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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §67a Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, in der Beschwerdesache des A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. Februar 1995, Zl. UVS-02/32/00051/94-20, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Februar 1995 wurde die an diese gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt infolge "Ausführung" des Beschwerdeführers vom Polizeigefangenenhaus zur afghanischen Botschaft unter Berufung auf § 67 Abs. 1 Z. 2 iVm § 67c AVG zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 25. September 1995, B 933/95, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:
Die Begründung des angefochtenen Bescheides läßt sich dahin zusammenfassen, die bekämpfte Maßnahme bestehe darin, daß der in Schubhaft befindliche Beschwerdeführer unter Polizeibegleitung zur Konsularabteilung der afghanischen Botschaft gebracht worden sei; dies zum Zwecke der Erlangung eines Heimreisezertifikates, nachdem diese Botschaft in einem Gespräch mit einem Behördenorgan mitgeteilt habe, die persönliche Vorsprache des Beschwerdeführers sei hiefür erforderlich. Es sei allerdings nicht als erwiesen anzusehen, daß diese "Ausführung" des Beschwerdeführers zwangsweise erfolgt sei.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ergibt sich sehr wohl eine Rechtsgrundlage für eine in Durchführung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erfolgte Vorführung eines Fremden zur Botschaft (dem Konsulat) seines Heimatstaates zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikates. Aus § 36 Abs. 1 Fremdengesetz ist ersichtlich, daß Fremde auch gegen ihren Willen zur Ausreise verhalten werden können (Abschiebung); zur Sicherung u.a. der Abschiebung (aber auch des Verfahrens) kann auch die Schubhaft verhängt werden (§ 41 Abs. 1 FrG). Um aber diese Abschiebung zu ermöglichen, wird es allenfalls erforderlich sein, vom Heimatstaat ein Heimreisezertifikat zu erlangen, was jedoch die Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit des Fremden veraussetzt. Dem entsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. Juli 1995, Zlen. 94/02/0117, 0231, 0278) eine Mitwirkungspflicht des Fremden zur Erlangung des erforderlichen Heimreisezertifikates oder eines nationalen Reisepasses bejaht, was sich aus § 48 Abs. 4 Z. 2 und Z. 3 Fremdengesetz (wonach sich die Schubhaft verlängert, wenn der Fremde an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht im erforderlichen Ausmaß mitwirkt oder weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt) ableiten läßt. Das Begehren der Vertretung des Heimatstaates, vor Ausstellung eines Heimreisezertifikates die Identität und Staatsangehörigkeit des Fremden allenfalls auch durch persönliche Kontaktaufnahme zu prüfen, kann daher auch im Wege einer sogenannten "faktischen Amtshandlung" durchgesetzt werden. Damit wird dem Erfordernis Rechnung getragen, die Abschiebung auch in dieser Hinsicht rechtlich und faktisch zu ermöglichen.
Damit gehen aber die Beschwerdeausführungen ins Leere, wonach das "Ausführen" des Beschwerdeführers zur afghanischen Botschaft gegen seinen Willen erfolgt sei.
Soweit der Beschwerdeführer aber einen Verfahrensmangel insofern behauptet, als er "zum neuerlichen Termin" zur mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde nicht geladen worden sei, genügt der Hinweis, daß es ihm insoweit oblegen wäre, eine Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels darzutun (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. September 1996, Zl. 96/03/0171); solches ist jedoch - insbesondere im Zusammenhang mit den obigen Ausführungen - nicht erkennbar.
Im Hinblick auf die Darlegungen der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides war jedenfalls die Annahme gerechtfertigt, daß die bekämpfte "Ausführung" des Beschwerdeführers zur afghanischen Botschaft rechtmäßig war. Dadurch daß die belangte Behörde die an sie gerichtete Beschwerde zurück- statt abgewiesen hat, ist eine Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers nicht zu erkennen, da dadurch seine Rechtsstellung in keiner Weise zu seinem Nachteil beeinträchtigt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 1995, Zl. 95/02/0217).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995020572.X00Im RIS seit
20.11.2000