Entscheidungsdatum
09.06.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z5Spruch
W169 2194820-3/6E
W169 2194820-2/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerden des XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen
I. Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.03.2021, Zl. 1141278604-190157661, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2020, Zl. 1141278604-190157661, beschlossen:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG idgF als verspätet zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 03.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.03.2018, Zl. 1141278604-170108585, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.03.2019 gewährt (Spruchpunkt III.).
3. Die gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.07.2019, W221 2194820-1/8E, als unbegründet abgewiesen.
4. Am 08.01.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung.
5. Am 13.02.2019 wurde der Beschwerdeführer im Verfahren über die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen.
6. Am 26.02.2019 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den Länderfeststellungen ein. Ebenso übermittelt wurde ein Konvolut an Unterlagen über die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers in Österreich sowie eine Schulbesuchsbestätigung des Schuljahres 2016/2017.
7. Gemäß Aktenvermerk des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.07.2019 wurde das Aberkennungsverfahren eingestellt, da keine maßgebliche Änderung der Lage in Somalia eingetreten sei. Zudem sei die Staatsanwaltschaft XXXX am 16.01.2019 von einer Verfolgung des Beschwerdeführers wegen des Verdachts auf unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 SMG zurückgetreten.
8. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.07.2019, Zl. 1141278604-170108585, wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 14.03.2021 verlängert.
9. Gemäß Aktenvermerk des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.01.2020 wurde das eingestellte Aberkennungsverfahren gegen den Beschwerdeführer weitergeführt, da dieser aufgrund des Abschlussberichts des Stadtpolizeikommandos XXXX vom 15.12.2019 der absichtlichen schweren Körperverletzung verdächtigt werde.
10. Aufgrund der Berichterstattung der Landespolizeidirektion XXXX vom 06.06.2020 und des Abschlussberichts vom 21.07.2020 wurde der Beschwerdeführer am 05.06.2020 nach Betretung auf frischer Tat des Hausfriedensbruchs gemäß § 109 StGB und der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB verdächtigt und festgenommen.
11. Aufgrund des Abtretungsberichts der Landespolizeidirektion XXXX vom 08.06.2020 wurde der Beschwerdeführer des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 2 SMG am 28.05.2020 verdächtigt und zeigte sich geständig. Mit Schreiben vom 16.06.2020 verständigte die Staatsanwaltschaft XXXX das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom Rücktritt von der Verfolgung.
12. Mit Schreiben vom 10.06.2020 verständigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführer von der Absicht, ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen.
13. Aufgrund des Abschlussberichts der Landespolizeidirektion XXXX vom 30.06.2020 wurde der Beschwerdeführer der Vergewaltigung gemäß § 201 StGB am 15.06.2020 verdächtigt.
14. Am 07.07.2020 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Aberkennungsverfahren ein.
15. Am 30.07.2020 wurde der in Österreich wohnhafte Onkel des Beschwerdeführers als Zeuge durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum Aberkennungsverfahren des Beschwerdeführers niederschriftlich einvernommen.
16. Am 06.08.2020 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinem Aberkennungsverfahren niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer legte einen Arbeitsvertrag als Gehilfe in einem gastronomischen Betrieb vor.
17. Aufgrund des Abschlussberichts der Landespolizeidirektion XXXX vom 25.08.2020 wurde der Beschwerdeführer der schweren Sachbeschädigung gemäß § 126 StGB und der gefährlichen Drohung gemäß § 107 StGB am 17.08.2020 verdächtigt.
18. Mit Schreiben vom 24.09.2020 verständigte die Staatsanwaltschaft XXXX das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl von der Erhebung der Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 StGB.
19. Aufgrund der Dokumentation des Landespolizeidirektion XXXX vom 11.11.2020 wurde beginnend mit dem selben Tag ein Betretungsverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen. Aufgrund des Abschlussberichts der Landespolizeidirektion XXXX vom 15.01.2021 wurde der Beschwerdeführer der Freiheitsentziehung nach § 99 StGB, des Diebstahls nach § 127 StGB, der Körperverletzung nach § 83 StGB, der schweren Nötigung nach § 106 StGB und der Nötigung nach § 105 StGB am 10.11.2020 und 11.11.2020 verdächtigt.
