TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/24 W119 2230892-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.06.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch


W119 2230892-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, gesetzlich vertreten durch XXXX , vertreten durch die Österreich-Eurasien Gesellschaft „Kulturbrücke“, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.5.2021, Zl. 1252611705-210437271, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG, § 9, BFA-VG und §§ 52 Abs. 2 und Abs. 9, 53 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der minderjährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Mongolei, reiste am 3.7.2019 gemeinsam mit seiner Mutter (GZ W119 2230891) im Besitz eines von der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Ulan Bator ausgestellten, vom 20.6.2019 bis 4.8.2019 gültigen Besuchsvisums für die Schengener Staaten ins Bundesgebiet ein und stellte am 18.11.2019 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

In einer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 19.11.2019 sowie einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt oder belangte Behörde) am 26.2.2020 erklärte seine Mutter als gesetzliche Vertretung, der Beschwerdeführer habe keine eigenen Fluchtgründe und besuche hier die Mittelschule.

Der Beschwerdeführer gab am 26.2.2020 vor der Behörde an, gesund zu sein. In der Mongolei lebten noch die Schwester seiner Oma und die Geschwister seiner Mutter, die er auch kenne und mit denen er selten über Facebook Kontakt habe. Zu seinem Vater stehe er nicht in Beziehung, außerhalb der Heimat gebe es keine Verwandten. Er selbst habe in der Mongolei vier Jahre die Volksschule und drei Jahre die Mittelschule in Ulan Bator absolviert. Im Bundesgebiet besuche er die Schule und spiele in einem Schachclub.

Seine Mutter habe ihm erzählt, sie seien wegen ihrer Heirat ausgereist, den Stiefvater kenne er seit 2018. Das mongolische Leben sei schwierig, deshalb wolle er nicht zurück.

Der in Österreich geehelichte Gatte der Mutter des Beschwerdeführers brachte beim Bundessamt am 26.2.2020 als Zeuge befragt im Wesentlichen an, dass er zuvor nie verheiratet gewesen sei, in der Mongolei allerdings einen erwachsenen Sohn habe. Die Mutter des Beschwerdeführers habe im Jahr 2007, als sie eine Beziehung gehabt hätten, bereits einen Sohn – eben den Beschwerdeführer- gehabt. Dieser stamme nicht von ihm.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 9.4.2020, Zahl 1252611705/191182931, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Mongolei hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

Gegen die Spruchpunkte IV. bis VII. dieses Bescheides wurde am 6.5.2020 Beschwerde eingebracht. Dazu wurde ausdrücklich ergänzt, dass mangels Erfüllung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. des subsidiär Schutzberechtigten sowie für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 ausschließlich die Spruchpunkte I. bis III. unbekämpft blieben. Zur Rückkehrentscheidung wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich seit der Einreise im Juli 2019 durchgehend im Bundesgebiet befinde und – gemeinsam mit seiner Mutter - bei seinem Stiefvater wohne. Letzterer sei seit Februar 2015 anerkannter Flüchtling in Österreich und berufstätig. Diesbezüglich wurde ein Abrechnungsbeleg für Honorar und Kilometergeld einer Logistikfirma auf dessen Namen in Kopie beigelegt. Die Mutter des Beschwerdeführers kümmere sich um den Haushalt, lerne nach Möglichkeit Deutsch und sei arbeitsfähig. Sie und der Beschwerdeführer seien nach ihrer Einreise zwar an einer anderen Adresse als der Stiefvater gemeldet gewesen, doch handle sich nur um eine Meldeadresse. Tatsächlich hätten sie von Anfang an zusammen mit ihm in einer per Adresse genannten Wohnung gelebt. Da es sich bei dieser Wohnung um eine ca. 18 m² große Garconniere handle, sei die Anmeldung dort für sie nicht möglich gewesen. Der Beschwerdeführer besuche eine Sprachklasse in einer Schule.

In der Mongolei hätten der Beschwerdeführer und seine Mutter keine Wohnung mehr, diese sei verkauft worden. Die Mutter habe im Heimatland zwar sechs Geschwister, diese hätten jedoch alle viele Kinder in eigenen Familien und eine schwierige wirtschaftliche Situation. Im Fall einer Rückkehr würden sie deswegen keine Unterstützung bekommen können und in eine hoffnungslose Situation geraten.

Am 15.5.2020 wurde von dem zwischenzeitlich bevollmächtigten Vertreter Österreich-Eurasien Gesellschaft „Kulturbrücke“ eine weitere, mit 11.5.2020 datierte, gemeinsame Beschwerde eingebracht, die sich zur Gänze gegen alle Spruchpunkte der bekämpften Bescheide richtete.

Zum Beschwerdeführer wurde angemerkt, dass er die Neue Mittelschule mit Schwerpunkt Technik besuche.

Mit Erkenntnis vom 20.5.2020, GZ W182 2230892-1/6E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. – III. des bekämpften Bescheides als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Spruchpunkte IV. – V. des bekämpften Bescheides gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46 FPG als unbegründet ab (Spruchpunkt II.). Die Spruchpunkte VI. und VII. wurden behoben. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Wegfall der durch die COVID-19-Pandemie bedingten Ausreisebeschränkungen (Spruchpunkt III.).

Dazu wurde insbesondere zur Zurückweisung der Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte I. – III. der bekämpften Bescheide des Beschwerdeführers und seiner Mutter beweiswürdigend ausgeführt:

„Gegen die den Status von Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten sowie einen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 betreffenden abweisenden Spruchpunkte I. bis III. der im Spruch genannten Bescheide wurde in der am 06.05.2020 eingebrachten Beschwerdeschrift mit der ausdrücklichen Begründung, dass die BF die Voraussetzungen dafür nicht erfüllen würden, auf eine Beschwerdeerhebung verzichtet. Dazu stehen die nachfolgenden Ausführungen in der Beschwerdeschrift vom 11.05.2020 im völligen Widerspruch. Unabhängig davon wurden in letzteren hinsichtlich der – weiter oben wiedergegeben - Beweiswürdigung in den bekämpften Bescheiden außer allgemeinen Behauptungen aber auch keine konkreten Sachverhalte aufgezeigt, die eine andere Einschätzung zulassen würden. So wurde vom Bundesamt in der Beweiswürdigung nachvollziehbar dargetan, dass von der BF1 [der Mutter des Beschwerdeführers] von sich aus – bis auf den Wunsch, mit ihren Gatten zusammenzuleben und ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern (vgl. dazu die ausdrücklichen Angaben der BF1 zu den Gründen für ihre Ausreise in der Einvernahme vom 26.02.2020, S. 8) – keine Vorfälle dargetan wurden, die eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine drohende Verfolgung oder unmenschliche Behandlung im Herkunftsland erkennen lassen. Die BF1 verneinte auch auf ausdrückliche Befragung jegliche Probleme mit Behörden im Herkunftsstaat. Auch sei es laut ihren Angaben beim Bundesamt im Herkunftsstaat zu keinen Übergriffen gekommen oder sei jemals persönlich irgendwer an sie herangetreten. Auch im Zusammenhang mit der Beziehung bzw. Ehe zu/mit ihrem nunmehrigen Gatten konnte sie – trotz Nachfragens – bis auf den Vorfall in China, nach welchem sie jedoch ohne Probleme im Februar 2018 ins Herkunftsland zurückkehren konnte und sich dort auch völlig problemlos bis zur Ausreise im Juli 2019 aufhalten konnte, keine konkreten Anhaltspunkte für eine damit im Zusammenhang bestehende Befürchtung dartun (vgl. dazu Einvernahmeprotokoll vom 26.02.2020, S.11). Diesbezüglich ergaben sich zudem auch weder aus den vom Bundesamt getroffenen Feststellungen zum Herkunftsland, den mit der Beschwerdeschrift vom 06.05.2010 dargetanen Berichts des US-Departement of State vom 11.03.2020 oder den länderspezifischen Ausführungen in der Beschwerdeschrift vom 11.05.2020 irgendwelche Hinweise auf Fälle von Sippenhaftung oder sonstigen Verfolgungen von Familienangehörigen von Straftätern oder Oppositionellen in der Mongolei. Die Angaben der BF zu ihren familiären und persönlichen Verhältnissen im Inland sowie im Herkunftsland wurden vom Bundesamt der Entscheidung zugrundegelegt. In der Beschwerdeschrift wurden diesbezüglich auch keine entscheidungsrelevanten Neuerungen dargetan. Die allgemeine Behauptung in den Beschwerden, wonach die BF bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in eine ausweglose Lage geraten würden, entbehrt zur Gänze eine nachvollziehbare Begründung. Abgesehen davon, dass – wie bereits ausgeführt - in den Beschwerden vom 06.05.2020 ausdrücklich ausgeführt wurde, dass die BF die Voraussetzungen für die Gewährung eines Status von subsidiär Schutzberechtigten nicht erfüllen würden, wurde der diesbezüglich ausführlichen Beweiswürdigung des Bundesamtes in den Beschwerden auch nicht substantiell entgegengetreten. So wurden unter Zugrundelegung der Verhältnisse im Herkunftsstaat keine Gründe dargetan, die geeignet wären, auch nur ansatzweise eine Wahrscheinlichkeit dafür darzutun, dass die BF1 in eine aussichtlose existenzbedrohende Notlage im Herkunftsstaat geraten würden. Die BF sind gesund. Die arbeitsfähige BF1 ist zudem bereits aufgrund eines technischen Hochschulabschlusses und langjähriger Berufserfahrung in einer privilegierten Position. Hinzu tritt aber noch ein breites familiäres Band von fünf Geschwistern, zu denen Kontakt besteht und das Verhältnis im Ergebnis unbelastet ist. Die vom Bundesamt zur Lage in der Mongolei getroffenen Feststellungen basieren auf Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und stellen angesichts des bereits Ausgeführten im konkreten Fall eine ausreichende Basis zur Beurteilung des Vorbringens der BF dar. Hierbei ist anzumerken, dass es sich bei der Mongolei um einen Staat handelt, der zwar im Hinblick auf rechtsstaatliche Standards bzw. Korruption Defizite aufweist, darüber hinaus aber weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht – etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Yemen, Syrien, Ukraine u.v.a. - als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheits- und/oder Versorgungslage auffällig wurde, sondern sich im Wesentlichen über die letzten Dekaden als relativ stabil erwiesen hat (vgl. dazu etwa VfGH 21.09.2017, Zl. E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, Zl. 2016/20/0098). Auch unter Zugrundelegung des mit der Beschwerdeschrift vom 06.05.2020 dargetanen Berichts des US-Departement of State vom 11.03.2020 können keine Anhaltspunkte erkannt werden, wonach sich die Situation im Herkunftsland seit dem Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung in den gegenständlich relevanten Punkten entscheidungswesentlich verändert hat. Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19 Erregers kann unter Zugrundelegung der medial ausführlich kolportierten Entwicklungen auch im Herkunftsland bislang keine derartige Entwicklung erkannt werden, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt“

Am 3.6.2020 stellte der Beschwerdeführer beim Bundesamt einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 2 AsylG.

Dieser wurde laut Antragsformular im Wesentlichen wie bisher mit dem Familienleben der Mutter des Beschwerdeführers mit ihrem in Österreich asylberechtigten Ehegatten, der ein monatliches Einkommen von € 1.200 erwirtschafte und für die beiden unterhaltspflichtig sei, begründet. Der Beschwerdeführer sei in Österreich krankenversichert. Zur Integration wurde angegeben, dass er seit Juli 2019 in Österreich aufhältig sei, über Deutschkenntnisse A2 verfüge und die NMS besuche.

In einem Schreiben durch den rechtsfreundlichen Vertreter zur „Antragsbegründung zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 der EMRK“ wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer und seine Mutter seit Juli 2009 ununterbrochen im Bundesgebiet aufhielten. Sie hätten zahlreiche österreichische Freunde und Bekannte, wobei der Beschwerdeführer eine NMS besuche und sprachlich sowie gesellschaftlich gut integriert sei. Er spiele in einem Schachklub Schach. Im Falle einer Rückkehr in die Mongolei wären die Beschwerdeführer einer sehr prekären Situation ausgesetzt, da sie dort keine Existenzmöglichkeit, keine Wohnung, keine Arbeit, keine Sicherheit vor Verfolgung und keine Krankenversicherung um medizinische Hilfe zu erhalten hätten.

Dem Schreiben beigelegt waren in Kopie u.a. ein Meldezettel und Sozialversicherungskarten des Beschwerdeführers und seiner Mutter, eine Schulbesuchsbestätigung, die Heiratsurkunde der Mutter sowie Lohnzettel des Stiefvaters des Beschwerdeführers.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.12.2020, Zl. 1252611705/200451099, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikels 8 EMRK vom 3.6.2020 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), weiters festgestellt, dass gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für ihre freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.).

Dazu wurde im Wesentlichen festgestellt, dass keine maßgebliche Änderung des Sachverhalts, bezogen auf das Privat- und Familienleben seit Erlassung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung eingetreten sei.

Hinsichtlich der Feststellungen zum Privat- und Familienleben wurde beweiswürdigend im Wesentlichen ausgeführt, aus der Antragsbegründung gehe hervor, dass der Sachverhalt im Bezug auf ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich bereits vor der Rechtskraft der erlassenen Rückkehrentscheidung bestanden habe. Es seien keine neuen Tatsachen hervorgekommen, die eine neuerliche Prüfung im Sinne des Art. 8 EMRK für den gesamten Zeitraum des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erforderlich gemacht hätten. Da die Rückkehrentscheidung erst knapp sieben Monate zurückliege, sei auch nicht zu erwarten, dass eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei.

Dagegen wurde rechtzeitig Beschwerde erhoben.

Mit Erkenntnis vom 23.2.2021, GZ W182 2230892-2/2E, wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begrundend stellte das Bundesverwaltungsgericht dabei Folgendes fest:

„Die BF, eine Mutter und ihr 14-jähriger Sohn, sind Staatsangehörige der Mongolei. Sie sind im Juli 2019 mit einem vom 20.06.2019 bis 04.08.2019 gültigen Visum in das Bundesgebiet eingereist. Die BF1 [Mutter des Beschwerdeführesn] hat dabei die Absicht verfolgt, mit einem mongolischen Staatsangehörigen, dem in Österreich seit 2015 der Status eines Asylberechtigten zukommt, ein Familienleben zu begründen.

Die BF1 heiratete letzteren noch 2019 in Österreich, wobei sie im Herkunftsstaat zuletzt 2007/2008 Kontakt zu ihm gehabt hat und den Kontakt erst ab 2017 über elektronische Medien wiederaufgenommen hat. Beide haben sich 2018 für ein paar Tage in der Volksrepublik China getroffen. Die BF leben mit dem Gatten der BF1 im Bundesgebiet zusammen. Der Gatte ist in Österreich berufstätig.

Die BF sind gesund. Die BF1 konnte bisher keine abgeschlossenen Deutschprüfungen nachweisen und geht auch keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Der BF2 [Beschwerdeführer] besucht in Österreich die Schule. Die BF beziehen Grundversorgung. Sie sind unbescholten.

Die BF1 verfügt über eine technische Hochschulausbildung und war im Herkunftsland von 2005 bis 2019 durchgehend in einem technischen Beruf erwerbstätig. Der BF2 hat im Herkunftsland sieben Jahre die Schule besucht. In der Mongolei halten sich zwei Brüder und drei Schwestern der BF1 sowie der Vater des BF2 auf. Zu letzterem besteht kein Kontakt.

Die BF haben aus wirtschaftlichen Gründen das Herkunftsland verlassen. Nicht festgestellt werden kann, dass die BF im Herkunftsland der realen Gefahr einer Verfolgung oder sonstigen unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sind.

Diese Feststellungen lagen bereits den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.05.2020 (zugestellt am 20.05.2020), Zlen. W182 2230891-1/6E (BF1) und W182 2230892-1/6E (BF2), zugrunde.

Die BF stellten am 03.06.2020 neuerlich beim Bundesamt Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 2 AsylG.

Diese wurden im Wesentlichen mit den gleichen Gründen wie im Verfahren über die Anträge auf internationalen Schutz vom 18.11.2019 begründet.

Die BF1 besucht inzwischen in Österreich als Mitglied kulturelle und gesellschaftliche Veranstaltungen von zwei Vereinigungen mit kulturellem Bezug zur Mongolei.

Zur Situation im Herkunftsland wird von den zutreffenden, weiter oben wiedergegebenen Feststellungen des Bundesamtes in den Bescheiden vom 09.04.2020 sowie den angefochtenen Bescheid ausgegangen. Die Situation im Herkunftsland hat sich weder seit rechtskräftigen Abschluss der Verfahren über die Anträge der BF vom 18.11.2019 noch dem Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung in den gegenständlich relevanten Punkten entscheidungswesentlich verändert, sodass ein neuerlicher Vorhalt im Beschwerdeverfahren unterbleiben konnte. […]“

Am 31.3.2021 stellte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Diesen begründete er im Rahmen seiner Erstbefragung im Wesentlichen damit, er wisse es nicht genau, seine Mutter habe Probleme gehabt und deswegen sei er mit ihr hierhergekommen. Der Beschwerdeführer habe keine eigenen Fluchtgründe und sei gemeinsam mit seiner Mutter hierhergekommen. Sein Vater lebe schon seit zwölf Jahren in Österreich und habe einen positiven Asylstatus, also sollte auch er selbst hier sein dürfen.

Zu seiner Rückkehrbefürchtung brachte er vor, er habe schon Angst, dass seiner Mutter in der Mongolei was passiere. Er sei das einzige Kind und wenn seiner Mama war Schlechtes passieren würde, wäre er alleine. Er fürchte sich, dass sie ins Gefängnis komme. Er wisse nicht genau, welches Problem sie gehabt habe, aber er wisse, dass sie Probleme hätte. Seit wann ihm genau die Änderungen der Fluchtgründe bekannt seien, wisse er nicht.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 14.4.2021 gab die Mutter des Beschwerdeführers im Wesentlichen zunächst an, dass sie und ihr Kind gesund seien.

Beim Beschwerdeführer habe sich nichts geändert, sie habe ihn damals wie heute nicht in die Arbeit hineingezogen.

Mit gegenständlich bekämpftem Bescheid des Bundesamtes vom 10.5.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG hinsichtlich des Status des Asylberichtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Weiters wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt V.), festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist zur freiwilligen Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.) und gemäß § 53 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer bzw. seine Mutter als gesetzliche Vertretung hätten zur Begründung ihres nunmehrigen Asylantrages Umstände geltend gemacht, die bereits im Vorverfahren bestanden hätten. Damit sei der nun mehr vorgebrachte Sachverhalt von vornherein nicht geeignet, eine neue Sachentscheidung herbeizuführen.

Dagegen wurde Beschwerde in vollem Umfang erhoben.

Zur Integration des Beschwerdeführers wurde im Wesentlichen vorgebracht, es bestehe definitiv eine enge familiäre Beziehung in Österreich und die gewaltsame Trennung der Ehegattin (Mutter des Beschwerdeführers) von ihrem Ehegatten und die gewaltsame Trennung des Kindes (Beschwerdeführers) von seinem Vater, der in Österreich internationalen Schutz genieße, sei ein direkter Eingriff nach Art. 8 EMRK. Der Stiefvater sei berufstätig und arbeite bei einer Logistikfirma, wozu Lohnzettel vorgelegt wurden. Der Beschwerdeführer besuche die Neue Mittelschule mit Themenschwerpunkt Technik, eine Schulbesuchsbestätigung liege vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage sämtlicher Asylanträge des Beschwerdeführers und seiner Mutter sowie des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gem. § 52 Abs. 2, der Einvernahmen vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesamts, der bislang ergangenen Entscheidungen der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, der im Verfahren vorgelegten Schriftsätze sowie der Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten sowie das Grundversorgungsinformationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Der minderjährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Mongolei. Er reiste gemeinsam mit seiner Mutter (GZ W119 2230891) im Juli 2019 mit einem vom 20.6.2019 bis 4.8.2019 gültigen Visum in das Bundesgebiet ein. Die Mutter hat dabei die Absicht verfolgt, mit einem mongolischen Staatsangehörigen, dem in Österreich seit 2015 der Status eines Asylberechtigten zukommt, ein Familienleben zu begründen.

Die Mutter des Beschwerdeführers heiratete letzteren noch 2019 in Österreich. Der Beschwerdeführer lebt mit seiner Mutter und seinem Stiefvater im Bundesgebiet zusammen. Der Stiefvater ist in Österreich berufstätig.

Festgestellt wird, dass der leibliche Vater des Beschwerdeführers nicht im Bundesgebiet aufhältig ist und der Beschwerdeführer seinen Stiefvater nach eigenen Angaben vor der belangten Behörde am 26.2.2020 erstmals 2018 kennenlernte.

Gegenständlich liegt ein Familienverfahren in Bezug auf die Mutter vor. Es wurden keine eigenen Fluchtgründe für den Beschwerdeführer geltend gemacht.

Die Beschwerde der Mutter des Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnis des heutigen Tages abgewiesen und gleichzeitig eine Rückkehrentscheidung gegen sie erlassen.

Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den letzten Antrag auf internationalen Schutz kann ebensowenig festgestellt werden, wie das Vorliegen einer maßgeblichen Bedrohung in der Mongolei.

Seit dem Abschluss des Vorverfahrens sind keine Umstände eingetreten, wonach dem Beschwerdeführer allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ohne Hinzutreten individueller Faktoren in der Mongolei aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder ihm im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Der Beschwerdeführer ist gesund. Seine Mutter verfügt über eine heimatliche technische Hochschulausbildung und war im Herkunftsland von 2005 bis 2019 durchgehend in einem technischen Beruf erwerbstätig. In der Mongolei halten sich zwei Brüder und drei Schwestern von ihr auf. Der Beschwerdeführer selbst besuchte in der Heimat vier Jahre die Grundschule und drei Jahre die Mittelschule. Sein leiblicher Vater hält sich in der Mongolei auf, Kontakt besteht laut Angaben des Beschwerdeführers keiner zu ihm.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Festgestellt wird, dass sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.2.2021 die Integration des Beschwerdeführers nicht verfestigt hat.

Im Übrigen werden die Ausführungen im Verfahrensgang der Entscheidung zugrunde gelegt.

Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Zur Situation im Herkunftsland wird von den zutreffenden Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid ausgegangen. Die Situation im Herkunftsland hat sich weder seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens noch dem Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung in den gegenständlich relevanten Punkten entscheidungswesentlich verändert, sodass ein neuerlicher Vorhalt im Beschwerdeverfahren unterbleiben konnte.

Mongolei COVID-19:

„COVID-19 ist eine durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachte Infektionskrankheit. Sie wurde erstmals 2019 in Metropole Wuhan (Provinz Hubei) beschrieben, entwickelte sich im Januar 2020 in der Volksrepublik China zur Epidemie und breitete sich schließlich zur weltweiten COVID-19-Pandemie aus. Die genaue Ausbruchsquelle ist derzeit noch unbekannt. Es wird angenommen, dass sich das Virus wie andere Erreger von Atemwegserkrankungen hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion verbreitet (vgl. https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Uebertragbare-Krankheiten/Infektionskrankheiten-A-Z/Neuartiges-Coronavirus.html, abgerufen am 30.10.2020).

Die meisten Menschen, die mit dem COVID-19-Virus infiziert sind, leiden an leichten bis mittelschweren Atemwegserkrankungen und erholen sich ohne besondere Behandlung. Ältere Menschen und Menschen mit zugrunde liegenden medizinischen Problemen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, chronischen Atemwegserkrankungen und Krebs, entwickeln mit größerer Wahrscheinlichkeit schwere Krankheiten (vgl. https://www.who.int/health-topics/coronavirus#tab=tab_1, abgerufen am 30.10.2020).

In der Mongolei gab es zum Stichtag 30.10.2020 340 bestätigte COVID-19 Fälle und keinen einzigen Todesfall (vgl. https://covid19.who.int/region/wpro/country/mn, abgerufen am 30.10.2020).“

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 20.10.2020:

COVID-19

Die Mongolei ist seit dem 9. Januar 2020 mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 konfrontiert. Im Land wurden sehr schnell strenge Sicherheitsmaßnahmen ergriffen (LIP 7.2020d). Kaum ein anderes Land hat so früh und so diszipliniert auf die Bedrohung reagiert wie die bitterarme und wirtschaftlich fast völlig von China abhängige Mongolei (DS 5.6.2020).

Nach wie vor bewegen sich die Fallzahlen im niedrigen dreistelligen Bereich. Dabei handelt es sich ausschließlich um aus dem Ausland importierte Fälle im staatlichen Quarantänesystem (AA 14.10.2020). Ende März 2020 hat die Regierung ein Paket von Hilfsmaßnahmen eingebracht, das insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Bewältigung der Coronakrise helfen soll (GTAI 10.8.2020).

Der bei den Parlamentswahlen Ende Juni im Amt bestätigte Premierminister Ukhnaagiin Khurelsukh bezifferte den Umfang des Unterstützungspakets auf umgerechnet rund 1,8 Milliarden US-Dollar (USD). Ein Anfang August 2020 im Parlament eingebrachter Nachtragshaushalt ermöglicht, dass mehrere der ursprünglich auf drei oder sechs Monate befristeten Maßnahmen länger gelten werden (GTAI 10.8.2020).

Aufgrund der Verbreitung des Coronavirus (COVID-19) sind vorläufig alle Flugverbindungen in das Ausland eingestellt. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht mehr möglich (BMEIA 8.5.2020).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (14.10.2020): Mongolei: Reise- und Sicherheitshinweise, Aktuell, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/mongoleisicherheit/222842, Zugriff 19.10.2020

-        BMEIA – Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (19.10.2020): Mongolei (Mongolei), Aktuelle Hinweise, Stand 19.10.2020 (Unverändert gültig seit: 09.05.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 19.10.2020

-        DS – Der Standard (5.6.2020): Warum die Mongolei inmitten der Corona-Krise Schafe nach China schickte, https://www.derstandard.at/story/2000117887198/warum-die-mongolei-inmitten-der-corona-krise-schafe-nach-china, Zugriff 19.10.2020

-        GTAI – German Trade & Invest (10.8.2020): Covid-19: Maßnahmen der Regierung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/mongolei/covid-19-massnahmen-der-regierung-238750, Zugriff 19.10.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020d): Mongolei, Alltag, https://www.liportal.de/mongolei/ueberblick/#c57158, Zugriff 25.9.2020

Politische Lage

Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen Russland und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von 3,2 Mio. Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Mio. Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (20187.2020) ca. 1,5 Mio. Menschen (CIA 10.9.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).

Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2019; vgl. USDOS 11.3.2020). Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich (BMZ o.D.). In den vergangenen 20-30 Jahren wurden in der Mongolei 16 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahl (USDOS 19. 6.2020). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2019; vgl. AA 9.2020a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2019). Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammerparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2019). Die 76 Abgeordneten werden für vier Jahre gewählt (ÖB 12.2019).

Nach der Revolution im Jahr 1990 hat sich in der Mongolei insgesamt eine stabile Demokratie mit einem Mehrparteiensystem, freien Wahlen und Gewaltenteilung etabliert. Geprägt wurde diese positive Entwicklung jedoch auch durch extrem häufige Regierungswechsel. Skandale um Korruption in Politik und Wirtschaft haben in den vergangenen Jahren immer wieder das Land erschüttert. Laut Meinung von Experten werden Wahlen in dem Land mittlerweile vor allem dazu genutzt, „aus Frustration über die nicht erfüllten Versprechen“ jene Partei abzuwählen, „die derzeit das Parlament kontrolliert“. In den vergangenen Jahrzehnten spielten insbesondere zwei Parteien eine wesentliche Rolle in der mongolischen Politik: Die ehemals kommunistische Staatspartei, die Mongolische Volkspartei (MVP), sowie die aus unterschiedlichen Oppositionsgruppen hervorgegangene Demokratische Partei (DP) (KAS 6.2020).

Bei der Parlamentswahl vom 24. Juni 2020 erhielt die Regierungspartei Mongolische Volkspartei (MVP) von Premierminister Ukhnaa Khurelsukh 62 der 76 Parlamentssitze (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020, GW 25.8.2020). Die oppositionelle Demokratische Partei erzielte elf Sitze. Damit wurde erstmals seit der ersten Mehrparteien-Parlamentswahl 1990 eine Regierungspartei wiedergewählt. Unter den neu gewählten Abgeordneten befinden sich 13 Frauen (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020). Die Wahlbeteiligung betrug 73% (BAMF 29.6.2020).

Die Parlamentswahl fand wegen COVID-19 unter Einhaltung von entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen, wie Abstandsregeln und Messung der Körpertemperatur statt (BAMF 29.6.2020).

Der alte und neue Premierminister der im Juli 2020 gebildeten Regierung heißt Ukhnaagiin Khurelsukh. Nachdem er in den Parteigremien mit 100% Zustimmung für das Amt nominiert worden war, stimmte am 2.7.2020 auch die große Mehrheit der Staatsversammlung dem Vorschlag zu. Der Regierung Khurelsukh gehören drei Frauen an (LIP 7.2020a).

Noch profitiert die MVP-Regierung von ihrer strikten und frühzeitigen Präventionspolitik (KAS 4.5.2020). Doch steigt in Folge der COVID-19-Krise auch der Druck auf die Regierung (GW 25.8.2020). Durch frühzeitige Restriktionen konnte eine unkontrollierte Verbreitung bislang verhindert werden. Die beschlossenen Maßnahmen führten in den vergangenen Monaten in der Konsequenz allerdings zu einem massiven Einbruch der mongolischen Wirtschaft (KAS 6.2020; vgl. GW 25.8.2020). Ein Beibehalten der Restriktionen würde die wirtschaftliche Krise verstärken, die gerade den ärmsten Teil der Bevölkerung trifft. Andererseits würde ein Aufheben der Maßnahmen die Mongolei dem Risiko einer sprunghaften Ausbreitung und damit einer angesichts des unterentwickelten Gesundheitssystems unabwendbaren Katastrophe aussetzen. Noch hat es die Regierung durch umfangreiche Hilfspakete geschafft, öffentliche Kritik an ihrem Vorgehen abzuwenden (KAS 6.2020).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (9.2020a): Mongolei – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222882, Zugriff 21.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (29.6.2020): Briefing Notes 29. Juni 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2033951/briefingnotes-kw27-2020.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        CIA – Central Intelligence Agency (10.9.2020): The World Factbook – Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 25.9.2020

-        GW – Gardaworld) (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (4.5.2020): Corona-Krise in der Mongolei, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/corona-krise-in-der-mongolei, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Sicherheitslage

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, von der sie bis dahin vollständig abhängig war, baute die Mongolei schnell und konfliktfrei demokratische und marktwirtschaftliche Strukturen auf. Obwohl sich alle politischen Akteure über den demokratischen und marktwirtschaftlichen Kurs des Landes einig sind, gibt es viele Herausforderungen zu bewältigen. Die Regierungsführung ist noch schwach und die Leistungsfähigkeit der staatlichen Institutionen gering (BMZ o.D.).

Nach der innenpolitischen Krise 2018 war die Mongolei von einer Reihe von innenpolitischen Reformen zur Sicherung der Stabilität des Landes gekennzeichnet (BMEIA 25.6.2020). Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 29.4.2020). In der Mongolei gibt es einige kleine extrem nationalistischer Gruppen, die gelegentlich chinesische Staatsbürger angreifen. Die Existenz mongolischer Terrororganisationen ist nicht bekannt (GW 3.7.2020).

Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - hatten bisher kein Eskalationspotential (GW 4.7.2020), sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 29.4.2020).

Es kommt mitunter zu gewalttätigen Übergriffen auf chinesische, koreanische und vietnamesische Staatsbürger, die in der Mongolei leben (ÖB Peking 12.2019) durch Ultranationalisten (ÖB Peking 12.2019). Anfang 2020 führte die Regierung eine Reihe von Zwangsausweisungen nordkoreanischer Staatsbürger in Übereinstimmung mit den einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates durch (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).

Die Mongolei ist außenpolitisch um ein gutes und ausgewogenes Verhältnis zu den beiden großen Nachbarstaaten Russland und China bemüht (BMEIA 25.6.2020) und betreibt eine „Politik des dritten Nachbarn“ als Gegengewicht der möglichen Vereinnahmung durch ihre unmittelbaren Nachbarn. Die Mongolei nutzt die guten Beziehungen sowohl zu Nord- als auch Südkorea für eine Vermittlerrolle auf der koreanischen Halbinsel. Stabile Außenbeziehungen unterhält die Mongolei auch zu Japan (LIP 7.2020a; vgl. AA 2.9.2020, GW 3.7.2020).

Als eines der ersten Länder hat die Mongolei im Jänner 2020 ihre Grenzen für Reisende aus Hochrisikoländern geschlossen, um den Import von Infektionen mit COVID-19 zu verhindern (WKO 5.2020). Die Schließung von internationalen Flug- und Bahnverbindungen aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden mehrmals, zuletzt bis zum 31. Oktober 2020 durch die Regierung verfügt (GW 27.8.2020; vgl. MSZ o.D.) und bleibt vorläufig weiterhin aufrecht. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht möglich (BMEIA 25.9.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (2.9.2020): Mongolei: Politisches Portrait, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/politisches-portraet/222882, Zugriff 23.9.2020

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        BMEIA – Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten (25.9.2020): Mongolei (unverändert gültig seit 9.5.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 25.9.2020

-        BMEIA – Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten (25.6.2020): Außen- und Europapolitischer Bericht 2019, Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00150/imfname_806473.pdf, Zugriff 24.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (27.8.2020): Mongolia: International flights and rail services canceled until September 15 /update 13, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/373106/mongolia-international-flights-and-rail-services-canceled-until-september-15-update-13, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (4.7.2020): Mongolia Country Report, Social Stability, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, Terrorism, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, War Risks, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020

-        MSZ - Ministerstwo Spraw Zagranicznych (o.D.): Powrot Mongolia, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/mongolia, Zugriff 5.10.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

-        WKO – Wirtschaftskammer Österreich (5.2020): Wirtschaftsbericht Mongolei, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/mongolei-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 23.9.2020

Rechtsschutz / Justizwesen

Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht (ÖB Peking 12.2019). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 12.2019; vgl. FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020).

Soum-, Intersoum- und Bezirksgerichte sind Gerichte 1. Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von zehn Mio. Tögrök (MNT) zuständig. Aimag-Gerichte sind die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über zehn Mio. MNT, sowie die Berufungsgerichte für die unteren Gerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für alle anderen Verfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigeninitiative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt. (ÖB Peking 12.2019).

Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Judicial General Council (JGC) ist für die Nominierung sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern verantwortlich. Er ist jedoch politisch abhängig und hat nicht die Befugnis, bei Vorwürfen von richterlichem Fehlverhalten zu ermitteln (Bertelsmann 29.4.2020). Die unabhängige Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren ohne Verzögerungen wird in der Regel durchgesetzt. Doch haben die Verabschiedung von Gesetzesänderungen über die Rechtsstellung der Richter die Unabhängigkeit der Justiz geschwächt. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht, über die Vorwürfe gegen sie in Kenntnis gesetzt zu werden. Angeklagte können einen Rechtsbeistand selbst auswählen oder erhalten auf Staatskosten einen solchen gestellt (USDOS 11.3.2020).

NGOs und Privatunternehmen berichten, dass Korruption und Einflussnahme im Justizsystem stattfindet (USDOS 11.3.2020; vgl. Bertelsmann 29.4.2020). Die Rechte von Angeklagten wie die Befragung und Einberufung von Zeugen würden in manchen Fällen missachtet. NGOs berichten weiters über Einschüchterung von Zeugen und mangelnde Transparenz bei der Urteilsfindung (USDOS 11.3.2020). Jedoch wurden der Mongolei deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Transparenz der Urteilsfindung attestiert (Bertelsmann 29.4.2020).

Gerichte verhängen nur selten Freisprüche oder stellen das Verfahren ein, auch wenn es keine substanziellen Beweise für einen Schuldspruch gibt. Gerichte spielen Fälle häufig an die Staatsanwaltschaft zurück, obwohl ein Freispruch angemessen erscheint. Dadurch wechseln auch einzelne prominente Kriminalfälle jahrelang zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht hin und her, ohne dass diese abgeschlossen werden (USDOS 11.3.2020). Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Sicherheitsbehörden

Für die innere Sicherheit sind in erster Linie die Nationale Polizeibehörde und die Allgemeine Behörde für Grenzschutz zuständig, die dem Ministerium für Justiz und Inneres unterstehen. Die General Intelligence Agency, deren Direktor dem Premierminister untersteht, unterstützt diese beiden Behörden bei der inneren Sicherheit. Die Streitkräfte sind dem Verteidigungsministerium unterstellt und unterstützen die Kräfte der inneren Sicherheit bei der Bereitstellung von Nothilfe und Katastrophenhilfe im Inland (USDOS 11.3.2020). Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstellten Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 12.2019). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inkonsequent (USDOS 11.3.2020).

Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatssicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Korruption

Korruption ist in der gesamten öffentlichen Verwaltung und in der Industrie (Bergbau) weit verbreitet (ÖB 12.2019; vgl. TI 9.7.2018, BMZ o.D.). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2019 auf Platz 106 von 198 analysierten Ländern (TI 2019). Das bedeutet einen Verlust von 13 Plätzen zum Ergebnis von 2018 (TI 2019). 2018 erreichte die Mongolei den 93 Platz (von 198 Staaten) (TI 2018).

Der Großteil der Bevölkerung ist mit den Anti-Korruptionsmaßnahmen der Regierung unzufrieden (TI 9.7.2018). In der mongolischen Öffentlichkeit setzt sich zunehmend das Bewusstsein durch, dass Korruption die Entwicklung des Landes stark behindert. Es wurden Antikorruptionsgesetze verabschiedet und entsprechende Kontrolleinrichtungen geschaffen. Weitere Reformen und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Korruption sind jedoch erforderlich (BMZ o.D.).

Das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Strafgesetz führte höhere Strafen für Korruptionsvergehen von öffentlich Bediensteten und Regierungsvertretern sowie deren nächster Verwandtschaft ein. Das Gesetz erfordert von Regierungsvertretern auch die Offenlegung ihrer Vermögen an die Independent Authority Against Corruption (IAAC). Im März 2017 wurde ein staatliches Korruptionsbekämpfungsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren implementiert (USDOS 11.7.2019).

Seit 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz mehrfach erweitert (USDOS 11.7.2019; vgl. ÖB 12.2019). Eine gesetzliche Schutzvorschrift liegt seit Ende 2016 jedoch im Entwurf vor (ÖB Peking 12.2019). Jedoch wurden bisher keine Gesetze verabschiedet, die einen Schutz von NGOs und anderen Institutionen, die Korruption der Regierung untersuchen und öffentlich machen, ermöglicht (USDOS 11.7.2019). Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben (ÖB Peking 12.2019).

