TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/19 W161 2204175-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.07.2021
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Entscheidungsdatum

19.07.2021

Norm

AsylG 2005 §57
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W161 2204175-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 06.05.2021, Zl. 1190161107-210519251, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 57 AsylG und § 61 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. zu lauten hat: „Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wird nicht erteilt.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, lebte seit dem Jahr 2017 immer wieder mit XXXX , ebenfalls russische Staatsangehörige, in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt. Am XXXX .2018 heiratete er diese vor dem Standesamt XXXX /Oberösterreich. Dieser Ehe entstand ein gemeinsamer Sohn, geboren am XXXX , 2 weitere Kinder aus 1. Ehe brachte die Ehefrau mit in diese Ehe.

2. Der Beschwerdeführer stellte in Österreich zwei Anträge auf internationalen Schutz, nämlich am 07.05.2018 sowie am 14.01.2019. In beiden Fällen wurde sein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen und er aufgrund der Bestimmungen der Dublin-Verordnung nach Italien überstellt. Insgesamt kam es bereits viermal zu Überstellungen des Beschwerdeführers nach Italien aufgrund der Dublin-Verordnung.

Am 01.09.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland. Deutschland erteilte nach entsprechender Anfrage Österreichs am 29.04.2021 die Zustimmung für eine Überstellung des Beschwerdeführers aufgrund der Dublin-Verordnung.

3. Der Beschwerdeführer wurde am 29.04.2021 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) zwecks Prüfung zur Erlassung einer Aufenthaltsbeendenden Maßnahme und Prüfung einer Sicherungsmaßnahme niederschriftlich einvernommen.

Er gab dabei im Wesentlichen an, er sei russischer Staatsbürger und halte sich seit 2017 in Österreich auf. Er brauche aus gesundheitlicher Sicht keine Betreuung. Seine Ehefrau XXXX sei russische Staatsangehörige, habe jedoch einen Aufenthaltstitel in Österreich (Visum für fünf Jahre). Er lebe mit ihr seit dem 07.11.2017 zusammen, seit Dezember 2018 seien sie verheiratet. Er habe in Österreich drei Kinder, ein Sohn sei am XXXX geboren, die anderen seien 13 und 14 Jahre alt. Seine Frau arbeite und bestreite den Unterhalt für die Kinder. Er habe gegenüber seiner Ehefrau oder seinen Kindern keine Unterhaltspflichten, unterstütze diese jedoch, wo er könne. Er sei zuletzt am 26.08.2020 nach Italien abgeschoben worden und vor ca. zwei Wochen wieder nach Österreich eingereist. Er sei in Deutschland inhaftiert worden, bei seiner Rückreise von Italien. Er möchte mit seiner Familie leben. Er habe keine Familienangehörige oder Freunde in Österreich, er sei nicht in Vereinen oder ehrenamtlich aktiv und zurzeit arbeitslos. Es gäbe in XXXX , wo er wohne, Menschen, denen er zum Beispiel im Haushalt helfe, dafür bekomme er Geld. Er verfüge über keinen finanziellen Mittel. Befragt nach seinem Aufenthaltsstatus in Italien bzw. in Deutschland gab der Beschwerdeführer an, er habe in Deutschland ein Dokument gehabt, dieses sei jedoch abgelaufen. In Italien habe er keine Dokumente erhalten und dort auch keinen Wohnsitz gehabt. In Deutschland habe er aufgrund der Asylantragstellung ein für sechs Monate gültiges Dokument erhalten. In der Schweiz sei er auch inhaftiert und nach Deutschland gebracht worden. Er habe in keinem Mitgliedsstaat der EU ein Aufenthaltsrecht. In Deutschland sei ihm gesagt worden, er solle das Land verlassen, oder er werde abgeschoben. Er hätte einen Termin gehabt und hätte man gewusst, dass er in Österreich eine Familie habe. Er habe keine Ahnung, was er machen solle, er wolle hier bei seiner Familie sein, leben und arbeiten. Über Vorhalt seiner bereits viermal erfolgten Abschiebung nach Italien gab der Beschwerdeführer an, er werde dort nicht aufgenommen. Hier lebe seine Familie und er möchte unbedingt bei dieser leben. Er sei nicht bereit, freiwillig in den für ihn zuständigen Mitgliedsstaat bzw. in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren. In Russland könne er nicht leben. Als er noch bei der Polizei gearbeitet hätte, hätte man gewollt, dass er unschuldige Leute töte. Er sei zuletzt 2017 in Russland gewesen. Er möchte hier bleiben, hier mit seiner Familie leben und arbeiten und Steuer zahlen.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.05.2021 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gem. § 61 Abs. 1 Z 2 FPG gegen diesen die Anordnung der Außerlandesbringung angeordnet. Demzufolge sei gem. § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Deutschland zulässig.

Die Feststellungen zur Lage in Deutschland wurden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Zur Lage im Mitgliedstaat:

Allgemeines zum Asylverfahren

Letzte Änderung: 15.5.2020

In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 3.2019; vgl. BAMF o.D.a, BAMF o.D.b, BR o.D., UNHCR o.D.a, für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).

Im Berichtsjahr 2019 wurden 142.509 Erstanträge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entgegengenommen. Dies bedeutet gegenüber 2018 (161.931 Erstanträge) eine Abnahme der Erstantragszahlen um 12 %. 2019 wurden insgesamt 165.938 Asylanträge (Erstanträge und Folgeanträge) gestellt. Im gesamten Berichtsjahr 2019 wurden insgesamt 183.954 Entscheidungen über Asylanträge getroffen. Im Jahr zuvor waren es 216.873 Entscheidungen; dies bedeutet einen Rückgang um 15,2 %. Dabei lag die Gesamtschutzquote für alle Staatsangehörigkeiten im Berichtsjahr 2019 bei 38,2 % (70.239 positive Entscheidungen von insgesamt 183.954). Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreswert (35,0 %) stieg die Gesamtschutzquote somit um 3,2 Prozentpunkte an (BAMF 2020). In den ersten vier Monaten 2020 hat die Zahl der Asylanträge im Vergleich zu den entsprechenden Zahlen des Vorjahrs weiter abgenommen.

(BAMF 4.2020)

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_ 2018update.pdf, Zugriff 4.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a): Ablauf des Asylverfahrens, https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/AblaufAsylverfahrens/ablauf asylverfahrens-node.html, Zugriff 4.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Asyl Fluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publication File&v=12, Zugriff 4.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2020): Aktuelle Zahlen (Ausgabe: Dezember 2019), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/ aktuelle-zahlen-dezember-2019.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugriff 5.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (04.2020): Aktuelle Zahlen. April 2020, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlen-april-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=6, Zugriff 11.5.2020

Dublin-Rückkehrer

Letzte Änderung: 15.5.2020

Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 16.4.2019).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_ 2018update.pdf, Zugriff 4.5.2020

Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable

Letzte Änderung: 15.5.2020

Unbegleitete Minderjährige werden zunächst durch das vor Ort zuständige Jugendamt in Obhut genommen. Im Rahmen dieser vorläufigen Inobhutnahme werden sie bei einer geeigneten Person oder in einer geeigneten Einrichtung untergebracht. Geeignete Personen können Verwandte oder Pflegefamilien sein, geeignete Einrichtungen sind in der Regel sogenannte Clearinghäuser, die auf die Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen spezialisiert sind, oder Jugendhilfeeinrichtungen. Im Zuge der vorläufigen Inobhutnahme findet auch das sogenannte Erstscreening statt. Es stellt neben der allgemeinen Prüfung des Gesundheitszustands auch das Alter der Minderjährigen fest. Die dafür verwendeten Methoden reichen von einer reinen Altersschätzung, über körperliche Untersuchungen, bis hin zu radiologischen Untersuchungen. Darüber hinaus schätzt das zuständige Jugendamt ein, ob die Durchführung des späteren Verteilungsverfahrens das Kindeswohl in physischer oder psychischer Hinsicht gefährden könnte. In diesem Zusammenhang wird auch die Möglichkeit einer Familienzusammenführung mit in Deutschland lebenden Verwandten geprüft. Bestehen enge soziale Bindungen zu anderen unbegleiteten Minderjährigen, prüft das Jugendamt, ob eine gemeinsame Unterbringung sinnvoll ist (BAMF 14.11.2019).

Um eine dem Kindeswohl entsprechende Unterbringung, Versorgung, Betreuung und Unterstützung der unbegleiteten Minderjährigen sicherzustellen, gibt es ein bundesweites Verteilungsverfahren. Das Verteilungsverfahren wird innerhalb von 14 Tagen durchgeführt. Bei der Durchführung der Verteilung ist sichergestellt, dass die Kinder und Jugendlichen auf dem Weg zum zugewiesenen Jugendamt begleitet und einer Fachkraft dieses Jugendamts übergeben werden. Nach dieser Verteilung ist das Jugendamt, dem die Minderjährigen zugewiesen wurden, für deren weitere Inobhutnahme zuständig. Auch hier werden diese entweder bei einer geeigneten Person – Verwandte oder Pflegefamilien – oder in einer geeigneten Einrichtung – zum Beispiel Clearinghäuser – untergebracht. Im Anschluss daran werden die Beantragung einer Vormundschaft, weitere medizinische Untersuchungen, die Ermittlung des Erziehungsbedarfs sowie eine Klärung des Aufenthaltsstatus veranlasst (BAMF 14.11.2019).

Für unbegleitete Minderjährige muss ein Vormund oder eine Pflegekraft bestellt werden. Wer die Vormundschaft letztendlich übernimmt, wird vom Familiengericht entschieden. Eine Vormundschaft besteht in der Regel bis zur Volljährigkeit. Dabei orientiert sich die Volljährigkeit am Recht im Herkunftsland des Minderjährigen und nicht am deutschen Recht. Tritt also nach diesem Recht die Volljährigkeit erst nach Vollendung des 18. Lebensjahrs ein, wie etwa in Togo (Volljährigkeit mit 21), endet die Vormundschaft auch erst zu diesem Zeitpunkt. Im anschließenden Clearingverfahren werden weitere Schritte im Bereich des Jugendhilferechts oder des Aufenthaltsrechts eingeleitet. Es umfasst unter anderem die Klärung des Aufenthaltsstatus. Auf dessen Basis wird entschieden, ob ein Asylantrag gestellt wird. Ist ein Asylverfahren nicht erfolgversprechend, kann die zuständige Ausländerbehörde auch eine Duldung ausstellen. Kommt auch dies nicht infrage, berät die Ausländerbehörde über andere aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten. Falls ein Asylantrag gestellt werden soll, ist das Bundesamt für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (BAMF 14.11.2019).

Innerhalb des Asylverfahrens gelten für die Bestimmung der Volljährigkeit die nationalen Vorschriften. Das heißt: Unbegleitete Minderjährige müssen mit Vollendung des 18. Lebensjahrs ihren Asylantrag selbst stellen, denn sie gelten – unabhängig von dem Recht in ihrem Herkunftsland – als volljährig. Der Vormund kann in diesem Fall aber weiterhin das Asylverfahren begleiten. Asylsuchende unter 18 Jahren gelten im Rahmen des Asylverfahrens als nicht handlungsfähig. Das bedeutet, dass unbegleitete Minderjährige nicht allein einen Asylantrag beim Bundesamt stellen können. In diesen Fällen muss der Asylantrag vom Jugendamt oder Vormund schriftlich gestellt werden. Wird er von einem Vormund gestellt, muss eine sogenannte „Bestallungsurkunde“ übersandt werden. Da unbegleitete Minderjährige als besonders schutzbedürftige Personengruppe mit besonderen Garantien für ihr Asylverfahren gelten, werden ihre Asylverfahren von Sonderbeauftragten betreut, die für eine sensibilisierte Herangehensweise geschult wurden (BAMF 14.11.2019).

Im ersten Halbjahr 2019 gab es 1.511 Asylerstanträge von unbegleiteten Minderjährigen, 2018 waren es insgesamt 4.087, 2017 9.084 und 2016 35.939 (BumF 17.12.2019). Im Jahr 2018 wurden 12.201 unbegleitete Minderjährige in (vorläufige) Obhut genommen. 2017 waren es noch 22.492, 2016 44.935 (BAMF 21.8.2019).

Es gibt keine bundesweite gesetzliche Vorschrift zur Identifizierung Vulnerabler, mit Ausnahme von unbegleiteten Minderjährigen. Mit der Änderung des Asylgesetzes im Jahr 2015 wurde ein Konzept betreffend die Identifizierung schutzbedürftiger Asylwerber erstellt, das als interne Richtlinie des BAMF fungiert. Alle Asylwerber werden einer medizinischen Untersuchung unterzogen, dieallerdings auf die Diagnose von Ansteckungskrankheiten abzielt und keine Untersuchung im Hinblick auf Vulnerabilität umfasst. Es gibt kein systematisiertes Verfahren zur Feststellung von Traumata bzw. Vulnerabilität, wenngleich das medizinische Personal oder Angestellte der Aufnahmezentren das BAMF allenthalben informieren, falls Anzeichen von Traumata festgestellt werden. Einige Bundesländer haben Pilotprojekte für die Identifizierung vulnerabler Asylwerber eingeführt. Insbesondere unbegleitete Minderjährige (UM), traumatisierte Asylwerber sowie Opfer von Folter oder geschlechtsspezifischer Verfolgung sollen bei Bedarf von speziell ausgebildeten Referenten behandelt werden. In Berlin und einigen Aufnahmezentren in anderen Bundesländern gibt es solche Bemühungen. Es gibt keinen standardisierten Zugang zur Gewährleistung von Sozialleistungen und Beratungsinstitutionen und in vielen Zentren existiert dieser Zugang gar nicht. Nur Rheinland-Pfalz hat scheinbar detaillierte Maßnahmen zur Identifikation und Unterbringung von vulnerablen Personen (AIDA 16.4.2019).

Medizinische Spezialbehandlung für Traumatisierte und Folteropfer kann durch einige Spezialisten und Therapeuten in verschiedenen Behandlungszentren für Folteropfer gewährleistet werden. Da die Plätze in diesen Zentren begrenzt sind, ist der Zugang nicht immer garantiert. Die Behandlungskosten werden von den Behörden nur teilweise übernommen (Übersetzerkosten etwa werden nicht gedeckt). Aus diesem Grund sind die Zentren zu einem gewissen Grad auf Spenden oder andere Einkünfte angewiesen. Große geografische Distanzen zwischen Unterbringung und Behandlungszentrum sind in der Praxis auch oft ein Problem (AIDA 16.4.2019).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_ 2018update.pdf, Zugriff 5.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (14.11.2019): Unbegleitete Minderjährige, https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/Unbegleitete Minderjaehrige/unbegleiteteminderjaehrige-node.html, Zugriff 5.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (21.8.2019): Anteil unbegleiteter geflüchteter Mädchen gestiegen: Inobhutnahmezahlen für 2018 veröffentlicht,
https://b-umf.de/p/inobhut2018/, Zugriff 5.5.2020

-        BumF – Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (17.12.2019): Die Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge – Auswertung der Online-Umfrage 2019, https://b-umf.de/src/wp-content/uploads/2020/01/2019_12_17_bumfumfrage 2019_v04.pdf, Zugriff 5.5.2020

Non-Refoulement

Letzte Änderung: 15.5.2020

Bei jedem Asylantrag prüft das Bundesamt auf Grundlage des Asylgesetzes, ob eine der vier Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot – vorliegt. Wird ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt, darf keine Rückführung in den Staat erfolgen, für den dieses Abschiebungsverbot gilt. Den Betroffenen wird dann von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt (BAMF o.D.b).

Im Jahr 2018 hob die Regierung ihr Abschiebeverbot für Afghanistan auf und im ersten Halbjahr wurden etwa 200 Personen dorthin abgeschoben. Die Praxis erlaubte bis dahin nur Abschiebungen von verurteilten Kriminellen und Personen, die als Sicherheitsrisiko betrachtet wurden. NGOs, darunter auch Amnesty International, kritisierten dies als Verstoß gegen das Refoulement-Prinzip (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Asyl Fluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publication File&v=12, Zugriff 8.5.2020

-        USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 15.5.2020

Versorgung

Letzte Änderung: 15.5.2020

Für Versorgung und Unterkunft der Asylwerber ist die zuständige Aufnahmeeinrichtung verantwortlich. Während ihres Aufenthalts erhalten die Asylwerber existenzsichernde Sachleistungen und einen monatlichen Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse im Alltag. Art und Höhe der Leistungen sind durch das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Zu ihnen zählen: Grundleistungen für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt, Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse, Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt sowie individuelle Leistungen, die vom jeweiligen Einzelfall abhängen (BAMF o.D.b; vgl. AIDA 16.4.2019).

Asylwerberleistungen werden auch in der Anschlussunterbringung (wie etwa einer Gemeinschaftsunterkunft oder auch einer privaten Wohnung) erbracht (BAMF o.D.b). Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen bereitgestellt. Die Höhe der finanziellen Unterstützung beläuft sich je nach Unterbringung auf:

Bezieher

Betrag bei Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen

Betrag bei Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen

Für alleinstehende Leistungsberechtigte

135 €

354 €

Für jeden von zwei erwachsenen Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen

122 €

318 €

Für weitere erwachsene Leistungsberechtigte im selben Haushalt

108 €

284 €

Für sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres

76 €

276 €

Für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres

83 €

242 €

leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres

79 €

214 €

Für in Aufnahmezentren untergebrachte Asylwerber gilt, dass diese mit Essen, Heizung, Kleidung und sanitären Produkten versorgt werden. Daher sind die Sätze deutlich niedriger (AIDA 16.4.2019).

Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Für einen möglichen Arbeitsmarktzugang nehmen Beraterinnen und Berater der Bundesagentur für Arbeit vor Ort in den Ankunftszentren Erstdaten der Antragstellenden auf. Diese stehen dann den Arbeitsagenturen und Jobcentern bundesweit zur Verfügung (BAMF o.D.b).

Beim Arbeitsmarktzugang für Asylwerber und Geduldete gelten die folgenden Regelungen: Asylwerber benötigen grundsätzlich eine Arbeitserlaubnis, die durch die lokale Ausländerbehörde erteilt wird. Im 1. bis zum 3. Monat befinden sich die Personen in der Wartefrist. Ab dem 4. Monat können Asylwerber sowie Geduldete in vielen Teilen Deutschlands (mit Ausnahme einiger Regionen) eine Arbeit aufnehmen. Ab dem 16. Monat ist der Arbeitsmarkt in ganz Deutschland ohne Vorrangprüfung offen. Immer dann, wenn keine Vorrangprüfung erfolgt, ist auch eine Tätigkeit als Leiharbeitnehmer möglich. Ab dem 49. Monat ist keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit mehr erforderlich; aber weiterhin jene der Ausländerbehörde. Für Fachkräfte und bei Ausbildung gilt ein erleichterter Arbeitsmarktzugang (BMAS 26.3.2020).

Flüchtlinge und Asylsuchende sehen sich bei der Arbeitssuche mit mehreren Hürden konfrontiert, unter anderem langen Überprüfungszeiten für Vorqualifikationen, fehlenden amtlichen Zeugnissen und Abschlüssen sowie eingeschränkten Deutschkenntnissen (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_ 2018update.pdf, Zugriff 11.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Asyl Fluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publication File&v=12, Zugriff 12.5.2020

-        BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales (26.3.2020): Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge, https://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsmarkt/Infos-fuer-Asylsuchende/ arbeitsmarktzugang-asylbewerber-geduldete.html, Zugriff 12.5.2020

-        USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 12.5.2020

Unterbringung

Letzte Änderung: 15.5.2020

Zunächst werden alle Asylsuchenden in den nächstgelegenen Aufnahmeeinrichtungen des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen. Eine solche Einrichtung kann für die vorübergehende oder auch für die längerfristige Unterbringung zuständig sein (BAMF o.D.b). In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte im Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen inzwischen wieder geschlossen wurden (AIDA 16.4.2019).

Asylwerberinnen und Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2018 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen eine dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Die Standards und die Lebensbedigungen in Gemeinschaftsunterkünften unterscheiden sich nicht nur regional, sondern auch oft innerhalb bestimmter Regionen stark, daher kann nur schwerlich eine allgemeingültige Aussage über die Lebensbedingungen in solchen Einrichtungen getroffen werden (AIDA 16.4.2019).

Die Ankunftszentren sind der zentrale Zugangspunkt zum Asylverfahren. In diesen Zentren werden alle für das Asylverfahren erforderlichen Schritte durchgeführt. Dies beinhaltet die ärztliche Untersuchung durch die Länder, die Erfassung der persönlichen Daten und die Identitätsprüfung, die Antragstellung, Anhörung und Entscheidung über den Asylantrag sowie erste Integrationsmaßnahmen, wie etwa die sogenannten Erstorientierungskurse durch das Bundesamt. Darüber hinaus findet eine Erstberatung zum Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Arbeitsagentur statt (BAMF o.D.b).

Mit den neuen Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehr-Einrichtungen (AnkER-Einrichtungen) wurde die Grundidee der Ankunftszentren weiterentwickelt. Das zentrale Element des AnkER-Konzepts ist die Bündelung aller Funktionen und Zuständigkeiten: von Ankunft über Asylantragstellung und Entscheidung bis zur kommunalen Verteilung, ersten integrationsvorbereitenden Maßnahmen bzw. der Rückkehr von Asylantragstellenden. Alle direkt am Asylprozess beteiligten Akteure sind vor Ort in den AnkER-Einrichtungen vertreten. Dies sind in der Regel die Aufnahmeeinrichtungen des Landes, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Ausländerbehörden, Verwaltungsgerichte, Jugendämter und die Bundesagentur für Arbeit. Für die Ausgestaltung der Zentren wird dabei kein starres Konzept vorgegeben – die Länder können hier die Schwerpunkte setzen, die ihnen besonders wichtig sind (BAMF o.D.b).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_ 2018update.pdf, Zugriff 8.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Asyl Fluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publication File&v=12, Zugriff 11.5.2020

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 15.5.2020

Asylwerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). In Abhängigkeit von Aufenthaltsdauer und -status definiert das Gesetz unterschiedliche Leistungsniveaus (GKV 6.11.2019).

Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für Asylwerber in Fällen akuter Erkrankung oder bei Schmerzen vor. Hierbei werden beispielsweise auch Zahnbehandlung und Medikation umfasst. Sonstige, darüber hinausgehende Leistungen liegen im Ermessen der Sozialbehörden und können gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die – aus welchen Gründen auch immer – kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Berichten zufolge werden jedoch notwendige, aber kostspielige diagnostische Maßnahmen oder Therapien von den lokalen Behörden nicht immer bewilligt (AIDA16.4.2019; vgl. GKV 6.11.2019).

Zuständig für die Umsetzung dieses Leistungsanspruchs sind die Länder bzw. die von ihnen per Landesgesetz bestimmten Behörden. Innerhalb der ersten 15 Monate des Aufenthalts in Deutschland (sogenannte Wartezeit) wird dies in der Regel über die Ausgabe von speziellen Behandlungsscheinen (Krankenscheinen) durch die Sozialämter sichergestellt (GKV 6.11.2019). Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet (AIDA 16.4.2019). Die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG liegt demnach im Ermessen der kommunalen Leistungsträger. Nach der Wartezeit werden die Asylwerber gemäß § 264 Abs. 2 SGBV auftragsweise von den gesetzlichen Krankenkassen betreut. Sie erhalten eine elektronische Gesundheitskarte (eGK), mit der Sie nahezu dieselben Leistungen erhalten wie gesetzlich Krankenversicherte. Die Krankenkassen erhalten die Aufwendungen und einen Verwaltungskostenanteil von den Trägern der Sozialhilfe erstattet (GKV 6.11.2019).

Es wurde kritisiert, dass auch Asylwerber, die eine Gesundheitskarte besitzen, immer noch lediglich Zugang zu einer Notfallbehandlung hätten. Einige Gemeinden und private Gruppen sorgten für eine zusätzliche Gesundheitsversorgung (USDOS 13.3.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_ 2018update.pdf, Zugriff 11.5.2020

-        GKV – GKV-Spitzenverband (6.11.2019): Fokus: Asylsuchende/ Flüchtlinge, https://www.gkv-spitzenverband.de/presse/themen/fluechtlinge_asylbewerber/fluecht linge.jsp, Zugriff 12.5.2020

-        USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 12.5.2020

Schutzberechtigte

Letzte Änderung: 15.5.2020

Asylberechtigte erhalten von ihrer zuständigen Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Dasselbe gilt, wenn die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist. Nach frühestens drei Jahren kann unter bestimmten Voraussetzungen, wie etwa die Sicherung des Lebensunterhalts und ausreichende deutsche Sprachkenntnisse, eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn das Bundesamt kein Widerrufsverfahren einleitet (BAMF o.D.b; vgl. AIDA 16.4.2019).

Subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis mit einjähriger Gültigkeit, die für jeweils zwei Jahre verlängert werden kann. Nach frühestens fünf Jahren (unter Einrechnung der Dauer des Asylverfahrens) kann eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden, sofern weitere Voraussetzungen, wie etwa die Sicherung des Lebensunterhalts und ausreichende deutsche Sprachkenntnisse, erfüllt sind (BAMF o.D.b; vgl. AIDA 16.4.2019).

Wurde ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt, darf keine Rückführung in den Staat erfolgen, für den dieses Abschiebungsverbot gilt. Die Betroffenen erhalten eine Aufenthaltserlaubnis, wenn die Bedingungen hierfür erfüllt sind. Die Aufenthaltserlaubnis wird für mindestens ein Jahr erteilt und kann wiederholt verlängert werden. Für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis gilt das Gleiche wie bei subsidiär Schutzberechtigten (BMF o.D.b).

Sowohl Personen mit internationalem Schutz als auch Personen mit subsidiärem Schutz haben den gleichen Zugang zu Arbeitsmarkt, Bildung, Sozialleistungen und medizinischer Versorgung wie deutsche Bürger (AIDA 16.4.2019; vgl. USDOS 11.3.2020). Mit dem Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz vom Juni 2019 werden Asylwerber mit guter Bleibeperspektive frühzeitig gefördert und schneller in den Arbeitsmarkt integriert. Der Zugang Geflüchteter, die voraussichtlich länger in Deutschland bleiben, zu Integrations- und berufsbezogenen Sprachkursen sowie zur Ausbildungsförderung wird leichter. Mit der Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes hat die Bundesregierung die Bedarfssätze angepasst und eine bestehende Förderlücke geschlossen. Geflüchtete, die eine Berufsausbildung oder ein Studium absolvieren, können künftig auch nach dem 15. Monat ihres Aufenthalts in Deutschland Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Damit wird verhindert, dass sie eine Lehre oder ein Studium aus finanziellen Gründen abbrechen müssen. Um Integration auch durch Übernahme von Ehrenämtern zu fördern, gibt es hierfür künftig einen Freibetrag. Die neu geschaffene Kooperationsvereinbarung zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Arbeitsstab der Integrationsbeauftragten unterstützt insbesondere Frauen mit Einwanderungsgeschichte bei der Integration auf dem Arbeitsmarkt (BR 1.3.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_ 2018update.pdf, Zugriff 5.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Asyl Fluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publication File&v=12, Zugriff 4.5.2020

-        BR – Die Bundesregierung (1.3.2020): Flüchtlingspolitik, Asylverfahren - Was tut die Bundesregierung im Bereich Migration und Integration?, https://www.bundes regierung.de/breg-de/suche/migration-und-integration-1657562, Zugriff 4.5.2020

Die Identität des Beschwerdeführers stehe fest, dieser sei russischer Staatsangehöriger, verheiratet und habe einen Sohn sowie zwei Stiefkinder. Eine lebensbedrohliche Erkrankung sei nicht bekannt, er leide auch an keiner Immunschwäche und gehöre nicht zur Risikogruppe betreffend des Erregers SARS-Cov-II. Er habe in Deutschland und Italien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, am 29.04.2021 habe Deutschland die Zustimmung für eine Überstellung gemäß der Dublin-Verordnung an das BFA erteilt. Der Beschwerdeführer sei in Österreich weder in Vereinen noch ehrenamtlich tätig und gehe keiner legalen Beschäftigung nach. Er sei in Österreich nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG sei nicht zu erteilen. Der Beschwerdeführer habe zwar in Österreich eine Ehefrau und einen minderjährigen Sohn, mit welchen er seit dem Jahr 2017 immer wieder in einem gemeinsamen Haushalt in Österreich gelebt habe, jedoch sei sein Aufenthalt in Österreich unrechtmäßig gewesen und sei er bereits viermal gemäß der Dublin-Verordnung nach Italien überstellt worden. Aufgrund des unbeständigen Familienlebens in Österreich stelle eine Überstellung nach Deutschland einen verhältnismäßigen Eingriff im Sinne des Art. 8 EMRK dar. Ebenso stelle die Überstellung einen verhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers dar. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führe und unter diesen Aspekten daher zulässig sei.

5. Gegen den Bescheid des Bundesamtes richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin wird vorgebracht, die Ehefrau des Beschwerdeführers müsse sich am XXXX .2021 einer Operation unterziehen, die einen mehrtägigen stationären Aufenthalt nötig mache. Auch nach der Operation werde sie noch einige Tage Unterstützung bei der Betreuung der Kinder brauchen. Der Beschwerdeführer ersuche daher, in dieser Zeit sich um seine Kinder kümmern zu können. Aufgrund des Rechts der Achtung des Privatlebens und der Achtung des Familienlebens beantrage er, mit seiner Familie leben zu dürfen. Auf Art. 2 der Kinderrechtskonvention wird verwiesen.

In einer Beschwerdeergänzung, eingebracht am 24.06.2021 wird ergänzend vorgebracht, der Beschwerdeführer sei zunächst im Jahr 2017 mit einem italienischen Visum nach Österreich eingereist und habe seine jetzige Ehefrau, die er schon Jahre lang kenne, besucht. Der gemeinsame Sohn sei am XXXX geboren, seine Frau habe auch noch zwei Söhne aus erster Ehe, zu denen er ebenfalls ein gutes Verhältnis pflege. Bei Stellung eines Asylantrages nach Ablauf des Visums habe der Beschwerdeführer nicht geahnt, dass dies bedeute, dass er seine Familie, die hier zum Daueraufenthalt berechtigt sei, verlassen müsse. Er habe versucht, einen legalen Weg zu finden, um hier zu bleiben. Ein Antrag auf Familienzusammenführung sei nicht erfolgreich gewesen, da die notwendigen Voraussetzungen für die Erteilung nach NAG nicht erfüllt gewesen wären. Seine Frau habe zuletzt am XXXX .2021 eine Operation an den Eierstöcken gehabt und brauche Unterstützung mit dem gemeinsamen Sohn. Sie dürfe nach der Operation nicht schwer heben und brauche momentan vor allem Hilfe bei der Betreuung des Sohnes und auch bei anderen alltäglichen Gelegenheiten. Sie hätte bereits ein konkretes Stellenangebot in der Gastronomie gehabt, könne dieses allerdings ohne Betreuung des Sohnes nicht annehmen. Der Beschwerdeführer möchte nichts Anderes als bei seiner Frau und den Kindern leben und eine Chance auf einen legalen Aufenthalt, hier im Bundesgebiet bei seiner Familie erhalten. Im vorliegenden Fall liege ein schützenswertes Familienleben vor. Dem Gegenüber sei das öffentliche Interesse an der Anordnung zur Außerlandesbringung nicht geboten, da er keinerlei Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist russischer Staatsangehöriger. Er lebt seit dem Jahr 2017 immer wieder gemeinsam mit seiner russischen Ehefrau, deren beiden Söhnen aus erster Ehe sowie dem gemeinsamen Sohn (geb. XXXX ) in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer stellte in Österreich bereits zwei Anträge auf internationalen Schutz, diese wurden jedoch jeweils zurückgewiesen und wurde er bereits viermal aufgrund der Bestimmungen der Dublin-Verordnung nach Italien rücküberstellt.

Er stellte in Italien am 20.09.2018 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, im Deutschland am 01.09.2020. Deutschland hat sich mit Schreiben vom 29.04.2021 für die Übernahme des Beschwerdeführers nach der Dublin III-VO für zuständig erklärt.

Der Beschwerdeführer ist gesund und leidet an keiner Immunschwäche.

Der Beschwerdeführer hat keine beruflichen Bindungen im Bundesgebiet, er ist weder in Vereinen noch ehrenamtlich tätig, ist strafrechtlich unbescholten und verfügt über keinen Aufenthaltstitel in Österreich. Er verfügt auch über keine finanziellen Mittel.

Eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich kann nicht festgestellt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Deutschland an.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Deutschland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seinen Familienstand und den in Österreich lebenden Sohn ergeben sich aus den vorgelegten Urkunden sowie den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu seinen Asylantragstellungen, deren Ergebnis und der bereits erfolgten vierfachen Außerlandesbringung ergeben sich ebenso aus den dazu im Akt erliegenden Entscheidungen und Mitteilungen sowie den beigeschafften Vorakten.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan. Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Deutschland wurde nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

§ 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

§ 57 AsylG lautet:

(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

§ 61 FPG lautet:

(1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. er in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser Mitgliedstaat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt I.):

Im Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß § 57 Asylgesetz“ nicht erteilt werde. Damit war offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemeint (S. 23 des Bescheids, AS 137). Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

3.3. Zur Anordnung zur Außerlandesbringung (Spruchpunkt II.):

Die belangte Behörde stützte die Anordnung zur Außerlandesbringung auf § 61 Abs. 1 Z 2 FPG. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung kommt nur gegen - nicht begünstigte - Drittstaatsangehörige (gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist) in Betracht. Insofern gleicht sie der Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG, von der sie sich jedoch hinsichtlich des Zielstaates unterscheidet. Während eine Rückkehrentscheidung den Drittstaatsangehörigen zur Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat verpflichtet (§ 52 Abs. 8 FPG), beinhaltet die Anordnung zur Außerlandesbringung einen Ausreisebefehl in einen anderen Staat ("Mitgliedstaat"), somit in einen Mitgliedstaat des EWR-Abkommens oder die Schweiz. Dieser Staat ist in der Anordnung zur Außerlandesbringung konkret zu benennen; nur dorthin ist dann nämlich, wie sich aus § 61 Abs. 2 erster Satz FPG ergibt, die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen zulässig.

Der genannte Ausreisebefehl in einen anderen "Mitgliedstaat" kommt insbesondere im Rahmen des "Dublin-Systems" in Betracht. Während die Z 1 des ersten Absatzes von § 61 FPG - va. - jene Fälle erfasst, in denen wegen "Zuständigkeit eines anderen Staates", in den in der Folge eine Überstellung stattfinden soll, die Zurückweisung eines in Österreich gestellten Antrages auf internationalen Schutz nach § 5 AsylG 2005 zu ergehen hat, bezieht sich die Z 2 auf Konstellationen, in denen eine derartige Antragstellung in Österreich unterblieben ist, gleichwohl jedoch eine Überstellung des Drittstaatsangehörigen (insbesondere) "auf Grund der Dublin-Verordnung" in Betracht kommt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 24.03.2015, Ra 2015/21/0004, festgehalten hat, wird die "Dublin-Verordnung" im FPG nicht eigens definiert. § 61 Abs. 1 Z 2 FPG scheint zwar seinem Wortlaut nach nur dann zu greifen, wenn der Staat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, noch eine Prüfung dieses Antrags durchzuführen hat. Ausgehend von der Überlegung, dass es mit § 61 Abs. 1 FPG insgesamt in erster Linie um eine Effektuierung des "Dublin-Systems" geht, muss indes eine extensive Auslegung Platz greifen, wonach via Anordnung zur Außerlandesbringung auch Überstellungen ermöglicht werden sollen, die nicht zwingend mit einer (neuerlichen) Antragsprüfung im Zielstaat einhergehen, etwa weil der seinerzeitige Antrag des Drittstaatsangehörigen vom zuständigen Mitgliedstaat bereits abgelehnt worden ist (vgl. Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO).

Die belangte Behörde stützte die Anordnung zur Außerlandesbringung daher zu Recht auf § 61 Abs. 1 Z 2 FPG. Demzufolge ist gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung nach Deutschland zulässig.

3.4. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art. 3 widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 30; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 124-125).

Es ist a

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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