TE Vwgh Beschluss 2021/9/20 Ra 2021/14/0223

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Veröffentlicht am 20.09.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §45 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofrätinnen Mag. Schindler und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des A B, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Mai 2021, W232 2186294-1/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Somalias, stellte am 7. Februar 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, aufgrund seiner regierungsnahen Tätigkeit für eine NGO von der Al-Shabaab durch Anrufe und Nachrichten bedroht worden zu sein.

2        Mit Bescheid vom 10. Jänner 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.

4        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe seine Entscheidung mangelhaft begründet, indem es die unterschiedlichen Angaben des Revisionswerbers statt als Ergänzungen als Widersprüche gewertet hätte, und Ermittlungen unterlassen, in dem in der mündlichen Verhandlung näher genannte Fragen zu den vorgebrachten Droh-Nachrichten nicht gestellt worden seien. Zudem bestehe nach den in der Entscheidung enthaltenen Länderfeststellungen zur Al-Shabaab entgegen der Ansicht des BVwG eine Verfolgungsgefahr für den Revisionswerber.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die Revisionswerberin günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 11.5.2021, Ra 2021/14/0057, mwN).

9        Eine solche konkrete Relevanzdarstellung lässt die Revision jedoch vermissen. Weder ist der Zulässigkeitsbegründung zu entnehmen, welche konkreten Ergebnisse eine weitere Befragung hätte ergeben können, noch wird ausgeführt, welche konkreten entscheidungsrelevanten Feststellungen noch zu treffen gewesen wären. Auch wird nicht ausgeführt, weshalb das BVwG von der Notwendigkeit weiterer Befragungen hätte ausgehen müssen, zumal der rechtsfreundlich vertretene Revisionswerber im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausführlich zu seinem behaupteten Fluchtvorbringen befragt und ihm mehrfach die Möglichkeit geboten wurde, sein Vorbringen zu konkretisieren bzw. ein weiteres Vorbringen zu erstatten. Ebenso wird nicht dargetan, weshalb das BVwG von der Notwendigkeit weiterer amtswegiger Ermittlungen hätte ausgehen müssen. Schließlich ist auch festzuhalten, dass weder die Behörde noch das BVwG verpflichtet sind, dem Asylwerber im Wege eines Vorhaltes zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche vorhanden sind, die im Rahmen der gemäß § 45 Abs. 2 AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grund eine Stellungnahme hiezu zu ermöglichen (vgl. VwGH 28.6.2018, Ra 2017/19/0447, mwN).

10       Soweit die Revision vorbringt, vor dem Hintergrund der Feststellungen zu den Al-Shabaab sei eine Verfolgung des Revisionswerbers zu gewärtigen, übersieht sie, dass sich das BVwG mit einer möglichen Verfolgung durch die Al-Shabaab im Falle einer Rückkehr des Revisionswerbers auseinandersetzte, dafür aktuelle Länderberichte heranzog und eine solche Verfolgung verneinte. Dem Vorbringen ist schon deshalb der Boden entzogen, weil das BVwG dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers bereits aufgrund von Widersprüchen schlüssig die Glaubwürdigkeit absprach. Eine Unvertretbarkeit der zu dieser Würdigung führenden Erwägungen (zum diesbezüglichen Maßstab für das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung vgl. etwa VwGH 11.3.2021, Ra 2021/18/0059) wird von der Revision nicht dargetan.

11       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021140223.L00

Im RIS seit

11.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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