20. Mit Schreiben vom 18.11.2020 verständigte die Staatsanwaltschaft XXXX das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl von der Erhebung der Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 StGB und des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 StGB.
21. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2020, Zl. 1141278604-190157661, wurde der dem Beschwerdeführer zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG aberkannt (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 9 Abs. 4 AsylG die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen (Spruchpunkt II.), ihm ein Aufenthaltstitel „besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Somalia festgestellt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
22. Gemäß dem im Akt aufliegenden Rückschein wurde am 14.12.2020 durch ein Postorgan ein erfolgloser Zustellversuch dieses Bescheides an der Meldeadresse des Beschwerdeführers vorgenommen und eine Verständigung der Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt. Der Bescheid wurde in einer Postfiliale hinterlegt. Der Beginn der Abholfrist fiel auf den 15.12.2020. Der Bescheid wurde in der Folge vom Beschwerdeführer nicht abgeholt.
23. Am 11.01.2021 stellte der Beschwerdeführer – unterstützt von einer Rechtsberatungsorganisation – einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung und legte ein Konvolut an Arbeitsunterlagen bei, wonach er mit 16.12.2020 der Österreichischen Post AG als Arbeitskraft (allgemeiner Hilfsarbeiter) überlassen wurde.
24. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 13.01.2021, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Nötigung nach §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, des Vergehens der Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 15 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15 Abs. 1, 83 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 StGB zu einer auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
25. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.01.2021, Zl. 1141278604-170108585, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 11.01.2021 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer bereits mit Bescheid 27.11.2020, zugestellt am 15.12.2020 und rechtskräftig seit 12.01.2021 der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde.
26. Aufgrund des Berichts der Landespolizeidirektion XXXX vom 01.02.2021 und des Zustellscheins wurde dieser Bescheid dem Beschwerdeführer am 01.02.2021 durch persönliche Übernahme zugestellt.
27. Mit Schreiben vom 16.02.2021 ersuchte eine Rechtsberaterin der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH) das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um ehestmögliche Übermittlung des Aberkennungsbescheides des Beschwerdeführers, der sich aktuell dort in Beratung befinde.
28. Am 16.02.2021 erhob der Beschwerdeführer gegen den Aberkennungsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2020 Beschwerde und verband diese mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Den Antrag auf Wiedereinsetzung begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er am 29.01.2021 eine Textnachricht der Polizei erhalten habe, dass er einen Bescheid abholen solle. Er sei dieser Aufforderung am „02.02.2021“ nachgekommen und habe den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.01.2021 erhalten, wodurch er erfahren habe, dass ihm mit Bescheid vom 27.11.2020, zugestellt am 15.12.2020, der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde. Der Beschwerdeführer habe in dieser Zeit nachts bei der Post gearbeitet und viel Zeit bei Freunden verbracht, sei aber regelmäßig, zumeist am Wochenende, an seiner Meldeadresse gewesen, um seine Post zu überprüfen. Zu seinem Postkasten hätte nicht nur er, sondern auch zwei weitere Personen, die an jener Adresse gewohnt hätten, Zugang gehabt. Der Beschwerdeführer „vermute“ daher, dass der „gelbe Zettel“ zur Hinterlegung des Bescheides unabsichtlich von einer der anderen beiden Personen entnommen worden sei und diese Person es verabsäumt habe, das Schriftstück dem Beschwerdeführer rechtzeitig vorzulegen. Im Jänner habe sich ein „gelber Zettel“ dann im Postkasten befunden. Als der Beschwerdeführer zur Post gegangen sei, um den Brief abzuholen, sei dieser „wohl bereits zurückgeschickt“ worden. Der Beschwerdeführer habe daher „keine Kenntnis zum Inhalt des Bescheides“ gehabt. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass ein weiterer Bewohner der Wohnung, in welcher der Beschwerdeführer gemeldet war, die Hinterlegungsanzeige entfernt habe. Den Beschwerdeführer treffe also nur ein minderer Grad des Versehens an der Unkenntnis von der Hinterlegung. Er habe erst im Zuge der Zustellung des Bescheides vom 28.01.2021 über die Aberkennung seines Schutzstatus mit Bescheid vom 27.11.2020 Kenntnis erlangt.
29. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.03.2021, Zl. 1141278604-190157661, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG iVm § 71 AVG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 33 Abs. 4 Satz 3 VwGVG die aufschiebende Wirkung zuerkannt (Spruchpunkt II.).
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass kein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, welches den Beschwerdeführer an der rechtzeitigen Einbringung einer Beschwerde im Aberkennungsverfahren gehindert hätte, bestanden habe. Der Bescheid sei dem Beschwerdeführer ordnungsgemäß zugestellt worden. Es liege im Verschulden des Beschwerdeführers, dass er sich meistens bei Freunden aufgehalten und nur manchmal an seiner Meldeadresse vorbeigeschaut habe, um nachzusehen, ob Post eingelangt ist, zumal es in jenem Zeitraum einen durch die COVID-19-Pandemie bedingten „Lockdown“ gegeben habe. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können, dass tatsächlich eine andere Person zu seinem Postkasten Zugang gehabt habe und die Hinterlegungsanzeige entnommen habe. Der Beschwerdeführer habe weder genaue Angaben zu jener Person gemacht oder sonst Bescheinigungsmittel vorgelegt, noch erscheine es plausibel, dass diese Person zunächst die Hinterlegungsanzeige entnommen habe und sie später wieder in den Postkasten zurückgelegt habe, ohne den Beschwerdeführer darüber zu informieren. Letztlich wäre es dem Beschwerdeführer aber auch bei Wahrunterstellung möglich gewesen, nach Auffinden der Hinterlegungsanzeige und Mitteilung der Post, dass der Bescheid bereits zurückgeschickt worden sei, die belangte Behörde direkt zu kontaktieren. Stattdessen sei der Beschwerdeführer aber in der Folge untätig geblieben und habe sich nicht weiter darum gekümmert. Der Beschwerdeführer habe somit seine Sorgfaltspflicht grob verletzt.
30. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und bekräftige die bereits im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand genannten Gründe. Es liege keine grobe Verletzung der Sorgfaltspflicht vor, da der Beschwerdeführer regelmäßig seinen Postkasten überprüft habe. Zudem habe der Beschwerdeführer unzureichende Deutschkenntnisse, sei rechtsunkundig und noch jung. Dem Beschwerdeführer sei nicht bewusst gewesen, dass er bereits auf der Benachrichtigung vom Zustellversuch den Absender erkennen hätte können. Seine Deutschkenntnisse seien nicht ausreichend gewesen, um „die notwendigen Informationen“ einholen zu können. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass es sich um einen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gehandelt habe und die Rechtswirkungen der Zustellung bereits durch die bloße Hinterlegung ausgelöst werden. Der Beschwerdeführer habe gewissenhaft am Aberkennungsverfahren mitgewirkt. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
31. Mit Schreiben vom 24.05.2021 verständigte die Staatsanwaltschaft XXXX das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl von der Erhebung der Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Nötigung gemäß § 105 Abs. 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakten des Beschwerdeführers, und zwar insbesondere aus dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2020 (Akt II, AS 81 ff) samt dem dazugehörigen Zustellschein (Akt II, AS 193), dem Bescheid vom 28.01.2021 (Akt II, AS 213 ff) samt dem polizeilichen Zustellbericht und dem Zustellschein (Akt II, AS 231 f), dem Antrag auf Wiedereinsetzung und der Beschwerde vom 16.02.2021 (Akt II, AS 239 ff), dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.03.2021 (Akt II, AS 259 ff) und der Beschwerde vom 29.03.2021 (Akt II, AS 283 ff).
2. In rechtlicher Hinsicht ist dazu Folgendes auszuführen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zum Spruchteil A)
3.1. Zur Beschwerde gegen den Bescheid vom 01.03.2021:
Bei Versäumen der für das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren vorgesehenen Beschwerdefrist ist § 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die maßgebliche Bestimmung (§ 17 VwGVG) und nicht §§ 71, 72 AVG, insbesondere nicht § 71 Abs. 4 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (VwGH2 8.09.2016, Ro 2016/16/0013). Die insbesondere zu den §§ 71 und 72 AVG ergangene Rechtsprechung des VwGH lässt sich aber auch auf die durch das VwGVG neu geschaffene Rechtslage übertragen, zumal sich die für die Erwägungen der Judikatur maßgeblichen Vorschriften im § 33 VwGVG wiederfinden (VwGH 21.10.2014, Ra 2014/03/0037; 24.09.2015, Ra 2015/07/0113).
