TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/16 95/18/0480

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Veröffentlicht am 16.01.1997
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
B-VG Art20 Abs1;
B-VG Art89;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des A in F, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Jänner 1995, Zl. 101.593/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 25. Jänner 1995 wies der Bundesminister für Inneres (belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufG, ab. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der letzte Sichtvermerk des Beschwerdeführers Gültigkeit bis 2. März 1994 gehabt habe und der Beschwerdeführer mit diesem Datum den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung hätte stellen müssen, um die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 13 AufG zu erfüllen. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer den Antrag erst am 17. März 1994 gestellt und damit diese Frist versäumt. Damit läge kein "Verlängerungsantrag", sondern ein "Erstantrag" auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor; ein solcher sei gemäß § 6 Abs. 2 AufG vor der Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu stellen, daher sei im Fall des Beschwerdeführers die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausgeschlossen und auf sein Vorbringen - auch im Zusammenhang mit seinen persönlichen Verhältnissen - nicht weiter einzugehen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, daß dieser im Widerspruch zum Erlaß des Bundesministers für Inneres vom 6. April 1994, Zl. 71.370/59-III/11/94, stehe. Dieser Einwand ist nicht zielführend, handelt es sich doch bei dem vorliegenden Erlaß um eine verwaltungsinterne, für einen generellen Adressatenkreis bestimmte Weisung (Art. 20 Abs. 1 B-VG), die - mangels gehöriger Kundmachung - nach Art. 89 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof nicht anzuwenden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1977, Zl. 159/76 (abgedruckt in der amtlichen Slg. Nr. 9283/A), und das hg. Erkenntnis vom

20. Sepember 1979, Zl. 2834/77 (abgedruckt in der amtlichen Slg. Nr. 9932/A)); im Falle eines solchen Erlasses liegt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine gegenüber der Partei wirksame Norm nicht vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1955, Zl. 117/55 (abgedruckt in der amtlichen Slg. Nr. 3696/A) und das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1991, Zl. 90/12/0218).

2.1. Die Beschwerde wendet gegen den angefochtenen Bescheid weiters ein, daß sich der Beschwerdeführer "schon viele Jahre in Österreich" befinde und macht damit - gerade noch erkennbar - geltend, daß er den angefochtenen Bescheid im Lichte seines Rechts auf Privat- und Familienleben für rechtswidrig erachtet. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

Unter Zugrundelegung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von Fremden, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben und die aus welchen Gründen immer über keine Aufenthaltsbewilligung (mehr) verfügen, im Fall relativ geringfügiger Versäumung der Frist zur Antragstellung im Sinn des § 13 Abs. 1 AufG im Hinblick auf das Gebot verfassungskonformer Auslegung des durch § 6 Abs. 2 AufG geschaffenen Regelungssystems dem zweiten Satz der zuletzt genannten Vorschrift zu unterstellen. Das heißt, daß solche Bewilligungsanträge - ungeachtet der Fristversäumnis - als rechtzeitig gestellte Anträge auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die auch vom Inland aus gestellt werden können, zu werten sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 95/18/0366, mwH).

2.2. Auf den Fall des Beschwerdeführers treffen die unter Punkt 2.1. dargestellten sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen unbestrittenermaßen zu, da dieser nach Ausweis der Verwaltunsakten am 6. November 1989 in Österreich eingereist ist und sich seither hier aufhält, und weiters die Fristversäumnis lediglich 15 Tage beträgt.

Damit ist der vom Beschwerdeführer am 17. März 1994 gestellte Antrag als rechtzeitig gestellter Verlängerungsantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 zweiter Satz AufG anzusehen.

Die belangte Behörde hat dadurch, daß sie im Fall des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis gekommen ist, daß dieser seinen Antrag nach dem AufG verspätet gestellt habe, den bekämpften Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung Stempelgebühren lediglich in der Höhe von

S 270,-- (zwei Beschwerdeausfertigungen zu je S 120,--, eine Bescheidausfertigung S 30,--) zu entrichten waren.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995180480.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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