Entscheidungsdatum
31.05.2021Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W235 2240717-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2021, Zl. 1272939905-210000455, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Georgien und stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 02.01.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am XXXX .04.2012 in Frankreich, am XXXX .05.2017 in der Schweiz, am XXXX .05.2017 in den Niederlanden und am XXXX .08.2020 in Deutschland jeweils Asylanträge stellte (vgl. AS 39).
1.2. Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, im Zuge derer er zunächst angab, an keinen Krankheiten zu leiden, die ihn an der Einvernahme hindern würden, und keine Familienangehörigen in Österreich oder im Gebiet der Europäischen Union zu haben. Er sei Anfang 2012 aus Georgien ausgereist und in die Ukraine geflogen. Von dort aus sei er über ihm unbekannte Länder nach Frankreich gelangt, wo er sich fünf Jahre lang aufgehalten habe. Danach sei er über die Schweiz nach Holland gereist, wo er drei Jahre gelebt habe. In der Folge sei er nach Deutschland gereist und nach einem viermonatigen Aufenthalt in Österreich eingereist. In Frankreich sei der Beschwerdeführer gegen Tuberkulose und Hepatitis C behandelt worden und in den Niederlande sei festgestellt worden, dass er an Krebs leide. In der Schweiz sei er nur auf der Durchreise gewesen. Der Beschwerdeführer habe in Deutschland medizinische Behandlung gewollt und sei dort auch operiert worden. Er habe in Frankreich, in Holland und in Deutschland Asylanträge gestellt. In Frankreich habe er zunächst ein Aufenthaltsrecht für ein Jahr gehabt, das immer verlängert worden sei. In Holland habe er ein Aufenthaltsrecht wegen Krankheit gehabt und in Deutschland habe er für sechs Monate ein Bleiberecht und einen Asylausweis gehabt. Der Beschwerdeführer wolle in keines der Länder zurück, weil die Verhältnisse schlecht gewesen seien und er medizinische Hilfe benötige.
Dem Beschwerdeführer wurde weiters am 02.01.2021 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit den Niederlanden, Deutschland und Frankreich die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 59).
1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 12.01.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Deutschland.
Am 19.01.2021 lehnte die deutsche Dublinbehörde die Wiederaufnahme des Beschwerdeführers mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der Niederlande gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ab.
Daher richtet das Bundesamt am 28.01.2021 ein Wiederaufnahmegesuch auf der Basis von Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO an die Niederlande.
Mit Schreiben vom 04.02.2021 stimmte die niederländische Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu (vgl. AS 101).
Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 11.02.2021 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da aufgrund des bisherigen Ermittlungsergebnisses davon auszugehen ist, dass die Niederlande für sein Verfahren zuständig sind. Diese Verfahrensanordnung wurde vom Beschwerdeführer nachweislich am 12.02.2021 übernommen (vgl. AS 143).
1.4. Am 01.03.2021 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer eingangs angab, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Alle seine Dokumente und Beweismittel habe er bereits abgegeben. Der Beschwerdeführer stehe in ärztlicher Behandlung. In anderen Ländern seien bereits Diagnosen gestellt und sei der Beschwerdeführer auch operiert worden. Er habe auch Chemotherapien gehabt. In den Niederlanden habe er eine Therapie wegen Hepatitis C bekommen und hätten ihm die Ärzte in Österreich gesagt, dass er neuerlich Hepatitis C habe. Ferner habe der Beschwerdeführer eine multiresistente Tuberkulose, die nicht offen sei. Deswegen habe er drei Jahre lang eine Therapie gemacht. Der Beschwerdeführer habe auch Harnblasenkrebs und sei deshalb hier. In den Niederlanden habe er eine Chemotherapie bekommen, aber vertrage das alles nicht mehr. Der Beschwerdeführer habe Hoffnungen, dass ihm in Österreich geholfen werden könne. In dieser Woche habe er zwei Termine wegen der Lunge und wegen der Leber. Er gehe auch permanent zu Krebsuntersuchungen. Es sei auch festgestellt worden, dass er 80% weniger höre und bald einen Hörapparat brauche. Er sei fix und fertig; psychologisch und physisch. Die österreichischen Ärzte hätten ihn wieder aufgepäppelt. Medikamente nehme er keine ein, werde aber noch welche bekommen. Das Wichtigste sei, dass er wieder operiert werde. Der Beschwerdeführer brauche dringend eine neue Operation. Am XXXX .12.2020 habe er die letzte Operation in Deutschland gehabt. Er gehe ständig zu Untersuchungen. Sobald „es“ wieder wachse, müsse er operiert werden. Der Beschwerdeführer bekomme per Rezept Medikamente gegen Schmerzen und auch Magentabletten, da sein Magen von den vielen Tabletten „kaputt“ sei. Er sehe auch sehr schlecht und man könne sage, er sei ein halber Mensch.
In den Niederlanden habe er ausreichende medizinische Versorgung erhalten. Er sei dort mindestens fünfmal operiert worden und habe Chemotherapien bekommen. Insgesamt sei er über 14 Mal operiert worden, auch in Frankreich und in den Niederlanden. In den Niederlanden habe der Beschwerdeführer auch erfahren, dass er Krebspatient sei. Die französischen Ärzte hätten ihm diese Diagnose verheimlicht. Deshalb habe er Frankreich verlassen. Verwandte habe er in Österreich oder im Gebiet der Mitgliedstaaten nicht.
Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes, seine Abschiebung aus Österreich in die Niederlande zu veranlassen, gab der Beschwerdeführer an, dass er in den Niederlanden zwar medizinische Hilfe bekommen habe, aber in einem Gefängnisgebäude gewohnt habe. „Sie“ hätten nur die Schrift geändert, von „Gefängnis“ zu „Asylheim“. Für einen Krebskranken wie den Beschwerdeführer sei es schwer gewesen dort zu leben. Er habe „sie“ gebeten, ihm eine andere Unterkunft zu geben und hätten „sie“ ihn dann in ein offenes Schubhaftgefängnis gegeben. Dort seien noch schlimmere Bedingungen gewesen. Da habe der Beschwerdeführer seine Taschen gepackt und sei gegangen. Er könne nicht dorthin zurück. Der Beschwerdeführer brauche dringend Hilfe. Er sei ein kranker Mensch und könne nicht hin- und hergeschickt werden. Die niederländischen Ärzte hätten ihm schon geholfen, aber danach sei nichts mehr gemacht worden. Der Beschwerdeführer brauche andere Hilfe und Unterstützung, die er in den Niederlanden nicht bekommen habe.
Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen zu den Niederlanden gab der Beschwerdeführer an, er habe nichts verstanden. Wenn man ihm garantiere, dass er in den Niederlanden alles bekomme, was er dort brauche, dann gehe er in die Niederlande. Sonst sei er damit nicht einverstanden. Die Bedingungen seien nicht gut gewesen. Der Beschwerdeführer sei „tot“ gewesen und die niederländischen Ärzte hätten ihn gerettet. Nachdem sie ihn gerettet hätten, habe der Beschwerdeführer keine weitere Unterstützung bekommen. Der Beschwerdeführer glaube nicht daran, dass er in den Niederlanden gut versorgt werde.
Im Verwaltungsakt befinden sich nachstehende Unterlagen:
? Ambulanzkarte einer urologischen Abteilung eines Landeskrankenhauses über Behandlungen am XXXX .01.2021 und am XXXX .01.2021 samt Kontrolltermin am XXXX .02.2021, dem zu entnehmen ist, dass in Bezug auf ein Blasenkarzinom derzeit kein Rezidiv [Anm. = Rückfall] besteht und eine Kontrolle in sechs Monaten empfohlen wird; weiters finden sich Hinweise auf eine Hepatitis C Erkrankung, auf eine multiresistente Tuberkulose und auf Harnblasenkrebs ;
? ärztlicher Befundbericht eines Hals-Nasen-Ohren Facharztes vom XXXX .02.2021 dem als Therapie entnommen werden kann, dass ev. Hörgeräte angedacht sind samt Audiogramm und
? Schreiben (in Niederländisch ohne deutsche Übersetzung vorgelegt) einer Universitätsklinik vom XXXX .07.2020
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Niederlande gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig sind (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung in die Niederlande zulässig ist
Begründend wurde im Wesentlichen festgestellt, dass der Beschwerdeführer an Hepatitis C, an einer multiresistenten Tuberkulose und an Harnblasenkrebs leide. Festgestellt werde, dass der Beschwerdeführer am XXXX .05.2017 in den Niederlanden einen Asylantrag gestellt habe. Die Niederlande hätten sich mit Schreiben vom 04.02.2021 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers für zuständig erklärt. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 12 bis 19 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus sowie zum niederländischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in den Niederlanden. Nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer in den Niederlanden systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei bzw. diese dort zu erwarten hätte.
Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass sich die in den Feststellungen angeführten Krankheiten aus den vorgelegten ärztlichen Befunden ergeben würden. Der Beschwerdeführer nehme Medikamente ein. Sonstige Therapien seien bis zur Bescheiderlassung nicht bekannt gewesen. Aus den vorliegenden Informationsblättern zu den Niederlanden und aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers stehe fest, dass in den Niederlanden eine ausreichende ärztliche Versorgung vorhanden sei. Aus den vorliegenden Unterlagen ergebe sich kein Hinweis, dass sich der Beschwerdeführer in einem lebensbedrohenden Zustand befinde. Aufgrund des Ergebnisses des Eurodac-Treffers zu den Niederlanden und aufgrund der diesbezüglich widerspruchsfreien Angaben des Beschwerdeführers stehe die Antragstellung am XXXX .05.2017 in den Niederlanden fest. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt hätten sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers [in Österreich] seien aufgrund seiner nicht anzuzweifelnden Angaben getroffen worden. Dass offensichtlich keine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich bestehe, ergebe sich schon aus der Kürze seines bisherigen Aufenthalts. Die Feststellungen zu den Niederlanden würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren, jene zur Pandemie seien amtsbekannt bzw. würden von der John Hopkins University & Medicine stammen. Es würden sich keine Hinweise dahin ergeben, dass dem Beschwerdeführer in den Niederlanden in rechtswidriger Weise die Schubhaft drohe. Auch lägen keine Hinweise auf eine allgemein menschenrechtswidrige Behandlung von Asylwerbern in den Niederlanden vor. Wenn der Beschwerdeführer die Versorgungslage in den Niederlanden bemängle, sei darauf hinzuweisen, dass sein Vorbringen nicht geeignet sei, eine konkret ihm persönlich drohende Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte im Fall seiner Überstellung aufzuzeigen. Insbesondere sei hervorzuheben, dass in den Niederlanden eine ausreichende Versorgung für Asylwerber gewährleistet sei. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich die Niederlande mit Schreiben vom 04.02.2021 ausdrücklich bereit erklärt hätten, den Beschwerdeführer im Rahmen der Verpflichtungen aus der Dublin III-VO zur Prüfung seines Asylantrages zu übernehmen. Ein Schutzverweigerung in den Niederlanden könne sohin nicht erwartet werden.
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergebe, dass Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO formell erfüllt sei. Im Verfahren hätten keine Personen festgestellt werden können, mit welchen ein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Familienleben geführt werde und stelle daher die Anordnung zur Außerlandesbringung keinen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens dar. Es hätten sich auch keine Hinweise ergeben, dass durch eine Außerlandesbringung in unzulässiger Weise in sein Recht auf Achtung des Privatlebens eingegriffen werde. Insbesondere vermöge die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens zu begründen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Die Niederlande seien bereit, den Beschwerdeführer einreisen zu lassen, seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, die Niederlande aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen dem Beschwerdeführer gegenüber zu erfüllen. Es sei festzustellen, dass in den Niederlanden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK nicht eintreten werde. Ein vom Beschwerdeführer im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe daher bei Abwägung aller Umstände nicht erschüttert werden können. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Unter Zitierung der bzw. Verweis auf die Judikatur des EGMR bzw. des VfGH zu Überstellungshindernissen aufgrund von Erkrankungen wurde ausgeführt, dass sich aus dem vorliegenden Sachverhalt kein Anhaltspunkt dafür ergebe, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen lebensgefährlich Erkrankten handle. Auch ergebe sich kein Hinweis auf anstehende und dringliche ärztliche Behandlungen. Weiters seien für den Beschwerdeführer bei Bedarf in den Niederlanden Behandlungsmöglichkeiten gegeben und sei die unerlässliche medizinische Versorgung gewährleistet. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.
3. Im Verwaltungsakt befindet sich ein Konvolut von (medizinischen) Unterlagen (zum Teil in Niederländisch ohne deutsche Übersetzung vorgelegt) in Kopie, denen zusammengefasst die vom Bundesamt im angefochtenen Bescheid festgestellten Erkrankungen zu entnehmen sind. Ferner finden sich Kopien von Terminvereinbarungen sowie Überweisungen für März und April 2021 und Screenshots von Röntgenbildern aus dem Jahr 2019. Dieses Konvolut wurde vom Beschwerdeführer mit E-Mail vom 18.03.2021 ohne Erläuterungen bzw. ohne bezughabendes Vorbringen dem Bundesamt vorgelegt.
4. Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 19.03.2021 im Wege seiner nunmehr ausgewiesenen Vertretung fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und regte an, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend wurde im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt, dass sich die belangte Behörde zu Unrecht nicht näher mit den Erlebnissen des Beschwerdeführers in den Niederlanden auseinander gesetzt habe. Ferner habe die belangte Behörde ihre eigenen Länderberichte nicht mit den Angaben des Beschwerdeführers abgeglichen. Auch sei der Beschwerdeführer nicht näher zu seinem psychischen Gesundheitszustand befragt worden. Im Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers in die Niederlande drohe ihm eine Abschiebung nach Georgien. Ferner habe die Behörde keine tatsächliche Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet und den öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung getroffen. Auch hätte sich die Behörde nicht nur mit der rechtlichen, sondern auch mit der tatsächlichen Situation in den Niederlanden auseinander setzen müssen. Dies habe sie verabsäumt und seien ihr daher schwere Fehler im Ermittlungsverfahren unterlaufen.
