TE Vwgh Erkenntnis 2021/9/15 Ra 2019/17/0118

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.09.2021
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §39 Abs2
AVG §58 Abs2
AVG §60
B-VG Art133 Abs6 Z1
GSpG 1989 §52 Abs2
VStG §16 Abs2
VStG 1991 §16 Abs2
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des H R in W, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 21. Jänner 2019, LVwG-S-2643/001-2017, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tulln),

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt 2. im Umfang des Ausspruches über die verhängte Strafe und die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens sowie in seinem Spruchpunkt 3. über die Kosten des Beschwerdeverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 28. September 2017 hinsichtlich eines sogenannten „Ein-Auszahlungsgerätes“ Folge gegeben, das Straferkenntnis insoweit behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt (Spruchpunkt 1.). Mit Spruchpunkt 2. erkannte das Verwaltungsgericht den Revisionswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer namentlich genannten Gesellschaft der vierfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz - GSpG iVm § 9 Abs. 1 VStG schuldig. Das Verwaltungsgericht verhängte über den Revisionswerber vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 3.000,-- (sowie vier Ersatzfreiheitsstrafen in der Höhe von jeweils 7 Tagen) und setzte die Kosten des behördlichen Verfahrens neu fest. Mit Spruchpunkt 3. wurde ausgesprochen, dass der Revisionswerber keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu tragen habe. Das Verwaltungsgericht wies in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisanträge ab (Spruchpunkt 4.) und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt 5.).

2        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes werde „in seinem gesamten Umfang und Inhalt angefochten“. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

3        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

5        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        1. Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. etwa VwGH 9.4.2021, Ra 2020/17/0052, mwN).

I.) Zu Spruchpunkt 1. (Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hinsichtlich des „Ein-Auszahlungsgerätes“) und Spruchpunkt 4. (Abweisung von Beweisanträgen) des angefochtenen Erkenntnisses:

7        2.1. Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses wurde der Beschwerde des Revisionswerbers hinsichtlich der angelasteten Übertretung des GSpG mit dem unter Punkt 5. des Straferkenntnisses angelasteten „Ein-Auszahlungsgerät“ stattgegeben, das Straferkenntnis in diesem Umfang behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

8        2.2. Die Zulässigkeit einer Parteienrevision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss eines Verwaltungsgerichtes gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG setzt voraus, dass der Revisionswerber durch diese verwaltungsgerichtliche Entscheidung in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein kann. Dabei ist es erforderlich, dass der Revisionswerber durch die Aufhebung im Fall der Rechtswidrigkeit der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung rechtlich bessergestellt wäre. Besteht eine solche Rechtsverletzungsmöglichkeit bereits im Zeitpunkt der Erhebung der Revision nicht, dann ist die Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 13.2.2020, Ra 2019/17/0116, mwN).

9        2.3. Der in der Revision mitangefochtene Spruchpunkt 1. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes stellt ein gegen den Revisionswerber geführtes Verwaltungsstrafverfahren ein und ist damit für ihn ausschließlich von Vorteil. Eine Verletzung im vom Revisionswerber geltend gemachten Recht, „nicht ohne die hierfür erforderlichen Voraussetzungen bestraft zu werden; dies insbesondere auch unter Verhängung einer überhöhten (Ersatzfreiheits)Strafe“, ist daher von vornherein ausgeschlossen.

10       3. Soweit sich die Revision gegen die Abweisung von Beweisanträgen mit Spruchpunkt 4. des Erkenntnisses richtet, erweist sie sich ebenfalls als unzulässig (vgl. zur Unzulässigkeit der gesonderten Anfechtung verfahrensleitender Anordnungen VwGH 2.7.2009, 2008/12/0090; erneut 13.2.2020, Ra 2019/17/0116).

11       4. Die Revision war daher insoweit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

II.) Zu den Spruchpunkten 2. und 3. des angefochtenen Erkenntnisses (Bestrafung, Kosten):

12       5.1. Zunächst ist dem Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision zu erwidern, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall - zumindest im Ergebnis - nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.

13       5.2. Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C-685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 24 ff; VfGH 12.6.2018, E 885/2018).

14       5.3. Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers steht das in § 14 Abs. 3 Glücksspielgesetz - GSpG statuierte Erfordernis eines Sitzes im Inland bzw. der davon normierten Ausnahme, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat über eine vergleichbare Lotterienkonzession verfügt und einer vergleichbaren staatlichen Glücksspielaufsicht unterliegt, die im Sinne des § 19 GSpG der österreichischen Aufsicht erforderlichenfalls Kontrollauskünfte übermittelt und für sie Kontrollmaßnahmen vor Ort durchführt, nicht mit Unionsrecht im Widerspruch (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 34 ff). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt sich im Revisionsfall keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

15       5.4. Anders als der Revisionswerber vertritt, kann sich das GSpG selbst bei Hinweisen auf das Vorliegen einer expansionistischen Geschäftspolitik der Konzessionäre - etwa durch das Glücksspiel verharmlosende Werbung - nach der Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen der Gesamtwürdigung als mit dem Unionsrecht in Einklang stehend erweisen, wenn etwa mit dieser Geschäftspolitik eine Umlenkung von Spielern vom illegalen zum legalen Glücksspiel sichergestellt werden soll (vgl. VwGH 26.9.2018, Ra 2017/17/0459 bis 0460, sowie 16.11.2018, Ra 2017/17/0947). Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen.

16       6.1. Darüber hinaus wird zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht, es liege eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung deshalb vor, weil das Verwaltungsgericht bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 AVG eine Verfahrensverbindung vorgenommen habe. Es stehe nicht im Belieben des Verwaltungsgerichtes, eine Mehrzahl an Beschwerdeverfahren, welche in keinem erkennbaren sachverhaltsbezogenen Konnex zueinander stünden, zur gemeinsamen Verhandlung zu verbinden. Dadurch werde Sinn und Zweck einer Beschwerdeverhandlung untergraben. Der Rechtsvertreter des Revisionswerbers habe sich dagegen ausgesprochen, die Beschwerdesache mit acht weiteren Beschwerdesachen, die in keinerlei erkennbarem Konnex stünden, zu verbinden. Eine ausreichende Erörterung sei bei der Verhandlung von neun Beschwerdesachen nicht möglich. Dies habe etwa dazu geführt, dass das Vorbringen des Revisionswerbers, die von ihm vertretene Gesellschaft habe das gegenständliche Lokal nicht betrieben, „unerörtert“ geblieben sei. Schon aus der im Akt einliegenden Dokumentation der Amtshandlung wie auch aus der niederschriftlichen Einvernahme des Revisionswerbers durch die Finanzpolizei ergebe sich, dass es sich beim gegenständlichen Lokal nicht um einen Raum eines näher genannten Cafés handle, sondern um ein eigenständiges Geschäftslokal mit eigenem Zugang. Es habe keine ordnungsgemäße Beschwerdeverhandlung stattgefunden.

17       6.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht auch für die Verwaltungsgerichte die in § 39 Abs. 2 AVG für die Verwaltungsbehörden vorgesehene Möglichkeit, den Gang des Verfahrens dahingehend zu bestimmen, mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden und sie wieder zu trennen. Dabei hat sich das Verwaltungsgericht - wie auch die Verwaltungsbehörden - von den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen (vgl. VwGH 12.2.2020, Ra 2019/17/0117, mwN).

18       6.3. Dem Verhandlungsprotokoll der zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Beschwerdesachen ist zu entnehmen, dass es sich bei diesen verbundenen Rechtssachen jeweils um Bestrafungen nach dem GSpG, Beschlagnahmen nach dem GSpG und Einziehungen nach dem GSpG gehandelt hat und in allen Verfahren derselbe Rechtsvertreter eingeschritten ist. Inwieweit das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund mit seiner Vorgangsweise der Verbindung der Beschwerdesachen von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sein soll, wird mit der bloßen Behauptung, die Rechtssachen stünden in keinem Konnex, nicht aufgezeigt. Im Hinblick darauf, dass der Rechtsvertreter in der Verhandlung Beweisanträge gestellt und ein konkretes Vorbringen erstattet hat, ist nicht nachvollziehbar, weshalb ihm ein sein Beschwerdevorbringen ergänzendes Vorbringen, der Revisionswerber habe als bloßer Vermieter nichts mit den Ausspielungen zu tun gehabt, in der Verhandlung nicht möglich gewesen sein soll. Sollte sich die Revision mit ihrem Vorwurf, das Vorbringen des Revisionswerbers sei „unerörtert“ geblieben, gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes richten, so wäre ihr zu entgegnen, dass sie nicht aufzeigt, weshalb die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden sein sollte (vgl. VwGH 18.12.2019, Ra 2018/17/0122; erneut 12.2.2020, Ra 2019/17/0117, mwN). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich in diesem Zusammenhang daher nicht.

19       7. Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen, soweit es sich gegen den Schuldspruch in Spruchpunkt 2. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, sodass sich die Revision in diesem Umfang als unzulässig erweist.

20       Die Revision war daher auch in diesem Umfang gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

21       8.1. Schließlich bringt der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision vor, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 16 Abs. 2 VStG, weil zwischen der verhängten Geldstrafe und der festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe ein auffallendes Missverhältnis nicht bestehen dürfe, zumindest aber eine diesbezügliche Begründung der Strafbemessung erforderlich sei. Damit erweist sich die Revision als zulässig und begründet.

22       8.2. Nach dem - vom Verwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen anzuwendenden - § 16 Abs. 2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

23       § 52 Abs. 2 GSpG sieht weder eine Freiheitsstrafe vor, noch ist für die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von § 16 Abs. 2 VStG Abweichendes vorgesehen (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/17/0209; 4.6.2020, Ra 2019/15/0020).

24       8.3. Das Verwaltungsgericht ist von Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG mit vier Glücksspielautomaten ausgegangen. Ausgehend von einem Strafrahmen von EUR 3.000,-- bis EUR 30.000,-- pro Glücksspielgerät hat das Verwaltungsgericht vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 3.000,-- verhängt. Die Ersatzfreiheitsstrafen wurden mit jeweils 7 Tagen bemessen. Dieses Strafmaß steht jedoch - weil das Höchstausmaß zu 50 % ausgeschöpft wurde - in einem auffallenden Missverhältnis zur Höhe der verhängten Geldstrafen, die jeweils mit der Mindeststrafe festgesetzt wurden. Eine Begründung für die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafen in dieser Höhe ist dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen.

25       8.4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist jedenfalls dann, wenn zwischen der Höhe der verhängten Geldstrafe und der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe ein erheblicher, nach dem Verhältnis zur Höchststrafe zu bemessender Unterschied besteht, dafür eine Begründung erforderlich (vgl. wiederum VwGH 4.6.2020, Ra 2019/15/0020, mwN). Da - wie in der Zulässigkeitsbegründung der Revision zutreffend aufgezeigt wird - eine solche im angefochtenen Erkenntnis nicht erfolgte, belastet dies jedenfalls den Strafausspruch mit Rechtswidrigkeit (vgl. erneut VwGH 24.1.2019, Ra 2018/17/0209).

26       9. Das angefochtene Erkenntnis war daher in seinem Spruchpunkt 2. im Umfang des Ausspruches über die verhängte Strafe und die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens sowie des damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden Ausspruchs über die Kosten des Beschwerdeverfahrens in seinem Spruchpunkt 3. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben (vgl. VwGH 27.3.2020, Ra 2018/17/0168, mwN).

27       10. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 15. September 2021

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019170118.L00

Im RIS seit

11.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten