TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/16 W257 2239376-1

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Veröffentlicht am 16.06.2021
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Entscheidungsdatum

16.06.2021

Norm

BDG 1979 §50a
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W257 2239376-1/9E

Schriftliche Ausfertigung des am 14.06.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herbert Gerhard MANTLER, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde von Frau GrInsp XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hermann Rieder, 6020 Innsbruck, Stiftgasse 23, gegen den Bescheid des Kommandanten des Landespolizeidirektors Tirol vom XXXX 2020, Zl. XXXX , bezüglich einer Reduzierung der Wochendienstzeit nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.06.2021 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und dem Antrag vom 21.08.2020 auf Reduzierung der Wochendienstzeit auf 28 Wochenstunden in der Zeit vom XXXX 2021 bis XXXX 2021 gem. § 50a BDG 1979 genehmigt.

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin steht im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie ist zur Dienstleistung der Landespolizeidirektion Tirol zugeteilt und trägt dort den Amtstitel Gruppeninspektorin. Sie ist eingestellte Exekutivbeamtin und versieht ihren Dienst an der PI XXXX .

Am 21.08.2020 beantragte die Beschwerdeführerin gemäß § 50a BDG die Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit auf 28 Stunden (70 %), beginnend mit XXXX 2021 für die Dauer von einem Jahr. Der Antrag langte bei der belangten Behörde, der Landespolizeidirektion Tirol, am 21.08.2020 ein.

Die Dienstbehörde stellte der Beschwerdeführerin am 25.11.2020 mit, dass die Dienstbehörde den Antrag ablehnen wird. Sie begründete es damit, dass mit der Genehmigung dieses Antrages § 50 Abs. 3 BDG - die dauernde wirksame Reduzierung – wirksam werden würde. Zu dem ihr erteilten Parteiengehör übersandte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme.

Mit dem von der Beschwerdeführerin bekämpften Bescheid vom XXXX 2020 wurde Folgendes verfügt: „Ihrem Antrag vom XXXX 2020 auf Herabsetzung ihrer regelmäßigen Wochendienstzeit auf 28 Wochenstunden in der Zeit vom XXXX 2021 bis XXXX 2021 wird gemäß § 50a BDG 1970 abgewiesen.“

Die Behörde begründete die Ablehnung zusammengefasst folgendermaßen:

Die Beschwerdeführerin sei vom von XXXX 2005 bis XXXX 2020 (in Summe 9 Jahre, 6 Monate und 13 Tage) gem. § 50a BDG 1979 auf 97,50% bzw ab XXXX 2015 auf 50% herabgesetzt worden. Sie unterliege dem Wechseldienstplan und verrichte zusätzlich 28 Journaldiensten Stunden im Monat. Das Stattgeben des Antrages würde für die Dienstbehörde bedeuten, dass sie zu keiner Mehrdienstleistung mehr herangezogen werden dürfe (§ 50a Abs. 3 BDG). An der Stammdienststelle der Beschwerdeführerin würden vom XXXX .2020 bis XXXX 2020 insgesamt 1218,83 Stunden geleistet werden, dies eine wöchentliche Überstundenleistung von 1,99 Stunden/Beamten entsprechen würde. Entsprechend des VwGH Erk vom 30.11.2011, Ra. 2009/12/0182 dürfe die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes nicht von der Freiwilligkeit der auf der Dienststelle verbleibenden Beamten abhängig gemacht werden. Aufgrund der angespannten Personalsituation im ganzen Bundesland sei ein Ausgleich der fehlenden Arbeitskraft auch nicht möglich. Es stehen somit wichtige dienstliche Interessen dagegen. Zukünftig sei auch mit einem natürlichen Abgang wegen Pensionierungen zu rechnen, dies die Personalsituation weiter verschärfen würde. Würde der Antrag stattgegeben werden, würde die Beschwerdeführerin dauerhaft über die für sie maßgebenden Wochendienstzeiten hinaus, nur dann zur Dienstleistung herangezogen werden, wenn zur Vermeidung eines Schadens unverzüglich notwendig sei und ein anderer Bediensteter nicht zur Verfügung stehen würde (§ 50a Abs. 3 BDG).

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Die Beschwerdeführerin vermeinte, dass das Argument der Behörde, im Falle der Bewilligung würde iSd § 50a Abs. 3 zweiter Satz BDG zur Anwendung gelangen (die dauernde Herabsetzung), würde ohne konkreten und nachvollziehbaren Auswirkungen auf die Dienststelle, dargestellt werden. Die Beschwerdeführerin hätte in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass nach § 48a Abs. 3 BDG die Wochendienstzeit innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen im Durchschnitt 48 Stunden nicht überschritten werden dürfe, dies auf ihrer Dienststelle jedoch nicht der Fall sei. Für die Beschwerdeführerin wäre die Rolle als alleinerziehende Mutter nicht absehbar gewesen. Die schulische Betreuung wegen der Corona-Maßnahmen wäre bei einer Vollbeschäftigung nicht möglich. Es wurden folgende Anträge gestellt: (i) das VwG möge die Entscheidung des LPD aufheben und in der Sache selbst entscheiden, indem dem Antrag entsprochen werden solle, (ii) in eventu den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und der Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverweisen und (iii) möge eine mündliche Verhandlung anberaumt werden.

Der Verwaltungsakt wurde dem BvWG am 08.02.2021 vorgelegt.

Mit Schreiben vom 18.02.2021 wurde die Dienstbehörde aufgefordert folgende Fragen zu beantworten:

Es möge dargelegt werden, (i) wann mit einer Nachbesetzung der Planstelle im Falle der Stattgabe gerechnet werden könne, (ii) welche ÜSt-Belastung im Falle einer Stattgabe die verbleibenden Beamte haben werden, (iii) welche ÜSt-Belastungen PI in vergleichbarer Größe derzeit aufweisen (Durchschnitt wöchentlicher ÜSt pro Beamten), (iv) welche Auswirkungen hätte die Anwendung des § 50a Abs. 3, 2. Satz BDG 1979 auf den Dienstbetrieb der Dienststelle hätte?

Mit Schreiben vom 10.03.2021 ist die Behörde dieser Anforderung nachgekommen. Daraus ist zu entnehmen:

„ [...] Nachbesetzung der Planstelle:

Es erfolgt keine Nachbesetzung der Planstelle im Falle der Stattgabe des Antrages auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit von Fr. GrInsp XXXX , da diese weiterhin, wenn auch in herabgesetztem Ausmaß, dem dienstbaren Personalstand der Landespolizeidirektion Tirol angehört.

ÜSt – Belastung im Falle einer Stattgabe – PI XXXX :

Zur Darlegung der aktuellen Stundenbelastung wurden von der Personalabteilung der Landespolizeidirektion Tirol vom ho. Büro Controlling (L2) die für die Prüfung der Voraussetzungen der Gewährung der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit notwendigen belastungsrelevanten Zahlen bzw Stundenbelastungen (Überstunden sowie jener Teile der Bereitschaft und des Journaldienstes, während welcher Beamte verpflichtet sind, ihrer dienstlichen Tätigkeit nachzugehen) der Polizeiinspektion (PI) XXXX , im Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen vor dem 01.03.2021, eingeholt.

(Tabelle)

Die PI XXXX ist mit 37 Exekutivbediensteten systemisiert, davon sind 37 Planstellen tatsächlich besetzt und 30 Exekutivbeamte*innen verrichten mit Stand 01.03.2021 dort ihren Dienst.

Ein Exekutivbediensteter ist als PV-Organ gänzlich vom Dienst freigestellt. Zwei Beamte sind dem EKO Cobra, 1 Beamter dem BPK XXXX , 1 Beamter der PI Ischgl, 1 Beamter der PI Pfunds sowie 1 Beamter der PI Nauders zur Dienstleistung dienstzugeteilt. Die regelmäßige Wochendienstzeit einer Beamtin ist auf 50 % des Vollbeschäftigungsausmaßes herabgesetzt.

Stundebelastung der PI XXXX :

Die Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Stundenbelastung im Durchrechnungszeitraum innerhalb der letzten 17 Wochen vor dem 01.03.2021 auf der PI XXXX ergab folgendes Ergebnis:

Aus der Tabelle: letzten 17 Wochen: Überstunden: 1415,16, Beamte: 32,00, JD: 979,00, Beamte: 33,00; Wochenarbeitszeitbelastung: 44,35

ÜSt – Belastung einer vergleichbaren Polizeiinspektion:

[...]

PI XXXX - 44,35 Wochenstunden

PI Imst - 43,69 Wochenstunden

PI Kitzbühel - 46,17 Wochenstunden

[...]

