TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/30 W205 2201634-1

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Veröffentlicht am 30.04.2021
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Entscheidungsdatum

30.04.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §21 Abs1 Z3
FPG §21 Abs2 Z4

Spruch


W205 2201634-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Kairo vom 10.06.2018, Zl. Kairo-OB/KONS/0661/2018, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX geb. XXXX , StA. Jemen, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Kairo vom 22.03.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 Z 4 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit E-Mail vom 15.02.2018 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie die Mutter des minderjährigen XXXX , geb. XXXX , sei, dessen Visumantrag bei der Botschaft positiv entschieden worden sei. Da die Reise nach Österreich für ihren Sohn nicht alleine zumutbar sei und ihr Gatte XXXX , geb. XXXX in Österreich bereits anerkannter Flüchtling sei, wolle sie einen Antrag auf Erteilung eines Touristenvisums (D) aus humanitären Gründen, zur Aufrechterhaltung des Privat-/Familienlebens stellen. Ihr Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgericht hinsichtlich Erteilung der RWR Karte Plus sei mit Beschluss bereits eingestellt worden. Ihr Gatte würde für alle mit der Einreise und den zukünftigen Aufenthalt in Österreich verbundenen Kosten aufkommen.

Am 19.02.2018 stellte die Beschwerdeführerin bei der Österreichischen Botschaft Kairo (In der Folge: ÖB Kairo) einen Antrag auf Ausstellung eines Visums der Kategorie D. Sie beantragte ein Visum für die einmalige Einreise für den geplanten Aufenthalt von neunzig Tagen. Als Zweck der Reise gab die Beschwerdeführerin „Familienbesuch“ an.

Als einladende Person wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, genannt, der in Österreich lebt und der Ehemann der Beschwerdeführerin sei. Die Reisekosten und die Lebenshaltungskosten während des Aufenthalts würden von anderer Seite getragen werden, sie hätte eine im Voraus bezahlte Unterkunft und eine im Voraus bezahlte Beförderung. Unter „Familienstand“ wurde „verheiratet“, als derzeitige berufliche Tätigkeit wurde „ohne Beschäftigung“ angegeben.

Die Beschwerdeführerin legte folgende Unterlagen vor:

Den Einlader betreffend:

-        Reisepasskopie

-        Meldebestätigung

-        Geburtsurkunde

-        Strafregisterbescheinigung

-        Asylbescheid vom 04.02.2014

-        Mietvertrag

-        Dienstvertrag

-        Abrechnungsbelege Oktober 2017 - Jänner 2018

-        Arbeitsvertrag

Die Beschwerdeführerin betreffend:

-        Reisepasskopie

-        Reiseversicherungspolizze

-        Flugreservierung

-        Auszug aus dem Geburtseintrag

-        Amtliche Heiratsurkunde

-        Beschluss eines österreichischen Verwaltungsgerichtes vom XXXX .02.2018

Mit der „Aufforderung zur Stellungnahme“ vom 01.03.2018, wurde der Beschwerdeführerin seitens der ÖB Kairo Parteiengehör eingeräumt und mitgeteilt, dass ihre Wiederausreise in den Heimatstaat nicht gesichert erscheine. Es würden begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihrer Angaben bestehen. Ihrem Antrag habe sie keinerlei schlüssige Unterlagen oder Nachweise beigefügt, aus denen vor dem Hintergrund einer glaubhaften beruflich-wirtschaftlichen, familiären oder sozialen Verwurzelung auf das Bestehen einer Wiederausreiseabsicht geschlossen werden könnte. Das Rückflugticket alleine sei nicht ausreichend zum Nachweis der Wiederausreiseabsicht. Laut ihren Angaben sei sie verheiratet und wolle ihren minderjährigen Sohn nach Österreich begleiten. Ihr Angabe, das Hoheitsgebiet der Schengenmitgliedstaaten vor Ablauf des Visums wieder verlassen zu wollen, sei daher bei einer Gesamtbetrachtung als nicht wahrscheinlich anzusehen. Laut Rechtsprechung müsse sich bei der Beurteilung gem. § 21 Abs. 1 Z 3 FPG (Wiederausreise) ein Verbleib des Fremden im Bundesgebiet nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums als unwahrscheinlich erweisen. Zweifel daran würden zu Lasten des Fremden gehen.