Es gibt eine weitreichende Immunität von Amtsträgern gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (TI 9.7.2018) und es gibt Bedenken, dass Teile der Justiz und der IAAC weitgehend von politischen Kreisen kontrolliert werden, welche verhindern möchten, durch eine tatsächlich unabhängige Behörde selbst der Korruption bezichtigt zu werden (Bertelsmann 29.4.2020; vgl. FH 4.3.2020).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2019 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2019/results/mng, Zugriff 23.9.2020

-        TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2018/results/mng, Zugriff 23.9.2020

-        TI – Transparency International (9.7.2018): Mongolia: Overview of Corruption and Anti-Corruption, https://knowledgehub.transparency.org/helpdesk/mongolia-overview-of-corruption-and-anti-corruption, Zugriff 24.9.2020

-        USDOS – U.S. Department of State (11.7.2019): Investment Climate Statements for 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031888.html, Zugrifff 24.9.2020

Religionsfreiheit

Religionsfreiheit ist durch die Verfassung garantiert (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund von Religion und verbietet dem Staat eine Ausübung religiöser Aktivitäten wie auch religiösen Institutionen die Durchführung von politischen Aktivitäten (USDOS 10.6.2020). Religiöse Dogmen haben keinen nennenswerten Einfluss auf die Rechtsordnung oder auf politische Institutionen, auch wenn von manchen hohen Regierungsvertretern bekannt ist, dass sie religiös sind (Bertelsmann 9.4.2020).

Die Mongolei erlebte seit der demokratischen Revolution 1990 ein Wiederaufleben der Religiosität, insbesondere des Buddhismus und des traditionellen Schamanismus (Bertelsmann 29.4.2020). Vorherrschende Religion in der Mongolei ist der tibetische Buddhismus, dem 53% der Bevölkerung anhängen. 3,9% sind Muslime, 2,9% Anhänger des Schamanismus und 2,1% Christen; 38,6% der Bevölkerung sind konfessionslos (Bertelsmann 29.4.2020).

Die Mehrheit der Buddhisten gehört dem Mahayana-Zweig an. Viele Menschen praktizieren Elemente des Schamanismus in Kombination mit Buddhismus. Der größte Teil der Christen gehört den Protestanten an, wobei auch andere christliche Denominationen wie Mormonen, Katholiken, Zeugen Jehowas und der Russischen Orthodoxie in der Mongolei vertreten sind. Die ethnische Gruppe der Kasachen im Nordwesten des Landes ist vorwiegend muslimisch (USDOS 10.6.2020).

Religiöse Institutionen sind per Gesetz dazu verpflichtet, sich zu registrieren. Die Registrierung ist in den meisten Fällen auf ein Jahr beschränkt und muss dann erneuert werden (USDOS 10.6.2020). Dabei ist das Registrierungsverfahren je nach Region und Ort unterschiedlich (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Einige religiöse Gruppen melden daher Schwierigkeiten, sich in manchen Regionen zu registrieren oder ihre Registrierung zu erneuern. Der Registrierungsprozess kann laut Berichten zwischen wenigen Wochen bis zu einigen Jahren dauern. Nichtregistrierte religiöse Gruppen werden durch wiederholte Besuche von Finanzbeamten, der Polizei oder anderen Beamten schikaniert (USDOS 10.6.2020).

Das Religionsgesetz verbietet die Verbreitung religiöser Ansichten mittels Gewalt, Druck, durch materielle Anreize, Täuschung oder Mittel, die Gesundheit oder Moral schaden oder psychische Schäden hervorrufen können. In manchen Regionen wird Kindern und Minderjährigen aus Angst vor „Gehirnwäsche“ die Teilnahme an religiösen Aktivitäten verboten (USDOS 10.6.2020).

Es gibt keine institutionalisierte Diskriminierung aufgrund von Religion. Die verschiedenen religiösen Gruppen haben nahezu gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Beschäftigung und öffentlichen Dienstleistungen. Die religiöse Toleranz ist stark ausgeprägt (Bertelsmann 29.4.2020).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        USDOS – US Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031300.html, Zugriff 24.9.2020

Relevante Bevölkerungsgruppen

Frauen

Die Verfassung bestimmt, dass keine Person ob ihrer Herkunft, Sprache, Abstammung, Alters, Geschlechts, sozialer Herkunft oder ihres Status diskriminiert werden darf und dass gemäß Art. 16 Abs. 11 VerfG Männer und Frauen in politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und familiären Angelegenheiten gleichbehandelt werden müssen. Seit 2011 gibt es ein Gesetz zur Geschlechtergleichstellung (ÖB Peking 12.2019). Mongolische Frauen sind an sich emanzipiert, gebildet und nehmen aktiv am gesellschaftlichen und politischen Leben teil. Dennoch ist die mongolische Gesellschaft eine patriarchalische, in der der Mann das Familienoberhaupt ist, auch wenn die Zahl der allein von Frauen geführten Haushalte zunimmt (LIP 7.2020b). So sind Frauen weiterhin gesellschaftlicher Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt (FH 4.3.2020).

Die Mongolei liegt in der Erreichung der genderspezifischen Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs - Millennium Development Goals) stark zurück, v.a. die Versorgung im Bereich reproduktive Gesundheit ist schlecht (ÖB Peking 12.2019). Die Zahl der Teenagerschwangerschaften nimmt von Jahr zu Jahr zu. Hatten 2014 3.259 Frauen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren ein Kind zur Welt gebracht, waren es 2016 3.829. Als Hauptursachen werden mangelnde Aufklärung und Unkenntnis über Verhütungsmöglichkeiten benannt (LIP 7.2020b).

Das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Frauen liegt mit 55 Jahren fünf Jahre unter jenem der Männer. Geschiedenen Frauen steht laut Familiengesetz Alimente zu. Es gibt keine Gesetzgebung gegen sexuelle Belästigung (ÖB Peking 12.2019; vgl. FH 4.3.2020).

Häusliche Gewalt stellt ein schwerwiegendes und weit verbreitetes Problem dar (ÖB Peking 12.20

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten