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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Oktober 1996, Zl. SD 961/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. Oktober 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer, der nach der Aktenlage für die Zeiträume vom 24. August bis 27. September 1993 und vom 23. August bis 27. September 1994 über Touristensichtvermerke verfügt habe, sei seinen Angaben zufolge zuletzt im Oktober 1995 in das Bundesgebiet eingereist. Entgegen seinem Vorbringen habe er zu diesem Zeitpunkt über keinen Touristensichtvermerk verfügt, sondern habe vorher, nämlich am 26. Juli 1995, bei der österreichischen Botschaft in Belgrad einen Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz eingebracht. Ohne eine Entscheidung darüber abzuwarten, sei er offensichtlich ohne Sichtvermerk eingereist und habe Österreich auch nach rechtskräftiger Abweisung seines Antrages nicht verlassen. Der Beschwerdeführer halte sich demnach unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, sodaß die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG vorliege.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so könne sich der Beschwerdeführer aufgrund seines insgesamt nur kurzen und zum Großteil unrechtmäßigen Aufenthaltes nicht mit Erfolg auf einen mit dieser Maßnahme verbundenen Eingriff in sein Privatleben berufen. Ein Eingriff in sein Familienleben liege indes im Hinblick auf den Aufenthalt seiner Gattin in Österreich vor. Dessen ungeachtet sei die Ausweisung des Beschwerdeführers zum Schutz der öffentlichen Ordnung, insbesondere auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach und trotz der rechtskräftigen Abweisung seines Antrages nach dem Aufenthaltsgesetz, gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Hinzu komme, daß dem Beschwerdeführer - mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierten Voraussetzung, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vom Ausland aus zu stellen sei, und infolge Vorliegens des Sichtvermerksversagungsgrundes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG, der gemäß § 5 Abs. 1 AufG zur Abweisung eines allfälligen Antrages führe und auch bereits geführt habe - auch nicht die erforderliche Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt werden dürfe. Bei Abstandnahme von der Ausweisung könnte sich der Beschwerdeführer unter Umgehung der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmung den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderliefe. Auch der Ehe des Beschwerdeführers komme in diesem Zusammenhang kein entscheidendes Gewicht zu, weil die Eheschließung zu einem Zeitpunkt (13. März 1994) erfolgt sei, in dem der Beschwerdeführer rechtens nicht mit einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet habe rechnen dürfen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Der Gerichtshof hegt auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid gegen diese Beurteilung keine Bedenken.
2.1. Die Beschwerde hält die bekämpfte Entscheidung wegen Nichtbeachtung des § 19 FrG für rechtswidrig. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer seit zweidreiviertel Jahren mit einer "integrierten jugoslawischen Staatsbürgerin" verheiratet sei und mit ihr in Österreich lebe und überdies eine unterhalts- und unterkunftsmäßige Absicherung des Beschwerdeführers bestehe, erscheine die Ausweisung nicht dringend geboten, da keine gewichtigen öffentlichen Interessen gegen den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers sprächen. Die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens sei wohl im öffentlichen Interesse gelegen, "jedoch kann es als nicht ungeordnet gelten, wenn ein mit Rechtsanspruch versehener Fremder in Österreich aufhältig ist". Auch das "bevorstehende Integrationspaket und die Änderung des Aufenthaltsgesetzes und Fremdengesetzes läßt durchblicken, daß es nicht in der Intention des Gesetzgebers liegt, rechtsanspruchsberechtigte Fremde vom Aufenthalt in Österreich fernzuhalten". Das "Recht auf Familienzusammenführung" sei jedenfalls "nicht nur verfassungsgesetzlich, sondern auch menschenrechtlich verankert und daher höher zu bewerten als eine einfach gesetzliche Bestimmung". Bei richtiger "rechtlicher Beurteilung der Bestimmung des § 19 FrG hätte unter Anwendung derselben" von der Ausweisung Abstand genommen werden müssen.
2.2. Die belangte Behörde nahm einen mit der Ausweisung des Beschwerdeführers verbundenen relevanten Eingriff in sein Familienleben i.S. des § 19 FrG an und prüfte demgemäß die Frage des Dringend-geboten-seins der Ausweisung nach dieser Gesetzesstelle. Wenn sie diese Frage im Hinblick auf das Überwiegen der maßgeblichen öffentlichen Interessen gegenüber den familiären Interessen des Beschwerdeführers bejahte, so vermag der Gerichtshof darin keine Rechtswidrigkeit zu erblicken. Die belangte Behörde maß zwar dem durch die Trennung des Beschwerdeführers von seiner Gattin bewirkten Eingriff in sein Familienleben Relevanz i.S. des § 19 FrG zu, relativierte indes - zutreffend - dessen Gewicht im Hinblick darauf, daß die Eheschließung zu einem Zeitpunkt erfolgte, als sich der Beschwerdeführer nach den Feststellungen der belangten Behörde unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt und rechtens nicht mit einem weiteren Aufenthalt rechnen durfte. Dem somit - anders als die Beschwerde meint - nicht allzu stark ausgeprägten Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleiben in Österreich war das Interesse der Allgemeinheit am Verlassen des Bundesgebietes gegenüberzustellen. Das hier maßgebliche öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen (an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten) weist aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) einen hohen Stellenwert auf (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 96/18/0435, mwN). Dieses Interesse erfuhr durch den langen - noch dazu ungeachtet der rechtskräftigen Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung fortgesetzten - unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich eine erhebliche Beeinträchtigung, wobei das Gewicht derselben - von der belangten Behörde zu Recht hervorgehoben - dadurch verstärkt wird, daß der Beschwerdeführer nach den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes (§ 5 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG) nicht in der Lage ist, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren.
Von daher gesehen steht die vergleichsweise Höherbewertung des maßgeblichen öffentlichen Interesses durch die belangte Behörde und der von ihr daraus gezogene Schluß auf die Notwendigkeit der Ausweisung des Beschwerdeführers mit dem Gesetz in Einklang. Der Vollständigkeit wegen sei noch festgehalten, daß entgegen der Beschwerdemeinung aus Art. 8 MRK kein allgemeines Recht des Fremden auf Familienzusammenführung in einem bestimmten Staat bzw. keine allgemeine Verpflichtung des Staates, eine Familienzusammenführung auf seinem Gebiet zuzulassen, abgeleitet werden kann (vgl. dazu das Urteil des EGMR vom 19. Februar 1996, Nr. 53/1995/559/645, im Fall Gül gegen die Schweiz, ÖJZ 1996, 20 MRK).
3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996180584.X00Im RIS seit
20.11.2000