Entscheidungsdatum
21.07.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W211 2210612-1/40E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA: Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen zu Recht:
A) Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. bis VI. wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Somalias, stellte am XXXX 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Bei seiner Erstbefragung am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er zusammengefasst an, aus Bosasso in der Region Bari in Puntland zu stammen. Der Aufenthaltsort seines Vaters sei unbekannt, seine Mutter und sieben Geschwister würden sich in Äthiopien aufhalten. Der Beschwerdeführer sei von Mitgliedern der Al Shabaab bedroht worden. Diese hätten den Beschwerdeführer zwangsrekrutieren wollen und verhaftet. Er habe sodann ein Jahr bei der Miliz in Gefangenschaft verbracht und Somalia im November des Jahres 2016 über die Grenze zum Jemen verlassen.
Am XXXX 2017 wurde der Beschwerdeführer zwecks „Family Tracing“ einvernommen und gab an, seine Eltern würden sich in einem Flüchtlingslager in Äthiopien aufhalten, wobei er jedoch in keinem Kontakt zu diesen stehe. Er selbst habe in Somalia in einem Dorf namens XXXX gelebt und weder eine Schule besucht, noch gearbeitet.
3. Nach einer Untersuchung zur Altersfeststellung wurde der Beschwerdeführer am XXXX 2018 von der belangten Behörde abermals einvernommen. Dabei gab er zusammengefasst an, er sei gesund, sunnitischen Glaubens und würde dem Clan der Ashraf angehören. Seinen Subclan kenne er nicht. Er sei in Bosasso geboren worden, sei ledig und habe keine Kinder. Er habe in Somalia vier Jahre lang eine Koranschule besucht, anschließend jedoch keinen Beruf ausgeübt. Seine Familie, bestehend aus den Eltern, mehreren Geschwistern und Onkeln sowie Tanten, würde sich in Somalia aufhalten. Die Lebensbedingungen in Somalia seien schlecht gewesen. Sein Vater habe als Taxifahrer gearbeitet und seine Mutter habe Jausen an Schüler verkauft. Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er von seinem Koranlehrer im September des Jahres 2016 in der Moschee angesprochen und mit dessen Auto zusammen mit vier weiteren Koranschülern in ein in der Ortschaft Galgale befindliches Camp der Al Shabaab gebracht worden sei. Der Beschwerdeführer und die weiteren Koranschüler seien dann geschlagen und in einem mit einem Netz bedeckten Loch für insgesamt drei Monate gefangen gehalten worden. Der Beschwerdeführer sei in dieser Zeit trainiert worden und habe Waffen reinigen müssen. Dann habe er gemeinsam mit anderen Mitgefangenen den Auftrag erhalten, einen Mordanschlag auf einen Mann in Bosasso zu verüben. Nachdem jener Mann ein Teehaus verlassen habe, sei er von einem älteren ebenfalls zwangsrekrutierten Mitglied der Al Shabaab erschossen worden. Der Beschwerdeführer habe sodann seine Waffe weggeworfen und sei davongelaufen. Zufälligerweise habe er dabei seinen Onkel angetroffen, der den Beschwerdeführer bei sich zuhause versteckt und seinen Vater kontaktiert habe. Dieser habe schließlich entschieden, dass der Beschwerdeführer Somalia verlassen müsse.
4. Mit Stellungnahme der rechtlichen Vertretung des Beschwerdeführers vom XXXX 2018 wurde ausgeführt, dass es sich bei den Regionen Bosasso und Galgale offenkundig um Rückzugsgebiete der Al Shabaab in Puntland handle. In der Region Mudug, in den zwischen Puntland und Somaliland umstrittenen Gebieten sowie in Teilen der Region Bari müsse mit Anschlägen und Kampfhandlungen gerechnet werden. Aufgrund seiner Flucht werde dem Beschwerdeführer von der Miliz eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt, wobei keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe. Auch gehöre der Beschwerdeführer zur besonders vulnerablen Gruppe der Minderjährigen und verfüge über keine belastbaren familiären Anknüpfungspunkte in Somalia. Weiter verwies die rechtliche Vertretung auf Informationen des deutschen Auswärtigen Amtes zu den betreffenden Regionen, eine Accord-Anfragebeantwortung zu Somalia: Security Situation vom 26.04.2018, einen Bericht von Amnesty International, Somalia 2017 und den FFM-Bericht aus August 2018.
5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt I.), den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).
6. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig eine Beschwerde eingebracht, in der auf die bereits in der Stellungnahme vom XXXX 2018 genannten Länderinformationen Bezug genommen und zusammengefasst ausgeführt wurde, dass aufgrund der Berichtslage zu Bosasso eine vom Beschwerdeführer vorgebrachte Entführung und Zwangsrekrutierung durch Al Shabaab glaubhaft erscheine. Die staatlichen Behörden könnten keinen effektiven Schutz gegen die Miliz gewähren, eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht. Auch Minderjährige würden Opfer von Al Shabaab. Es sei daher festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Somalia eine asylrelevante Verfolgung drohe und auch eine Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK nicht ausgeschlossen werden könne. Dem Beschwerdeführer sei daher der Status eines Asylberechtigten bzw. zumindest eines subsidiär Schutzberechtigten zu erteilen.
7. Am XXXX 2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die somalische Sprache und in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Vertretung eine mündliche Verhandlung durch. Die belangte Behörde entschuldigte sich mit Schreiben vom XXXX 2019 für die Teilnahme an der Verhandlung. Zu den in der Verhandlung eingebrachten Auszügen aus dem FFM-Bericht aus 2017 langte keine Stellungnahme ein.
8. Mit Parteiengehör vom XXXX 2019 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl davon verständigt, dass sich in Bezug auf die Nahrungsmittelversorgungslage in Somalia eine neue Situation ergeben habe, die sich aus mehreren zusätzlich ins Verfahren eingebrachten Länderinformationen ablesen lassen würde.
9. Mit Schreiben vom XXXX 2019 nahm die belangte Behörde zu den am XXXX 2019 zusätzlich zur Versorgungslage eingebrachten Länderinformationen Stellung und führte aus, dass aus dem übermittelten Beweisergebnis, insbesondere aufgrund der Einstufung der Herkunftsregion in IPC 3 von 5, keine „exzeptionellen Umstände“ iSd Rechtsprechung des EGMR abgeleitet werden könnten, welche eine Rückkehr des Beschwerdeführers als unzumutbar erscheinen lassen würden.
10. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX 2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 2005 der Verlust des Aufenthaltsrechts wegen eingebrachter Anklage einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, durch die Staatsanwaltschaft, mitgeteilt.
Mit Bescheid desselben Tages wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX 2019 verloren hat.
11. Mit Schreiben vom XXXX 2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien das aktuelle Länderinformationsblatt zu Somalia vom XXXX 2019, zu welchem innerhalb der gewährten Frist keine Stellungnahme eingebracht wurde.
12. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2019, Zl. W211 2210612-1/19E wurde die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerde stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigten bis zum XXXX 2020 erteilt (Spruchpunkt III.). Die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides wurden ersatzlos behoben (Spruchpunkt IV.).
13. Gegen die Spruchpunkte II. und III. des Erkenntnisses wurde außerordentliche Revision erhoben.
14. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom XXXX 2020, Zl. Ra 2020/14/0065-4, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2019 in seinen Spruchpunkten II. und III. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass das Bundesverwaltungsgericht weder den Aufenthaltsort der Familienangehörigen noch die Schulbildung des Beschwerdeführers festgestellt habe. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative habe sich das Bundesverwaltungsgericht aber dann tragend darauf gestützt, dass es angenommen habe, der Beschwerdeführer verfüge über keine nennenswerte Bildung und kein tragfähiges soziales Netzwerk im Heimatland. Diese Feststellungen stünden in Widerspruch zu den Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, in der er angegeben habe, seine Eltern und Geschwister würden in Bosasso, mehrere Onkel und Tanten sowie die Großmutter väterlicherseits in Mogadischu leben. Überdies habe er auch angegeben, er habe eine achtjährige Schulausbildung absolviert. Im Übrigen gehe das Bundesverwaltungsgericht zwar davon aus, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Somalia keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehe, weil weite Teile des Landes von einer Versorgungskrise betroffen seien. Es habe aber vorwiegend nur die Versorgungssituation in der Herkunftsprovinz Bari beurteilt. Eine nähere Auseinandersetzung mit der Versorgungssituation in anderen Teilen des Landes habe nicht stattgefunden.
15. Am XXXX 2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die somalische Sprache und des Beschwerdeführers sowie seines Vertreters, über Videotelefonie aus der Justizanstalt zugeschaltet, eine weitere mündliche Verhandlung durch. Die belangte Behörde erschien unentschuldigt nicht zur Verhandlung. Der Beschwerdeführer hatte in der Verhandlung Gelegenheit, über sein Leben in Österreich und die Verhältnisse in Somalia, soweit ihm bekannt, zu berichten. In der Verhandlung wurde das aktuelle Länderinformationsblatt 2019 sowie aktuelle Informationen zur Versorgungslage in Somalia, insbesondere von FSNAU (FSNAU Food Security Outlook Juni 2020 – Jänner 2021, 13.07.2020), ins Verfahren eingebracht.
16. Mit Stellungnahme vom XXXX 2020 führte die rechtliche Vertretung des Beschwerdeführers aus, dass sich aus einem mittlerweile erschienen Update aus Juli 2020 zu dem in der mündlichen Verhandlung herangezogenen FSNAU-Bericht ergebe, dass sich die Versorgunglage in ganz Somalia verschlechtert habe. Die Versorgunglage in weiten Teilen Somalias, darunter auch Bosasso, seien als „Crisis“ (IPC-Phase 3) zu klassifizieren. Für die Monate Oktober 2020 bis Jänner 2021 werde von einer Versorgungskrise im gesamten Norden Somalias ausgegangen. Weiter wurde auf die Verschärfung der Versorgungskrise durch die Covid-19-Pandemie hingewiesen. Der Beschwerdeführer habe klargestellt, dass er keinen Kontakt zu seinen Verwandten in Somalia habe. Es sei anzunehmen, dass seine Eltern und seine Geschwister nach Äthiopien ausgereist seien. Ob ein Onkel väterlicherseits noch in Bosasso lebe, sei unklar. Es könne nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in Somalia Verwandte ausfindig machen könne. Auch könnten diese ihm keine ökonomische Hilfe zukommen lassen. Zwar habe der Beschwerdeführer Verwandte in Mogadischu, diese seien ihm aber vollkommen unbekannt. Auch gehöre er einem Minderheitenclan an, weshalb er sich in Mogadischu auf keine Clanstrukturen stützen könne. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer über keine Berufsausbildung verfüge, weshalb er im Fall einer Rückkehr ernsthaft gefährdet wäre, in seinen Rechten gemäß Art. 2 und 3 EMRK verletzt zu werden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger Somalias.
Der Beschwerdeführer stammt aus Bosasso in der Region Bari, Puntland, ist ledig, kinderlos und gehört dem Clan der Ashraf an. Er reiste im Jahr 2016 aus Somalia aus.
Die Eltern und sechs Geschwister des Beschwerdeführers hielten sich zuletzt in Bosasso auf. Der Beschwerdeführer steht zu diesen derzeit in keinem Kontakt.
Der Beschwerdeführer verfügt in Mogadischu über mehrere Onkel und Tanten.
Der Beschwerdeführer hat in Somalia acht Jahre lang eine Grundschule bzw. eine Koranschule besucht.
Der Beschwerdeführer ist gesund.
1.2. Zum Leben in Österreich:
Der Beschwerdeführer stellte am XXXX 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Mit Bescheid vom XXXX wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt I.), den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2019, Zl. W211 2210612-1/19E wurde die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerde stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigten bis zum 31.12.2020 erteilt (Spruchpunkt III.). Die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides wurden ersatzlos behoben (Spruchpunkt IV.).
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom XXXX 2020, Zl. Ra 2020/14/0065-4 wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2019 in seinen Spruchpunkten II. und III. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Beschwerdeführer wurde in Österreich dreimal strafgerichtlich verurteilt und verbüßt zur Zeit eine Haftstrafe:
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX 2019, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs 1 Z 1 2. Fall, Abs 2 SMG, § 27 Abs 1 Z 1 2. Fall SMG und § 27 Abs 2a SMG zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX 2020, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs, 2a zweiter Fall SMG, § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall SMG sowie § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Monaten verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX 2021, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG, des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall SMG und des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten verurteilt.
Der Beschwerdeführer besuchte in den Jahren 2018 und 2019 Deutschkurse und spricht gut Deutsch. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach. Er verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen.
1.3. Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichten wiedergegeben:
a) Länderinformationsblatt Staatendokumentation, Somalia 17.09.2019 (Auszüge):
Benadir / Mogadischu
Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (PGN 8.2019; vgl. BMLV 3.9.2019). Die vormals für Verbesserungen in der Sicherheitslage verantwortliche Mogadishu Stabilization Mission (MSM) (UNSC 5.9.2017, Abs.11) wurde nunmehr deaktiviert. Ihre Aufgaben wurden erst an die 14th October Brigade übertragen, mittlerweile aber von der wesentlich verstärkten Polizei übernommen. Letztere wird von Armee, AMISOM und Polizeikontingenten von AMISOM unterstützt (BMLV 3.9.2019). Nach wie vor reicht die in Mogadischu gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte aber nicht aus, um eine flächendeckende Präsenz sicherzustellen (BMLV 3.9.2019).
Für al Shabaab bietet die Stadt schon alleine aufgrund der dichten Präsenz von Behörden und internationalen Organisationen viele attraktive Ziele (NLMBZ 3.2019, S.23). Diesbezüglich ist es der Regierung nicht gelungen, eine erfolgreiche Strategie zur Bekämpfung von al Shabaab in der Stadt umzusetzen. Die Gruppe ist in der Lage, in weiten Teilen des Stadtgebiets Anschläge durchzuführen (LIFOS 3.7.2019, S.42).
Es gilt als höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab die Kontrolle über Mogadischu zurück erlangt (BMLV 3.9.2019). In Mogadischu besteht kein Risiko, von al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (BMLV 3.9.2019; vgl. BFA 8.2017, S.51). Bei einem Abzug von AMISOM aus Mogadischu droht hingegen die Rückkehr von al Shabaab (ICG 27.6.2019, S.5).
Sprengstoffanschläge: Im September und Oktober 2018 ging die Anzahl an Anschlägen vorübergehend zurück; dahingegen nahm in diesem Zeitraum die allgemeine Kriminalität zu (UNSC 21.12.2018, S.3f). Danach hat die Zahl an größeren Anschlägen in und um Mogadischu zugenommen (UNSC 15.8.2019, Abs.16). Es kommt regelmäßig zu Sprengstoffanschlägen oder aber zu gezielten Tötungen. Üblicherweise zielt al Shabaab mit größeren (mitunter komplexen) Angriffen auf Offizielle, Gebäude und Fahrzeuge der Regierung, Hotels, Geschäfte, Militärfahrzeuge und –Gebäude sowie Soldaten von Armee und AMISOM (LIFOS 3.7.2019, S.23f). Betroffen sind Regierungseinrichtungen, Restaurants und Hotels, die von nationalen und internationalen Offiziellen frequentiert werden (BS 2018, S.9; UNSC 15.5.2019, Abs.12). Im März und April 2019 kam es zu einem signifikanten Anstieg der Aktivitäten, fast täglich war ein Anschlag mit einem improvisierten Sprengsatz zu verzeichnen (UNSC 15.5.2019, Abs.12). Vereinzelt kommt es zu großangelegten komplexen Angriffen durch al Shabaab, so etwa am 9.11.2018 auf das Sahafi Hotel (50 Tote, darunter sieben Angreifer) (UNSC 21.12.2018, S.3f). Bei einem Selbstmordanschlag im Juli 2019 kamen u.a. der Bürgermeister von Mogadischu und drei District Commissioners ums Leben (Mohamed 17.8.2019; vgl. AJ 25.7.2019).
Zivilisten: Generell unterstützt die Zivilbevölkerung von Mogadischu nicht die Ideologie von al Shabaab. Andererseits fühlen sich die Menschen von der Regierung nicht adäquat geschützt (LIFOS 3.7.2019, S.25). Al Shabaab greift Zivilisten nicht spezifisch an (NLMBZ 3.2019, S.23; vgl. LIFOS 3.7.2019, S.25). Diese leiden auf zwei Arten an der Gewalt durch al Shabaab: Einerseits sind jene einem erhöhten Risiko ausgesetzt, die in Verbindung mit der Regierung stehen oder von al Shabaab als Unterstützer der Regierung wahrgenommen werden (LIFOS 3.7.2019, S.42). Andererseits besteht für Zivilisten das Risiko, bei Anschlägen zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (LIFOS 3.7.2019, S.25/42; vgl. NLMBZ 3.2019, S.23) und so zum Kollateralschaden von Sprengstoffanschlägen und anderer Gewalt zu werden (LIFOS 3.7.2019, S.25).