Auch seien die Länderfeststellungen zur Situation in den Niederlanden unvollständig und nicht mehr aktuell. Darüber hinaus könne nicht von einer Ausgewogenheit der Quellen gesprochen werden, da kaum Kritik am niederländischen Asylsystem und an der Aufnahmesituation für Flüchtlinge geübt werde. Der Beschwerdeführer leide an zahlreichen Krankheiten, sei mehrfach operiert worden und nehme verschiedene Medikamente. Auch in Österreich befinde er sich in medizinischer Betreuung. Die Befunde würden der Beschwerde beigelegt bzw. ehestmöglich nachgereicht werden. Für abgelehnte Asylwerber stehe die medizinische Versorgung in den Niederlanden nur eingeschränkt zur Verfügung. Dem Beschwerdeführer drohe eine Verletzung seiner in Art. 3 EMRK genannten Rechte.
Der Beschwerde waren lediglich bereits vorgelegt Unterlagen beigelegt.
5. Am 07.05.2021 wurde der Beschwerdeführer komplikationslos auf dem Luftweg in die Niederlande überstellt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Georgien. Im Jahr 2012 verließ er Georgien und reiste über die Ukraine nach Frankreich, wo er am XXXX .04.2012 einen Asylantrag stellte. Nach einem ca. fünfjährigen Aufenthalt in Frankreich gelangte er über die Schweiz, wo er am XXXX .05.2017 um Asyl ansuchte, in die Niederlande. Am XXXX .05.2017 stellte der Beschwerdeführer auch in den Niederlanden einen Asylantrag, der abgelehnt wurde. Nach einem Aufenthalt von drei Jahren in den Niederlanden fuhr er nach Deutschland, stellte dort am XXXX .08.2020 einen weiteren (vierten) Asylantrag und reiste nach einem viermonatigen Aufenthalt unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 02.01.2021 den gegenständlichen – nunmehr insgesamt fünften – Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 28.01.2021 ein Wiederaufnahmegesuch an die Niederlande, welches von der niederländischen Dublinbehörde am 04.02.2021 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO erteilt wurde. Hingegen lehnte die deutsche Dublinbehörde die Wiederaufnahme des Beschwerdeführers mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der Niederlande ab. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit der Niederlande wieder beendet hätte, liegt sohin nicht vor.
Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in den Niederlanden sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung in die Niederlande Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Der Beschwerdeführer leidet bereits seit Jahren an Hepatitis C und an einer multiresistenten Tuberkulose, wogegen er bereits in Frankreich medizinisch behandelt wurde. In den Niederlanden wurde darüber hinaus Harnblasenkrebs diagnostiziert. Der Beschwerdeführer wurde in den Niederlanden betreffend Hepatitis C, die multiresistente Tuberkulose und hinsichtlich der Harnblasenkrebserkrankung medizinisch behandelt. Somit wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer in den Niederlanden eine medizinische Versorgung zur Verfügung stand. Hinweise darauf, dass dem Beschwerdeführer die Behandlung in den Niederlanden in irgendeiner Art und Weise während seines dreijährigen Aufenthalts verweigert worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren nicht. Auch in Deutschland wurde der Beschwerdeführer medizinisch versorgt. In Österreich begab er sich nach Antragstellung in ärztliche Betreuung und wurde am XXXX .01.2021 und am XXXX .01.2021 in der urologischen Abteilung eines Landeskrankenhauses ambulant behandelt, wobei die Diagnosen Hepatitis C, multiresistente Tuberkulose und Harnblasenkrebs gestellt wurden und betreffend ein Blasenkarzinom eine Kontrolle in sechs Monaten empfohlen wurde. Ferner suchte er am XXXX .02.2021 einen Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenerkrankungen auf, der die Verwendung von Hörgeräten angeregt hat. Nicht festgestellt werden kann, ob sich der Beschwerdeführer nach dem XXXX .02.2021 in weitere ärztliche Betreuung begeben hat. Ebenso wenig kann festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer einen für den XXXX .02.2021 vereinbarten Kontrolltermin an einer urologischen Abteilung eines Landeskrankenhauses wahrgenommen hat. Zusammengefasst wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung in die Niederlande aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht bzw. (im Überstellungszeitpunkt) entgegengestanden ist.
Es bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet.
Am 07.05.2021 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg in die Niederlande überstellt, wobei die Überstellung selbst komplikationslos verlaufen ist.
1.2. Zum niederländischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in den Niederlanden sowie zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus:
Zum niederländischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in den Niederlanden und zur Pandemie aufgrund von Corona wurden im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 12 bis 19 unter Anführung von Quellen Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.
Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:
a). Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus:
COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet.
In Österreich gibt es mit Stand 05.03.2021, 08:00 Uhr, 467.646 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 8.652 Todesfälle; in den Niederlanden wurden zu diesem Zeitpunkt 1.120.566 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 15.857 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden.
Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht, dies bestätigt auch Chinas Gesundheitsbehörde und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf. Menschen mit milden Symptomen erholen sich der WHO zufolge in zwei Wochen, solche mit schweren Symptomen brauchen drei bis sieben Wochen.
b). Dublin-Rückkehrer:
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 2.2017; vgl. GoN o.D.a, IND o.D.a).
Dublin-Rückkehrer haben Zugang zum Asylverfahren (allgemeines und erweitertes Verfahren) vor der niederländischen Einwanderungsbehörde (Immigratie-en Naturalisatiedienst – IND). Im Falle eines „take-back“-Verfahrens kann der Asylwerber einen Folgeantrag stellen, der neue Elemente enthalten muss. Dieser wird wie der Folgeantrag eines Nicht-Dublin-Rückkehrers behandelt. In „take charge“-Fällen kann der Rückkehrer einen Erstantrag stellen (AIDA 2.2017).
c). Non-Refoulement:
Das Gesetz sieht die Freizügigkeit im Inland, die Reisefreiheit, das Recht auf Emigration und Wiedereinbürgerung vor, und die Regierung respektiert generell diese Rechte. Der Staat arbeitet mit dem Büro des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen und anderen Betroffenen Schutz und Hilfe zu gewähren (USDOS 3.3.2017).
Nach einer endgültigen Ablehnung des Asylantrags ist eine Folgeantragstellung möglich. Dies ergibt sich aus den Grundsätzen des Non-Refoulement-Prinzips der Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention (AIDA 2.2017).
d). Versorgung:
Gemäß Gesetz haben alle mittellosen Asylwerber ein Recht auf Unterbringung und materielle Versorgung ab Antragstellung (AIDA 2.2017). Die Zentralstelle für die Aufnahme von Asylwerbern (COA) ist für die Unterbringung und die Versorgung der grundlegenden Bedürfnisse von Asylwerbern während ihres Asylverfahrens verantwortlich (COA o.D.b; vgl. AIDA 2.2017). Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine in der Höhe von 296,24 Euro. Das wöchentliche Taschengeld variiert jedoch je nach Art der Unterbringung. Die Versorgung deckt die folgenden Leistungen und Kosten: Unterkunft; wöchentlicher Zuschuss für Nahrung, Kleidung und persönliche Ausgaben; Tickets für öffentliche Verkehrsmittel zum Besuch des Anwalts; Freizeitangebot und Bildungsaktivitäten (z.B. Vorbereitung für die Integrationsprüfung); Krankenversicherung; Haftpflichtversicherung; Sonderkosten (AIDA 2.2017).
Der Asylwerber darf für 24 Wochen im Jahr arbeiten. Daneben ist es für sie möglich, verschiedene Arbeiten in der Unterbringung (z.B. Wartungs- und Reinigungsarbeiten) gegen wöchentliche Bezahlung in der Höhe von 14 Euro zu verrichten. Die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit außerhalb des Unterbringungszentrums ist auch erlaubt (AIDA 2.2017, vgl. CAO o.D.c).
e). Unterbringung:
Es gibt in den Niederlanden insgesamt 106 Unterbringungszentren, mit 26.185 Plätzen. Es handelt sich dabei um:
? Antragszentrum in Schipol (Aanmeldcentrum – AC): geschlossenes Zentrum im Grenzverfahren.
? Zentrales Auffanglager Ter Apel (Centraal Opvanglocatie – COL): wo Asylanträge zu stellen sind. Aufenthalt max. 3 Tage.
? 4 Verfahrenszentren (Proces Opvanglocatie – POL): dient der Ruhe- und Vorbereitungsphase. Bei allgemeinen Verfahren bleibt der Asylwerber im POL.
? Asylwerberzentren (Asielzoekerscentrum – AZC): hier werden erweiterte Verfahren geführt, aber auch Schutzberechtigte untergebracht, bis sie eine Wohnmöglichkeit finden.
? Freiheitsbeschränkende Unterbringung (Vrijheidsbeperkende locatie – VBL): bis zwölf Wochen Unterbringung möglich, wenn der Fremde bei der Organisation der Heimreise kooperiert; keine geschlossene Unterbringung, aber Gebietsbeschränkung.
? 8 Familienzentren (Gezinslocatie – GL): für Familien, die das Unterbringungsrecht verloren haben, da Kinder immer unterzubringen sind. Fokus liegt auf Rückkehr. keine geschlossene Unterbringung, aber Gebietsbeschränkung (AIDA 2.2017, vgl. CAO o.D.d).
Die Familienzentren werden vom niederländischen Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) kritisiert, da der eingeschränkte Zugang zu Versorgung mit den Regelungen über Kinderrechte nicht übereinstimmen (AIDA 2.2017).
Die zeitlich begrenzte und bedingte Unterstützung der niederländischen Regierung für abgelehnte Asylwerber gab weiterhin Anlass zur Besorgnis. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte kritisiert das Gesetz, welches die medizinische Versorgung, Bildung und Sozialhilfe für Asylwerber mit einem negativen Bescheid von deren Bereitschaft zur Rückkehr in das Herkunftsland abhängig macht (HRW 18.1.2018).
f). Medizinische Versorgung:
Asylwerber sind versichert und haben Anspruch auf medizinische Versorgung (GoN o.D.b). Die allgemeine medizinische Behandlung ist, soweit möglich, dieselbe wie für niederländische Bürger, erweitert um besonderes Augenmerk auf sprachliche und kulturelle Unterschiede, die Lebenssituation von Asylwerbern, das Asylverfahren und deren besondere Bedürfnisse (AIDA 2.2017; vgl. GZA o.D.a). Das Gesundheitszentrum für Asylwerber (GZA) ist die erste Anlaufstelle für Asylwerber in Gesundheitsangelegenheiten. Das GZA verfügt über zahlreiche Standorte in oder in der Nähe fast jedes Asylwerberzentrums. Ein Allgemeinmediziner, eine Krankenschwester und ein psychologischer Berater oder medizinischer Assistent stehen dort zur Verfügung (GZA o.D.b). Außerdem gibt es eine Telefon-Hotline, wo Fragen gestellt, Termine ausgemacht und Dolmetscher für die Untersuchungen bestellt werden können. Die Hotline steht rund um die Uhr bei Notfällen auch zur Verfügung (GZA o.D.c). Bei der Ankunft in Unterbringungszentren wird eine medizinische Eingangsuntersuchung angeboten, um Behandlungserfordernisse frühzeitig zu erfassen (IND 8.2015). Eine Tuberkulosekontrolle ist jedoch für alle Asylwerber obligatorisch (COA o.D.e).
Asylwerber haben Zugang zu medizinischer Basisversorgung, darunter Zugang zu Allgemeinmedizin, Spitälern, Psychologen, Zahnmedizin (in extremen Fällen) und auf Tagesbasis Zugang zu psychiatrischen Kliniken. Es gibt eine Reihe spezialisierter Institutionen zur Behandlung von Asylwerbern mit psychischen Problemen (z.B. Phoenix). Zugang zu medizinischer Versorgung für Asylwerber in POL, COL, VBL und für Erwachsene in GL ist nur in Notfällen gewährleistet. Gesundheitsdienstleister bekommen Leistungen für irreguläre Migranten bei einer speziellen Stiftung ersetzt. Nach einer Untersuchung rief der Ombudsmann den Gesundheitsminister auf, den Zugang zu medizinischer Versorgung auch für Menschen ohne Aufenthaltstitel zu gewährleisten (AIDA 2.2017).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in der angefochtenen Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in den Niederlanden auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen – darunter konkret auch in Bezug auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO – samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.
Festgestellt wird sohin, dass sich aus den Länderinformationen im angefochtenen Bescheid keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das niederländische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in den Niederlanden den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit, zu seiner Ausreise aus Georgien, zu seinem weiteren Reiseweg, einschließlich der jeweiligen Aufenthaltsdauern in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland, zur unrechtmäßigen Einreise in das österreichische Bundesgebiet und zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Erstbefragung sowie aus dem Akteninhalt.
