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10/07 Verfassungs- und VerwaltungsgerichtsbarkeitNorm
B-VG Art144 Abs1Leitsatz
Zurückweisung der Beschwerde einer Steuerberatungsgesellschaft mangels – auch schon im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht bestehender – LegitimationSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Die beschwerdeführende Partei ist steuerliche Vertreterin einer bestimmten Person.
2. Mit Bescheid vom 30. August 2013 hat das Zollamt Salzburg gegenüber dieser Person Alkoholsteuer für den Monat November 2006 festgesetzt. Gegen diesen Bescheid hat die beschwerdeführende Partei im Namen und Auftrag ihres Klienten Berufung erhoben. Mit Berufungsvorentscheidung vom 13. November 2013 hat das Zollamt Salzburg die Berufung als unbegründet abgewiesen. Daraufhin hat die beschwerdeführende Partei dem Zollamt Salzburg am 20. November 2013 ein Schreiben geschickt, in dem (laut Wiedergabe im angefochtenen Beschluss) ua Folgendes ausgeführt wurde:
"Sehr geehrte Damen und Herren!
Im Namen und Auftrag von Herrn [...] wurde gegen den Bescheid für Nov. 2006 mit einer Abgabenfestsetzung von € 1.976,50 das Rechtsmittel der Berufung ergriffen.
Gegen die Berufungsvorentscheidung im Bescheid (Zahl: [...]), datiert 13.11.2013 eingelangt am 15.11.2013 wird das Rechtsmittel der Beschwerde ergriffen und beantragt die Berufung an den unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorzulegen.
Sämtliche Anträge der Berufung werden aufrechterhalten.
[...]
Mit freundlichen Grüßen
[Name des Steuerberaters]"
Das Schreiben war handschriftlich unterfertigt, im Betreff waren der Name und die Adresse des Klienten und "Beschwerde" angeführt.
3. Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 23. März 2021 wurde "der Vorlageantrag (vormals Beschwerde) vom 20. November 2013 [...] als nicht zulässig zurückgewiesen".
Begründend hält das Bundesfinanzgericht fest, dass die beschwerdeführende Partei den Vorlageantrag eingebracht habe, ohne sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen oder sich auf eine erteilte Bevollmächtigung zu berufen. Eine Person, die einen Antrag stelle, ohne anzugeben, dass sie im Namen einer anderen Person handle, sei selbst Antragsteller. Die beschwerdeführende Partei sei aber zur Einbringung des Vorlageantrages im betreffenden Verfahren nicht befugt, weshalb der Antrag ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen sei.
4. Gegen diesen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 B-VG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt wird.
Zur Beschwerdelegitimation wird ausgeführt, dass der angefochtene Beschluss an die beschwerdeführende Partei selbst ergangen sei und diese auch als Antragstellerin bezeichnet werde. Der Beschluss sei nicht an den Klienten ergangen. Die beschwerdeführende Partei erachte sich durch den Beschluss in ihren Rechten verletzt, weil sich aus dem Beschluss ergebe, dass sie ihre Tätigkeit nicht fachgerecht ausgeführt habe, und dies indirekt Schadenersatzansprüche zur Folge haben könne.
5. Die Beschwerde ist nicht zulässig.
5.1. Die Beschwerdelegitimation nach Art144 Abs1 B-VG ist nur dann gegeben, wenn die beschwerdeführende Partei durch das angefochtene Erkenntnis in einem subjektiven Recht verletzt worden sein kann (zB VfGH 25.2.2019, E4975/2018 mwN). Eine Rechtsverletzungsmöglichkeit ist insbesondere dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei keinen Unterschied macht, ob die verwaltungsgerichtliche Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (zB VfGH 25.2.2019, E4975/2018 mwN). Daher setzt die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts ein Interesse der beschwerdeführenden Partei an der Beseitigung der angefochtenen Entscheidung voraus. Ein solches Interesse der beschwerdeführenden Partei ist nur gegeben, wenn sie durch die Entscheidung beschwert ist. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Beurteilung durch die beschwerdeführende Partei, sondern darauf an, ob bei Anlegung eines objektiven Maßstabs gesagt werden kann, dass die angefochtene Entscheidung die Rechtsposition der beschwerdeführenden Partei zu deren Nachteil verändert (VfGH 22.9.2016, E2221/2016; 25.2.2019, E4975/2018, jeweils mwN, uva.).
5.2. Ein solcher Nachteil liegt im vorliegenden Fall nicht vor:
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Bundesfinanzgericht einen von der beschwerdeführenden Partei eingebrachten Vorlageantrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass die beschwerdeführende Partei nicht zur Einbringung des Vorlageantrags befugt sei. Der Vorlageantrag war gegen eine Berufungsvorentscheidung – nunmehr Beschwerdevorentscheidung (vgl §323 Abs38 BAO) – gerichtet, die nicht an die beschwerdeführende Partei, sondern an eine von der beschwerdeführenden Partei vertretene Person gerichtet war. Das Bundesfinanzgericht geht im angefochtenen Beschluss davon aus, dass diese Person zur Einbringung des Vorlageantrages befugt gewesen wäre, der Vorlageantrag der beschwerdeführenden Partei jedoch nicht in Namen und Auftrag dieser Person eingebracht worden sei.
Die beschwerdeführende Partei stellt in ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ausdrücklich außer Streit, dass ihr die Legitimation zur Einbringung eines Vorlageantrages gegen die betreffende Beschwerdevorentscheidung im eigenen Namen fehlt. Sie sei mit der Herstellung von Alkohol nicht befasst und in eigener Sache in keinerlei Weise am Verfahren beteiligt. Daraus folgt aber, dass die beschwerdeführende Partei durch die Zurückweisung des Vorlageantrages nicht in ihren subjektiven Rechten, insbesondere nicht in ihrem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG verletzt sein kann. Für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei macht es vielmehr keinen Unterschied, ob der angefochtene Beschluss des Bundesfinanzgerichtes aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl auch VwGH 22.10.2018, Ra 2018/16/0102). Wenn die beschwerdeführende Partei zur Begründung ihrer Beschwerdelegitimation vorbringt, dass der angefochtene Beschluss des Bundesfinanzgerichtes indirekt Schadenersatzansprüche zur Folge haben könnte, so wird damit kein Eingriff in eine Rechtsposition durch die angefochtene Entscheidung dargelegt, sondern lediglich auf (potentielle) Folgewirkungen der Entscheidung hingewiesen.
5.3. Da der angefochtene Beschluss somit nicht in die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Partei eingreift, fehlt ihr die Legitimation zur Beschwerdeerhebung. Die Beschwerde ist zurückzuweisen.
5.4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, AbgabenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:E1570.2021Zuletzt aktualisiert am
11.10.2021