TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/15 W236 2241528-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.07.2021
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Entscheidungsdatum

15.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W236 2241528-1/10E
W236 2241533-1/8E
W236 2241532-1/6E
W236 2241529-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerden von

1) XXXX , geb. XXXX ,

2) XXXX , geb. XXXX ,

3) XXXX , geb. XXXX ,

4) XXXX , geb. XXXX ,

alle StA. Russische Föderation, vertreten durch BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.03.2021, ZIen.

1) 1024397300-201115075,

2) 1270912303-201115062,

3) 1270912009-201115054,

4) 1270912107-201115046,

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.06.2021 zu Recht:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin und des minderjährigen Viertbeschwerdeführers (alle gemeinsam werden als Beschwerdeführer bezeichnet).

2. Vorverfahren:

2.1. Der (damals alleinstehende und kinderlose) Erstbeschwerdeführer reiste erstmals im Juli 2014 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 08.07.2014 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, zu welchem er am 10.07.2014 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 25.11.2014 sowie am 09.03.2015 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen wurde. Zu seinen Fluchtgründen brachte der Erstbeschwerdeführer dabei zusammengefasst vor, dass im Juni 2014 in XXXX ein Polizist von unbekannten Leuten umgebracht worden sei. In der Nacht habe die Polizei nach dem Mörder gesucht und dabei drei Unschuldige erschossen. Der Erstbeschwerdeführer seit mit einem Freund, welcher in Österreich zeitgleich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, kurz zuvor am Tatort gewesen; außerdem habe sein Cousin Wahhabiten unterstützt und sein Bruder, der in Österreich lebe, habe auch Probleme im Herkunftsstaat. Der Erstbeschwerdeführer habe daher Angst gehabt, dass man ihn für diese Tat, die er nicht begangen habe, verantwortlich machen und verhaften könnte. Er sei außerdem auch kurz vor dem Mord in der Stadt XXXX unterwegs gewesen und habe sich dort bei einer Kontrolle nicht ausweisen können, weshalb er zur nächsten Polizeistelle gebracht worden sei, wo die Polizisten in Richtung seiner Füße geschossen und ihn geschlagen hätten. Ein alter Bekannter des Erstbeschwerdeführers habe an dieser Polizeistelle Dienst versehen und ihn herausholen können. Nach diesem Vorfall habe er Angst gehabt, wieder zur Polizei zu kommen, und habe aus diesem Grund seinen Herkunftsstaat verlassen.

2.2. Dieser erste Antrag des Erstbeschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.03.2015 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen wurde nicht erteilt. Unter einem wurde gegen den Erstbeschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Erstbeschwerdeführers in die Russische Föderation erlassen und dem Erstbeschwerdeführer eine Frist für die freiwillige Ausrxxeise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Erstbeschwerdeführer behauptete Furcht vor Verfolgung aufgrund näher gewürdigter Erwägungen nicht glaubhaft sei und der Erstbeschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation keiner Gefährdung ausgesetzt sei.

2.3. Am 06.08.2015 wurde der Erstbeschwerdeführer aus Österreich in die Russische Föderation abgeschoben.

3. Gegenständliches Verfahren:

3.1. Im November 2020 reisten die Beschwerdeführer (neuerlich) in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 10.11.2020 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

3.2. Zu diesen Anträgen auf internationalen Schutz wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am 10.11.2020 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 05.02.2021 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Sie brachten dabei zu ihren Fluchtgründen zusammengefasst vor, dass der Erstbeschwerdeführer, nachdem er im Jahr 2015 in die Russische Föderation abgeschoben worden sei, insgesamt vier Mal von tschetschenischen Sicherheitskräften geschlagen worden sei. Im Jahr 2016 oder 2017 habe er mit Freunden in einem Wald Geburtstag gefeiert und Alkohol getrunken; dort habe die Polizei sie gefragt, ob sie verbotene Mittel dabeihätten. Ein Wort habe das andere ergeben, woraufhin der Erstbeschwerdeführer geohrfeigt worden sei; in weiterer Folge seien der Erstbeschwerdeführer und zwei Freunde, die ihm helfen wollen hätten, mitgenommen worden. Dank eines Nachbarn, der bei der Polizei arbeite, seien sie freigelassen worden. Weiters habe der Erstbeschwerdeführer eines Tages mit einem Freund gemeinsam Marihuana geraucht. Irgendjemand habe diesen Freund verraten; sein Freund sei dann von der Polizei mitgenommen und gefoltert worden, weshalb sein Freund auch den Namen des Erstbeschwerdeführers erwähnt und erzählt habe, dass dieser mitgeraucht habe. Der Erstbeschwerdeführer sei in der Folge ebenfalls von der Polizei mitgenommen und befragt worden; wiederum seien sie Dank des Nachbarn des Erstbeschwerdeführers freigelassen worden. Weiters sei der Erstbeschwerdeführer einmal als Autofahrer angehalten und gefragt worden, weshalb er nicht angegurtet sei, wozu er gesagt habe, dass er das nicht wolle. Er sei dann geohrfeigt worden, was für einen Mann sehr peinlich sei; üblicherweise schlage man bei ihnen nur Frauen mit der Handfläche. Das letzte Mal sei während der Quarantäne im Jahr 2020 gewesen, als der Erstbeschwerdeführer und ein Freund angehalten worden seien, weil sie keine Maske getragen hätten. Der besagte Freund des Erstbeschwerdeführer sei selbst Polizist und dürfe als solcher ohne Maske gehen, andere aber nicht. Es sei zwischen dem Erstbeschwerdeführer und den Polizeibeamten zu einem Streit gekommen; der Erstbeschwerdeführer sei provoziert und in weiterer Folge mitgenommen worden. Durch seinen Freund sei der Erstbeschwerdeführer dann freigelassen worden; davor habe aber der Polizist gesagt, dass es ohne den Freund des Erstbeschwerdeführers anders gelaufen wäre, obwohl der Erstbeschwerdeführer nie gegen das Gesetz verstoßen habe. Eingesperrt worden sei er nie, er habe viele Freunde und Verwandte bei der Polizei. Er wolle in Österreich in Frieden leben. Die Zweitbeschwerdeführerin, die minderjährige Drittbeschwerdeführerin und der minderjährige Viertbeschwerdeführer machten keine eigenen Fluchtgründe geltend.