Dass der Beschwerdeführer am XXXX .04.2012 in Frankreich, am XXXX .05.2017 in der Schweiz, am XXXX .05.2017 in den Niederlanden und am XXXX .08.2020 in Deutschland jeweils einen Asylantrag stellte, ergibt sich zweifelsfrei aus den diesbezüglichen unbedenklichen Eurodac-Treffern. Dies wurde im Wesentlichen auch vom Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung selbst vorgebracht und sind die Daten der jeweiligen Asylantragstellungen mit den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Aufenthaltsdauern in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland zueinander in Einklang zu bringen. Wenn der Beschwerdeführer ausführt, in der Schweiz lediglich auf der Durchreise gewesen zu sein, widerspricht dies allerdings dem unbedenklichen Eurodac-Treffer und ist diese Angabe des Beschwerdeführers sohin den Feststellungen nicht zugrundezulegen. Dass der Asylantrag des Beschwerdeführers in den Niederlanden abgelehnt worden war, ergibt sich aus der Zustimmungserklärung der Niederlande vom 04.02.2021 und zwar aus dem Umstand, dass die niederländische Dublinbehörde ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO stützt. Die Feststellung, dass die deutsche Dublinbehörde die Wiederaufnahme des Beschwerdeführers mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der Niederlande abgelehnt hat, gründet auf dem diesbezüglichen Schreiben vom 19.01.2021.
Die Feststellungen zum Wiederaufnahmegesuch und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers durch die Niederlande ergeben sich aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden. Darauf, dass die Zuständigkeit der Niederlande beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise, wobei ein derartiges Vorbringen weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde erstattet wurde. Der Vollständigkeit halber ist an dieser Stelle noch zu erwähnen, dass auch die deutsche Dublinbehörde von der Zuständigkeit der Niederlande ausgeht, wie sich dem Schreiben vom 19.01.2021 entnehmen lässt.
Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in den Niederlanden wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).
Die Feststellungen zu den beim Beschwerdeführer vorliegenden Erkrankungen (Hepatitis C, multiresistente Tuberkulose, Harnblasenkrebs) gründen im Wesentlichen auf den vorgelegten medizinischen Unterlagen, insbesondere auf einer Ambulanzkarte einer urologischen Abteilung eines Landeskrankenhauses, sowie auf den Angaben des Beschwerdeführers. Dieser brachte in seiner Erstbefragung vor, dass er in Frankreich gegen Tuberkulose und Hepatitis C behandelt worden sei und, dass man in den Niederlanden festgestellt habe, dass er an Krebs leide (vgl. AS 55). Die weiteren Feststellungen betreffend die medizinische Behandlung des Beschwerdeführers in den Niederlanden samt Negativfeststellung, dass sich keine Hinweise darauf finden, dass dem Beschwerdeführer in den Niederlanden die Behandlung verweigerte worden wäre, ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt. So gab der Beschwerdeführer an, dass er in den Niederlanden eine Therapie wegen Hepatitis C erhalten habe. Weiters habe er in den Niederlanden auch eine Chemotherapie bekommen. In den Niederlanden habe der Beschwerdeführer eine ausreichende medizinische Versorgung erhalten. Er sei dort mindestens fünfmal operiert worden und habe Chemotherapien bekommen. Der Beschwerdeführer habe in den Niederlanden medizinische Hilfe erhalten und hätten ihm die niederländischen Ärzte geholfen. Er sei „tot“ gewesen und die niederländischen Ärzte hätten ihn gerettet (vgl. hierzu AS 171 bis AS 177). Auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen aus den Niederlanden samt Screenshots und Röntgenbildern aus dem Jahr 2019 zeigen deutlich, dass dem Beschwerdeführer in den Niederlanden medizinische Versorgung zur Verfügung gestanden ist. Ebenso aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers ergibt sich, dass er auch in Deutschland medizinisch behandelt wurde. Die Feststellungen zu den ärztlichen Behandlungen in Österreich (einschließlich der gestellten Diagnosen) basieren auf der vorgelegten Ambulanzkarte einer urologischen Abteilung eines Landeskrankenhauses (vgl. AS 151) sowie auf dem ärztlichen Befundbericht eines Hals-Nasen-Ohren Facharztes vom XXXX .02.2021. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme diesbezüglich vorbringt, dass festgestellt worden sei, dass er 80% weniger höre, lässt sich dies dem Befundbericht nicht entnehmen. Auch betreffend Hörgeräte lässt sich dem Befundbericht lediglich entnehmen, dass diese eventuell „angedacht“ sind (vgl. AS 159). Die beiden Negativfeststellungen betreffend eine weitere ärztliche Betreuung nach dem XXXX .02.2021 sowie betreffend die Wahrnehmung eines Kontrolltermins am XXXX .02.2021 gründen auf den Umständen, dass nach dem XXXX .02.2021 keine weiteren ärztlichen Unterlagen vorgelegt wurden bzw. keine diesbezüglichen Bestätigungen beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt sind. Der Beschwerdeführer hat zwar mit E-Mail vom 18.03.2021 ein Konvolut an Unterlagen (hauptsächlich betreffend seine Behandlung in den Niederlanden) mit Terminvereinbarungen für März und April 2021 vorgelegt, hat diesbezüglich jedoch kein Vorbringen erstattet und auch in den Akten finden sich keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer diese Termine tatsächlich eingehalten hat. In der Beschwerde wird zwar ausgeführt, dass der Beschwerdeführer an „zahlreichen Krankheiten“ leide und sich in Österreich in medizinischer Betreuung befinde sowie, dass die Befunde der Beschwerde beigelegt bzw. „ehestmöglich“ nachgereicht würden. Allerdings wurden der Beschwerde lediglich Unterlagen beigelegt, die sich bereits im Verwaltungsakt befunden haben und sich sohin nicht auf eine im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung aktuelle Behandlungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers beziehen (können). Darüber hinaus wurden bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt – trotz Ankündigung in der Beschwerde – keine weiteren medizinischen Unterlagen vorgelegt, sodass im Gesamtzusammenhang die Feststellung zu treffen war, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die seiner Überstellung in die Niederlande aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht bzw. (im Überstellungszeitpunkt) entgegengestanden ist.
Die Feststellung zum Nichtvorhandensein besonders ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Gegenteiliges ist auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer dezidiert an, keine Familienangehörigen bzw. keine Verwandten in Österreich oder im Gebiet der Mitgliedstaaten zu haben (vgl. AS 53 bzw. AS 175).
Letztlich ergibt sich die Feststellung zur komplikationslosen Überstellung des Beschwerdeführers in die Niederlande aus dem diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 07.05.2021.
2.2. Die Feststellungen zum Asylverfahren in den Niederlanden einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in den Niederlanden ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.
Die Gesamtsituation des Asylwesens in den Niederlanden ergibt sich sohin aus den durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt gab er zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen lediglich an, dass er nichts verstanden habe. Wenn man ihm garantiere, dass er alles bekomme, was er brauche, gehe er in die Niederlande. Sonst sei er damit nicht einverstanden (vgl. AS 177). Ein substanziiertes Bestreiten der Länderfeststellungen ist diesem Vorbringen sohin nicht zu entnehmen.
Zum Beschwerdevorbringen, die vom Bundesamt herangezogenen Länderfeststellungen seien unvollständig und nicht mehr aktuell, ist auszuführen, dass dieses Vorbringen lediglich unsubstanziiert in den Raum gestellt wurde. Zum einen wurde nicht ausgeführt, gegen welche Teile der Länderfeststellungen sich die Kritik des Beschwerdeführers richtet und zum anderen ist zum Vorbringen, die Behörde habe es verabsäumt, sich mit der tatsächlichen Situation in den Niederlanden auseinander zu setzten und nicht nur mit der rechtlichen Situation, darauf zu verweisen, dass sich die Beschwerde selbst auf die Länderberichte - konkret auf den Bericht von Human Rights Watch vom 18.01.2018 – bezieht. Wenn die Beschwerde weiters ausführt, dass nicht von einer Ausgewogenheit der Quellen gesprochen werden könne, kann dies aus den oben angeführten Gründen nicht nachvollzogen werden, da sie sich – wie erwähnt – ebenso auf HRW als Quelle stützt. Das weitere Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe ihre eigenen Länderberichte nicht mit den Angaben des Beschwerdeführers abgeglichen, kann nicht nachvollzogen werden, da sich im angefochtenen Bescheid sowohl im Rahmen der Beweiswürdigung als auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung diesbezügliche Ausführungen finden. Zusammengefasst kann sohin gesagt werden, dass die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid durchaus ein differenziertes Bild zeichnen und ebenso auf die Situation von Dublin-Rückkehrern Bezug nehmen. Wogegen sich im Einzelnen die Kritik der Beschwerde an den Länderfeststellungen des Bundesamtes richtet, ist sohin nicht erkennbar. Mangels konkretem Vorbringen sind die Beschwerdeausführungen daher nicht geeignet, die durch tatsächlich aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid zu entkräften.
Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell und es wurden auch Feststellungen zur derzeitigen Situation in Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie getroffen. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie die Anordnung von Verhaltensregeln im öffentlichen Raum wie z.B. „Maskenpflicht“), die die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung – seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde – möglichst sicherstellen sollen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen zu den Niederlanden nicht zu beanstanden und zwar aufgrund der Annahme, dass dann – und nur dann – Überstellungen durchgeführt werden, wenn die Niederlande für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren können, was gegenständlich der Fall ist, da der Beschwerdeführer bereits am 07.05.2021 komplikationslos in die Niederlande überstellt wurde, und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.
Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.
Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).
3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:
Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Art. 7 Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) […]
Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller – der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können – sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Art. 17 Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde