Index
001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
B-VG Art144 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und den Hofrat Mag. Berger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des G P in N, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 31. März 2021, E HG1/07/2019.042/020, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 13. März 2018 wurden dem Revisionswerber als Betreiber eines namentlich genannten Lokales vier Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz - GSpG mit drei Glücksspielgeräten und einem sogenannten „Cash-Center“-Gerät zur Last gelegt. Er habe verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht, indem er den Betrieb näher bezeichneter Geräte in den Räumlichkeiten des Lokales von Anfang Februar 2017 bis 2. März 2017 gegen Entgelt geduldet und an der Auszahlung erzielter Spielgewinne mitgewirkt habe, indem er das Personal zur Auszahlung von Gewinnen und zur erneuten Bereitstellung der Geräte für den nächsten Spieler angehalten habe. Über ihn wurden vier Geldstrafen (sowie vier Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt und ihm gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben.
2 2.1. Das Landesverwaltungsgericht Burgenland (LVwG) gab der vom Revisionswerber gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Spruchpunkt I. des Erkenntnisses vom 28. Jänner 2019 bezüglich der vierten Übertretung („Cash-Center“-Gerät) Folge und behob das Straferkenntnis in diesem Punkt. Weiters gab es der Beschwerde gegen die Spruchpunkte 1. bis 3. des Straferkenntnisses (Übertretungen mit den drei Glücksspielgeräten) insoweit Folge, als es den Spruch dahingehend modifizierte, dass es nach der Bezeichnung des Lokales die Adresse desselben einfügte und die Tathandlung auf die Duldung des Betriebes der Glücksspielgeräte in den Räumlichkeiten des Lokales gegen Entgelt beschränkte. Außerdem setzte das LVwG die Geldstrafen (sowie die Ersatzfreiheitsstrafen) jeweils pro Gerät herab und ergänzte die Strafsanktionsnorm mit „§ 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, erster Strafsatz, Glücksspielgesetz (GSpG)“. Im Übrigen wies das LVwG die Beschwerde als unbegründet ab. Mit Spruchpunkt II. setzte das LVwG den Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde herab und sprach aus, dass kein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren zu leisten sei. Unter einem wurde die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt.
3 2.2. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 11. Juni 2019, E 973/2019-7, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
4 2.3. Die in der Folge vom Revisionswerber erhobene außerordentliche Revision wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 2020, Ra 2019/17/0098, soweit mit Spruchpunkt I. des Erkenntnisses des LVwG vom 28. Jänner 2019 der Beschwerde Folge gegeben und der diesbezügliche Spruchpunkt 4. sowie die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe behoben wurde, zurückgewiesen. In seinem übrigen Umfang wurde das Erkenntnis vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil das LVwG aufgrund einer unzutreffenden Rechtsansicht Ermittlungen - konkret die vom Revisionswerber beantragte Einvernahme seiner Ehefrau - zur Klärung der Frage, ob der Revisionswerber die Gewahrsame über den vermieteten Raum gehabt habe, und Feststellungen, die eine rechtliche Beurteilung, ob der Revisionswerber die Geräte in einem ihm zurechenbaren Raum im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG zugänglich gemacht habe, überhaupt erst ermöglichen würden, unterlassen hatte.
5 2.4. Im fortgesetzten Verfahren gab das LVwG mit Spruchpunkt I. des nunmehr angefochtenen Erkenntnisses der Beschwerde gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 13. März 2018 - soweit sich diese gegen die angelasteten Übertretungen mit den drei Glücksspielgeräten richtete - nach Abhaltung weiterer Verhandlungen mit der Maßgabe Folge, dass der Spruch des Straferkenntnisses wie folgt zu lauten habe (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
„Die U s.r.o. (...) hat in der Zeit vom 1.2.2017 bis zum 2.3.2017 im Lokal mit der Bezeichnung ‚(...)‘ in (...), zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz veranstaltet, indem sie in diesem Zeitraum drei Glückspielautomaten (...) auf eigene Rechnung und Gefahr betrieben und damit Glücksspiele mit dem Vorsatz veranstaltet hat, fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen. Auf allen drei Geräten wurden Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen angeboten, bei denen jeweils für einen geldwerten Einsatz ein geldwerter Gewinn in Aussicht gestellt wurde. Eine Bewilligung für diese Geräte nach dem Glücksspielgesetz lag nicht vor.
Herr G P (...), hat sich als Betreiber des Lokals ‚(...)‘ und somit als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 Glücksspielgesetz in der Zeit vom 1.2.2017 bis zum 2.3.2017 insofern an diesen verbotenen Veranstaltungen beteiligt, indem er eine als ‚Lagerraum‘ bezeichnete Räumlichkeit dieses Lokals mit Mietvertrag vom 19.1.2017, wirksam ab 1.2.2017, an die U s.r.o. vermietet hat, sodass es dieser Gesellschaft möglich war, dort die vorangeführten verbotenen Veranstaltungen und Ausspielungen nach dem GSpS abzuhalten. Der monatliche Mietzins in der Höhe von 300 Euro floss ihm in wirtschaftlicher Hinsicht zu. Er war in Kenntnis davon, dass die genannte Gesellschaft in dem von ihm vermieteten Lokal verbotene Glücksspiele veranstaltet.
Er hat dadurch die Rechtsvorschrift des § 52 Abs. 1, viertes Tatbild i.V.m. § 2 Abs. 2 und 4 i.V.m. § 4 Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 118/2016 verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Herrn G P gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 letzte Variante und Abs. 2, erster Strafsatz, GSpG pro Glücksspielgerät Geldstrafen von je 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafen von je 1 Tag pro Glücksspielgerät) verhängt.“
6 Weiters setzte das LVwG mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses den Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde herab und sprach aus, dass kein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren zu leisten sei. Mit Spruchpunkt III. erklärte es die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig.
7 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 Die Revision erweist sich als unzulässig:
9 4.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 4.2.1. Die Revision macht zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst geltend, das angefochtene Erkenntnis sei gegenüber dem Revisionswerber nicht innerhalb der dreijährigen Strafbarkeitsverjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG rechtswirksam erlassen worden. Zwar sei der Ablauf der Verjährungsfrist am 2. März 2020 während der Zeit der Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und vor dem Verwaltungsgerichtshof, sohin vom Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof am 18. März 2019 bis zum Zeitpunkt der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes an das LVwG am 16. März 2020, gehemmt gewesen, jedoch habe die verbleibende Frist am 17. März 2020 wieder zu laufen begonnen und somit nach Ablauf von 349 Tagen am 1. März 2021 geendet. Das angefochtene Erkenntnis des LVwG, das „zwingend mit Zustellnachricht zu eigenen Handen der Revisionswerbervertreterin zuzustellen gewesen“ wäre, sei dieser am 1. April 2021 per E-Mail übermittelt worden, jedoch sei es aufgrund der urlaubsbedingten Abwesenheit der Vertreterin vom 31. März 2021 bis einschließlich 9. April 2021 erst am 12. April 2021 zugestellt worden, weil sie erst an diesem Tag Kenntnis vom angefochtenen Erkenntnis erlangt habe. Die Strafbarkeit der dem Revisionswerber angelasteten Übertretungen sei jedenfalls verjährt.
13 Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
14 Gemäß § 31 Abs. 2 VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist wird die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union nicht eingerechnet (Z 4 leg. cit.).
15 Hinsichtlich des Beginns und des Endes der Fristenhemmung nach § 31 Abs. 2 Z 4 VStG sind einerseits der Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof bzw. der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und andererseits der Zeitpunkt der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses an die belangte Behörde und nicht an den Revisionswerber maßgebend (vgl. VwGH 9.10.2017, Ra 2017/02/0115; 13.11.2018, Ra 2018/17/0172, jeweils mwN).
16 Nach § 2 Z 2 Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz (COVID-19-VwBG), BGBl. I Nr. 16/2020 idF BGBl. I Nr. 2/2021, wird die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 nicht in Verjährungsfristen eingerechnet (vgl. zur Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 1 VStG: VwGH 22.4.2021, Ra 2021/06/0030).
17 Durch die Hemmung wird die Verjährungsfrist um so viele Tage verlängert, als der die Hemmung bewirkende Zustand bestanden hat. Mit Ablauf des hemmenden Ereignisses läuft daher die Verjährungsfrist weiter. Sie ist so zu berechnen, als ob sie um die Dauer des Hemmungszeitraumes verlängert worden wäre (vgl. VwGH 6.9.2018, Ra 2017/17/0456, mwN).
18 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frist des § 31 Abs. 2 VStG nur dann gewahrt, wenn die Rechtsmittelentscheidung innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde (vgl. erneut VwGH 13.11.2018, Ra 2018/17/0172, mwN).
19 Im Revisionsfall endete das als Dauerdelikt zu wertende strafbare Verhalten des Revisionswerbers am 2. März 2017 (vgl. hierzu etwa VwGH 21.10.2013, 2013/17/0138 bis 0143), sodass die dreijährige Frist für die Verjährung der Strafbarkeit gemäß § 31 Abs. 2 VStG am 2. März 2020 abgelaufen wäre (vgl. zur Berechnung der Verjährungsfrist bei Dauerdelikten VwGH 29.4.2019, Ra 2018/16/0189, mwN).
20 Wie in der Revision zutreffend ausgeführt, wird die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof sowie nach Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof die Zeit des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, sohin die Zeit vom Einlangen der gegen das Erkenntnis des LVwG vom 28. Jänner 2019 erhobenen und mit 18. März 2019 datierten Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof am selben Tag bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 2020, Ra 2019/17/0098, an das LVwG am 16. März 2020, gemäß § 31 Abs. 2 Z 4 VStG nicht in die Strafbarkeitsverjährungsfrist eingerechnet (vgl. hierzu VwGH 29.4.2005, 2004/05/0324). Nach Wegfall der Hemmung am 16. März 2020 begann die verbleibende Frist (18. März 2019 bis 2. März 2020, somit 351 Tage) am 17. März 2020 wieder zu laufen, sodass die Frist für die Strafbarkeitsverjährung grundsätzlich am 2. März 2021 geendet hätte.
21 Am 22. März 2020 trat jedoch gemäß § 2 Z 2 COVID-19-VwBG erneut eine Hemmung der Verjährungsfrist bis zum 30. April 2020 ein. Die verbleibende Frist (22. März 2020 bis 2. März 2021, somit 346 Tage) begann am 1. Mai 2020 wieder zu laufen. Die Frist für die Strafbarkeitsverjährung endete somit - aufgrund des Fristablaufes am Sonntag, dem 11. April 2021, - am Montag, dem 12. April 2021 (vgl. zur Berechnung der Fristen VwSlg. 12.570 A/1987; vgl. zur Anwendbarkeit des § 33 Abs. 2 AVG auf die Verjährungsfristen des § 31 VStG VwSlg. 9758 A/1979, sowie zum Fristende an einem Sonntag: VwGH 27.1.2004, 2000/10/0039).
22 Da die Vertreterin des Revisionswerbers dem Vorbringen in der Revision folgend am 12. April 2021 Kenntnis vom angefochtene Erkenntnis erlangte, wurde dieses gegenüber dem Revisionswerber jedenfalls innerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 VStG rechtswirksam erlassen, sodass es auf das übrige Revisionsvorbringen in diesem Zusammenhang (Zustellung ohne Zustellnachweis bzw. nicht zu eigenen Handen) nicht mehr ankommt (vgl. zur Heilung von Mängeln bei elektronischen Zustellungen gemäß § 37 ZustG VwGH 17.12.2014, Fr 2014/18/0033; 5.9.2018, Ro 2017/12/0010).
23 4.2.2. Die Revision macht darüber hinaus ein Abweichen von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 1 VStG geltend. Der Spruch des Straferkenntnisses vom 13. März 2018 widerspreche dem Bestimmtheitsgebot des § 44a VStG. Ein allenfalls fehlerhafter Abspruch der ersten Instanz dürfe nur dann richtiggestellt oder ergänzt werden, wenn innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist rechtzeitig eine alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung durch die Behörde gesetzt worden sei. Dem Revisionswerber seien innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist jedoch nicht alle notwendigen Sachverhaltselemente vorgehalten worden. Dem ursprünglichen Tatvorwurf sei nicht zu entnehmen, wo die vorgeworfene strafbare Handlung stattgefunden habe. Eine Adresse sei an keiner Stelle der Aufforderung zur Rechtfertigung oder des Straferkenntnisses genannt worden, sodass durch die bloß namentliche Nennung des Lokales die Gefahr bestehe, dass der Revisionswerber wegen derselben Tat erneut bestraft werde. Auch sei dem Revisionswerber die Vermietung eines Lagerraums an die Firma U s.r.o. nicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgehalten worden. In der Aufforderung zur Rechtfertigung und im Straferkenntnis sei der Beginn des Tatzeitraumes nicht in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art bezeichnet, sondern nur mit „Anfang Februar 2017“ umschrieben worden, sodass nicht eindeutig nachvollziehbar sei, an welchem Tag das strafbare Verhalten tatsächlich begonnen habe. Da die Verfolgungsverjährungsfrist mit 2. März 2018 geendet habe, sei es dem LVwG verwehrt gewesen, den Tatvorwurf hinsichtlich des fehlenden Tatortes und der nicht eindeutigen Tatzeit zu ergänzen und den Sachverhalt von „Duldung im Lokal und Mitwirkung an der Auszahlung von Spielgewinnen“ in „Vermietung eines Lagerraums des Lokals an die Firma U (...) s.r.o.“ abzuändern.
24 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verfolgungsverjährung des § 31 Abs. 1 VStG sind an Verfolgungshandlungen im Sinn des § 32 Abs. 2 VStG hinsichtlich der Umschreibung der angelasteten Tat die gleichen Anforderungen zu stellen wie an die Tatumschreibung im Spruch des Straferkenntnisses nach § 44a Z 1 VStG. Demnach ist eine die Verfolgungsverjährung nach § 31 VStG unterbrechende Verfolgungshandlung nach § 32 Abs. 2 VStG auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinn des § 44a Z 2 VStG zu beziehen; die (korrekte) rechtliche Qualifikation der Tat ist hingegen nicht erforderlich. Somit muss sich die Verfolgungshandlung im Sinn der §§ 31 und 32 VStG auf alle der späteren Bestrafung zugrunde liegenden und damit relevanten Sachverhaltselemente beziehen (vgl. VwGH 29.1.2020, Ra 2018/17/0221, mwN).
25 Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um den Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. VwGH 16.3.2020, Ra 2018/17/0233 bis 0235, mwN). Ungenauigkeiten bei der Konkretisierung der Tat haben nur dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt werden (vgl. VwGH 11.5.2021, Ra 2021/02/0105, mwN).
26 Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat dem § 44a Z 1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin ob die erfolgte Umschreibung der Tat im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt. Das an die Umschreibung der Tat zu stellende Genauigkeitserfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (vgl. erneut VwGH 16.3.2020, Ra 2018/17/0233 bis 0235, mwN).
27 Im vorliegenden Fall ist zunächst hinsichtlich des Tatortes nicht ersichtlich, dass der Revisionswerber der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt oder in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt gewesen wäre (vgl. VwGH 14.6.1991, 89/17/0123, wonach das Erfordernis der Konkretisierung des Tatortes nicht isoliert gesehen werden darf, sondern in Verbindung mit der Tatzeitangabe zu betrachten ist). Vielmehr hat der Revisionswerber in seinen Rechtfertigungen ein konkret auf den Tatvorwurf bezogenes Vorbringen - unter anderem zur Vermietung des Lagerraumes an die U s.r.o. und der fehlenden Kenntnis von der Tätigkeit der Vertragspartnerin - erstattet sowie den Mietvertrag mit der U s.r.o. als Beweismittel vorgelegt und im weiteren Verlauf zahlreiche auf die konkrete Tatanlastung bezogene Beweisanträge - etwa auf Durchführung eines Ortsaugenscheines oder auf Einvernahme näher genannter Personen als Zeugen zum Beweis dafür, dass der Revisionswerber weder über die Gewahrsame des vermieteten Lagerraumes noch über Kenntnis von den Vorgängen in der vermieteten Räumlichkeit verfügt habe - gestellt.
28 Im Hinblick auf das Vorbringen, wonach der Tatzeitraum nicht innerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung hinreichend bestimmt umschrieben worden sei, ist wiederum darauf hinzuweisen, dass die Umschreibung des Beginns des Tatzeitraumes mit „Anfang Februar 2017“ unbedenklich ist, weil sie keinen Zweifel daran erkennen lässt, dass mit Anfang eines Monats nur dessen erster Tag gemeint sein kann (vgl. VwGH 21.9.2005, 2004/09/0107; 14.12.2012, 2010/09/0126).
29 Hinsichtlich des Vorbringens, dem Revisionswerber sei die Vermietung des Lagerraumes nicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist angelastet worden, ist auszuführen, dass dem Revisionswerber innerhalb der Verjährungsfrist vorgeworfen worden war, in den Räumlichkeiten den Betrieb „gegen Entgelt“ geduldet zu haben, womit dem Revisionswerber ein vertragliches Verhältnis mit dem Veranstalter der Glücksspiele angelastet worden ist; die (rechtliche) Qualifikation dieses „Duldens“ als Mietvertrag ist jedoch kein Austausch der Tat.
30 Dem Revisionswerber wurde somit innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ein ausreichend bestimmter, auf alle für die Bestrafung wesentlichen Sachverhaltselemente Bezug nehmender Tatvorwurf vorgehalten, sodass sich in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt.
31 Entgegen dem Vorbringen in der Revision ist zudem auch nicht ersichtlich, dass das LVwG den Tatvorwurf in rechtswidriger Weise außerhalb der Verjährungsfrist ausgetauscht hätte.
32 „Sache“ des Verwaltungsstrafverfahrens ist die dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, und zwar unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung (vgl. VwGH 26.11.2018, Ra 2017/17/0576, mwN).
33 Ein unzulässiges Austauschen des Tatvorwurfes stellt eine im Beschwerdeverfahren durch das Verwaltungsgericht vorgenommene Erweiterung des Tatvorwurfes bzw. die Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhaltes dar. Die vom LVwG vorgenommene präzisierende Ergänzung des Tatvorwurfes im Hinblick auf Tatort und Tatzeitraum stellt hingegen keinen Austausch des Tatvorwurfes dar (vgl. hierzu VwGH 20.1.2021, Ra 2020/09/0055, mwN). Dass das LVwG bei seiner rechtlichen Qualifikation der angelasteten Verwaltungsübertretung weitere, vom Tatvorwurf nicht umfasste Sachverhaltselemente einbezogen und somit den Tatvorwurf ausgetauscht hätte, kann ebenfalls nicht erkannt werden.
34 4.2.3. Sofern in der Revision fehlende Feststellungen zum Tatzeitraum sowie zur fehlenden Kenntnis des Revisionswerbers von der Veranstaltung von Glücksspielen in den von ihm vermieteten Räumlichkeiten gerügt werden, ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass das angefochtene Erkenntnis die (dislozierte) Feststellung enthält, dass die Glücksspielgeräte seit deren Anlieferung Anfang Februar 2017 betrieben worden seien, sodass sich die vom Revisionswerber aufgeworfene Rechtsfrage der fehlenden Einschränkung des Tatzeitraumes nicht stellt.
35 Des Weiteren hielt das LVwG - wenn auch ebenso disloziert - fest, dass der Revisionswerber stets vom Spielbetrieb in dem zu seinem Lokal gehörigen Lagerraum Bescheid gewusst und den Spielbetrieb gegen ein monatliches Entgelt von der U s.r.o. als Eigentümerin der Glücksspielgeräte geduldet habe, wobei es sich hierbei insbesondere darauf stützte, dass der Revisionswerber die Anlieferung der Glücksspielgeräte beobachtet habe und der Mietzins nach dem mit der U s.r.o. abgeschlossenen Mietvertrag „rund das dreifache im Vergleich zu anderen durchschnittlichen Lagerraum-Mietpreisen“ betragen habe. Auch habe ein Vertreter der Mieterin dem Revisionswerber mitgeteilt, dass die „Geschäfte“ seiner Vormieterin übernommen bzw. gekauft worden seien. Aus dem Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates (UVS) Burgenland vom 10. Dezember 2013, in dem der Revisionswerber als Berufungswerber angeführt worden sei, ergebe sich, dass dieser bereits bei einer Kontrolle im Jahr 2012, bei der die von der Vormieterin im gegenständlichen Lagerraum aufgestellten Glücksspielgeräte vorläufig beschlagnahmt worden seien, anwesend gewesen und niederschriftlich einvernommen worden sei, sodass er gewusst habe, dass mit derartigen Geräten Ausspielungen in Form von Glücksspielen veranstaltet würden und welchen „Geschäften“ die Vormieterin nachgegangen sei.
36 Dass die vom LVwG vorgenommene Beweiswürdigung zur Kenntnis des Revisionswerbers von der Veranstaltung von Glücksspielen in dem von ihm vermieteten Lagerraum unvertretbar wäre (zur eingeschränkten Revisibilität der Beweiswürdigung im Revisionsverfahren vgl. z.B. VwGH 17.2.2020, Ra 2019/17/0044, mwN), zeigt die Revision nicht auf. Der bloße Verweis auf die Aussage der Ehefrau des Revisionswerbers, wonach der Lagerraum nicht betreten worden sei, und den Umstand, dass bei der Kontrolle der Lagerraum vom Café aus nicht habe betreten werden können, ist lediglich geeignet, das Vorbringen des Revisionswerbers zur fehlenden Gewahrsame über den vermieteten Raum zu untermauern. Das LVwG ging jedoch nicht von der Verwirklichung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG, sondern von der des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG aus. Dabei kommt es nicht auf die Gewahrsame über den vermieteten Raum an (vgl. VwGH 30.8.2019, Ra 2018/17/0162, mwN).
37 4.2.4. Schließlich macht die Revision geltend, der Revisionswerber habe in der mündlichen Verhandlung die Einvernahme des bei der Kontrolle am 2. März 2017 angetroffenen „Spielers“ und eines Rechtsanwaltes beantragt. Die Einvernahme der beantragten Zeugen hätte bewiesen, dass der Revisionswerber niemals Kenntnis davon gehabt habe, dass im gegenständlichen Lagerraum Glücksspielgeräte betrieben worden seien. Der Rechtsanwalt hätte bestätigen können, dass der Revisionswerber keine Kenntnis vom Inhalt und Ausgang anderer Verfahren nach dem GSpG gehabt habe, weil ihm die Entscheidungen des LVwG Burgenland (gemeint sind wohl jene, die im Zusammenhang mit einer Beschlagnahme im Jahr 2014 ergangen sind) nicht übermittelt worden seien. Das LVwG sei diesen Beweisanträgen ohne Begründung und unter Außerachtlassung von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht gefolgt.
38 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint; dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich nicht geeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen (vgl. VwGH 20.4.2016, Ra 2016/17/0066, mwN).
39 Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch bereits ausgesprochen, dass es regelmäßig der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes obliegt, ob eine beantragte Beweisaufnahme notwendig ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. VwGH 15.9.2020, Ra 2019/17/0005, mwN).
40 Anders als die Revision vorbringt, begründete das LVwG die Abstandnahme von der beantragten Einvernahme der genannten Zeugen ausdrücklich damit, dass es auf deren Einvernahme und Aussagen nicht mehr ankomme und diese auch zu keinem anderen Ergebnis geführt hätten. Vor dem Hintergrund der Erwägungen des LVwG, wonach der Revisionswerber die Anlieferung der Glücksspielgeräte Anfang Februar 2017 beobachtet, er einen überdurchschnittlich hohen Mietzins mit der gegenwärtigen Mieterin vereinbart und ein Zeuge dem Revisionswerber gesagt habe, die „Geschäfte“ der Vormieterin - die bereits mit „Internetterminals“ verbotene Ausspielungen betrieben habe - seien „übernommen“ worden, der Revisionswerber weiters mit nachweislich vor der Kontrolle zugestelltem Schreiben zur Einstellung der Veranstaltung von Glücksspielen aufgefordert worden sei und in der Entscheidung des UVS Burgenland vom 10. Dezember 2013 - unbestritten - ausgeführt worden sei, dass er bereits vor der hier zugrunde liegenden Kontrolle bei einer glücksspielrechtlichen Kontrolle am Tatort anwesend und niederschriftlich einvernommen worden sei, ist nicht ersichtlich, inwieweit die beantragten Zeugen zu diesem Sachverhalt Wahrnehmungen hätten beschreiben können, sodass es auf deren Einvernahme gerade nicht mehr ankam.
41 4.3. In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
42 4.4. Die vorliegende Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 15. September 2021
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021170092.L00Im RIS seit
11.10.2021Zuletzt aktualisiert am
18.10.2021