HWDZ - § 50a Abs. 3, 2. Satz BDG 1979 - Auswirkungen auf den Dienstbetrieb der PI XXXX :

Die für die Landespolizeidirektion Tirol der Gewährung der beantragten Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit (HWDZ) entgegenstehenden wichtigen dienstlichen Interessen bestehen zum einen in der bestehenden Überstundenbelastung auf der PI XXXX und zum anderen im Verlust jeglicher Flexibilität im Personaleinsatz durch die dauernde Wirksamkeit der Herabsetzung der Wochendienstzeit gem. § 50a Abs. 3 BDG.

a) Überstundebelastung

Für die Dienstbehörde bedeutet das Stattgeben des Antrages, dass GrInsp XXXX zukünftig zu keinen planbaren Mehrdienstleistungen herangezogen werden darf und somit die Leistung von Überstunden auf die übrigen (vollbeschäftigten) Bediensteten Ihrer Stammdienststelle dauerhaft übertragen wird und so zu einem Anstieg der Überstundenleistungen der anderen Mitarbeitern*innen auf der PI XXXX führt, die nicht durch andere Personalmaßnahmen abgefangen werden kann.

Die angespannte Personalsituation auf der PI XXXX wird sich in den nächsten 5 Jahren durch möglicherweise acht Übertritte in den Ruhestand weiter verschärfen und infolge der Altersstruktur innerhalb der gesamten LPD Tirol wird davon auszugehen sein, dass nicht sofort alle Abgänge nachbesetzt und daher vorerst nur besonders belastete Dienststellen ausreichend berücksichtigt werden können.

Entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die LPD Tirol als personalführenden Stelle für eine nach der Lebenserfahrung erforderliche Personalreserve zum Ausgleich – teilweise - unvorhersehbarer Personalausfälle Vorsorge zu treffen, wobei absolute Rechtsansprüche auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit, Teilzeitbeschäftigung oder auf Erteilung eines Karenzurlaubes, wie etwa nach dem Mutterschutz- oder Väterkarenzgesetz, vorrangig zu befriedigen sind.

Wenngleich die derzeitige Stundenbelastung auf der PI XXXX nicht per se gegen die Gewährung der beantragten HWDZ sprechen würde, so haben die aktuellen Ereignisse, insbesondere auch die Terroranschläge in Berlin, Paris, London, St. Petersburg, Stockholm und jüngst in Wien deutlich gemacht, dass nur bei Vorhandensein einer entsprechenden personellen Reserve und damit verbunden, einer noch nicht ausgeschöpften zulässigen pro Kopf Stundenbelastung, der intensive Personaleinsatzes für Sicherheitsmaßnahmen zur Vorbeugung, aber auch zur Aufklärung, o.a. Delikte gewährleistet werden kann. Auch die Corona Pandemie hat in diesem Zusammenhang gezeigt, dass es innerhalb kürzester Zeit erforderlich sein kann, zur Durchführung verschiedenster Kontrollmaßnahmen sowie zur Unterstützung anderer Behörden, Hundertschaften von Exekutivbediensteten rasch, flexibel und situativ angepasst, im ganzen Bundesgebiet einsetzen zu können.

b) Perpetuierung des Ausmaßes der HWDZ

Das Stattgeben des gegenständlichen Antrags gem. § 50a BDG hätte ex lege die dauernde Wirksamkeit der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit zur Folge, wodurch der Dienstbehörde dauerhaft und zukünftig eine, im Hinblick auf die Eigenheit des Exekutivdienstes, bedarfsorientierte und dienstlich erforderliche Verwendung der Beamtin, genommen würde. Damit einhergehend wäre der von der Willenserklärung der Beamtin abhängige Verlust jeglicher Flexibilität und Planbarkeit beim Personaleinsatz, welcher gerade im Bereich der Sicherheitsexekutive von höchster Bedeutung ist.

Der Dienstgeber hat insbesondere für die Wahrnehmung der gesetzlich übertragenen Aufgaben und einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb zu sorgen und darüber hinaus auch auf entsprechende Krisensituationen schnell und situativ angepasst zu reagieren.

Eine Heranziehung zu Dienstleistungen über die maßgebende Wochendienstzeit hinaus wäre somit nur mehr möglich, wenn diese zur Vermeidung eines Schadens unverzüglich notwendig ist und ein Bediensteter, dessen regelmäßige Wochendienstzeit nicht herabgesetzt ist, nicht zur Verfügung stünde. Damit entfiele nicht nur die Arbeitskapazität von zwölf Wochendienststunden (Plandienst), sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit zur Verrichtung von mehr als einem Wochenenddienst sowie von (ca. 28) Journalstunden im Kalendermonat, welche von einem Antrag der Bediensteten abhängig wären.

Unter den gegebenen Umständen und unter Prüfung des Einzelfalles kommt die LPD Tirol als Dienstbehörde zum Entschluss, dass nach Gewährung der beantragten Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit, eine Aufrechterhaltung des ordentlichen Dienstbetriebes insbesondere die Erfüllung der zugewiesenen Aufgaben, unter Beachtung der derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr möglich wäre.

Diese Stellungnahme wurde der Beschwerdeführerin zur Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben, zugesandt. Eine Stellungnahme langte nicht ein.

Am 14.06.2021 wurde eine mündliche Verhandlung unter Anwendung des § 3 des 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz unter Zuhilfenahme von technischen Möglichkeiten vorgenommen und das Erkenntnis wegen Entscheidungsreife mündlich verkündet. Dem Antrag wurde stattgegeben. Die Behörde verlangte sogleich eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses, dies hiermit vorgenommen wird.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Beschwerde wurde rechtzeig eingebracht.

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist seit dem XXXX 1992 eingeteilte Exekutivbeamtin. An der Stammdienststelle der BF wurden zum 10.03.2021 die letzten 17 Wochen (sh § 48a Abs. 3 BDG) insgesamt 1.415,16 Überstunden geleistet. Für die Beamten an dieser Dienststelle bedeutet dies eine Überstundenbelastung in der Höhe von 32 Stunden pro Monat. Zusätzlich werden 33 JD-Stunden pro Monat pro Beamter geleistet. Die Wochenarbeitszeit der dienstbaren Beamten beläuft sich zum 10.03.2021 auf 44,35 Stunden. Zwei vergleichbare PI´s haben eine Wochenstundebelastung pro Beamten in der Höhe von 43,69 Stunden und 46,17 Stunden.

Derzeit steht sie im vollen Wechseldienst und ist eine von 32 ExekutivbeamtInnen an der Stammdienststelle, der PI XXXX . Sie leistet neben den Überstunden auch vier Journaldienste im Monat.

Mit der Genehmigung dieses Antrages hat sie einen Anspruch auf § 50a Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979.

Mit einer Genehmigung würden die verbleibenden Beamten eine viertel Stunde Mehrarbeit (pro Beamter und pro Woche) leisten müssen.

Ein wichtiges dienstliches Interesse im Sinne eines nachvollziehbaren Versagungsgrundes kann nicht gesehen werden.

2. Beweiswürdigung:

Die Behörde vermeinte in der mündlichen Verhandlung, dass der BF der Antrag genehmigt worden wäre, würde sie nicht durch die Genehmigung in die Anwendungsmöglichkeit des § 50a Abs. 3 zweiter Satz BDG fallen. Mit dieser Bestimmung hat sie – nachdem sie bereits eine mehr als 9-jährige Herabsetzung zugestanden bekam – Anspruch darauf, dass das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung (hier -30%), dauernd wirksam bleibt.

Das bedeutet für das Gericht, dass bis zum 31.12.2021 (Antragsende) die Behörde keine wichtigen dienstlichen Interessensgefährdungen gesehen hätte die einer Genehmigung entgegengestanden wären. Nachdem die dauernde Herabsetzung nach § 50 Abs. 3 zweiter Satz bei der BF möglich wäre, wären laut der Behörde die dienstlichen Interessen gefährdet. Als Grund führt die Behörde in dem Bescheid und in der Stellungnahme vom 10.03.2021 an, dass durch den Anspruch auf dauernde Herabsetzung eine Aufrechterhaltung des ordentlichen Dienstbetriebes nicht mehr möglich sei (Seite 5 des Bescheides). Es käme zum Verlust jeglicher Flexibilität und Planbarkeit beim Personaleinsatz (Seite 7 des Bescheides und Seite 6 der Stellungnahme), dies gerade bei der Exekutive von besonderer Bedeutung sei. Die BF könnte nach § 50c Abs. 3 BDG über die für sie maßgebende Wochendienstzeit hinaus nur mehr dann zur Dienstleistung herangezogen werden, wenn die Dienstleistung zur Vermeidung eines Schadens unverzüglich notwendig sei und ein Bediensteter, welcher nicht herabgesetzt wurde, nicht zur Verfügung stünde.

Dem Gesetz sind keine eigenen Abwägungsinteressen in § 50a Abs. 3 BDG zweiter Satz zu entnehmen. Dh es sind auch in diesem Fall die „wichtigen dienstlichen Interessen“ wie bei einer anderen Herabsetzung heranzuziehen, in der nicht die „10-jährige Grenze“ erreicht werden würde. Wenn nun die Behörde unter der „10-Jahres-Grenze“, somit bis Antragsende, dem 31.12.2021, keine Gefährdung der Dienstinteressen sieht, über den Zeitraum hinaus jedoch schon, läge es an ihr, genau jene Interessen schlüssig darzulegen, welche genau diese Annahme rechtfertigen würden. Das Argument der fehlenden Planbarkeit, der Mehrbelastung durch die restlichen Beamten und den Aspekt, dass sie nur eingeschränkt zu Überstunden herangezogen werden könne, hätte sie auch dann zu berücksichtigen, wenn es nicht zur Anwendung des § 50a Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 kommt.

Warum die Argumente unter der „10-Jahres-Grenze“ nicht beachtlich sein sollen und zu ener Genehmigung führen würden, darüber hinaus jedoch schon, wurde nicht schlüssig dargelegt. Dabei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber bei der Anwendung des § 50a Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 keinen weiteren, über die „wichtigen dienstlichen Interessen“ des Abs 1 leg cit hinausgehenden Abwägungsinteressen verlangt.

Die Behörde vermeinte, dass alleine durch die Möglichkeit der BF § 50a Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 anzuwenden, ein wichtiges dienstliches Interesse betroffen sei (Stellungnahme am 11.03.2021, „Perpetuierung des Ausmaßes der HDW“). Dem kann nicht gefolgt werden, denn der Gesetzgeber hat diesen Satz deutlich als direkt rechtsgestaltend festgelegt und zwar so klar, dass ein Anspruch bereits ex lege besteht und nicht erst beantragt werden muss. Er lautet:

„Übersteigen die gesamten Zeiträume einer solchen Herabsetzung für einen Beamten insgesamt zehn Jahre, bleibt das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner allfälligen Änderung gemäß § 50d Abs. 1 dauernd wirksam.“

Würde man nun hier die Rechtsfolgen die diese Bestimmung auslöst gegen deren grundsätzliche Anwendung einsetzten, würde man sich deutlich gegen das Ziel des Gesetzgebers aussprechen, ohne sachlich dafür gerechtfertigte Gründe (sh oben) dazulegen. Es kann somit kein anderer Maßstab angelegt werden, als in vergleichbaren Fällen, in denen die Anwendung des § 50a Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 nicht zum Tragen kommen würde. Die Verhinderung der Anwendung des § 50a Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 kann sich nur auf Interessen gründen, die auch bei anderen Reduzierungen gelten würde. Gerade hier brachte die Behörde jedoch vor, dass dies nicht der Fall ist, denn sie hätten die Herabsetzung genehmigt würde die Anwendung des § 50a Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 nicht im Raum stehen.

Es ist der Behörde Recht zu geben, dass laut dem Erk des VwGH vom 30.11.2011, Ra. 2009/1270182, die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes nicht von der Freiwilligkeit der auf der Dienststelle verbleibenden Beamten abhängig gemacht werden dürfe, jedoch ist hier zu beachten, dass es zu einer Mehrbelastung von ca 15 Minuten pro Beamten und Woche kommen wird. Die Belastung kann somit als gering eingestuft werden und steht dies entgegen der Fürsorgepflicht durch die Behörde, dies sie richtigerwiese in dem Bescheid ausführt, handelt XXXX

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Der Antragszeitraum begann am XXXX .2021 und ist bereits der vom XXXX 2021 bis zum Entscheidungszeitpunkt durch das BvWG verstrichene Zeitraum, vergangen.

Ein Antrag nach § 50a BDG 1979 ist zeitraumbezogen und besteht insoweit Unteilbarkeit. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit ist unzulässig (vgl. VwGH 30.5.2017, Ra 2016/12/0076). Daher wird über den ganzen Antrag abgesprochen und nicht geteilt, dies auch vor allem deswegen, weil der Antrag bis zum 31.12.2021 gestellt wurde.

§ 50a BDG lautet am heutigen Tag:

Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus beliebigem Anlaß

§ 50a. (1) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.

(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, daß die verbleibende regelmäßige Wochendienstzeit ein ganzzahliges Stundenausmaß umfaßt. Das Ausmaß darf nicht weniger als 20 und nicht mehr als 39 Stunden betragen.

(3) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Übersteigen die gesamten Zeiträume einer solchen Herabsetzung für einen Beamten insgesamt zehn Jahre, bleibt das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner allfälligen Änderung gemäß § 50d Abs. 1 dauernd wirksam. Auf diese Obergrenze von zehn Jahren zählen auch Zeiten in früheren Dienstverhältnissen, in denen die Wochendienstzeit nach § 50a herabgesetzt war.

(4) Die regelmäßige Wochendienstzeit darf nicht herabgesetzt werden:
1.         während einer Verwendung auf einem Arbeitsplatz an einer im Ausland gelegenen Dienststelle des Bundes;
2.         während einer Entsendung nach § 1 des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997, oder der unmittelbaren Vorbereitung einer solchen Entsendung;
3.         in den übrigen Fällen, wenn der Beamte infolge der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus wichtigen dienstlichen Gründen weder im Rahmen seines bisherigen Arbeitsplatzes noch auf einem anderen seiner dienstrechtlichen Stellung zumindest entsprechenden Arbeitsplatz verwendet werden könnte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass § 50a Abs. 1 BDG 1979 dem Beamten einen Rechtsanspruch auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit im beantragten Ausmaß einräumt, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen. Dabei kommen grundsätzlich alle wichtigen dienstlichen Interessen in Betracht, die der begehrten Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit entgegenstehen; es muss konkret und nachvollziehbar begründet werden, warum in einem konkreten Fall die Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit im verlangten Ausmaß nicht bewilligt werden kann.

Ein wichtiges dienstliches Interesse kann demnach daran bestehen, eine bereits bestehende hohe Überstundenbelastung der übrigen Beamten einer Dienststelle nicht weiter ansteigen zu lassen. Dies gilt aber nur dann, wenn der Entfall der Arbeitskraft eines Beamten infolge Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit nicht durch andere Personalmaßnahmen ausgeglichen werden kann, insbesondere durch Ausschöpfung der im Stellenplan eröffneten Möglichkeiten zur Beschäftigung von Ersatzkräften. Bei der Beurteilung des Vorliegens eines zwingenden dienstlichen Interesses seien insbesondere auch Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung einer Planstelle zu berücksichtigen, die sich aus einem zeitaufwändigen Verfahren oder aus der Beseitigung von Überbesetzungen ergeben können.

Welche wichtigen dienstlichen Interessen bei einer Entscheidung über die Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit zu beachten sind, ergibt sich zunächst aus den Aufgaben, die der Beamte auf seinem Arbeitsplatz im Rahmen seiner Dienststelle zu erfüllen hat, ferner aus den organisations- und dienstrechtlichen Regelungen.

Die Beschwerdeführerin ist Angehörige des Wachkörpers Bundespolizei, welche die exekutiven Befugnisse im Rahmen der Sicherheitsverwaltung wahrzunehmen hat (§§ 2 und 5 SPG); im Speziellen ist sie in der Polizeiinspektion XXXX als eingeteilte Beamtin (E2/b) tätig und versieht dort Exekutivdienst. Es steht völlig außer Zweifel, dass an einer flächendeckenden und zeitlich durchgehenden Besorgung des Exekutivdienstes im Rahmen der Sicherheitsverwaltung und der sonstigen gesetzlich geregelten Aufgaben des Wachkörpers Bundespolizei ein wichtiges dienstliches Interesse besteht (vgl. VwGH 13.03.2009, 2007/12/0092).

Der Ausfall würde bedeuten, dass de facto bei einem Dienststand von 32 Beamten die 31verbleibenden Beamten die Arbeitskraft der Beschwerdeführerin mit Überstunden auffangen müssten. Ein Beamter leistet 44,35 Stunden in der Woche. Mit dem Ausfall würde jeder Beamte ca. 15 Minuten in der Woche an Mehrleistung in der Woche erfahren. Diese 15 Minuten wurden während er mündlichen Verhandlung von der Behörde ausgerechnet und von der BF nicht angezweifelt.

Die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes darf nicht von der Freiwilligkeit der übrigen Beamten abhängig gemacht werden (VwGH 30.03.2011, Zl. 2009/12/0182). Die Belastung kann – wie in den Beweiswürdigungen angeführt – als gering eingestuft werden und steht die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hinsichtlich der Beschwerdeführerin entgegen. Das wichtige dienstliche Interesse, wie die Behörde vorbringt, konnte auch nicht schlüssig gesehen werden (sh dazu die Beweiswürdigung).

Der begehrten Herabsetzung der Wochendienstzeit im verlangten Ausmaß stehen daher keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegen

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis schriftliche Ausfertigung wichtiges dienstliches Interesse Wochendienstzeit - Herabsetzung Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W257.2239376.1.00

Im RIS seit

11.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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