, wenn ohne Zweifel feststeht, daß der angefochtene Verwaltungsakt dem Bescheidadressaten erst zu einem späteren Zeitpunkt zugestellt und damit erlassen wurde. Der Beschwerdeführer erstattet auch in diesem Fall kein taugliches Vorbringen, aus dem sich die Wesentlichkeit des vermeintlichen Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften ableiten ließe. Er äußert sich hiezu auch nicht etwa in der Form, daß er ein Zustelldatum behauptet, das vor dem 14. September 1994 gelegen wäre, sondern führt vielmehr aus, daß ihm der an seinen Rechtsvertreter adressierte Bescheid vor seiner Verhaftung um 8.10 Uhr ausgehändigt worden sei, wohingegen seinem ausgewiesenen Rechtsvertreter der Bescheid erst um 8.53 Uhr per Telefax übermittelt worden sei.

Das weitere Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß der ausgewiesene Rechtsvertreter des Beschwerdeführers im gesamten fremdenpolizeilichen Verfahren - sohin lange Zeit vor der Erlassung des Schubhaftbescheides - der Behörde bereits als Vertreter und Zustellungsbevollmächtigter bekannt gewesen sei, sodaß auch der Schubhaftbescheid, welcher bloß der Vollstreckung des vorangegangenen Aufenthaltsverbotsbescheides gedient habe und im gleichen Verfahren ergangen sei, rechtswirksam nur dem ausgewiesenen Rechtsvertreter habe zugestellt werden können. Die vor rechtswirksamer Erlassung des Schubhaftbescheides erfolgte Verhaftung des Beschwerdeführers ohne wirksamen Schubhaftbescheid sei titellos erfolgt.

Gemäß § 41 Abs. 3 FrG gilt in Fällen, in denen der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten hat, die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen. Im Beschwerdefall sind diese Voraussetzungen für eine wirksame Zustellung des Schubhaftbescheides erfüllt und auch dessen Zustellung an den gewillkürten Vertreter des Beschwerdeführers "unverzüglich" erfolgt (vgl. im übrigen zu § 41 Abs. 3 zweiter Satz FrG als bloße "Ordnungsvorschrift" das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zl. 96/02/0292). Aufgrund der Tatsache, daß der Schubhaftbescheid dem Beschwerdeführer vor seiner Verhaftung ausgehändigt wurde, die Schubhaft somit rechtswirksam verhängt wurde, entbehrt weder die Festnahme noch die daran anschließende Anhaltung der erforderlichen rechtlichen Deckung. Der Beschwerdeführer ist daher darauf zu verweisen, daß ihm in diesem Zusammenhang keine Maßnahmenbeschwerde nach § 67c AVG, sondern eine Beschwerde nach §§ 51 ff FrG zur Verfügung gestanden wäre. Die Zurückweisung der Maßnahmenbeschwerde erfolgte daher zu Recht.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994020525.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten