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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §34 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über den Antrag der A Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 VwGG, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag wird keine Folge gegeben.
Begründung
Mit Beschluß vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0227, hat der Verwaltungsgerichtshof das Beschwerdeverfahren der hier antragstellenden Partei gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Februar 1996, Zl. MA 15-II-BEG 138/95, mit der Begründung eingestellt, daß die beschwerdeführende Gesellschaft mit Berichterverfügung vom 23. August 1996 u.a. dazu aufgefordert worden sei, eine weitere Ausfertigung der ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichteten (und danach dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen) Beschwerde für den Bundesminister für Arbeit und Soziales gemäß § 29 VwGG beizubringen, eine solche Ausfertigung ihrem Mängelbehebungsschriftsatz jedoch nicht beigeschlossen habe.
Dazu bringt die Beschwerdeführerin im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag unter Bezugnahme auf den im vorgenannten Verfahren erstatteten ergänzenden Schriftsatz folgendes vor:
"1. Schon der Rubrik unserer Beschwerde ist zu entnehmen, daß als Beilage Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG angemerkt ist. Es bestand die Weisung des Beschwerdevertreters, diese weitere Ausfertigung der Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG - gemäß dem erteilten Auftrag vom 23.8.1996 - auch der Ausführung der Bescheidbeschwerde beizulegen.
2. In der Kanzlei unseres Beschwerdevertreters besteht die ständige Anweisung, daß bei Abfertigung von Eingaben an Gerichte und Behörden von jeder versendeten Eingabe eine gelbfarbene Vollrubrik angefertigt wird, an dieser der Aufgabeschein angeheftet wird und an dieser Beilage überdies jene Beilagen angeschlossen werden, die der Gerichtseingabe beizuschließen sind.
3. Diese Vollrubrik samt Beilagen wird der gegenständlichen Eingabe im Original samt Beilagen beigeschlossen.
...
Es entsprach daher dem Auftrag des Beschwerdevertreters diese Eingabe auch mit diesen Beilagen zu versenden.
3. Die Kuvertierung und Überprüfung der Beilagen wird in der Kanzlei des Beschwerdevertreters von langjährigen und verläßlichen Kanzleibediensteten durchgeführt. Nach dem Aktenstand bestand der Auftrag zum Beischluß dieser - vom Verwaltungsgerichtshof urgierten - weiteren Ausfertigung. Sie ist auch als Beilage auf der ersten Seite der Beschwerdeausführung vermerkt. Es kann heute nicht mehr nachvollzogen werden, ob die Beilage allenfalls bei der Kuvertierung in der Kanzlei des Beschwerdevertreters oder nach Eröffnung der Post in der Einlaufstelle des Verwaltungsgerichtshofes in Verstoß geraten ist.
4. Nach der Erinnerung des Beschwerdevertreters war diese weitere Ausfertigung der Beschwerde nach Art. 144 B-VG auch beigeschlossen. Dies wird vom Beschwerdevertreter durch Unterfertigung der Eingabe an diesem Punkt auch neuerlich bestätigt.
5. Daß diese angeforderte weitere Ausfertigung tatsächlich - entgegen der Absicht und Weisung des Beschwerdevertreters - nicht beim erkennenden Senat eingelangt ist, wurde uns erst durch den Beschluß vom 22. Oktober 1996, eingelangt am 3. Dezember 1996, bewußt bzw. bekannt.
Wir waren daher durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis ohne unser Verschulden daran gehindert, fristgerecht eine weitere Ausfertigung der Beschwerde vorzulegen."
Bei einem gemäß § 34 Abs. 2 VwGG erteilten Mängelbehebungsauftrag wird die Frist zur Verbesserung nicht nur dann versäumt, wenn diesem Auftrag innerhalb der Frist überhaupt nicht, sondern auch dann, wenn ihm nur unvollständig (mangelhaft, teilweise) entsprochen wurde (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. Juni 1988, Slg. Nr. 12.742/A). Der Antrag ist daher zulässig.
Er ist allerdings unbegründet:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, wobei ein der Partei zur Last liegendes Verschulden die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht hindert, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden eines Parteienvertreters dem Verschulden des Vertretenen gleichzusetzen (vgl. etwa die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 656 f, wiedergegebene Rechtsprechung).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich der vorliegende Antrag als unschlüssig: Wenn unter Punkt 1. des Antrages davon die Rede ist, daß aus der Beschwerderubrik zu entnehmen sei, daß als Beilage "Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG angemerkt ist", so ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, daß das Original der verfassungsgerichtlichen Beschwerde samt Bescheid dem Beschwerdevertreter mit der Berichterverfügung, welche den Mängelbehebungsauftrag enthalten hat, zurückgestellt wurde. Die Anmerkung in der Rubrik des Mängelbehebungsschriftsatzes "Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG" bedeutete daher - im Gegensatz zu jenem Inhalt, der ihr im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag beigelegt werden soll - daß zwar die Originalbeschwerde, nicht aber auch eine weitere Ausfertigung dieser Beschwerde dem Mängelbehebungsschriftsatz (zumindest nach dem diesbezüglichen Vermerk in der Rubrik) beigeschlossen werden sollte. Daher geht auch aus der dem vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag beigeschlossenen Rubrik (auf gelbem Papier) - entgegen dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag - nicht hervor, daß eine weitere Beschwerdeausfertigung dem Mängelbehebungsschriftsatz beigeschlossen gewesen sei.
Es war daher auch für eine "langjährige und verläßliche Kanzleibedienstete" bei der Kuvertierung und Überprüfung der Beilagen anhand von deren Aufzählung auf der Rubrik des Schriftsatzes gar nicht erkennbar, wenn eine weitere Ausfertigung der Urbeschwerde fehlte. Somit ist anhand des Vorbringens im Wiedereinsetzungsantrag auch nicht nachvollziehbar, daß "nach dem Aktenstand" der Auftrag zum Beischluß dieser weiteren Ausfertigung erteilt worden sein soll. Dies kann aber dahingestellt bleiben, da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes es ein Rechtsanwalt nicht einer Kanzleibediensteten überlassen darf, die auf Grund eines Mängelbehebungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen Beilagen in eigener Verantwortung einem bereits unterfertigten Mängelbehebungsschriftsatz beizuschließen. Der Beschwerdevertreter hat sich vielmehr bei Unterfertigung eines solchen Mängelbehebungsschriftsatzes persönlich von der Vollständigkeit der Beilagen zu überzeugen; unterläßt er dies, so liegt ihm grobes Verschulden zur Last, welches die Wiedereinsetzung ausschließt (vgl. u.a. den hg. Beschluß vom 25. September 1990, Zl. 90/08/0148, ebenso der Beschluß vom 14. März 1991, Zl. 91/06/0026).
Soweit die Beschwerdeführerin behauptet, daß "nach der Erinnerung des Beschwerdevertreters" die weitere Ausfertigung der Beschwerde nach Art. 144 B-VG auch tatsächlich beigeschlossen gewesen sei, steht diese Behauptung im Widerspruch mit den Ausführungen zu Punkt 1., wonach lediglich die Weisung des Beschwerdevertreters bestand, "diese weitere Ausfertigung der Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG" der Ausführung der Bescheidbeschwerde beizulegen. Bestand aber eine Weisung, Beilagen nachträglich dem unterfertigten Schriftsatz beizuschließen, wobei die Überprüfung der Beilagen von "langjährigen und verläßlichen Kanzleibediensteten" durchgeführt werden sollte, so vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht nachzuvollziehen, welche Wahrnehmung der Beschwerdevertreter überhaupt machen konnte, die seine "Erinnerung" begründen, daß diese weitere Ausfertigung der Beschwerde nach Art. 144 B-VG auch tatsächlich beigeschlossen gewesen sei.
Dafür, daß die zusätzliche Ausfertigung der verfassungsgerichtlichen Beschwerde in der Einlaufstelle des Verwaltungsgerichtshofes in Verstoß geraten sein könnte, fehlt nicht nur jeder Anhaltspunkt: selbst für den Fall des Zutreffens dieser Behauptung wäre dies nicht im Rahmen eines Wiedereinsetzungsantrages, sondern im Rahmen eines Wiederaufnahmeantrages gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG entsprechend geltend zu machen; einen solchen Wiederaufnahmsantrag hat die Beschwerdeführerin im vorliegenden Schriftsatz aber gar nicht gestellt.
Es ist somit der Beschwerdeführerin weder gelungen darzutun, daß sie durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gehindert war, fristgerecht eine weitere Ausfertigung der Beschwerde vorzulegen, noch konnte sie darlegen, daß dies nur durch einen Grad minderen Versehens ihres Parteienvertreters verursacht wurde.
Der Wiedereinsetzungsantrag war daher gemäß § 46 Abs. 4 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Schlagworte
FristMängelbehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996080353.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
20.05.2009