3.3. Mit den oben genannten Bescheiden vom 22.03.2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 (Spruchpunkte I.), als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkte II.) ab und erteilte den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG 2005 keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkte III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, erlassen (Spruchpunkte IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkte V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte VI.).

Begründend wird darin zusammengefasst ausgeführt, dass der Erstbeschwerdeführer im Herkunftsstaat keiner Verfolgung erheblicher Intensität ausgesetzt gewesen sei und für die Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation keine wie immer geartete Bedrohung oder Gefährdung bestehe. Die Grundversorgung der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation sei gesichert. Der Erstbeschwerdeführer stehe in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu seinem in Österreich lebenden Bruder. Es liege keine entscheidungsrelevante Integration der Beschwerdeführer in Österreich vor.

3.4. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht gleichlautende Beschwerden.

Begründend wird im Wesentlichen dargelegt, dass die von der Behörde herangezogenen Länderberichte zeigen würden, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation keinen Ausnahmefall darstelle; es komme zu Menschenrechtsverletzungen durch tschetschenische Sicherheitsorgane, deren Strafverfolgung unzureichend sei. Zudem berufe sich die Behörde teilweise auf veraltete Länderberichte. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hätte die zitierten Berichte (zur Unterdrückung Andersdenkender und der Lage von MenschenrechtsverteidigerInnen) berücksichtigen müssen. Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin leide an einer Dysfunktion des Beines und benötige geeignete ärztliche Behandlung.

3.5. Am 30.06.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache und der Beschwerdeführer sowie deren Rechtsvertretung statt, in welcher der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin ausführlich zu ihren Fluchtgründen und ihrer Integration in Österreich befragt wurden. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin wiederholten in der Verhandlung im Wesentlichen ihr bereits geltend gemachtes Vorbringen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage der Einsichtnahmen in die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten der Beschwerdeführer, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in das Strafregister sowie insbesondere auf Grundlage der am 30.06.2021 durchgeführten mündlichen Beschwerdeverhandlung werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zum wesentlichen Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer reiste erstmals im Juli 2014 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 08.07.2014 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, der mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.03.2015 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen wurde nicht erteilt. Unter einem wurde gegen den Erstbeschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Erstbeschwerdeführers in die Russische Föderation erlassen und dem Erstbeschwerdeführer eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt. Am 06.08.2015 wurde der Erstbeschwerdeführer aus Österreich in die Russische Föderation abgeschoben.

Im November 2020 reisten die Beschwerdeführer gemeinsam illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 10.11.2020 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz. Nach der Erstbefragung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin am 10.11.2020 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und niederschriftlichen Einvernahmen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin am 05.02.2021 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz mit Bescheiden vom 22.03.2021 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkte I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkte II.) ab und erteilte den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG 2005 keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkte III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkte V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte VI.).

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht gleichlautende Beschwerden.

Am 30.06.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache und der Beschwerdeführer sowie deren Rechtsvertretung statt, in welcher der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin ausführlich zu ihren Fluchtgründen und ihrer Integration in Österreich befragt wurden.

1.2. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin und des minderjährigen Viertbeschwerdeführers. Die Beschwerdeführer führen die im Kopf dieser Entscheidung genannten Personalien; ihre Identitäten stehen nicht fest. Sie sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe und bekennen sich zum islamischen Glauben.

Die Beschwerdeführer stammen aus dem Dorf XXXX in Tschetschenien, wo sie geboren wurden und ausgenommen ihrer Aufenthalte in Österreich lebten. Die Beschwerdeführer beherrschen Russisch und Tschetschenisch. Der Erstbeschwerdeführer erhielt in Tschetschenien Schulbildung im Umfang von neun Jahren und arbeitete als Bauarbeiter. Die Familie des Erstbeschwerdeführers hat weiters drei Glashäuser und verkauft Gemüse. Der Erstbeschwerdeführer war in der Lage, die Beschwerdeführer mit seinem Einkommen ausreichend zu versorgen. Die Zweitbeschwerdeführerin erhielt in Tschetschenien Schulbildung im Umfang von elf Jahren und besuchte im Anschluss drei Jahre ein islamisches College. Sie absolvierte in Tschetschenien eine Ausbildung zur Schneiderin und besuchte einen Kochkurs; bis zu ihrer Eheschließung arbeitete sie etwa zwei Jahre als Köchin und Schneiderin. Die Eltern und ein Bruder des Erstbeschwerdeführers, der inzwischen die Glashäuser bewirtschaftet, leben nach wie vor in Tschetschenien; der Erstbeschwerdeführer hat zu seinen Familienangehörigen regelmäßig Kontakt. Die Eltern, vier Brüder und eine Schwester der Zweitbeschwerdeführerin leben ebenfalls in Tschetschenien; die Zweitbeschwerdeführerin hat zu ihren Familienangehörigen Kontakt.

Der Erstbeschwerdeführer hielt sich während des Verfahrens über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz von Juli 2014 bis August 2015 in Österreich auf. Seit ihrer nunmehrigen gemeinsamen Einreise im November 2020 leben die Beschwerdeführer durchgehend in Österreich. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin besuchten einen Deutschkurs für Anfänger. Sie absolvierten bisher keine Prüfung und sprechen kaum Deutsch. Ein Bruder und ein Cousin des Erstbeschwerdeführers leben in Österreich. Der Erstbeschwerdeführer hat zu diesen Familienangehörigen Kontakt; ein Abhängigkeitsverhältnis besteht ebenso wenig wie eine Wohngemeinschaft. Sonstige familiäre Anknüpfungspunkte haben die Beschwerdeführer in Österreich nicht. Der Erstbeschwerdeführer verfügt über eine unspezifische Einstellungszusage als „Mitarbeiter“ mit nicht definiertem Stundenausmaß in einer Pizzeria; sonstige wirtschaftliche Bezugspunkte der Beschwerdeführer in Österreich bestehen nicht. Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich über soziale Anknüpfungspunkte in Form eines losen Bekanntenkreises; enge Bindungen existieren nicht. Die Beschwerdeführer beziehen Leistungen aus der Grundversorgung.

Die Beschwerdeführer leiden an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen. Der Erstbeschwerdeführer hat seit dem Jahr 2008 Rückenschmerzen, bezüglich derer er bereits in der Russischen Föderation in ärztlicher und medikamentöser Behandlung stand; die Zweitbeschwerdeführerin ist gesund. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind arbeitsfähig. Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin leidet nach einer Hüftdysplasie im Babyalter und in Tschetschenien erhaltener Extensionstherapie an Fußschmerzen; ihr wurde eine Physiotherapie empfohlen. Nach Absolvierung von sieben Einheiten Physiotherapie wurde der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin eine klinische Kontrolle in drei Monaten empfohlen, in deren Rahmen je nach Beschwerden ein Röntgen-Beckenübersicht vorgesehen ist. Der minderjährige Viertbeschwerdeführer schielt auf einem Auge, bedarf aber derzeit keiner medizinischen Behandlung; sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen bestehen nicht.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.3. Zum Fluchtgrund und einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat:

Die Beschwerdeführer sind in der Russischen Föderation nicht aus Gründen der Volksgruppenzugehörigkeit, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer (ihnen allenfalls unterstellten) politischen Ansichten bedroht oder verfolgt (worden). Den Beschwerdeführern drohen im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ungerechtfertigte konkrete und individuelle physische und/oder psychische Eingriffe erheblicher Intensität in ihre persönliche Sphäre. Sie können sich wieder in Tschetschenien oder auch anderen Landesteilen der Russischen Föderation, konkret etwa in der Stadt Moskau, niederlassen.

Die Beschwerdeführer sind im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation nicht gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden und sind nicht von der Todesstrafe bedroht. Sie würden bei einer Rückkehr in die Russische Föderation nicht in eine existenzgefährdende Notlage geraten.

Auch die aktuell vorherrschende COVID-19-Pandemie stellt kein Rückkehrhindernis dar. Die Beschwerdeführer sind im Wesentlichen körperlich gesund und gehören mit Blick auf ihr Alter von knapp zwei bis 31 Jahren sowie aufgrund des Fehlens einschlägiger physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht daher keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Russische Föderation eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würden. COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation:

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichten wiedergegeben (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Russischen Föderation, Version 3):

„[…]

Covid-19-Situation

Letzte Änderung: 18.05.2021

Russland ist von Covid-19 landesweit stark betroffen. Regionale Schwerpunkte sind Moskau und St. Petersburg (AA 15.2.2021). Aktuelle und detaillierte Zahlen bietet unter anderem die Weltgesundheitsorganisation WHO (https://covid19.who.int/region/euro/country/ru). Die Regionalbehörden in der Russischen Föderation sind für Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 zuständig, beispielsweise betreffend Mobilitätseinschränkungen, medizinische Versorgung und soziale Maßnahmen (RAD 15.2.2021; vgl. CHRR 12.3.2021). Die Maßnahmen der Regionen sind unterschiedlich, richten sich nach der epidemiologischen Situation in der jeweiligen Region und ändern sich laufend (WKO 9.3.2021; vgl. AA 15.2.2021). Es herrscht eine soziale Distanzierungspflicht für öffentliche Plätze und öffentliche Verkehrsmittel. Der verpflichtende Mindestabstand zwischen Personen beträgt 1,5 Meter (WKO 9.3.2021).

Die regierungseigene Covid-19-Homepage gibt Auskunft über die vom russischen Gesundheitsministerium empfohlenen Covid-19-Medikamente, nämlich Favipiravir, Hydroxychloroquin, Mefloquin, Azithromycin, Lopinavir/Ritonavir, rekombinantes Interferon-beta-1b und Interferon-alpha, Umifenovir, Tocilizumab, Sarilumab, Olokizumab, Canakinumab, Baricitinib und Tofacitinib. Der in Moskau entwickelte Covid-19-Krankenhausbehandlungsstandard umfasst folgende vier Komponenten: Antivirale Therapie, Antithrombose-Medikation, Sauerstoffmangelbehebung und Prävention/Behandlung von Komplikationen. Auf Anordnung des Arztes wird Patienten ein Pulsoxymeter ausgehändigt (Gerät zur Messung des Blutsauerstoffsättigungsgrades). Die medizinische Covid-Versorgung erfolgt für die Bevölkerung kostenlos (CHRR o.D.a).

Folgende Impfstoffe wurden in der Russischen Föderation entwickelt: Gam-COVID-Vac ('Sputnik V'), EpiVacCorona, CoviVac und Ad5-nCoV (CHRR o.D.b). Mittlerweile sind in der Russischen Föderation drei heimische Impfstoffe zugelassen (Sputnik V, EpiVacCorona und CoviVac). Groß angelegte klinische Studien gibt es bisher nicht (DS 20.2.2021; vgl. RFE/RL 21.2.2021). Impfungen erfolgen kostenlos (Mos.ru o.D.). In Moskau wurden bisher mehr als 700.000 Personen geimpft (Mos.ru 8.3.2021). Obwohl Russland als weltweit erstes Land seinen Covid-Impfstoff Sputnik V registrierte, haben die Impfungen effizient gerade erst begonnen (DS 12.2.2021). Bisher wurden in der Russischen Föderation in etwa 2,2 Millionen Personen (ca. 1,5% der Bevölkerung) geimpft bzw. erhielten zumindest eine der zwei Teilimpfungen (RFE/RL 21.2.2021).

Für die Einreise nach Russland wird grundsätzlich ein COVID-19-Testergebnis (PCR) benötigt. Russische Staatsbürger müssen bei der Grenzkontrolle keinen COVID-Test vorlegen, dieser muss jedoch spätestens drei Tage nach der Einreise nachgeholt werden. Russische Staatsbürger, die nach der Einreise ein positives Testergebnis erhalten, müssen sich in Quarantäne begeben. Die Ausreise aus Russland ist bis auf unbestimmte Zeit eingeschränkt und nur in bestimmten Ausnahmefällen möglich. Die internationalen Flugverbindungen wurden teilweise wieder aufgenommen. Direktflüge zwischen Österreich und Russland werden derzeit ein- bis zweimal wöchentlich von Austrian Airlines und Aeroflot angeboten. Russische Inlandsflüge wurden während der ganzen Pandemiezeit aufrecht erhalten (WKO 9.3.2021). Der internationale Zugverkehr – mit Ausnahme der Strecke zwischen Russland und Belarus - und der Fährverkehr sind eingestellt (AA 15.2.2021).

Staatliche Unterstützungsmaßnahmen für die russische Wirtschaft sind unterschiedlich und an viele Bedingungen gebunden. Zu den ersten staatlichen Hilfsmaßnahmen zählten Kredit-, Miet- und Steuerstundungen (ausgenommen Mehrwertsteuer), Sozialabgabenreduktion sowie Kreditgarantien und zinslose Kredite. Später kamen Steuererleichterungen sowie direkte Zuschüsse dazu. Viele der Maßnahmen sind nur für kleine und mittlere Unternehmen oder bestimmte Branchen zugänglich und haben einen zweckgebundenen Charakter (beispielsweise gebunden an Gehaltszahlungen oder Arbeitsplatzerhalt) (WKO 9.3.2021). Die Regierung bietet Exporteuren Hilfe an, die Möglichkeit eines Konkursmoratoriums, zinslose Kredite für Gehaltsauszahlungen usw. (CHRR o.D.c). Jänner bis Oktober 2020 ist die Industrieproduktion pandemiebedingt um 3,1% zurückgegangen. Besonders die Rohstoffproduktion ist um 6,6% gefallen, während die verarbeitende Industrie mit 0,3% praktisch stagnierte. Die im Jahr 2020 sehr stark fallenden Ölpreise waren unter anderem eine Auswirkung der Covid-19-Pandemie und mit einem globalen Nachfragerückgang verbunden und führten zu einer Rubelabwertung von 25%. Nach leichter Erholung verlor der Rubel unter anderem wegen der anhaltenden geringen Rohstoffnachfrage Mitte 2020 erneut an Wert und lag Anfang Dezember bei ca. 90 Rubel je Euro (WKO 12.2020). Das Realwachstum des Bruttoinlandsprodukts betrug im Jahr 2020 -3,1%. Im Vergleich dazu betrug der entsprechende Wert im Jahr 2019 2%. Die öffentliche Verschuldung betrug im Jahr 2020 17,8% des Bruttoinlandsprodukts (2019: 12,4%) (WIIW o.D.).

Moskau:

In Moskau herrscht an öffentlichen Orten eine Masken- und Handschuhpflicht. Das Tragen von Masken auf Straßen wird empfohlen. Kultur- und Bildungsveranstaltungen dürfen stattfinden, wenn maximal 50% der Zuschauerplätze belegt sind. Bürgern über 65 Jahren und chronisch Kranken wird Selbstisolierung empfohlen (CHRR 12.3.2021; vgl. WKO 9.3.2021, AA 15.2.2021). Empfohlen wird Fernarbeit für mindestens 30% der Mitarbeiter. Am Arbeitsplatz sind vorgeschriebene Hygienevorschriften (unter anderem Temperaturmessungen, Mund- und Handschutz, Desinfektionsmittel, Mindestabstand etc.) einzuhalten (WKO 9.3.2021). Gemäß dem Moskauer Bürgermeister verbessert sich die Pandemielage in Moskau. Ein Großteil der Einschränkungen wurde aufgehoben. Gastronomiebetriebe sind wieder geöffnet. Für Schüler höherer Klassen und Studierende findet nun wieder Präsenzunterricht statt (Mos.ru 7.3.2021; vgl. Mos.ru 8.3.2021, LM 8.2.2021, Russland Analysen 19.2.2021). In der Oblast [Gebiet] Moskau wurde die Mehrzahl der wegen Covid geltenden Einschränkungen zurückgenommen. Einzig Massenveranstaltungen bleiben fast ausnahmslos verboten (Russland Analysen 19.2.2021).

St. Petersburg:

Auch in St. Petersburg herrscht an öffentlichen Orten eine Masken- und Handschuhpflicht. Die für gastronomische Betriebe geltenden Beschränkungen der Öffnungszeiten wurden aufgehoben. Kulturveranstaltungen dürfen stattfinden, wenn maximal 75% der Zuschauerplätze belegt sind. Empfohlen wird Fernarbeit für mindestens 30% der Mitarbeiter. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke sind Selbstisolierung und Fernarbeit verpflichtend (CHRR 12.3.2021; vgl. Gov.spb 5.3.2021, WKO 9.3.2021, Russland Analysen 8.2.2021).

Tschetschenien:

An öffentlichen Orten wird das Tragen von Masken empfohlen. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke ist Selbstisolierung vorgesehen (CHRR 12.3.2021; vgl. Chechnya.gov 10.2.2021, Ria.ru 10.2.2021, KMS 10.2.2021). Bisher wurden mehr als 19.000 Personen geimpft (Chechnya.gov 26.2.2021). Mitarbeitern staatlich finanzierter Organisationen in Tschetschenien wurde mit Entlassung gedroht, sollten sie die Covid-Impfung verweigern. Bewohner in Tschetschenien berichten, ihnen seien Sanktionen angedroht worden, sollten sie sich nicht impfen lassen (CK 23.1.2021). Reisebeschränkungen wurden aufgehoben (Ria.ru 10.2.2021; vgl. Chechnya.gov 10.2.2021, KMS 10.2.2021).

Dagestan:

An öffentlichen Orten herrscht Maskenpflicht. Einstweilen dürfen keine Massenveranstaltungen stattfinden. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke wird Selbstisolierung empfohlen (CHRR 12.3.2021). Es finden Massenimpfungen statt, und verwendet wird der Impfstoff Sputnik V (E-dag.ru 23.2.2021). Bisher wurden mehr als 18.000 Personen (2,4%) geimpft (E-dag.ru 12.3.2021).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.2.2021): Russische Föderation: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/russischefoederationsicherheit/201536, Zugriff 16.3.2021

?        Chechnya.gov – ????? ????????? ?????????? [Oberhaupt der Tschetschenischen Republik] [Russische Föderation] (10.2.2021): ? ???????: «?? ??????? ? ????????? ?????????? ???????????? ??????? ????? ? ???????????? ??????» [R Kadyrow: „Wir heben die Maskenpflicht an öffentlichen Orten in der Tschetschenischen Republik auf“], http://chechnya.gov.ru/novosti/r-kadyrov-my-snimaem-v-chechenskoj-respublike-obyazatelnoe-noshenie-masok-v-obshhestvennyh-mestah/, Zugriff 12.3.2021

?        Chechnya.gov – ????? ????????? ?????????? [Oberhaupt der Tschetschenischen Republik] [Russische Föderation] (26.2.2021): ?????? ????????????? ????????? ?????? ? ????????? ?????????? ?? ?????????????? ????? ????? ?????????? [Aufhebung der Maskenpflicht in der Tschetschenischen Republik provozierte nicht steigende Krankheitszahlen], http://chechnya.gov.ru/novosti/otmena-obyazatelnogo-masochnogo-rezhima-v-chechenskoj-respublike-ne-sprovotsirovala-rosta-chisla-zabolevshih/, Zugriff 12.3.2021

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Politische Lage

Letzte Änderung: 26.05.2021

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (GIZ 1.2021c; vgl. CIA 5.2.2021). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau (GIZ 1.2021a; vgl. EASO 3.2017). Der Präsident verfügt über weitreichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 1.2021a; vgl. EASO 3.2017, AA 21.10.2020c). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister, und entlässt sie (GIZ 1.2021a). Wladimir Putin ist im März 2018 bei der Präsidentschaftswahl mit 76,7% im Amt bestätigt worden (Standard.at 19.3.2018; vgl. FH 4.3.2020). Die Wahlbeteiligung lag der russischen Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl stärkster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motiviert eingestuften Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018; vgl. FH 3.3.2021). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018). Wahlbetrug ist weit verbreitet, was insbesondere im Nordkaukasus deutlich wird (BTI 2020). Präsident Putin kann dem Ergebnis zufolge nach vielen Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen (Tagesschau.de 19.3.2018; vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzesentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Zweikammerparlament, bestehend aus Staatsduma und Föderationsrat, ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Am 15. Januar 2020 hat Putin in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation eine Neuordnung des politischen Systems vorgeschlagen und eine Reihe von Verfassungsänderungen angekündigt. Dmitri Medwedjew hat den Rücktritt seiner Regierung erklärt. Sein Nachfolger ist der Leiter der russischen Steuerbehörde Michail Mischustin. In dem neuen Kabinett sind 15 von 31 Regierungsmitgliedern ausgewechselt worden (GIZ 1.2021a). Die Verfassungsänderungen ermöglichen Wladimir Putin, für zwei weitere Amtszeiten als Präsident zu kandidieren (GIZ 1.2021a; vgl. FH 3.3.2021), dies gilt aber nicht für weitere Präsidenten (FH 3.3.2021). Die Volksabstimmung über eine umfassend geänderte Verfassung fand am 1. Juli 2020 statt, nachdem sie aufgrund der Corona-Pandemie verschoben worden war. Bei einer Wahlbeteiligung von ca. 65% der Stimmberechtigten stimmten laut russischer Wahlkommission knapp 78% für und mehr als 21% gegen die Verfassungsänderungen. Neben der sogenannten Nullsetzung der bisherigen Amtszeiten des Präsidenten, durch die der amtierende Präsident 2024 und theoretisch auch 2030 zwei weitere Male kandidieren darf, wird das staatliche Selbstverständnis der Russischen Föderation in vielen Bereichen neu definiert. Der neue Verfassungstext beinhaltet deutlich sozialere und konservativere Inhalte als die Ursprungsverfassung aus dem Jahre 1993 (GIZ 1.2021a). Nach dem Referendum kam es zu Protesten von einigen hundert Personen in Moskau. Bei dieser nicht genehmigten Demonstration wurden 140 Personen festgenommen. Auch in St. Petersburg gab es Proteste (MDR 16.7.2020).

Der Föderationsrat ist als 'obere Parlamentskammer' das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten (GIZ 1.2021a): Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für fünf Jahre gewählt (GIZ 1.2021a; vgl. AA 21.10.2021c). Es gibt eine Fünfprozentklausel (GIZ 1.2021a).

Zu den wichtigen Parteien der Russischen Föderation gehören: die Regierungspartei Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern; Gerechtes Russland (Sprawedliwaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern; die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, welche die Nachfolgepartei der früheren KP ist; die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist; die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern; die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), links-zentristisch mit 85.000 Mitgliedern und die Partei der Volksfreiheit (PARNAS), eine demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 1.2021a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (343 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (39 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (RIA Nowosti 23.9.2016; vgl. Global Security 21.9.2016, FH 3.3.2021). Die sogenannte Systemopposition stellt die etablierten Machtverhältnisse nicht in Frage und übt nur moderate Kritik am Kreml (SWP 11.2018). Die nächste Duma-Wahl steht im Herbst 2021 an (Standard.at 1.1.2021).

Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international nicht anerkannten Annexion der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 1.2021a; vgl. AA 21.10.2020c). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 1.2021a).

Es gibt acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten), denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure in den Regionen und der erneuten Unterordnung der regionalen und kommunalen Machtorgane unter das föderale Zentrum („exekutive Machtvertikale“) deutlich (GIZ 1.2021a).

Bei den in einigen Regionen stattgefundenen Regionalwahlen am 8.9.2019 hat die Regierungspartei Einiges Russland laut Angaben der Wahlleitung in den meisten Regionen ihre Mehrheit verteidigt. Im umkämpften Moskauer Stadtrat verlor sie allerdings viele Mandate (Zeit Online 9.9.2019). Hier stellt die Partei nur noch 25 von 45 Vertretern, zuvor waren es 38. Die Kommunisten, die bisher fünf Stadträte stellten, bekommen 13 Sitze. Die liberale Jabloko-Partei bekommt vier und die linksgerichtete Partei Gerechtes Russland drei Sitze (ORF 18.9.2019). Die beiden letzten Parteien waren bisher nicht im Moskauer Stadtrat vertreten. Zuvor sind zahlreiche Oppositionskandidaten von der Wahl ausgeschlossen worden, was zu den größten Protesten seit Jahren geführt hat (Zeit Online 9.9.2019), bei denen mehr als 1.000 Demonstranten festgenommen wurden (Kleine Zeitung 28.7.2019). Viele von den Oppositionskandidaten haben zu einer 'smarten Abstimmung' aufgerufen. Die Bürgersollten Jeden wählen – nur nicht die Kandidaten der Regierungspartei. Bei den für die russische Regierung besonders wichtigen Gouverneurswahlen gewannen die Kandidaten der Regierungspartei überall (Zeit Online 9.9.2019).

Neben den bis Juli 2021 verlängerten wirtschaftlichen Sanktionen wegen des andauernden Ukraine-Konfliktes (Presse.com 10.12.2020) haben sich die EU-Außenminister wegen der Inhaftierung des Kremlkritikers Alexej Nawalny auf neue Russland-Sanktionen geeinigt. Die Strafmaßnahmen umfassen Vermögenssperren und EU-Einreiseverbote gegen Verantwortliche für die Inhaftierung Nawalnys (Cicero 22.2.2021).

Quellen:

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?        Presse.com (10.12.2020): EU verlängerte Wirtschaftssanktionen gegen Russland, https://www.diepresse.com/5909916/eu-verlangerte-wirtschaftssanktionen-gegen-russland, Zugriff 24.2.2021

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Tschetschenien

Letzte Änderung: 26.05.2021

Die Einwohnerzahl Tschetscheniens liegt bei ca. 1,5 Millionen. Laut Aussagen des Republikoberhauptes Ramsan Kadyrow sollen rund 600.000 Tschetschenen außerhalb der Region leben – die Hälfte davon in der Russischen Föderation, die andere Hälfte im Ausland. Experten zufolge hat ein Teil von ihnenTschetschenien während der Kriege nach dem Zerfall der Sowjetunion verlassen, beim anderen Teil handelt es sich um Siedlungsgebiete außerhalb Tschetscheniens. Diese entstanden bereits vor über einem Jahrhundert, teilweise durch Migration aus dem Russischen in das Osmanische Reich, und zwar über Anatolien bis in den arabischen Raum. Was die Anzahl von Tschetschenen in anderen russischen Landesteilen anbelangt, so ist es aufgrund der öffentlichen Datenlage schwierig, verlässliche Aussagen zu treffen (ÖB Moskau 6.2020).

In Tschetschenien gilt Ramsan Kadyrow als Garant Moskaus für Stabilität. Mit Duldung der russischen Staatsführung hat er in der Republik ein autoritäres Herrschaftssystem geschaffen, das vollkommen auf seine eigene Person ausgerichtet ist und weitgehend außerhalb des föderalen Rechtsrahmens funktioniert (ÖB Moskau 6.2020; vgl. AA 2.2.2021, FH 3.3.2021). Fraglich bleibt auch die föderale Kontrolle über die tschetschenischen Sicherheitskräfte, deren faktische Loyalität vorrangig dem Oberhaupt der Republik gilt. Ramsan Kadyrow wurde bei den Wahlen vom 18. September 2016 laut offiziellen Angaben bei hoher Wahlbeteiligung mit überwältigender Mehrheit für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Unabhängige Medien berichteten über Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen, in deren Vorfeld Human Rights Watch über massive Druckausübung auf Kritiker des derzeitigen Machthabers berichtet hatte. Das tschetschenische Oberhaupt bekundet immer wieder seine absolute Loyalität gegenüber dem Kreml (ÖB Moskau 6.2020). In Tschetschenien regiert Kadyrow unangefochten autoritär. Gegen vermeintliche Extremisten und deren Angehörige, aber auch gegen politische Gegner, wird rigoros vorgegangen (ÖB Moskau 6.2020; vgl. AA 2.2.2021). Um die Kontrolle über die Republik zu behalten, wendet Kadyrow unterschiedliche Formen von Gewalt an, wie z.B. Entführungen, Folter und außergerichtliche Tötungen (FH 3.3.2021; vgl. AA 2.2.2021). Dies kann manchmal auch außerhalb Russlands stattfinden. Kadyrow wird verdächtigt, die Ermordung von unliebsamen Personen, die ins Ausland geflohen sind, angeordnet zu haben (FH 3.3.2021).

Während der mittlerweile über zehn Jahre andauernden Herrschaft des amtierenden Republikführers Ramsan Kadyrow gestaltete sich Tschetscheniens Verhältnis zur Russischen Föderation ambivalent. Einerseits ist Kadyrow bemüht, die Zugehörigkeit der Republik zu Russland mit Nachdruck zu bekunden, tschetschenischen Nationalismus mit russischem Patriotismus zu verbinden, Russlands Präsidenten in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny als Staatsikone auszustellen und sich als „Fußsoldat Putins“ zu präsentieren. Andererseits hat er das Föderationssubjekt Tschetschenien so weit in einen Privatstaat verwandelt, dass in der Umgebung des russischen Präsidenten die Frage gestellt wird, inwieweit sich die von Wladimir Putin ausgebaute 'föderale Machtvertikale' dorthin erstreckt. Zu Kadyrows Eigenmächtigkeit gehört auch eine Außenpolitik, die sich vor allem an den Mittleren Osten und die gesamte islamische Welt richtet. Kein anderer regionaler Führer beansprucht eine vergleichbare, über sein eigenes Verwaltungsgebiet und die Grenzen Russlands hinausreichende Rolle. Kadyrow inszeniert Tschetschenien als Anwalt eines russischen Vielvölker-Zusammenhalts, ist aber längst zum 'inneren Ausland' Russlands geworden. Deutlichster Ausdruck dieser Entwicklung ist ein eigener Rechtszustand, in dem islamische und gewohnheitsrechtliche Regelungssysteme sowie die Willkür des Republikführers in Widerspruch zur Gesetzgebung Russlands geraten (SWP 3.2018).

Ein Abkommen von September 2018 über die Abtretung von umstrittenem Territorium von Inguschetien an Tschetschenien hatte politische Unruhen in Inguschetien zur Folge (ÖB Moskau 12.2019). Der Konflikt um die Grenzziehung flammt immer wieder auf. Im März 2019 wurden Proteste in Inguschetien gewaltsam aufgelöst, wobei manche Teilnehmer körperlich gegen die Polizei Widerstand leisteten. 33 Personen wurden festgenommen (HRW 14.1.2020). Die Proteste hatten außerdem den Rücktritt des inguschetischen Präsidenten Junus-bek Jewkurow im Juni 2019 zur Folge (ÖB Moskau 12.2019). Jewkurows Nachfolger ist Machmud-Ali Kalimatow (NZZ 29.6.2019).

Quellen:

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?        HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): Jahresbericht zur Menschenrechtssituation im Jahr 2019 – Russland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022681.html, Zugriff 3.3.2020

?        NZZ – Neue Zürcher Zeitung (29.6.2019): Die Nordkaukasus-Republik Inguschetien ist innerlich zerrissen, https://www.nzz.ch/international/nordkaukasus-inguschetien-nach-protesten-innerlich-zerrissen-ld.1492435?reduced=true, Zugriff 11.3.2020

?        ÖB Moskau - Österreichische Botschaft Moskau [Österreich] (12.2019): Asylländerbericht Russische Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025975/RUSS_%C3%96B_Bericht_2019_12.pdf, Zugriff 10.3.2020

?        ÖB Moskau - Österreichische Botschaft Moskau [Österreich] (6.2020): Asylländerbericht Russische Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2046141/RUSS_%C3%96B_Bericht_2020_06.pdf, Zugriff 17.2.2021

?        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (3.2018): Tschetscheniens Stellung in der Russischen Föderation. Ramsan Kadyrows Privatstaat und Wladimir Putins föderale Machtvertikale, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2018S01_hlb.pdf, Zugriff 10.3.2020

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Sicherheitslage

Letzte Änderung: 26.05.2021

Wie verschiedene Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in den letzten Jahren gezeigt haben, kann es in Russland, auch außerhalb der Kaukasus-Region, zu Anschlägen kommen (AA 7.4.2021a; vgl. GIZ 1.2021d, EDA 7.4.2021). Die russischen Behörden halten ihre Warnung vor Anschlägen aufrecht und rufen weiterhin zu besonderer Vorsicht auf (AA 7.4.2021a; vgl. EDA 7.4.2021). Trotz verschärfter Sicherheitsmaßnahmen kann das Risiko von Terrorakten nicht ausgeschlossen werden. Die russischen Sicherheitsbehörden weisen vor allem auf eine erhöhte Gefährdung durch Anschläge gegen öffentliche Einrichtungen und größere Menschenansammlungen hin (Untergrundbahn, Bahnhöfe und Züge, Flughäfen etc.) (EDA 7.4.2021).

Russland tritt als Protagonist internationaler Terrorismusbekämpfung auf und begründet damit seinen Militäreinsatz in Syrien. Vom Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 bis ins Jahr 2013 sah es sich mit 75 größeren Terroranschlägen auf seinem Staatsgebiet konfrontiert, die Hunderte Zivilisten das Leben kosteten. Verantwortlich dafür war eine über Tschetschenien hinausgehende Aufstandsbewegung im Nordkaukasus. Die gewaltsamen Zwischenfälle am Südrand der Russischen Föderation gingen 2014 um 46% und 2015 um weitere 51% zurück. Auch im Global Terrorism Index, der die Einwirkung des Terrorismus je nach Land misst, spiegelt sich diese Entwicklung wider. Nach der Militärintervention in Syrien Ende September 2015 erklärte der sogenannte Islamische Staat (IS) Russland den Dschihad und übernahm die Verantwortung für den Abschuss eines russischen Passagierflugzeugs über dem ägyptischen Sinai mit 224 Todesopfern (SWP 4.2017). Seitdem war der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole russischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden, auch wenn der russische Militäreinsatz in Syrien gewiss nicht nur von diesem Ziel bestimmt ist, sondern die Großmachtrolle Russlands im Mittleren Osten stärken sollte (SWP 4.2017; vgl. Deutschlandfunk 29.9.2020). Der Einsatz in Syrien ist der größte und längste Auslandseinsatz des russischen Militärs seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Zunächst sollten nur die Luftstreitkräfte die syrische Armee unterstützen. Bodentruppen wurden erst später und in geringerem Maße mobilisiert - in Form von Spezialeinheiten und schließlich am Ende des Feldzugs als Militärpolizei. Es gab auch Berichte über den Einsatz privater paramilitä

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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