Auch wenn Mogadischu von Sicherheitskräften und AMISOM geschützt wird, kann al Shabaab indirekt Kontrolle ausüben. Dadurch wird die Mobilität der Stadtbewohner im Alltag eingeschränkt (LIFOS 3.7.2019, S.21).
Es besteht zwar gemäß mehreren Berichten kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (SEM 31.5.2017, S.35).
Geographische Situation: Al Shabaab ist im gesamten Stadtgebiet präsent, das Ausmaß ist aber sehr unterschiedlich (LIFOS 3.7.2019, S.25f). Dabei handelt es sich um eine verdeckte Präsenz und nicht um eine offen militärische (BMLV 3.9.2019). Nicht alle Teile von Mogadischu sind bezüglich Übergriffen von al Shabaab gleich unsicher. So sind z.B. jene Teile, in welche Rückkehrer siedeln (u.a. IDP-Lager) besser vor al Shabaab geschützt. IDP-Lager stellen für die Gruppe kein Ziel dar (NLMBZ 3.2019, S.24). Jedenfalls ist al Shabaab nahezu im gesamten Stadtgebiet in der Lage, verdeckte Operationen durchzuführen bzw. Steuern und Abgaben einzuheben (BMLV 3.9.2019).
Die meisten Anschläge richten sich gegen Villa Somalia, Mukarama Road, Bakara-Markt, die Flughafenstraße und Regierungseinrichtungen. Auch Dayniile ist stärker betroffen. Gebiete, die weiter als 10 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt liegen, werden teilweise von al Shabaab kontrolliert. Vor allem Dayniile, Yaqshiid und Heliwaa werden als unsichere Gebiete erachtet (LIFOS 3.7.2019, S.25f).
2018 waren die Bezirke Dayniile, Dharkenley, Hawl Wadaag und Hodan, in geringerem Ausmaß die Bezirke Heliwaa und Yaqshiid von Gewalt betroffen. Zivilisten waren 2018 v.a. in den Bezirken Dharkenley, Hawl Wadaag, Hodan, in geringerem Ausmaß in Dayniile, Heliwaa, Waaberi und Yaqshiid von gegen sie gerichteter Gewalt betroffen (ACLED - siehe Tabelle weiter unten).
Auch der sogenannte Islamische Staat (IS) hat in Mogadischu Anschläge und Attentate verübt, die eigene Präsenz ausgebaut (LIFOS 3.7.2019, S.25).
Vorfälle: In Benadir/Mogadischu lebten einer Schätzung im Jahr 2014 zufolge ca. 1,65 Millionen Menschen (UNFPA 10.2014, S.31f). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2017 insgesamt 217 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie „violence against civilians“). Bei 186 dieser 217 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2018 waren es 207 derartige Vorfälle (davon 177 mit je einem Toten). Die Zahl an Zwischenfällen mit Todesopfern (meist ein Todesopfer) in der Region Benadir entwickelte sich in den vergangenen Jahren folgendermaßen (es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann; die Zahl der Todesopfer wird aufgrund der ca. 50% betragenden Ungenauigkeit von ACLED nicht berücksichtigt):
Vorfälle (mit Todesopfern) - gesamt
BENADIR/MOGADISCHU
2013
2014
2015
2016
2017
2018
Anzahl Vorfälle / Opferzahl (1/>1)
1
>1
1
>1
1
>1
1
>1
1
>1
1
>1
Boondheere
-
-
7
2
-
1
5
3
3
2
8
2
Cabdulcasiis
-
-
1
1
2
-
1
6
1
-
4
-
Dayniile
20
15
13
2
8
3
9
3
25
11
29
23
Dharkenley
20
4
19
4
25
5
25
7
41
6
43
7
Hawl Wadaag
35
18
19
6
26
4
9
4
15
5
52
20
Heliwaa
47
10
35
11
7
7
10
13
25
-
28
12
Hodan
38
14
49
12
22
16
24
14
40
15
47
25
Karaan
5
3
10
3
2
1
5
1
9
3
13
6
Shangaani
-
-
-
-
-
1
1
-
-
1
-
1
Shibis
3
-
4
2
3
1
6
1
4
1
6
2
Waaberi
9
-
4
1
8
4
12
4
19
2
21
2
Wadajir/Medina
24
5
27
9
17