TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/21 W240 2243561-1

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Veröffentlicht am 21.06.2021
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Entscheidungsdatum

21.06.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W240 2243561-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2021,
Zl. 1278103906/210655171, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, wurde am 16.05.2021 im österreichischen Bundesgebiet festgenommen, weil er nach Italien reisen wollte.

Der Abgleich der Fingerabdrücke ergab, dass der BF in Bulgarien am 16.11.2020 und aufgrund seiner Asylantragstellung erkennungsdienstlich behandelt wurde (Eurodactreffer der Kategorie 1 vom 16.11.2020).

Am 17.05.2021 wurde über den BF die Schubhaft verhängt. Der BF stellte am 17.05.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Am 17.05.2021 wurde seitens des BFA ein Wiederaufnahmeersuchen gem.
Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Bulgarien gestellt.

Im Rahmen seiner polizeilichen Erstbefragung am 18.05.2021 gab er im Wesentlichen an, er sei vor rund zwei Jahren mit dem PKW aus seinem Herkunftsstaat ausgereist, sei über den Iran, die Türkei nach Bulgarien gereist, dort sei er rund zweieinhalb Monate gewesen. Er habe Kontakt zu Behörden gehabt und sei auch erkennungsdienstlich behandelt worden. Er sei weiter über Serbien nach Österreich gereist. In Bulgarien sei er sehr schlecht behandelt worden. Er sei in ein Lager gesteckt worden und hätte weder Essen noch Medikamente bekommen. Er sei in Bulgarien gezwungen worden, einen Asylantrag zu stellen, ansonsten wäre er abgeschoben worden. Er habe einen negativen Bescheid erhalten.

Mit Schreiben vom 21.05.2021 wurde von Seiten der bulgarischen Asyl- und Fremdenbehörde mitgeteilt, dass diese der Wiederaufnahme des BF ausdrücklich gem. Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zustimmen. Es wurde den österreichischen Behörden mitgeteilt, dass der BF auch einen anderen Namen und ein anderes Geburtsdatum verwendet.

Am 01.06.2021 wurde der BF im AHZ Vordernberg niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen Folgendes an:
„(…) LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

VP: Gut.

LA: Leiden Sie an irgendwelchen Krankheiten, benötigen Sie Medikamente oder sind Sie in ärztlicher Behandlung?

VP: Nein.

LA: Haben Sie Dokumente oder sonstige Beweismittel, die Sie vorlegen möchten?

VP: Nein.

LA: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits am 18.05.2021 durch die Polizei erstbefragt. Haben Sie da die Wahrheit gesagt?

VP: Ja.

LA: Möchten Sie etwas korrigieren oder ergänzen?

VP: Nein.

LA: Haben Sie in Österreich Verwandte oder sonstige Angehörige?

VP: Nein.

LA: Haben Sie bereits jemals irgendwo einen Antrag auf int. Schutz gestellt?

VP: In Bulgarien, habe ich die Fingerabdrücke abgegeben.

LA: Haben Sie jemals ein Visum für ein EU-Land beantragt?

VP: Nein.

LA: Haben Sie in einem Land der EU einen Aufenthaltstitel?

VP: Nein.

LA: Sind Sie vorbestraft?

VP: Nein.

LA: Wie lange waren Sie in Bulgarien aufhältig?

VP: Zwei bis zweieinhalb Monate.

LA: Wie ist der Stand des Verfahrens in Bulgarien?

VP: In Bulgarien war es so, dass ich einen blauen Zettel bekam, damit durfte ich ein paar Tage in Bulgarien bleiben. Danach durfte mich die Polizei verhaften und einsperren. Die Behörde sagt selber, dass wir das Land verlassen sollen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich nachdem ich die Fingerabdrücke abgegeben habe noch ca. 15 Tage in Bulgarien war. Genau weiß ich es nicht.

LA: Wissen Sie, wann Sie Bulgarien verlassen haben?

VP: Das weiß ich nicht.

(…)

LA: Haben Sie da eine Karte bekommen?

VP: Ja, für Essen gibt es das. Nachgefragt gebe ich an, dass ich sie nicht mitgenommen habe.

Anmerkung: Ihnen wurde eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 AsylG 2005 zu eigenen Handen am 25.05.2021 zugestellt. Anhand dieser Verfahrensanordnung wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass im in Ihrem Fall eine Zuständigkeit Bulgariens für Ihr Asylverfahren angenommen wird.

V: Der Staat Bulgarien stimmte in Ihrem Fall bereits mit Anschreiben vom 21.05.2021 gem.
Art. 18 (1) (d) der Dublin-Verordnung zu. Seitens des BFA ist nunmehr geplant, gegenständlichen Antrag auf int. Schutz gem. § 5 AsylG 2005 zurückzuweisen und gegen Sie die Anordnung zur Außerlandesbringung gem. § 61 Abs. 1 Z 1 FPG auszusprechen.

LA: Wollen Sie nun konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?

VP: Ich will auf keinen Fall zurück. In Bulgarien wurde ich schlecht behandelt.

LA: Inwiefern wurden Sie schlecht behandelt?

VP: Erstens wenn Sie mich nach Bulgarien schicken würden, bin ich von einer 18monatigen Haft bedroht und anschließend werde ich nach Afghanistan abgeschoben. Das Essen ist schlecht und wenig, keiner kümmert sich um einen, ein Asylwerber hat dort keine Bedeutung.

LA: Warum sollten die bulgarischen Behörden Ihren Antrag nicht ordnungsgemäß prüfen?

VP: Ich weiß es nicht, aber ich will nicht nach Bulgarien zurück.

LA: Was meinen Sie damit, dass sich niemand um Sie gekümmert hat.

VP: Die Bedingungen im Camp waren eine Katastrophe, die Menschen haben keine med. Behandlung bekommen. Beim WC mussten wir lange warten. Wenn es jemand eilig hatte, wurde er geschlagen.

LA: Wurden Sie geschlagen?

VP: Sicher.

LA: Bei welcher Gelegenheit?

VP: Das war ganz normal, sie haben jede Gelegenheit genützt uns zu schlagen. Wenn wir auf das WC mussten, mussten wir uns beeilen. Als wir in der Schlange standen, wurden wir geschlagen.

LA: Wieso?

VP: Das muss man die Polizisten fragen, ich weiß nicht warum.

LA: Haben Sie sich über die Behandlung beschwert?

VP: Ja, aber keiner hat uns zugehört, wir haben einen Hungerstreik gemacht, aber keiner hat reagiert.

LA: Wieso wurden Sie in Bulgarien mit der Identität XXXX , registriert?

VP: Als die Polizei uns dort festgehalten hat, war kein Dolmetscher da. Ich kann kein Englisch, sie haben uns nicht verstanden, XXXX ist nicht mein Familienname, sondern mein Stamm. Ich weiß nicht warum Sie XXXX geschrieben haben, ich bin 23 Jahre alt.

LA: Ihnen wurden bereits am 25.05.2021 die aktuellen Länderfeststellungen zur Lage in Bulgarien ausgefolgt. Möchten Sie nunmehr eine Stellungnahme zu dieser Länderfeststellung abgeben?

VP: Das habe ich nicht gelesen.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie ausreichend Zeit, Ihre Angaben vollständig zu machen?

VP: Ja, ich will nichts mehr sagen. Aber ich will nicht zurück.

LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

VP: Nein, danke.

(…)“

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Bulgarien wurden im angefochtenen Bescheid, wie folgt, wiedergegeben (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). Es existiert ein rechtsstaatlichesAsylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA2.2020; vgl. CoESG 19.4.2018, EMN 6.6.2020; SAR o.D.a, SAR o.D.b, UNHCR 9.2019; USDOS 13.3.2020).

(AIDA 2.2020; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)

Die Zahl der Antragsteller ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. 2019 lag die Quote der Antragssteller, der ihr Verfahren nicht zu Ende führten, bei 72%. Davon wurde in 40% der Fälle das Asylverfahren eingestellt (discontinued) und bei 24% in Abwesenheit entschieden (AIDA 2.2020). 2020 gab es in Bulgarien bis 31.5.2020 289 Asylanträge (VB 15.7.2020).

Menschenrechtsorganisationen berichteten weiterhin von weit verbreiteten sogenannten Pushbacks (AIDA2.2020; vgl. USDOS 13.3.2020), Gewalt, Diebstählen und erniedrigenden Praktiken gegenüber Migranten und Asylwerbern an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei. Im August 2019 behaupteten Medienveröffentlichungen, die angeblich interne Quellen der europäischen Grenzkontrollagentur Frontex zitierten, dass die Grenzpolizei Migranten mit Hunden gejagt, geschlagen und über die Grenze zurückgedrängt habe. Die Vorwürfe wurden vom Innenminister dementiert und er erklärte, dass die Grenzschutzbeamten nur dann Gewalt anwenden,

wenn die Situation es erfordert (USDOS 13.3.2020).

Es gibt Vorwürfe, dass die bulgarischen Behörden Migranten, die es schaffen bulgarisches

Territorium zu betreten, durch- und auch wieder ausreisen lassen, um sich der Verantwortung im Rahmen der Dublin-Verordnung oder der Rückübernahmeabkommen zu entziehen (AIDA

2.2020).

Der Zugang von Asylsuchenden zum bulgarischen Hoheitsgebiet bliebt auch 2019 stark eingeschränkt. Dem Innenministerium zufolge wurden insgesamt 2.495 Drittstaatsangehörige festgenommen, darunter 2.184 neu angekommene Asylwerber. Dies entspricht einem Rückgang von 23% im Vergleich zum 2018. Seit dem 1. Jänner 2017 gibt das Innenministerium die Zahl der verweigerten Einreisen ins Land in seinen öffentlich zugänglichen Statistiken nicht mehr bekannt. 2019 haben 309 Asylsuchende an den Grenzen internationalen Schutz beantragt aber nur 2% von ihnen (d.h. 12 Personen) hatten Zugang zum Asylverfahren. Die restlichen 98% kamen in die Schubhaftzentren des Innenministeriums (AIDA 2.2020).

Einzelne Übergriffe von staatlichen Organen auf Migranten und Asylwerber in Bulgarien sind nicht völlig auszuschließen. Ein systematisches Vorgehen von Misshandlungen und/oder herabwürdigender Behandlung durch die bulgarischen Sicherheitskräfte besteht laut Einschätzung des BM.I-Verbindungsbeamten jedoch nicht. Das Disziplinarsystem innerhalb des Innenministeriums wird strikt ausgelegt, und die Täter hätten mit sofortiger Entlassung zu rechnen (VB

31.1.2017).

Quellen:

•        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        EMN – European Migration Network (6.6.2020): Annual Report on Migration and Asylum 2019, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/00_eu_arm2019_synthesis_report_final _en_0.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        SAR – State Agency for Refugees (o.D.a): Verfahrensschritte zur Gewährung internationalen Schutzes – Rechte und Pflichten (????? ?? ???????????? ?? ???????????? ?? ???????????? ???????

– ????? ? ??????????), https://aref.government.bg/index.php/en/node/42 , Zugriff 20.7.2020 • SAR – State Agency for Refugees (o.D.b): Dublin-Verfahren (???????????? ?? ??????), https: //aref.government.bg/index.php/bg/node/43 , Zugriff 20.7.2020

•        UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (9.2019): Bulgaria Factsheet, https:

//reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/73117_0.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        USDOS – US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019

– Bulgaria, https://www.ecoi.net/en/document/2027508.html , Zugriff 20.7.2020

•        VB des BM.I Bulgarien (15.7.2020): Bericht des VB, per E-Mail

•        VB des BM.I Bulgarien (31.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail

Dublin-Rückkehrer

Letzte Änderung: 29.07.2020

Dublin-Rückkehrer haben grundsätzlich Zugang zum Asylverfahren in Bulgarien. Nach Rücküberstellungen auf der Grundlage der Dublin-Verordnung wird das Asylverfahren regelmäßig eingeleitet bzw. wieder aufgenommen, dabei wird je nach Verfahrensstand unterschieden (UNHCR 17.12.2018):

•        Eine Person, die noch keinen Asylantrag in Bulgarien gestellt hat, hat die Möglichkeit einen Erstantrag zu stellen (UNHCR 17.12.2018).