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn diese Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,
bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
Gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG hat die Behörde bis zur Vorlage der Beschwerde über den Antrag mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
Ein Ereignis ist dann „unabwendbar“, wenn der Eintritt dieses Ereignisses objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden konnte. Ein Ereignis ist als „unvorhergesehen“ zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht mit einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten werden konnte. Anders als das Tatbestandsmerkmal des „unabwendbaren“ erfasst jenes des „unvorhergesehenen“ Ereignisses die subjektiven Verhältnisse der Partei, sodass nicht der objektive Durchschnittsablauf, sondern der konkrete Ablauf der Ereignisse maßgebend ist (VwGH 17.02.1994, Zl. 93/16/0020). Das im Begriff der „Unvorhergesehenheit“ gelegene Zumutbarkeitsmoment (VwGH 25.03.1976, Zl. 0265/75, VwSlg. 9024 A/1976) ist dahingehend zu verstehen, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit dann noch gewahrt ist, wenn der Partei (ihrem Vertreter) in Ansehung der Wahrung der Frist nur ein „minderer Grad des Versehens“ unterläuft (VwGH 26.06.1985, Zl. 83/03/0134; VfGH 27.02.1985, Zl. G 53/83-13 u.a.). Ein solcher „minderer Grad“ des Versehens (im Sinne des § 1332 ABGB) liegt nur dann vor, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, also dann, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht (VwGH 22.11.1996, Zl. 95/17/0112; 23.05.2001, Zl. 99/06/0039; 01.06.2006, Zl. 2005/07/0044). Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (VwGH 08.10.1990, Zl. 90/15/0134; 14.07.1993, Zl. 93/03/0136; 24.05.2005, Zl. 2004/01/0558). Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an behördlichen oder gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen. Bei der Beurteilung, ob eine auffallende Sorglosigkeit vorliegt, ist also ein unterschiedlicher Maßstab anzulegen, wobei es insbesondere auf die Rechtskundigkeit und die Erfahrung im Umgang mit Behörden ankommt (VwGH 18.04.2002, Zl. 2001/01/0559; 29.01.2004, Zl. 2001/20/0425; 17.07.2008, Zl. 2007/21/0227; 23.06.2008, Zl. 2008/05/0122).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, ist die Zulässigkeit der Wiedereinsetzung in das Verfahren nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt ist. Der behauptete Wiedereinsetzungsgrund muss daher bereits im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand glaubhaft gemacht bzw. müssen bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel beigebracht werden (VwGH 07.08.1992, Zl. 92/14/0033; 11.07.2000, Zl. 2000/16/0311). Trotz des im Verwaltungsverfahren herrschenden Grundsatzes der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit die Pflicht sind somit im Wiedereinsetzungsantrag neben den Angaben zur Rechtzeitigkeit die Gründe anzuführen, auf die er sich stützt, und ist ihr Vorliegen glaubhaft zu machen (VwGH 19.06.1990, Zl. 90/04/0101). Die Behörde ist auf Grund der Antragsbedürftigkeit des Verfahrens ausschließlich an die vom Wiedereinsetzungswerber (rechtzeitig) vorgebrachten tatsächlichen Gründe gebunden. Es ist ihr verwehrt, von sich aus weitere Gesichtspunkte in die Prüfung mit einzubeziehen (VwGH 14.12.1995, Zl. 95/19/0622; siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 115).
Der mit „Hinterlegung“ betitelte § 17 ZustG lautet:
„§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.“
Die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung wird nach § 17 Abs. 3 Satz 4 ZustG nicht durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl. VwGH 24.05.2007, 2006/07/0101).
Die genaue Ausgestaltung der Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments nach § 17 Abs. 2 ZustG ist in § 1 Abs. 1 erster Unterpunkt Zustellformularverordnung (ZustFormV) geregelt. Das betreffende „Formular 1“ enthält demnach auf der Vorderseite die Überschrift „Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments“ sowie unter anderem den Absender des Dokuments, den Abholort und den Hinweis, bei Abholung diese Verständigung und einen Lichtbildausweis mitzunehmen. Auf der Rückseite wird unter der Überschrift „Wichtige Information!“ darauf aufmerksam gemacht, dass auch bei Nichtabholung „die Rechtswirkungen der Zustellung (zB der Beginn des Laufes von Rechtsmittelfristen)“ eintreten können und das Dokument grundsätzlich an jenem Tag als zugestellt gilt, an dem es zum ersten Mal zur Abholung bereitgehalten wird.
Die Nichtbeachtung einer Information (insbesondere über den Beginn der Abholfrist und die damit verbundene Zustellwirkung) auf der Hinterlegungsanzeige begründet, ebenso wie ein (allfälliges) Unterlassen des Lesens des Verständigungstextes, schon für sich genommen grobe Fahrlässigkeit (vgl. VwGH 1.8.2000, 2000/21/0097, 0098; VwGH 22.3.2012, 2012/09/0019). Spätere Erkundigungen, Informationen über die Rechtslage durch den Rechtsvertreter, Nichtausschöpfen der vermeintlich offenstehenden Beschwerdefrist sowie die Vornahme weiterer dem Revisionswerber von seinem Rechtsvertreter aufgetragener Recherchen können an dem groben Sorgfaltsverstoß, der auch nicht durch eine mögliche Akteneinsicht beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beseitigt worden war, nichts mehr ändern (VwGH 29.09.2020, Ra 2020/21/0214).
Im gegenständlichen Fall wird seitens des Beschwerdeführers nicht bestritten, dass der Aberkennungsbescheid vom 27.11.2020 am 15.12.2020 ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellt wurde und der Lauf der Beschwerdefrist somit ausgelöst wurde. Der Beschwerdeführer hat daher durch die – mit Wiedereinsetzungsantrag verbundene – Einbringung der Beschwerde erst am 16.02.2021 die vierwöchige Beschwerdefrist jedenfalls versäumt.
Der Beschwerdeführer führte vielmehr ins Treffen, dass er von Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt habe, weil ein anderer Bewohner, der auch Zugriff auf den Postkasten gehabt habe, möglicherweise die Hinterlegungsanzeige (irrtümlich) entnommen habe und erst später wieder in den Postkasten zurückgelegt habe, sodass der Beschwerdeführer erst zu einem nicht näher genannten Datum im Jänner 2021 die Hinterlegungsanzeige im Postkasten vorgefunden habe. Nachdem er mit der Hinterlegungsanzeige zur Post gegangen sei, sei ihm dort aber mitgeteilt worden, dass der Bescheid nicht mehr aufliege. In der Folge habe der Beschwerdeführer erst durch die Zustellung des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.01.2021 am „02.02.2021“ vom Aberkennungsbescheid Kenntnis erlangt.
Damit kann der Beschwerdeführer aber keinen Wiedereinsetzungsgrund darlegen. Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist darin zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen konnte, dass eine andere Person die Hinterlegungsanzeige aus dem Postkasten entnommen hat. Nicht nur bescheinigte der Beschwerdeführer seine Behauptung nicht, nannte schon keine konkrete Person, sondern gab auch selbst an, dass er bloß „vermute“, dass es sich so zugetragen haben könnte, wodurch sich der Wiedereinsetzungsgrund als bloße Spekulation darstellt. Darüber hinaus erscheint es äußerst unplausibel, dass eine andere Person zunächst Mitte Dezember die Hinterlegungsanzeige entnommen hätte und sie im Jänner – somit zumindest zwei Wochen später – wieder in den Postkasten zurückgelegt hätte, ohne den Beschwerdeführer darüber zu benachrichtigen. Desweiteren behauptete der Beschwerdeführer zwar, sodann im Jänner mit der Hinterlegungsanzeige bei der Post gewesen zu sein, machte aber auch hierzu keine genaueren Datumsangaben. Das Vorbringen des Beschwerdeführers erweckt damit viel eher den Anschein einer Schutzbehauptung. Schon aus diesem Grund durfte die belangte Behörde den Wiedereinsetzungsantrag zu Recht abweisen.
Selbst wenn man aber das Vorbringen des Beschwerdeführers als wahr unterstellen würde, hätte er bereits mit dem Zeitpunkt im Jänner 2021, als er die Hinterlegungsanzeige entdeckte – in Betrachtung des Antragsvorbringens offenbar vor Stellung des Antrags auf Verlängerung des Schutzstatus am 11.01.2021 – davon erfahren, dass versucht wurde, ihm ein behördliches Schriftstück zuzustellen. Nach Aufsuchen der Postfiliale hat der Beschwerdeführer aber keine weiteren Schritte unternommen und somit eine auffallende Sorglosigkeit an den Tag gelegt. Auch bei geringen Deutschkenntnissen wäre es ihm zumutbar gewesen, aufgrund der Hinterlegungsanzeige, der das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Absender zu entnehmen ist, mit diesem in Kontakt zu treten, zumal dem Beschwerdeführer bewusst sein musste und gemäß seinem Vorbringen auch bewusst war, dass dieses ein Aberkennungsverfahren gegen ihn führte. Dies, zumal der Beschwerdeführer die Hinterlegungsanzeige offenkundig doch so weit verstand, dass er erkannte, dass versucht wurde, ihm ein Schriftstück zuzustellen, andernfalls er nicht die Postfiliale aufgesucht hätte. Alternativ hätte er die Hinterlegungsanzeige auch anlässlich der Verfassung des Schreibens über die Verlängerung des Schutzstatus vom 11.01.2021, bei der er von einer Rechtsberatungsorganisation unterstützt wurde, mit dieser besprechen können. Es wäre ihm gegebenenfalls auch sonst zumutbar gewesen, sich den Inhalt der Hinterlegungsanzeige von einer Person, die der deutschen Sprache besser mächtig ist, im Detail oder zumindest in den wichtigsten Punkten erklären zu lassen. Indem der Beschwerdeführer aber keine weiteren Erkundigungen anstellte, legte er eine auffallende Sorglosigkeit an den Tag, die den minderen Grad des Versehens jedenfalls übersteigt.
Im Ergebnis vermochte der Beschwerdeführer sohin keinen Wiedereinsetzungsgrund iSd. § 33 Abs. 1 VwGVG darzulegen und war die diesbezügliche Beschwerde gegen den Bescheid vom 01.03.2021 sohin abzuweisen.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass selbst unter der Annahme, dass der Beschwerdeführer tatsächlich unverschuldet erst mit Übergabe des Bescheides vom 28.01.2021 am 01.02.2021 (vgl. nochmals Akt II, AS 233) vom Aberkennungsbescheid vom 27.11.2020 erfuhr, der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 16.02.2021 einen Tag nach Ablauf der zweiwöchigen Frist des § 33 Abs. 3 VwGVG – somit verspätet – eingebracht worden ist, und sohin zurückzuweisen wäre.
3.2. Zur Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.11.2020:
Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen.
Gemäß § 32 Abs. 1 AVG wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
Wie bereits dargelegt wurde, gilt der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 17 Abs. 3 ZustG mit 15.12.2020 als zugestellt. Die gegenständliche Beschwerde wurde am 16.02.2021 bei der belangten Behörde eingebracht und somit erst nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG erhoben.
Da die gegenständliche Beschwerde somit erst nach Ablauf der gesetzlichen Beschwerdefrist eingebracht wurde und auch der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen war, ist gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.11.2020 als verspätet zurückzuweisen.
3.3. Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Nach Abs. 2 Z 1 leg.cit. kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist.
Nach Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Da hinsichtlich der Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.11.2020 aufgrund ihrer Verspätung zurückzuweisen war, konnte eine mündliche Verhandlung zu Ersterem gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG und zu Letzterem gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Spruchteil B) I. und II. Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, sondern ausschließlich tatsachenlastig ist. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben. Zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist die zur asylrechtlichen Ausweisung ergangene zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs übertragbar.
Schlagworte
Hinterlegung Verspätung Zustelladresse Zustellung Zustellung durch HinterlegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W169.2194820.2.00Im RIS seit
11.10.2021Zuletzt aktualisiert am
11.10.2021