TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/28 W147 2210674-1

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Veröffentlicht am 28.07.2021
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Entscheidungsdatum

28.07.2021

Norm

AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W147 2210674-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 5. November 2018, Zl. 1053617001-161384907, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2021 beschlossen:

A)

Das Verfahren wird in Bezug auf die Spruchpunkte I. – IV gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 5. November 2018, Zl. 1053617001-161384907, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2021 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte V. bis VII. wird stattgegeben, eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 9 BFA- Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, auf Dauer für unzulässig erklärt und XXXX gemäß §§ 54 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, 55 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, und § 58 Abs. 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2020, der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung Plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Gemeinsamer Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin reiste am 15. März 2015 in Österreich ein und brachte am 15. März 2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ein.

Weder im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag noch bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 23. September 2015 machte die Beschwerdeführerin eigene Fluchtgründe gelten. Sie gab an, den Antrag auf internationalen Schutz deshalb gestellt zu haben, da sich ihr Ehemann XXXX , geb. XXXX StA; Russische Föderation (IFA 791050502) in Österreich befinde und diesem der Status des subsidiär Schutzberechtigten mittels Bescheid des Bundesasylamtes am 10. Dezember 2010 rechtskräftig zuerkannt worden sei. Diesem wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung zuletzt bis 1. Dezember 2016 erteilt.

Mit Bescheid vom 24. September 2015 wurde der Beschwerdeführerin mittels Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der Status der subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 24. September 2016 erteilt.

Am XXXX verstarb der Ehemann der Beschwerdeführerin.

Am 6. September 2016 brachte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Verlängerung des Status der subsidiären Schutzberechtigten ein und wurde sie am 14. August 2018 vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 24.09.2015, Zahl: 150267365, zuerkannte Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Absatz 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Die mit Bescheid vom 24.09.2015, Zahl 150267365, erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 9 Absatz 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.) und ihr Antrag vom 06.09.2016 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt III). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt IV.), sondern gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG idgF. gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/200 idgF., erlassen (Spruchpunkt V.) und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Rückkehr mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VII.).

In der Entscheidungsbegründung wurde seitens der belangten Behörde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Gewährung des Status der subsidiär Schutzberechtigten darauf beruhte, dass die Beschwerdeführerin diesen im Zuge eines Familienverfahrens von ihrem Ehemann ableitete. Da ihr Ehemann nunmehr verstorben sei und es auch keine anderen Gründe für die Verlängerung des Status gebe, sei dieser abzuerkennen. Ihr Gesundheitszustand sei nicht derart, dass eine bloße Rückführung nicht zumutbar wäre. Die medizinische Versorgung sowohl psychischer als auch physischer Beeinträchtigungen sei in der Russischen Föderation durchaus gegeben, wodurch sich aus ihrem Gesundheitszustand kein Grund für die Gewährung/Verlängerung des Status der subsidiär Schutzberechtigen ergeben könne. Zwar lebe ihr Sohn in Österreich jedoch liege kein Abhängigkeitsverhältnis vor, dass der Beschwerdeführerin oder ihrem Sohn eine Rückkehr in die Russische Föderation nicht zumutbar wäre. Sie könne mit ihrem Sohn weiterhin in regelmäßigen Kontakt bleiben, wie sie es aktuell auch mit ihren in der Russischen Föderation lebenden Verwandten halte.

Mit fristgerecht eingebrachten Schriftsatz erhob die Beschwerdeführerin verfahrensgegenständliche Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid und focht diesen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften im vollem Umfang an.

Am 25. Februar 2019, 2. Juli 2020 und 20. Juli 2021 fand zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher die Beschwerdeführerin zu ihrem Gesundheitszustand, ihrem Leben im Heimatland sowie ihrem Privat- und Familienleben in Österreich befragt wurde.

Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2021 wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. – IV. zurückgezogen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage der Verwaltungsakte der belangten Behörde und den Ergebnissen der Beschwerdeverhandlung wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:

Die unbescholtene Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Russischen Föderation, der Volksgruppe der Tschetschenen zugehörig, muslimischen Glaubens. Ihre Identität steht fest.

Die Beschwerdeführerin reiste im Jahr 2015 in das österreichische Bundesgebiet und brachte am 15. März 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24. September 2015 wurde der Beschwerdeführer der Status der subsidiär Schutzberechtigten auf Grund der Probleme ihres Ehegatten im Wege des Familienverfahrens zuerkannt.

Der Ehegatte der Beschwerdeführerin, der ua an Depressionen litt, verübte im XXXX Selbstmord. Nach dem Tod des Ehegatten verschlechterte sich die psychische Verfassung der Beschwerdeführerin, bei ihr wurde von der behandelnden Fachärztin für Psychiatrie ua. eine prolongierte PTSD F43.1, eine Somatoforme Störung, F45.2 und eine rezidivierende depressive Störung diagnostiziert. Die Beschwerdeführerin litt unter Angstzuständen und Panikattacken und sah sich nicht mehr in der Lage, allein zu leben, sodass der Sohn XXXX zu ihr zog. Die Beschwerdeführerin lebt seit diesem Zeitpunkt mit dem Sohn im gemeinsamen Haushalt.

Zu ihrem einzigen Kind, ihrem Sohn XXXX , welcher über einen unbefristeten Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EU“ verfügt, besteht ein finanzielles und psychisches Abhängigkeitsverhältnis.

Sie befindet sich laufend in psychiatrischer Betreuung und besteht auch dahingehend ein zu berücksichtigendes persönliches Interesse an einem Aufenthalt in Österreich.

Am 3. September 2020 absolvierte die Beschwerdeführerin die Integrationsprüfung. Sie beherrscht die deutsche Sprache in einem Ausmaß, sich auf dem Arbeitsmarkt verständigen zu können und war bis zum Ausbruch der COVID-Pandemie berufstätig.

In der Russischen Föderation aufhältig sind der Vater der Beschwerdeführer und drei Geschwister. Mit diesen lebte die Beschwerdeführerin vor ihrer Ausreise nicht im gemeinsamen Haushalt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalten der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellungen zu den persönlichen Umständen der Beschwerdeführerin beruhen auf den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten, den Ausführungen in der Beschwerde sowie der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, zuletzt am 20. Juli 2021.

Die Feststellung von Identität und Herkunft der Beschwerdeführerin beruhen darauf, dass diese Identitätsdokumente in Vorlage gebracht hat, welche in Kopie in den Verwaltungsakten der belangten Behörde einliegen, sowie auf den diesbezüglichen Angaben, hinsichtlich derer im Laufe des Verfahrens keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen sind, dass diese als unrichtig anzusehen wären.

Ausdrücklich festzuhalten ist an dieser Stelle nochmals, dass die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. - IV. des angefochtenen Bescheides zurückgezogen wurde, womit diese in Rechtskraft erwuchsen.

Die Deutschkenntnisse der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihrer Einvernahme in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation der Beschwerdeführerin sowie deren Integration in Österreich ergeben sich aus den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen des Verfahrens und den vorgelegten Unterlagen, insbesondere aus den vorgelegten Arbeitszeugnissen, Einstellungszusagen, Bestätigungs- und Empfehlungsschreiben, der fachärztlichen Befundberichte und des Strafregisterauszuges.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände der Beschwerdeführerin in der Russischen Föderation, insbesondere den dortigen familiären Anknüpfungspunkten beruhen auf den glaubhaften Angaben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z. 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z. 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z. 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr.100 (Z. 4).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z. 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z. 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zum Beschluss:

3.2. Mit Zurückziehung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. - IV. des Bescheides des Bundesamtes erwuchsen diese Spruchpunkte in Rechtskraft.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).

Der Verwaltungsgerichtshof hält in seinem Beschluss vom 29. April 2015, Fr 2014/20/0047-11, fest, aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG gehe hervor, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Bezogen auf nach dem AVG geführte Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass - auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung - eine Verfahrenseinstellung (ua.) dann vorzunehmen ist, wenn die Berufung rechtswirksam zurückgezogen wurde. Nach Ansicht des VwGH hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen.

Aufgrund der Zurückziehungen der Beschwerde ist der angefochtene, im Spruch genannte Bescheid in dessen Spruchpunkten I. – IV. rechtskräftig geworden und war daher das Verfahren in diesen Beschwerdepunkten mit Beschluss einzustellen.

Zur Erteilung der Aufenthaltsberechtigung:

3.3. Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

§ 9 BFA-VG lautet:

„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).

Beim sogenannten „erweiterten Familienleben“, zu Geschwistern, Onkeln, Tanten, usw. wird ein „effektives Familienleben“ gefordert, das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushaltes, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder speziell engen, tatsächlich gelebten Banden zu äußern hat (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, 343 f).

„Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen sollten“ (EGMR 20. 3. 1991, Cruz Varas gg. Schweden, Appl. 15.576/89).

Weiters ist zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben der Beschwerdeführerin eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK).

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.3.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen; das Ausmaß der Integration im Aufenthaltsstaat, die sich in intensiven Bindungen zu Dritten, in der Selbsterhaltungsfähigkeit, Schul- und Berufsausbildung, in der Teilnahme am sozialen Leben und der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung; Bindung zum Heimatstaat; die strafrechtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen; Verstöße gegen das Einwanderungsrecht.

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt auch die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, ÖJZ 2007, 852ff.).

Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29.9.2007, B 1150/07; 12.6.2007, B 2126/06; VwGH 26.6.2007, 2007/01/479; 26.1.20006, 2002/20/0423; 17.12.2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 20053, 282ff).

Dies bedeutet für den konkreten Beschwerdefall Folgendes:

Die Beschwerdeführerin ist im Jahr 2015 in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat am 15. März 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Ihr wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24. September 2015 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin, der ua. an Depressionen litt, verübte im XXXX Selbstmord in Österreich. Nach dem Tod des Ehegatten verschlechterte sich die psychische Verfassung der Beschwerdeführerin massiv, bei ihr wurde von der behandelnden Fachärztin für Psychiatrie ua. eine prolongierte PTSD F43.1, eine Somatoforme Störung, F45.2 und eine rezidivierende depressive Störung diagnostiziert. Die Beschwerdeführerin litt unter Angstzuständen und Panikattacken und sah sich nicht mehr in der Lage, allein zu leben, sodass der Sohn XXXX zur Beschwerdeführerin zog. Die Beschwerdeführerin lebt bis dato mit dem Sohn im gemeinsamen Haushalt.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl Thym, EuGRZ 2006, 541). Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht und im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/01/0479 argumentiert, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [... ] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", ist im Fall der Beschwerdeführerin, die sich seit 2015 und seit Ende 2015 auch rechtmäßig in Österreich aufhält, jedenfalls vom Bestehen eines Privatlebens auszugehen. Der Verwaltungsgerichthof hat mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. etwa VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187; vgl. auch VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN).

Im vorliegenden Fall fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts entgegen der Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, zu Gunsten der Beschwerdeführerin aus.

Im Falle der Beschwerdeführerin und ihrem Sohn bestehen zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit, die über die üblichen Bindungen hinausgehen, - einerseits besteht eine finanzielle Abhängigkeit vom Sohn, der die Beschwerdeführerin finanziell unterstützt, aber noch wesentlicher ist, dass der Sohn eine wichtige moralische Stütze für die stark belastete und daher psychisch labile Beschwerdeführerin ist und wesentlich zur Stabilisierung der Beschwerdeführerin beiträgt. Der Sohn XXXX ist das einzige Kind der Beschwerdeführerin, er ist in Österreich erwerbstätig und verfügt über einen unbefristeten Aufenthaltstitel für Österreich („Daueraufenthalt – EU“). Für die Beschwerdeführerin ist der Sohn und dessen Familie (die Schwiegertochter und die drei Enkelkinder) das „Wichtigste und Schönste“ in ihrem Leben.

Im Falle der unbescholtenen Beschwerdeführerin besteht auch kein derartig großes Gewicht an einer Aufenthaltsbeendigung im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 08.03.2021, Ra 2020/14/0457 oder VwGH 30.4.2020, Ra 2019/21/0134, mwN).

Die Beschwerdeführerin musste in Österreich sowohl psychotherapeutische als auch psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen und benötigt täglich die Psychopharmaka Paroxal und Seroquel. Die Beschwerdeführerin leidet nach wie vor an einer belastungsabhängigen psychischen Störung, die nur effektiv behandelt werden kann, wenn sich die betroffene Person in einer sicheren Umgebung befindet. Wie oben ausgeführt ist gerade ihr einziges Kind eine wichtige moralische Stütze für die Beschwerdeführerin und trägt wesentlich zur Stabilisierung des Gesundheitszustandes bei. Auch in dieser Hinsicht besteht ein starkes privates Interesse der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich.

Trotz der psychischen Belastungen hat sich die unbescholtene Beschwerdeführerin gut in Österreich integriert und erfolgreich die A2 Integrationsprüfung bestanden und es geschafft, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, die – bedingt durch die Kurzarbeit und Einschränkungen durch die Pandemie und die Augenerkrankung der Beschwerdeführerin (Netzhautablösung) – beendet wurde. Nachdem die meisten Hotels wieder geöffnet haben und Personal suchen, ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin nunmehr zeitnah wieder eine Arbeit als Reinigungskraft finden wird.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet nicht überwiegt und daher durch eine angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK vorliegen würde.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

Die Beschwerdeführerin erfüllt die Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, da sie zum Entscheidungszeitpunkt das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat und – wie bereits aufgezeigt – der gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK weitere Verbleib im Bundesgebiet geboten ist.

Das Bundesverwaltungsgericht erteilt der Beschwerdeführerin aus diesem Grund mit konstitutiver Wirkung den Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 für die Dauer von zwölf Monaten (§ 54 Abs. 2 Asylgesetz 2005). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat der Beschwerdeführerin diesen Aufenthaltstitel in Kartenform auszustellen.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. bis VII. des angefochtenen Bescheides war daher spruchgemäß stattzugeben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung Zurückziehung der Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W147.2210674.1.00

Im RIS seit

11.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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