Dem unbegründeten Ersuchen um Fristerstreckung für die Stellungnahme vom 21.03.2018 wurde seitens der ÖB Kairo nicht nachgegeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.03.2018 verweigerte die ÖB Kairo die Erteilung des beantragten Visums mit der Begründung, dass die Wiederausreise in den Heimatstaat nicht gesichert erscheine. Es würden begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben bestehen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Sie führte aus, dass die Entscheidung die Trennung des dreijährigen Kindes von seiner Mutter bedeute. Eine derartige Entscheidung sei nicht nur in Bezug auf die Mutter eklatant Art. 8 EMRK-widrig, sondern widerspreche auch den vorrangig zu beachtenden Rechten des Kindes nach Art. 24 GRC. Keinesfalls dürfe argumentiert werden, es könne ja das Kind bei der Mutter bleiben. Dies würde das Recht des Kindes auf Einreise im Rahmen des AsylG konterkarieren und sei wohl nicht im Sinne des Gesetzgebers.

Am 10.06.2018 erließ die ÖB Kairo eine Beschwerdevorentscheidung und wies die Beschwerde gegen den Bescheid vom 22.03.2018 gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Es wurde angeführt, dass die Beschwerdeführerin im Zuge des Parteiengehörs davon in Kenntnis gesetzt worden sei, dass aufgrund ihrer nicht nachgewiesenen beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Verwurzelung, Zweifel an der Wiederausreise bestünden, weder einer Stellungnahme noch in ihrer Beschwerde auf diese Umstände eingegangen sei und habe auch ihre Rückreisewilligkeit nicht durch Vorlage weiterer konkreter Nachweise belegt werden können bzw. sei eine solche Rückreisewilligkeit im Verfahren gar nie behauptet worden. Vielmehr habe die Beschwerdeführerin durch ihren im Februar 2017 abgelehnten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ ihre Absicht einer dauerhaften Niederlassung im Bundesgebiet und zwar gemeinsam mit ihrem vermeintlichen Sohn bei ihrem in Österreich lebenden asylberechtigten Ehegatten, zu Ausdruck gebracht. Auch der Umstand, dass ihrem vermeintlichen Sohn ein Visum ausgestellt worden sei und der in der Beschwerde getätigte Hinweis auf Art. 8 EMRK vermögen der gegenständlichen Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, da ein Visum D kein Instrument zur Familienzusammenführung und zum dauernden Aufenthalt darstelle, sondern grundsätzlich die gesicherte Wiederausreise während der Geltungsdauer des Visums voraussetze.

Am 25.06.2018 wurde ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht. Darin wurde ausgeführt, dass gem. § 20 Abs. 1 Z 2 FPG Visa D aus humanitären Gründen erteilt werden. Humanität sei gegenständlich herzustellen, weil dem Kind ein Einreisetitel erteilt werde und dieses Kind schon altersbedingt auf die antragstellende Mutter angewiesen sei.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 20.07.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 24.07.2018, wurde der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin eine Staatsangehörige des Jemen, stellte am 19.02.2018, bei der ÖB Kairo einen Antrag auf Ausstellung eines Visums der Kategorie D.

Die Beschwerdeführerin gab an, mit ihrem minderjährigen Sohn, dem bereits ein österreichisches Visum erteilt worden sei, ihren vorgeblichen Ehemann in Österreich besuchen zu wollen. Dieser ist somalischer Staatsangehöriger und in Österreich asylberechtigt. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem angeblichen Ehemann im Jemen eine rechtsgültige, dem österreichischen ordre public entsprechende Ehe geschlossen hat.

Der angebliche Ehemann der Beschwerdeführerin hat keine Elektronische Verpflichtungserklärung (EVE) oder eine sonstige Erklärung, wonach er für die Kosten des Aufenthalts der Beschwerdeführerin aufkommen werde, abgegeben. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der angebliche Ehemann sämtliche Kosten des Aufenthalts der Beschwerdeführerin tragen werde.

Die Beschwerdeführerin geht im Herkunftsstaat keiner Erwerbstätigkeit nach. Sie hat keine Nachweise über eigenes Einkommen oder sonstige Vermögenswerte erbracht und machte keine Angaben über Familienangehörige im Herkunftsstaat.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom XXXX .02.2017, Zl. XXXX wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom XXXX .10.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gem. §°21a°Abs.°1°NAG abgewiesen. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom XXXX .02.2018, GZ. XXXX , wurde das Beschwerdeverfahren dagegen eingestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der ÖB Kairo. Die Feststellungen zum Sohn und zum angeblichen Ehemann der Beschwerdeführerin ergeben sich aus den im Akt aufliegenden Unterlagen und Vorbingen. Aus der vorgelegte Heiratsurkunde geht hervor, dass die Ehe am 07.02.2015 geschlossen worden sei, die Ausstellung der Urkunde erfolgte am 11.06.2016. Es geht weder der Ort noch der Staat der Eheschließung hervor, die Eintragung erfolgte im Jemen. Auch wurde vom Einlader keine Reisepasskopie vorgelegt aus der ein Einreisestempel/Visum hervorgeht. Es bestehen somit auch begründete Zweifel an der Echtheit bzw. inhaltlichen Richtigkeit der Urkunde. Eine gültige Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem angeblichen Ehemann kann daher nicht festgestellt werden.

Hinsichtlich des angegebenen Sohn der Beschwerdeführerin ist auszuführen, dass weder ein DNA Nachweis noch eine Geburtsurkunde vorgelegt wurde. Auch wenn es sich tatsächlich um den gemeinsamen Sohn der Beschwerdeführerin und des Einladers handeln sollte, besteht durchaus die Möglichkeit, den Sohn Mithilfe von Betreuung durch das Flugpersonal nach Österreich reisen zu lassen, die Mitreise der Mutter ist nicht zwingend notwendig.

Im Antragsformular wurde als derzeitige berufliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin „ohne Beschäftigung“ angegeben. Eigenes Einkommen oder Vermögen wurde weder behauptet noch nachgewiesen. Im Verfahren kamen keine Hinweise auf etwaige Familienangehörige der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat hervor.

Im Akt liegt keine EVE oder eine sonstige Verpflichtungserklärung auf und wurde das Vorliegen einer solchen von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.

Die Feststellung hinsichtlich der bereits erfolgten Antragstellung nach dem 6. Hauptstück des NAG, ergibt sich aus dem vorgelegten Beschluss vom XXXX .02.2018 des zuständigen Verwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

§§ 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 4 Z 13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.

§§ 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 2019/1155 des europäischen Parlaments und des Rates (Visakodex) lauten wie folgt:

Artikel 21

Prüfung der Einreisevoraussetzungen und Risikobewertung

(1)Bei der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum ist festzustellen, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes erfüllt, und ist insbesondere zu beurteilen, ob bei ihm das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.

(2) Zu jedem Antrag wird das VIS gemäß Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 15 der VIS-Verordnung abgefragt. Die Mitgliedstaaten stellensicher, dass alle Suchkriterien gemäß Artikel 15 der VIS-Verordnung voll und ganz verwendet werden, um falsche Ablehnungen und Identifizierungen zu vermeiden.

(3) Bei der Kontrolle, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen erfüllt, prüfen das Konsulat oder die zentralen Behörden,

a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;

b) ob die Angaben des Antragstellers zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts begründet sind und ob er überausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;

c) ob der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;

d) ob der Antragsteller keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Nummer 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt und ob er insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist;

e) ob der Antragsteller, soweit erforderlich, im Besitz einer angemessenen und gültigen Reisekrankenversicherung ist, die für den Zeitraum des geplanten Aufenthalts, oder, falls ein Visum für die mehrfache Einreise beantragt wird, für den Zeitraum des ersten geplanten Aufenthalts gilt.

(4) Das Konsulat oder die zentralen Behörden prüfen gegebenenfalls anhand der Dauer früherer und geplanter Aufenthalte, ob der Antragsteller die zulässige Höchstdauer des Aufenthalts im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht überschritten hat, ungeachtet etwaiger Aufenthalte, die aufgrund eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder eines Aufenthaltstitels genehmigt wurden.

(5) Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des geplanten Aufenthalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden; hierzu werden die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes festgesetzten Richtbeträge herangezogen. Der Nachweis einer Kostenübernahme und/oder einer privaten Unterkunft kann ebenfalls das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts belegen.

(6) Bei der Prüfung eines Antrags auf Erteilung eines Visums für den Flughafentransit überprüfen das Konsulat oder die zentralen Behördeninsbesondere Folgendes:

a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;

b) den Ausgangs- und Zielort des betreffenden Drittstaatsangehörigen und die Kohärenz der geplanten Reiseroute und des Flughafentransits;

c)den Nachweis der Weiterreise zum Endbestimmungsland.

(7) Die Prüfung eines Antrags stützt sich insbesondere auf die Echtheit und Vertrauenswürdigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen.

(8) Im Verlauf der Prüfung eines Antrags können das Konsulat oder die zentralen Behörden den Antragsteller in begründeten Fällen befragen und zusätzliche Unterlagen anfordern.

(9) Die Ablehnung eines früheren Visumantrags bewirkt nicht automatisch die Ablehnung eines neuen Antrags. Der neue Antrag wird auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen beurteilt.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 21 Abs. 2 Z 4 FPG 2005 ist die Erteilung eines Visums zu versagen, wenn der Fremde nicht über ausreichende eigene Mittel für seinen Unterhalt und in den Fällen des §°20 Abs. 1 Ziffer 1, 3 und 7 für die Wiederausreise verfügt. Die Beschwerdeführerin hat keine Nachweise über eigenes Einkommen oder Vermögenswerte erbracht. Der angebliche Ehemann hat keine elektronische oder sonstige Verpflichtungserklärung abgegeben, weshalb nicht festgestellt werden kann, dass er für die Kosten der Einreise der Beschwerdeführerin nach Österreich, des Aufenthalts von angegebenen 90 Tagen und der Rückreise in den Jemen aufkommen werde. Auf die Frage, ob das Einkommen des angeblichen Ehemannes zur Deckung der Kosten des Aufenthalts der Beschwerdeführerin ausreichend ist, war daher nicht mehr einzugehen. Der Versagungsgrund des §°21°Abs.°2°Z°4°FPG liegt somit vor.

Weiters ist die Wiederausreise der Beschwerdeführerin in den Heimatstaat nicht als gesichert iSd § 21 Abs. 1 Z 3 FPG anzusehen. Mit diesem Kriterium hat sich der Verwaltungsgerichtshof grundlegend in der Entscheidung vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, auseinandergesetzt. Als wesentlich festzuhalten ist, dass nicht ohne weiteres („generell“) unterstellt werden darf, dass Fremde unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin in Österreich unrechtmäßig aufhältig bleiben werden. Es bedarf vielmehr konkreter Anhaltspunkte in diese Richtung, und die Behörde kann die Versagung eines Visums nicht gleichsam mit einem „Generalverdacht“ zu Lasten aller Fremden begründen. Regelmäßig wird daher, wenn nicht gegenteilige Indizien bekannt sind, davon auszugehen sein, dass der Fremde vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder ausreisen werde (vgl. VwGH vom 19.03.2014, Zl. 2013/21/0189). Ferner hielt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, fest, dass das Kriterium „Wiederausreise“ nunmehr als positive Voraussetzung zur Visumserteilung konzipiert ist und sich sohin ein Verbleiben des Fremden in Österreich über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus als unwahrscheinlich erweisen muss. Zweifel gehen daher zu Lasten des Fremden.

Die Beschwerdeführerin ist im Jemen ohne Beschäftigung. Es wurden im Verfahren keine Angaben zu einer etwaigen sozialen, familiären oder wirtschaftlichen Verwurzelung im Herkunftsstaat erbracht. Hingegen ist die Beschwerdeführerin seit 2015 nach islamischem Recht mit einem in Österreich asylberechtigten somalischen Staatsbürger verheiratet und hat mit diesem nach eigenen Angaben einen minderjährigen Sohn. Die Beschwerdeführerin strebt offenbar eine dauerhafte Niederlassung in Österreich an. So stellte die Beschwerdeführerin bereits im Oktober 2016 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß dem 6. Hauptstück des NAG. Dieser Antrag wurde abgewiesen, die Beschwerde dagegen vom zuständigen Verwaltungsgericht eingestellt.

Als Grundlage dieser Tatsachen ist die Wiederausreise der Beschwerdeführerin nicht nur als nicht gesichert, sondern vielmehr als äußerst unwahrscheinlich anzusehen. Gegenständlich liegt also auch der Versagungsgrund des § 21 Abs. 1 Z 3 FPG vor.

Zudem ist darauf zu verweisen, dass für derartige Sachverhaltskonstellationen, für den Nachzug von Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, eigens der § 35 ASylG vorgesehen ist, welcher im Falle eines positiven Ausganges die Erteilung eines zur Einreise berechtigenden Visums zur Folge hätte. Ein Visum D darf allerdings nicht dafür genutzt werden, um die Intention des Gesetzgebers zu umgehen.

Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quoten-platz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt, verbürgt. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass Art. 8 EMRK im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land gewährt (EGMR 2.8.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00, Newsletter 2001,159 uva). Art. 8 EMRK gewährt kein unmittelbares Zuwanderungsrecht und lässt den Mitgliedstaaten der EMRK bei der Gestaltung der Einwanderungspolitik einen breiten Ermessensspielraum (vgl VfSlg 17.013/2003 und 18.613/2008).

Im Ergebnis ist der Botschaft zu folgen, wenn diese aufgrund des vorliegenden Akteninhalts zu dem Schluss gelangte, dass die Erteilung eines Visums zu versagen ist.

Im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt hat die Behörde mit der Feststellung des Vorliegens der genannten Gründe für die Verweigerung des Visums dem ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten, daher war die Erteilung des Visums aus den oben genannten Gründen zu verweigern.

Der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung steht der klare Wortlaut des § 11a Abs. 2 FPG entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltstitel Beschwerdevorentscheidung finanzielle Mittel österreichische Botschaft Versagungsgrund Voraussetzungen Vorlageantrag Wiederausreise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W205.2201634.1.00

Im RIS seit

08.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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