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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
ABBAG-G 2014 §2 Abs2 Z7Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A Betriebsgesellschaft m.b.H. in B, vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 25. März 2021, VGW-109/020/3374/2021-2, betreffend Abweisung eines Antrags auf Vergütung von Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Anträgen vom 26. Juni 2020 begehrte die - ein städtisches Hallenbad und ein solches Freibad betreibende - revisionswerbende Partei Vergütung für den ihr im Zeitraum vom 15. März 2020 bzw. 1. Mai 2020 bis 28. Mai 2020 entstandenen Verdienstentgang gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), weil auf Grund der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl. II Nr. 96/2020, bis zu deren Novellierung durch die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der die COVID-19-Lockerungsverordnung geändert wird (2. COVID-19-LV-Novelle), BGBl. II Nr. 231/2020, das Betreten des Kundenbereichs ihrer Betriebsstätten untersagt gewesen sei.
2 Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien diese Anträge ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
3 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Revision etwa auch dann, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (siehe u.a. VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0040; 20.12.2017, Ra 2017/12/0124), oder die zu lösende Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt wurde (vgl. z.B. VwGH 25.2.2020, Ra 2019/09/0108).
6 Wenn die revisionswerbende Partei in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zunächst meint, dass für die Erlassung von Betretungsverboten mehrere gesetzliche Grundlagen in Betracht kämen, nämlich das COVID-19-Maßnahmengesetz und das Epidemiegesetz 1950, und sich der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung mit diesem Nebeneinanderbestehen mehrerer gesetzlicher Grundlagen noch nicht beschäftigt habe, wird damit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt. So hat der Verwaltungsgerichtshof in dem in der Revision genannten Erkenntnis vom 24. Februar 2021, Ra 2021/03/0018, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG verwiesen wird, bereits ausgeführt, dass eine Vergütung für den Verdienstentgang nach § 32 EpiG, der durch die Betretungsverbote bzw. -beschränkungen nach den in diesem Erkenntnis genannten „COVID-19-Verordnungen“ - darunter jener gemäß BGBl. II Nr. 96/2020 - entstanden ist, nicht in Betracht kommt (vgl. etwa auch VwGH 25.6.2021, Ra 2021/09/0118).
7 Der von der revisionswerbenden Partei ferner ins Treffen geführte Umstand, dass sie als Einrichtung im Eigentum der öffentlichen Hand „zum Großteil keinen Anspruch auf Mittel aus dem alternativen Maßnahmen- und Rettungspaket“ habe und auch andere Leistungen, wie etwa aus dem Härtefallfonds, nicht allen Unternehmen zustünden, vermag insbesondere auch vor dem Hintergrund der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dazu insbesondere auch VfGH 14.7.2020, G 202/2020 u.a., und die darin angeführte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zur Zulässigkeit von Eigentumsbeschränkungen) ebenfalls keine andere Beurteilung dieser Rechtsfrage als geboten erscheinen lassen (siehe auch VwGH 24.6.2021, Ra 2021/09/0141; vgl. ferner VwGH 20.5.2021, Ra 2021/03/0052). Zudem besteht auf die privatwirtschaftlich abzuwickelnde Gewährung von finanziellen Maßnahmen nach § 2 Abs. 2 Z 7 Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) gemäß § 3b Abs. 2 ABBAG-Gesetz grundsätzlich kein Rechtsanspruch.
8 Wenn zur Zulässigkeit der Revision mit einer erforderlichen Differenzierung zwischen Betriebsschließungen und Betriebsbeschränkungen argumentiert wird, ist auf die bereits ergangene Rechtsprechung zu verweisen, wonach § 4 Abs. 2 COVID-19-MG idF BGBl. I Nr. 23/2020 keineswegs nur an Betriebsschließungen anknüpft, sondern vielmehr an (alle) mit Verordnungen nach § 1 leg. cit. verfügten Maßnahmen, und für diese die Anwendung der Bestimmungen über Betriebsschließungen, sohin auch das diesbezügliche Entschädigungsrecht des Epidemiegesetzes 1950 (§ 32 Abs. 1 Z 4 und Z 5 EpiG) ausschließt. Dies gilt auch, wenn auf Grundlage von § 1 COVID-19-MG keine Betretungsverbote, sondern bloß (minder eingreifende) Maßnahmen verfügt wurden (siehe VwGH 23.3.2021, Ra 2021/09/0046, mit Hinweis auf VfGH 26.11.2020, E 3417/2020; 26.11.2020, E 3412/2020; VwGH 11.3.2021, Ra 2020/09/0078).
9 Entgegen dem Vorbringen stellte aber auch bereits der Verfassungsgerichtshof in seiner zu vergleichbaren Fällen ergangenen Rechtsprechung klar, dass die Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes in Verbindung mit § 1 der Verordnung BGBl. II Nr. 96/2020 im Ergebnis bewirken, dass mit diesen keine Betriebsschließungen nach § 20 EpiG angeordnet wurden, weshalb in diesen Fällen insbesondere Ansprüche auf Vergütung des Verdienstentgangs nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG ausgeschlossen sind (vgl. VwGH 11.3.2021, Ra 2021/09/0028; Ra 2020/09/0078).
10 Mit dem Argument, dass der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister die getroffenen Maßnahmen auch mit einer auf § 20 EpiG gestützten Verordnung habe erlassen können, hat sich der Verwaltungsgerichtshof schließlich ebenfalls bereits in seinem Erkenntnis vom 24. Februar 2021, Ra 2021/03/0018, Rn. 32 ff, auseinandergesetzt, sodass auch insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird (siehe auch VwGH 26.3.2021, Ra 2021/09/0015).
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 9. September 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090168.L00Im RIS seit
12.10.2021Zuletzt aktualisiert am
17.12.2021