•        Bei Dublin-Rückkehrern, die in Bulgarien bereits einen Asylantrag gestellt haben, der ohne inhaltliche Prüfung abgeschlossen wurde, wird das Verfahren automatisch wieder eröffnet. Ein Verfahren wird nach bulgarischem Asyl- und Flüchtlingsgesetz (AuFG) ausgesetzt, wenn die asylsuchende Person innerhalb von 10 Werktagen nicht zu einem Termin mit den Behörden erscheint oder ihre Adresse ändert, ohne die Behörde davon in Kenntnis zu setzen. Nach weiteren drei Monaten wird das Asylverfahren beendet, wenn die asylsuchende Person sich nicht bei den Behörden meldet (UNHCR 17.12.2018; vgl. BAMF-BMI 5.2019).

•        Wurde das Asylgesuch auf der Grundlage einer inhaltlichen Prüfung abgewiesen, besteht die Möglichkeit, erneut einen Asylantrag zu stellen. Dieser Antrag wird als Folgeantrag betrachtet und ist nur zulässig, wenn er neue Elemente enthält. Wird der Folgeantrag für zulässig erklärt, was in der Praxis selten der Fall ist, wird der Antrag im regulären Verfahren geprüft. Eine Prüfung im regulären Verfahren erfolgt auch dann, wenn die Entscheidung über die Zulässigkeit nicht innerhalb von 14 Tagen ergeht (UNHCR 17.12.2018).

Die Aufnahmebedingungen von Personen, die unter der Dublin-Verordnung zurückkehren, sind abhängig vom Verfahrensstand (UNHCR 17.12.2018). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAR die Grenzpolizei über die voraussichtliche Ankunft und gibt an, ob der Rückkehrer in ein Asylaufnahmezentrum oder in ein Schubhaftzentrum zu überstellen ist (AIDA 2.2020):

•        Wer sich in einem laufenden Asylverfahren befindet, wird in ein Unterbringungszentrum der SAR gebracht (AIDA 2.2020).

•        Eine Person, die noch keinen Asylantrag in Bulgarien gestellt hat, kann bei der Ankunft in einem der von der Direktion für Einwanderung verwalteten Zentren für die vorübergehende Unterbringung vor der Abschiebung (Special Centre for the Temporary Accommodation of Foreigners, SCTAF) gebracht werden. Nach Stellen eines Asylantrags wird sie jedoch in ein Aufnahmezentrum der Flüchtlingsagentur SAR überstellt (UNHCR 17.12.2018).

•        Auch Personen, deren Verfahren wiedereröffnet wurde, werden in ein Aufnahmezentrumgebracht. UNHCR hat in letzter Zeit keine Fälle beobachtet, in denen einem Dublin-Rückkehrer, dessen Verfahren noch nicht abgeschlossen war, der Zugang zu Aufnahmezentren verweigert wurde. Dies kann jedoch grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, wenn diese ihre volle Kapazität erreichen (UNHCR 17.12.2018).

•        Personen, deren Asylantrag bereits inhaltlich geprüft und abgewiesen wurde, werden in einem geschlossenen Zentrum untergebracht. Während des anschließenden Zulässigkeitsverfahrens kommt es darauf an, ob der asylsuchenden Person die negative Erstentscheidung vor deren Ausreise aus Bulgarien zugestellt wurde oder nicht. Ist Letzteres der Fall, wird sie einem Aufnahmezentrum zugewiesen. Wurde die Entscheidung der asylsuchenden Person allerdings vor deren Ausreise aus Bulgarien bereits zugestellt und nicht innerhalb der Frist angefochten, wird sie inhaftiert und in ein geschlossenes Zentrum (SCTAF) gebracht. Die Haft kann während des Zulässigkeitsverfahrens andauern. Auch wenn dies nicht der Fall ist, werden sie jedoch keinem regulären Aufnahmezentrum zugewiesen und haben auch keinen Anspruch auf Verpflegung, Unterkunft oder Sozialhilfe (UNHCR 17.12.2018; vgl. AIDA 2.2020; BAMF-BMI 5.2019).

In der Praxis werden in Sofia ankommende Personen nach der Überstellung unterrichtet, dass sie verpflichtet sind, sich bei der staatlichen Asylbehörde vorzustellen, meist schon am folgenden Tag. Wenn sie dort vorstellig werden, erhalten sie die Entscheidung, dass das Verfahren

wiedereröffnet wird zusammen mit der ’take-back’ Entscheidung (UNHCR 26.3.2019).

Bezüglich der Anschlussversorgung depressiver Dublin-Rückkehrer teilt SAR mit, dass bei vulnerablen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, einschließlich Personen mit psychischen und psychiatrischen Problemen, deren spezifischer Zustand berücksichtigt wird. Gegenwärtig entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls der Gesetzgebung der EU mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich für die Aufnahmebedingungen. Als EU-Mitglied hält sich Bulgarien an die EU-Asylpolitik und –Gesetzgebung. Im Falle eines depressiven Dublin-Rückkehrers wird das

Verfahren wieder aufgenommen und die Person hat alle in der Gesetzgebung vorgesehenen Rechte eines Asylwerbers, einschließlich das Recht auf psychologische Hilfe. Bei der Aufnahme einer Person mit speziellen Bedürfnissen werden Experten mit der jeweiligen medizinischen Qualifikation zugezogen und die betroffene Person wird medizinisch, bzw. psychologisch betreut. Die Psychologen von SAR und die NGOs Zentrum ’Nadya’ IOM und das Bulgarische Rote Kreuz leisten selbstmordgefährdeten Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Hilfe. Folgende Dienstleistungen werden angeboten: psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Beratung, individuelle Einschätzung des psychologischen Verhaltens, Erstellen von Zertifikaten für psychologische und psychisch-gesundheitliche Folgen eines Traumas (VB 20.6.2017).

Quellen:

•        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        BAMF-BMI – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge / Bundesministerium des Innern (Deutschland) (5.2019): Aktuelle Entwicklungen zur Rechtslage und Situation von Asylwerbern und anerkannt Schutzberechtigten in Bulgarien, https://milo.bamf.de/milop/cs.exe/fetch/2000/702450/68 3266/684671/684878/684880/684924/20138868/21716440/Deutschland___Botschaft_%28Bulg arien%29%2C_Aktuelle_Entwicklungen_zur_Rechtslage_und_Situaton_von_Asylbewerbern_u nd_anerkannt_Schutzberechtigten_in_Bulgarien%2C_2019.pdf?nodeid=21726048&vernum=-2 , Zugriff 20.7.2020

•        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Ver-einten Nationen in Deutschland (26.3.2019): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/cs. exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/20122890/United_Nations___H igh_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland

_%28Berlin%29%2C_26%2E03%2E2019%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20149532&vernum=-2 ,

Zugriff 20.7.2020

•        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Ver-einten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/l ivelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Natio ns___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deu tschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2 , Zugriff 20.7.2020

•        VB des BM.I Bulgarien (20.6.2017): Auskunft SAR, per E-Mail

Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable

Letzte Änderung: 29.07.2020

Das bulgarische Asylgesetz definiert als vulnerable Gruppen: Kinder, unbegleitete Minderjährige

(UM), Menschen mit Behinderung, Alte, Schwangere, alleinstehende Elternteile in Begleitung ihrer minderjährigen Kinder, Opfer des Menschenhandels, Personen mit ernsthaften Gesundheitsproblemen, psychischen Störungen, Vergewaltigungs- und Folteropfer sowie Opfer von psychischer, physischer oder sexueller Gewalt (AIDA 2.2020).

Die Gesetze sehen keine spezifischen Identifikationsmechanismen für Vulnerable, außer für Minderjährige, vor (AIDA 2.2020).

Zwischen 2014 und 2018 wurden von der SAR (Migrationsbehörde) zwei Ansätze zur Beurteilung von Vulnerabilität angewandt. Beim ersteren handelte es sich um Beratungsgespräche in Gruppen, um gefährdete Asylwerber vor ihrer Registrierung zu erkennen. Beim zweiteren erfolgte die Identifizierung durch den Sachbearbeiter bei der Erstregistrierung des Antragstellers. Danach folgte ein Verweis an einen Sozialexperten der SAR, um im Rahmen eines ausführlichen Gesprächs die etwaigen speziellen Bedürfnisse festzustellen. Eine formelle Beurteilung wurde jedoch nicht vorgenommen. Darüber hinaus gab es keine spezifischen Garantien, die den diesbezüglichen EU-Mindeststandards entsprachen. Kürzlich wurde von der SAR eine neue interne Verfahrensordnung verabschiedet, nach der die Mitarbeiter bei der medizinischen Erstuntersuchungen von Sozialexperten unterstützt werden, um gefährdete Antragssteller frühzeitig identifizieren zu können. Wird ein Antragssteller als vulnerabel erkannt, wird die Schutzbedürftigkeit, einschließlich einer detaillierten Beschreibung und einer Folgebewertung, ins Registrierungsformular eingetragen. Es wurde zusätzlich ein neuer Fragebogen zur Früherkennung von Antragsstellern mit traumatisierenden Erfahrungen eingeführt, um ihre speziellen Bedürfnisse zu ermitteln und die Überweisung an eine angemessene psychologische oder medizinische Versorgung zu erleichtern. In vielen Aufnahmezentren, vor allem in Sofia, werden jedoch weiterhin wie früher Gruppenberatungen für Neuankömmlinge durchgeführt (AIDA 2.2020).

Dennoch wurden 2019 durch ein Monitoring praktische Verbesserungen bei der Identifizierung gefährdeter Antragssteller festgestellt. In 72% der beobachteten Fälle (271 Fälle) bestätigten die Antragssteller, dass im Rahmen einer sozialen Befragung eine Bedarfsanalyse durchgeführt wurde, während in 7% der Fälle (25 Fälle) eine Folgebewertung angeordnet wurde. Vollständige Risikoeinschätzungsformulare oder Vorlagen konnten jedoch nicht in den individuellen Akten der Antragssteller gefunden werden. In 100% der überwachten Fälle, die unbegleitete Minderjährige

(UM) betrafen, fehlte in den Akten der obligatorische Sozialbericht des jeweiligen gesetzlichen Kinderschutzdienstes. Diese Berichte wurden zwar in der Praxis erstellt, aber nie an die SAR weitergeleitet und daher nicht berücksichtigt. Die Verbesserung der Früherkennungsmechanismen führte zu einem bedeutenden Anstieg der absoluten Zahl der Asylwerber deren Vulnerabilität offiziell anerkannt wurde (2016: 179; 2017: 122; 2018: 99; 2019: 797) (AIDA 2.2020).

Es gibt weder Leitlinien noch Praktiken, um die besonderen Bedürfnisse vulnerabler Gruppen zu berücksichtigen. In der Praxis werden bestimmte Maßnahmen zur Sicherstellung der Medikation bzw. Ernährung bei bestimmten schweren chronischen Krankheiten (z.B. Diabetes, Epilepsie, etc.) gesetzt. Das Gesetz verlangt die Berücksichtigung von Vulnerabilität nur bei der Entscheidung über die Unterkunft. Dies geschieht jedoch nach eigenem Ermessen und ohne schriftlich festgelegte Kriterien. In der Praxis gibt es in den Aufnahmezentren keine getrennten Einrichtungen für Familien, alleinstehende Frauen, unbegleitete Minderjährige oder traumatisierte Asylwerber (AIDA 2.2020).

Es fehlt den Behörden an Systemen, um besonders verwundbare Asylsuchende korrekt zu identifizieren und ihnen eine sichere Unterkunft und angemessene Unterstützung zu bieten (AI 16.4.2020).

Bei Zweifeln an der Minderjährigkeit eines Antragstellers ist eine medizinische Altersfeststellung vorgesehen. Gesetzlich ist keine bestimmte Methode vorgeschrieben, Standardverfahren ist aber das Handwurzelröntgen. Es wird ohne jeglichen Nachweis einer vorherigen Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen durchgeführt. Im Zweifel ist die Minderjährigkeit anzunehmen. 2019 wurde in 18 Fällen eine Altersfeststellung durchgeführt, wobei in allen Fällen die Antragsteller als volljährig eingestuft wurden. 2019 wurde eine Expertengruppe aus Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen eingesetzt, um ein nationales Altersfeststellungsverfahren auf der Grundlage eines multidisziplinären Ansatzes zu schaffen. Der Entwurf über dieAltersbestimmung wurde fertiggestellt und zurAnnahme an die Regierung weitergeleitet; dieser wurde aber bis zum 31. Dezember 2019 nicht gebilligt (AIDA 2.2020).

Seit 2015 fungiert ein Repräsentant der zuständigen lokalen Gemeinde als Vertreter von unbegleiteten Minderjährigen (UM). Dieser hat darauf zu achten, dass das beste Interesse des Kindes im Verfahren berücksichtigt wird, und er muss den UM in allen Arten von Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren vertreten bzw. dessen rechtliche Vertretung sicherstellen. Die Vertretung der UM durch Sozialarbeiter wurde abgeschafft. Kritiker meinen aber, dass die neue Regelung noch schlechter wäre, da es den Gemeinden an geeignetem Personal und grundlegender Erfahrung und Expertise beim Kinderschutz mangele. Außerdem sei die Zahl der gesetzlichen Vertreter – ein oder zwei pro Aufnahmeeinrichtung – eindeutig nicht ausreichend. 2019 stellten in Bulgarien insgesamt 524 UM einen Asylantrag (AIDA 2.2020).

UM müssen laut dem Gesetz bei Verwandten, in Pflegefamilien, Kinderheimen oder anderen geeigneten Einrichtungen untergebracht werden. Keine dieser Möglichkeiten wird in der Praxis genutzt. Mitte 2019 wurde die Sicherheitszone für UM im Aufnahmezentrum Voenna Rampa in Sofia mit einer Gesamtkapazität von 100 Plätzen eröffnet (AIDA 2.2020; vgl. EMN 6.6.2020; USDOS 11.3.2020). In diesem Zentrum werden laut AIDA jedoch nur UM aus Afghanistan untergebracht, während UM aus anderen Ländern weiterhin in anderen Aufnahmezentren in gemischten Schlafsälen beherbergt werden. Andere Nationalitäten, wie Syrer, Iraker usw., kommen in die andere Sicherheitszone in Ovcha Kupel (AIDA 2.2020; vgl. IOM 2019; IOM o.D.a), die Platz für 138 UM bietet (AIDA 2.2020; vgl. EMN 6.6.2020; IOM 2019). Trotz verfügbarer Plätze in Ovcha Kupel wurden 2019 einige afghanische UM in anderen Aufnahmezentren, beispielsweise in Harmanli, zusammen mit nicht-verwandten Erwachsenen untergebracht (AIDA 2.2020).

In beiden Sicherheitszonen erhalten UM rund um die Uhr eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Betreuung und Unterstützung (z.B. mobile Schutzteams von IOM bestehend aus Sozialarbeitern, Sozialmediatoren, Psychologen und Rechtsberatern; Dolmetscher; Sicherheitspersonal). Darüber hinaus werden sie von der Internationalen Organisation für Migration Bulgarien (IOM) betrieben und vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) finanziert. Die Regierung verfügt noch über keine neuen Maßnahmen, die die Nachhaltigkeit und die Erweiterung der Sicherheitszonen nach Ablauf des AMIF-Projekts betreffen (AIDA 2.2020; vgl. EMN 6.6.2020; IOM 2019; IOM o.D.b).

In der Vergangenheit wurden UM ohne Ausweispapiere im Alter von 14 bis 18 Jahren, deren

Alter durch ihr Aussehen nicht offensichtlich festgestellt werden konnte, oft inhaftiert und erst nach einer positiven Altersfeststellung an die Kinderwohlfahrtseinrichtungen übergeben. Oftmals wurden sie einem nicht verwandten Erwachsenen in der Gruppe zugewiesen („attached“) und galten somit als begleitet (’accompanying child’). Deshalb wurden 2019 entsprechende Gesetzesänderungen verabschiedet, um diese Minderjährigen stärker zu schützen. Es bleibt abzuwarten, wie und ob diese neuen Bestimmungen in der Praxis angewandt werden (AIDA

2.2020; vgl. GDP 4.2019).

Die folgenden NGOs mit unterschiedlichen Schwerpunkten spielen weiterhin eine Schlüsselrolle in Bezug auf Vulnerabilität (z.B. frühzeitige Identifizierung, Bewertung, Überweisung und entsprechende Behandlung): Rotes Kreuz und Council of Refugee Women (Armut, Not und soziale Ungleichheit); Rotes Kreuz (Gesundheitsprobleme und Behinderung); Nadja Center (mentale und psychische Gesundheit); Bulgarian Helsinki Committee (unbegleitete Minderjährige) (AIDA

2.2020).

Asylwerbende Minderjährige haben laut Gesetz ohne Altersbeschränkung Zugang zu Bildung, das umfasst Schulen und Berufsausbildung, analog zu bulgarischen Minderjährigen. In der Praxis gibt es gewisse Hindernisse bei der Einstufung der Minderjährigen. Asylsuchende Kinder mit besonderen Bedürfnissen kommen nicht in den Genuss alternativer Regelungen, die für bulgarische Kinder vorgesehen sind (AIDA 2.2020).

Quellen:

•        AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Europe - Review of 2019 - Bulgiaria [EUR 01/2098/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028188.html , Zugriff 20.7.2020

•        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        EMN – European Migration Network (6.6.2020): Annual Report on Migration and Asylum 2019, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/00_eu_arm2019_synthesis_report_final _en_0.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        GDP – Global Detention Project (4.2019): Immigration Detention in Bulgaria – Fewer Migrants and Refugees, more Fences, https://www.globaldetentionproject.org/wp-content/uploads/2019/04/19

0429-Immigration-Detention-in-Bulgaria-Online.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        IOM – International Organization for Migration Bulgaria (2019): Overview: Safety zone for unaccompanied asylum-seeking children in RRC Sofia – Voenna Rampa,

http://iom.bg/sites/default/files/IOM%20BG%20Safety%20Zone%20Overview%202019.pdf#overl ay-context=bg , Zugriff 20.7.2020

•        IOM – Internation Organisation for Migration (o.D.a): ?he first Safety Zone for unaccompanied asylum-seeking children in Bulgaria opened its doors!, http://iom.bg/en/content/%D1%82he-first

-safety-zone-unaccompanied-asylum-seeking-children-bulgaria-opened-its-doors%E2%80%8B , Zugriff 20.7.2020

•        IOM – International Organization for Migration Bulgaria (o.D.b): Safety zone for unaccompanied children – RRC Sofia, Ovche Kupel, https://www.iom.bg/en/content/safety-zone-unaccompaniedchildren-%E2%80%93-rrc-sofia-ovcha-kupel , Zugriff 20.7.2020

•        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 Bulgaria, 11. März 2020 https://www.ecoi.net/de/dokument/2027508.html , Zugriff 20.7.2020

Non-Refoulement

Letzte Änderung: 29.07.2020

Schutz vor Refoulement ist eine Erwägung in der Zulässigkeitsprüfung und unerlässlich für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten (AIDA 2.2020).

Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte ’Pushbacks’ an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten (AIDA 2.2020; vgl. BM 2.3.2020; USDOS

11.3.2020).

Quellen:

•        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        BM – Boardermonitoring Bulgaria (2.3.2020): Bulgaria ist not changing its push-back policy at its border to Turkey, https://bulgaria.bordermonitoring.eu/ , Zugriff 20.7.2020

•        USDOS – US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019

– Bulgaria, https://www.ecoi.net/en/document/2027508.html , Zugriff 20.7.2020

Versorgung

Grundversorgung

Letzte Änderung: 29.07.2020

Asylwerber haben laut Gesetz das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Wenn es für Neuankömmlinge nicht genug Unterbringungsplätze geben sollte, werden in der Praxis solche ohne eigene Mittel prioritär untergebracht. Spezifische Bedürfnisse und das Armutsrisiko (finanzielle Mittel, Arbeitsmöglichkeiten, Arbeitserlaubnis, Zahl der abhängigen Familienmitglieder, etc.) werden in jedem Fall bewertet. Mit Erhalt der Asylwerbekarte, welche die Verfahrensidentität bestätigt, ist das Recht sich in Bulgarien aufzuhalten, auf Unterbringung und Versorgung, sowie auf Sozialhilfe im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger und auf Krankenversicherung, medizinische Versorgung, psychologische Versorgung und Bildung gegeben. 2015 wurde die Auszahlung der Sozialhilfe für Asylwerber eingestellt. Dies wird von den Behörden damit begründet, dass sie in den Aufnahmezentren mit Lebensmitteln versorgt werden (AIDA 2.2020; vgl. UNHCR 17.12.2018). Spezielle Bedürfnisse können daher nicht mehr angemessen berücksichtigt werden, was besonders für Familien mit kleinen Kindern, chronisch kranke und ältere Menschen problematisch ist (UNHCR 17.12.2018). Um außerhalb des Aufnahmezentrums zu wohnen, müssen Asylwerber schriftlich erklären, dass sie über ausreichende Ressourcen verfügen, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, was sie automatisch vom Recht auf die monatliche finanzielle Unterstützung ausschließt (AIDA 2.2020).

Folgeantragsteller erhalten keine Asylwerberkarte und haben auch kein Recht auf materielle Versorgung. Sie haben lediglich ein Recht auf Übersetzerleistungen während die Zulässigkeit ihres Folgeantrags im Eilverfahren geprüft wird. Wurde der Folgeantrag nur eingebracht, um die Außerlandesbringung zu verzögern, besteht auch kein Recht auf Verbleib im Land. Die Zulässigkeit muss binnen 14 Tagen geklärt werden (AIDA 2.2020).

Falls das Asylverfahren aus objektiven Umständen länger als drei Monate dauert, haben die Asylwerber noch während des Asylverfahrens Zugang zum Arbeitsmarkt. 2019 wurden 101 Arbeitserlaubnisse für Asylwerber im laufenden Verfahren erteilt; 72 Personen haben danach eine Beschäftigung angenommen. In der Praxis ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarriere, genereller Rezession und hoher Arbeitslosenzahlen jedoch schwierig (AIDA

2.2020).

Quellen:

•        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Ver-einten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/l ivelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Natio ns___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deu tschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2 , Zugriff 20.7.2020

Unterbringung

Letzte Änderung: 29.07.2020

Bulgarien verfügt über Unterbringungszentren in Sofia (Ovcha Kupel, Vrazhdebna und Voenna

Rampa), Banya und Pastrogor sowie Harmanli, die von der Migrationsbehörde (SAR) verwaltet werden. Im Dezember 2018 wurde das Aufnahmezentrum Vrazhdebna in Sofia von der SAR geschlossen und im Mai 2019 wiedereröffnet. Vrazhdebna wurde mit EU-Mitteln vollständig renoviert (AIDA 2.2019). Die Kapazität der Unterbringungszentren betrug zwischen Ende Dezember 2019 5.330 Plätze (5.190 Plätze in Aufnahmezentren und 140 in Privatunterkünften) (AIDA 2.2020).

Die Aufnahme- und Unterbringungsbedingungen, einschließlich der Verpflegung für Migranten und Asylwerber sind nach wie vor inadäquat, obwohl die Zahl der nach Bulgarien einreisenden Personen deutlich zurückgegangen ist (AI 16.4.2020). Die Lebensbedingungen in den staatlichen Aufnahmezentren bis auf in Vrazhdebna und in der Sicherheitszone für unbegleitete Minderjährige in Voenna Rampa sind trotz der von der SAR regelmäßig durchgeführten Teilrenovierungen nach wie vor schlecht und liegen unter den Mindeststandards oder erfüllen diese knapp, vor allem in Bezug auf die sanitären Anlagen (AIDA 2.2019; vgl. UNHCR 9.2019). Darüber hinaus beklagten sich die Bewohner aller Aufnahmezentren außer in Vrazhdebna über die insgesamt schlechten hygienischen Umstände, insbesondere aber über Bettwanzen, die regelmäßig zu Gesundheitsproblemen führen. Wo immer möglich, erfolgt die Unterbringung von Familien ohne deren Trennung. Auf die Trennung der verschiedenen Nationalitäten wird geachtet. Asylwerber können mit Erlaubnis auf eigene Kosten auch außerhalb eines Zentrums leben, verlieren dann aber das Recht auf Unterbringung und soziale Unterstützung. Gegen Verweigerung der Unterbringung ist binnen sieben Tagen ein gerichtliches Rechtsmittel möglich (AIDA 2.2020).

Das Land verfügt über zwei Schubhaftzentren: Busmantsi (400 Plätze) und Lyubimets (300 Plätze). Der Betrieb des geschlossenen Verteilerzentrums Elhovo wurde im Februar 2017 eingestellt. Das Aufnahmezentrum Pastrogor kann gegebenenfalls auch als geschlossenes Zentrum verwendet werden. Die Haftbedingungen werden vor allem bezüglich Hygiene kritisiert. Medizinische Versorgung ist nicht in jedem Haftzentrum täglich verfügbar. Die Sprachbarriere und Mangel an Medikamenten stehen ebenfalls unter Kritik (AIDA2.2020), ebenso wie unter anderem unzureichende Verpflegung, zu kurzer Aufenthalt im Freien, fehlende spezielle Voraussetzungen für Familien, fehlender Zugang zu Toiletten in der Nacht und der Mangel an qualifizierten Dolmetschern (FRA 5.2019; vgl. CoE-CPT 11.7.2019).

Quellen:

•        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        AIDA – Asylum Information Database (2.2019): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2018update.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Europe - Review of 2019 - Bulgiaria [EUR 01/2098/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028188.html , Zugriff 20.7.2020

•        CoE-CPT – Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (11.7.2019): Report to the Bulgarian Government on the visit to Bulgaria carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman

or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 10 to 17 December 2018 [CPT/Inf (2019) 24], https://www.ecoi.net/en/file/local/2012591/2019-24-inf-eng.docx.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        FRA – European Agency for Fundamental Rights (5.2019): Migration: key fundamental rights concerns, https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2019-migration-bulletin-2_en.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (9.2019): Bulgaria Factsheet, https:

//reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/73117_0.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        VB des BM.I Bulgarien (15.7.2020): Bericht des VB, per E-Mail

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 29.07.2020

Asylwerber in Bulgarien haben nach wie vor Zugang zu medizinischer Versorgung im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger (AIDA 2.2020; vgl. UNHCR 17.12.2018), das umfasst auch den Zugang zu psychologischer/psychiatrischer Versorgung (UNHCR 17.12.2018). Asylwerber, die sich für eine Unterkunft außerhalb der Aufnahmezentren entscheiden oder denen keine Unterkunft gewährt wird, haben keinen Zugang zu psychologischer Unterstützung. Der Zugang zu medizinischer Grundversorgung ist ansonsten gewährleistet, unabhängig vom Wohnort der Asylwerber (AIDA 2.2020).

SAR ist verpflichtet Asylwerber krankenzuversichern. In der Praxis haben Asylwerber mit denselben Problemen zu kämpfen wie Bulgaren (AIDA 2.2020), da das nationale Gesundheitssystem große materielle und finanzielle Defizite aufweist (AIDA 2.2020; vgl. BTI 29.4.2020; OECD/EO 29.10.2019). In dieser Situation ist spezielle Betreuung für Folteropfer und Traumatisierte nicht verfügbar. Wenn das Recht auf Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, entzogen wird, betrifft das auch das Recht auf medizinische Versorgung. Medizinische Grundversorgung ist in den Unterbringungszentren gegeben, und zwar entweder durch eigenes medizinisches Personal oder Nutzung der Notaufnahmen lokaler Hospitäler. Alle Zentren verfügen über medizinische Behandlungsräume (AIDA 2.2020).

Fehlende Dolmetscher und die mangelnde Bereitschaft einiger Ärzte, Asylsuchende als Patienten zu registrieren, stellen jedoch praktische Hindernisse beim Zugang zu medizinischer Versorgung dar. Zudem umfasst die Versicherung nicht alle medizinischen Behandlungen und Medikamente. Insbesondere bei schweren und chronischen Erkrankungen können einige Behandlungen nur teilweise erstattet werden. Ohne finanzielle Unterstützung stoßen Asylsuchende auf Schwierigkeiten, diese zusätzlichen Kosten zu decken. Das Bulgarische Rote Kreuz verfügt über einen kleinen Fonds, der hauptsächlich von UNHCR finanziert wird, um die Kosten für medizinische Versorgung und Medikamente für eine begrenzte Anzahl extrem vulnerabler Asylsuchender zu decken. In der Praxis wird psychologische Unterstützung in den Aufnahmezentren von NGOs geleistet, die auf Projektbasis finanziert wird, und nicht in allen Zentren auf dem gleichen Niveau und in gleicher Häufigkeit angeboten werden kann. Die Nachhaltigkeit dieser Dienstleistungen ist entsprechend nicht gewährleistet (UNHCR 17.12.2018).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen:

•        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineu rope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        BTI – Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bulgaria,https://www.ecoi.net/en/file/local/2029432/country_report_2020_BGR.pdf , Zugriff 20.7.2020

•        MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail

•        OECD/EO – Organisation for Economic Co-operation and Development/European Observatory on Health Systems and Policies (29.10.2019): Bulgaria: Country Health Profile 2019, State of Health in the EU, https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/34781ac1-en.pdf?expires=1594814329&id=id

&accname=guest&checksum=975003598D2DE0B62B342C613516F30C , Zugriff 20.7.2020

•        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Ver-einten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/l ivelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Natio ns___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deu tschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2 , Zugriff 20.7.2020

•        WHO – World Health Organisation (2018): Bulgaria – Health system review, http://www.euro.who.i nt/__data/assets/pdf_file/0005/383054/HiT-Bulgaria-2018-web.pdf?ua=1 , Zugriff 20.7.2020

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte. In Bulgarien wurden bisher 418.813 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher diesbezügliche 17.726 Todesfälle bestätigt wurden (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 02.06.2021).

Im Bescheid wurde insbesondere ausgeführt, dass die Identität des BF mangels identitätsbezeugender Dokumente nicht feststehe. Aufgrund der Angaben des BF, des Eurodac-Abgleiches und der Zustimmung der bulgarischen Behörden stehe der Sachverhalt für das BFA fest. Der BF habe angegeben, gesund zu sein. Er leide somit an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten, die einer Überstellung nach Bulgarien entgegenstehen würden. Auch sei darauf zu verweisen, dass schon aufgrund der ausdrücklichen Zusicherung seitens der bulgarischen Behörden, den BF zu übernehmen, keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit dafür erkannt werden könne, dass man den BF in Bulgarien ohne jegliche staatliche Versorgung (insbesondere medizinische Versorgung) gleichsam seinem Schicksal überlassen würde. Die Feststellungen zur derzeit weltweit herrschenden Pandemie seien aktualisiert und entsprechend dargestellt worden. Es seien weder schützenswerte familiäre noch besonders ausgeprägte private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

3. Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt und im Wesentlichen vorgebracht, der BF habe am 16.11.2020 in Bulgarien einen Asylantrag gestellt. Es wurde darauf verwiesen, dass der BF in seiner Einvernahme angegeben habe, in Bulgarien sei es sehr schlecht gewesen, es sei ihm der Zugang zur medizinischen Behandlung verwehrt worden und es hätten sich gewalttätige Übergriffe ereignet. Das BFA habe sich nicht mit den geschilderten Erlebnissen des BF in Bulgarien auseinandergesetzt. Hätte das BFA entsprechende Ermittlungen durchgeführt, dann hätte sie feststellen müssen, dass eine Ausweisung des BF nach Bulgarien unter Berücksichtigung aller Umstände in Hinblick auf seine durch Art 3 und Art 8 EMRK gewährleisteten Rechte unzulässig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der unter Pkt. I. dargelegte Verfahrensgang.

Der BF hatte am 16.11.2020 in Bulgarien um Asyl angesucht (EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie „1“).

Am 17.05.2021 wurde seitens des BFA ein Wiederaufnahmeersuchen gem.
Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Bulgarien gestellt.

Mit Schreiben vom 21.05.2021 wurde von Seiten der bulgarischen Asyl- und Fremdenbehörde mitgeteilt, dass diese der Wiederaufnahme des BF ausdrücklich gem. Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO zustimmen. Es wurde den österreichischen Behörden mitgeteilt, dass der BF auch einen anderen Namen und ein anderes Geburtsdatum verwendet.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur allgemeinen Situation im Mitgliedstaat Bulgarien an.

Konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

Der BF hat nicht in substantiierter Weise dargetan, dass er im Falle einer Überstellung nach Bulgarien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Der erst 21jährige BF (an anderer Stelle 23jährige BF) ist gesund. Ärztliche Unterlagen wurden nicht vorgelegt. Schwere oder lebensbedrohende Erkrankungen, welche der Überstellung des BF nach Bulgarien entgegenstehen, liegen nicht vor.

Die aktuelle Situation hinsichtlich der Covid-19-Pandemie begründet keine Unmöglichkeit einer Rückkehr des BF nach Bulgarien.

Bei Covid-19 handelt es sich um eine durch das Corona-Virus SARS-COV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15 % der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung so schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind.

In Österreich leben keine Verwandten oder Familienangehörigen des BF. Zwischen dem BF und einer in Österreich lebenden Person kann keine besondere Abhängigkeit oder Beziehungsintensität festgestellt werden.

Weitere private oder berufliche Anknüpfungspunkte wurden nicht ins Treffen geführt; Hinweise auf eine fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sind im Verfahren ebenso wenig hervorgekommen und sind solche angesichts seines bisher kurzen Aufenthalts in Österreich auch nicht zu erwarten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Reiseweg des BF und der in Bulgarien erfolgten Asylantragstellung ergeben sich aus der vorliegen Aktenlage im Zusammenhalt mit der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung der Kategorie „1“ zu Bulgarien.

Die Feststellung hinsichtlich des Wiederaufnahmegesuches seitens der österreichischen Dublin-Behörde an Bulgarien und der ausdrücklichen Zustimmungserklärung Bulgariens zum Wiederaufnahmegesuch beruhen auf dem – im Verwaltungsakt dokumentierten – durchgeführten Konsultationsverfahren. Die Zuständigkeit Bulgariens wurde weder vom BF in seinen Einvernahmen noch im Rahmen der Beschwerde in substantiierter Weise bestritten.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Sofern Quellen älteren Datums herangezogen wurden, ist festzuhalten, dass sich hier keine maßgeblichen Änderungen ergeben haben. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Bulgarien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO), samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen, wobei auch aktuelle Stellungnahmen von UNHCR in die Erwägungen eingeflossen sind.

Eine den BF konkret betreffende Bedrohungssituation in Bulgarien wurde nicht substantiiert vorgebracht.

Die Feststellung des Nichtvorliegens schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen des BF beruht auf dessen Angaben, wonach dieser gesund sei. Ärztliche Unterlagen wurden nicht vorgelegt. Diesbezüglich wurde kein konkretes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die getroffenen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Covid-19-Pandemie ergeben sich aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen.

Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von Covid-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den Anwendungsbereich der Dublin III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben, respektive keine sogenannten Dublin-Rückkehrer übernehmen, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander stehen, ebenso mit der Europäischen Kommission. Es ist davon auszugehen, dass Überstellungen erst dann wieder durchgeführt werden, wenn sich die Lage entspannt, sich die einzelnen Mitgliedstaaten wieder dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen Dublin-Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen und insofern insgesamt eine Situation eintritt, die mit jener vor Ausbruch der Pandemie vergleichbar ist.

Die skizzierten derzeit bestehenden Überstellungshindernisse sind aus heutiger Sicht - aller Wahrscheinlichkeit nach - zeitlich begrenzt. Es ist davon auszugehen, dass Reisebewegungen jedenfalls in den Maximalfristen der Verordnung (vgl. Art. 29 Dublin III-VO) wiederaufgenommen werden können.

Die festgestellten persönlichen Verhältnisse des BF ergeben sich aus den eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs 18 AsylG 2005 idF BGBl I 2013/144).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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