TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/25 W147 1246259-2

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Veröffentlicht am 25.06.2021
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Entscheidungsdatum

25.06.2021

Norm

AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W147 1246259-2/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH in 1020 Wien, Leopold-Moses-Gasse 4, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10. April 2019, Zl. 250103809 – 190085045 / BMI-BFA_SZB_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2020, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis III. wird gemäß § 9 Abs. 1 iVm § 9 Abs. 4 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, sowie § 57 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV., V. und VI. wird stattgegeben, eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, auf Dauer für unzulässig erklärt und XXXX gemäß § 54 Asylgesetz 2005 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 55 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, und § 58 Abs. 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2021, der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig, reiste am 25. Oktober 2003 zusammen mit einem Freund unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag unter einem Alias-Namen einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des ehemaligen Bundesasylamtes vom 8. Januar 2004, Zl. 03 33.374-BAS, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG 1997) idgF, abgewiesen und festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 8 Absatz 1 AsylG zulässig ist.

3. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17. November 2011, Zl. B5 246.259-0/2008/25E, teilweise stattgeben. Mit Spruchpunkt I. wurde die Beschwerde gemäß § 7 AsylG 1997 in der Fassung BGBl. I 2002/126 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 3 AsylG 1997 in der Fassung BGBl I 2003/101 wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation nicht zulässig ist (Spruchpunkt II). und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 3 iVm § 15 Abs. 2 AsylG 1997 in der Fassung BGBl. I 2003/101 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 17. November 2012 erteilt.

Der Asylgerichtshof begründete seine Entscheidung im Wesentlichen, dass es dem Beschwerdeführer zwar nicht gelungen sei, die aktuelle Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung glaubwürdig darzutun, jedoch leide der Beschwerdeführer an einer posttraumatischen Belastungsstörung und befinde sich in Therapie. Aufgrund der in den Länderfeststellungen angeführten geringen Anzahl an behandelnden Ärzten/Ärztinnen im Herkunftsland würde sich die Fortführung der Therapie des Beschwerdeführers als schwierig gestalten und sei er im Heimatland einer bürgerkriegsähnlichen Situation ausgesetzt gewesen, die bei ihm zu Todesnäheerfahrungen geführt hätten, die die psychische Erkrankung ausgelöst hätten.

4. Die Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers als subsidiär Schutzberechtigten wurde immer wieder verlängert; zuletzt mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18. November 2016, Zl. 250103809 – 2431156/BMI-BFA_SZB_RD, bis zum 17. November 2018.

5. Mit Aktenvermerk leitete die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer das nunmehr verfahrensgegenständliche Aberkennungsverfahren infolge geänderter Verhältnisse im Herkunftsstaat sowie geänderter persönliche Umstände ein. Es sei von einer Erfüllung es Tatbestands der Verbesserung des psychischen Zustandes auszugehen.

6. Am 18. Februar 2019 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde im Beisein eines Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, dass er einen A1 und A2 Kurs besucht habe, jedoch die deutsche Sprache nur „mittel“ spreche und den Dolmetscher benötige. Auf Nachfrage antwortete der Beschwerdeführer, dass er psychisch und physisch gesund sei und auch keine Medikamente nehme. Zu seinen Verwandten in Österreich führte der Beschwerdeführer aus, dass hier seine Lebensgefährtin, mit der er nach traditionellem Ritus verheiratet sei, und fünf Kinder leben würden. Der Beschwerdeführer legte Meldezettel für seine Lebensgefährtin und die in den Jahren XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX geborenen Kinder vor. Das sechste Kind würde in den nächsten Tagen auf die Welt kommen. Die Geburtsurkunden der Kinder (je in Kopie) wurden ebenfalls vorgelegt. Befragt zu seiner Erwerbstätigkeit antwortete der Beschwerdeführer, dass er gegenwärtig beim AMS gemeldet sei, er jedoch vier Jahre bei einer Firma beschäftigt gewesen sei. Zu der Finanzierung seines Lebensunterhaltes befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass er € 900,00 Notstandshilfe im Monat beziehe und auch von Bekannten Geld ausgeborgt habe. Ebenso würde er von verschiedenen Organisationen Unterstützungsleistungen erhalten. Der Beschwerdeführer gab weiters an, dass er eine KFZ-Mechanikerausbildung machen wolle, dafür wolle er seine Deutschkenntnisse verbessern. Er habe einen B1-Deutschkurs besucht, jedoch nicht bestanden. Der Beschwerdeführer legte die Kopien der Sprachzertifikate vor. Eine Schule in Österreich habe er nicht besucht. In Vereinen sei er nicht aktiv und er habe auch keine Freunde in Österreich. In der Russischen Föderation würden seine Geschwister und die Mutter leben, mit denen der Beschwerdeführer telefonischen Kontakt halte. Der Vater des Beschwerdeführers sei verstorben. Die Familie des Beschwerdeführers würde sowohl Wohnungen als auch Häuser im Eigentum haben und stehe er in Kontakt zu seinen Freunden in der Russischen Föderation. Zu seinem psychischen Zustand befragt, antwortete der Beschwerdeführer, dass er ab und zu noch von seinen Erlebnissen träume, er sich aber in keiner ärztlichen/psychiatrischen Behandlung befinde und letztmalig eine Behandlung im Jahr 2012 in Anspruch genommen habe. Er habe auch zuletzt im Jahr 2012 Tabletten wegen seiner psychischen Erkrankung genommen.

Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer sich gegenwärtig nicht in ärztlicher Behandlung befinde und laut den Länderfeststellungen eine Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen auch im Herkunftsland des Beschwerdeführers möglich sei, verantwortete er sich, dass er vor „kurzem“ die Tabletten abgesetzt habe und nunmehr wieder unter Albträume leide. Den Vorhalt, dass er nach seinen eigenen Angaben seit 2012 keine Tabletten mehr benötige, bestätigte der Beschwerdeführer. Auf die Probleme des Beschwerdeführers im Heimatland angesprochen, führte dieser aus, dass er im Jahr 1999/2000 im Rahmen der Säuberungen entführt und erpresst worden sei, ein Geständnis zu unterschreiben, nachdem man ihm Patronen in seinem Haus untergeschoben habe. Er habe aber nie an Kampfhandlungen teilgenommen, sondern nur sein Dorf bewacht. Bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland befürchte der Beschwerdeführer, dass die Behörden abermals versuchen würden, ihm ein Verbrechen „anzuhängen“. Auf Vorhalt der belangten Behörde, dass es laut den Länderberichten seit 2011 keine Verfolgungshandlungen gegen Veteranen des Tschetschenienkrieges sowie deren Angehörige gebe, weil sich die Behörden auf IS-Kämpfer bzw. Rückkehrer konzentrieren würden, antwortete der Beschwerdeführer, dass dies zwar in den Medien berichtet werde, er aber trotzdem Angst um sein Leben habe.

Die belangte Behörde überreichte dem Beschwerdeführer landeskundliche Feststellungen zur Lage in der Russischen Föderation mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.

7. Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2019 nahm der Beschwerdeführer zu den Länderberichten Stellung und führte aus, dass er nach wie vor unter posttraumatischen Belastungsstörungen leide und bei seiner Rückkehr eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu erwarten wäre. Im Weiteren sei er sehr gut durch seine Arbeit und Familie in Österreich integriert. Seine Familie wäre westlich orientiert und würde eine Rückkehr für seine Kinder einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK darstellen.

8. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17. November 2011, Zl. B5 246.259-0/2008/25E, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Absatz 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt. (Spruchpunkt I.).

Unter Spruchpunkt II. wurde dem Beschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen.

Mit Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 5 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 4 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Rückkehr mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Nach allgemeinen Feststellungen zur Lage in der Russischen Föderation und nach Wiedergabe des Verfahrensganges hielt die belangte Behörde zur Begründung ihrer Entscheidung im Wesentlichen fest, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner posttraumatischen Belastungsstörungen und dem Mangel an Behandlungsmöglichkeiten in der Russischen Föderation der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei.

Da der Beschwerdeführer an keiner posttraumatischen Belastungsstörung mehr leide, die ohnedies in der Russischen Föderation auch behandelt werden könnte, und er nach eigenen Angaben seit sieben Jahren keine Medikamente mehr benötige, sei ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen gewesen.

In Bezug auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde in ihrer Entscheidung aus, dass hinsichtlich seiner Kinder unbestritten ein Familienleben bestehe, jedoch angesichts der notorischen Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers und seiner Abhängigkeit von Sozialleistungen die öffentlichen Interessen an der Außerlandesbringung als berücksichtigungswürdiger als die privaten Interessen an einer Fortsetzung seines Aufenthalts zu werten sei. Für den Aufenthalt des Beschwerdeführers würden seine Unbescholtenheit und das aufrechte Familienleben sprechen. Gegen die Fortsetzung seines Aufenthalts würden die vollkommen missglückte Integration in die österreichische Gesellschaft sowie der Umstand, dass er nicht mehr schutzbedürftig sei, sprechen.

9. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 11. April 2019 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht „ARGE-Rechtsberatung, Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

10. Mit Schriftsatz vom 25. April 2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht verfahrensgegenständliche Beschwerde gegen den genannten Bescheid und focht diesen zur Gänze wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit aufgrund Verletzungen von Verfahrensvorschriften an. Der Beschwerdeführer monierte im Wesentlichen, dass sich gerade die Umstände nicht geändert hätten, weil er seit sieben Jahre keine Medikamente mehr benötige und habe die belangte Behörde dadurch ihre Begründungspflicht verletzt. Es sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen, unter denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, bereits bei früheren Verlängerungen der befristeten Aufenthaltsberechtigungen durch die belangte Behörde nicht mehr vorgelegen hätten, weshalb der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit leide.

Ebenso habe die belangte Behörde verkannt, dass der Beschwerdeführer über ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich verfüge und sei dem Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung seines Familienlebens die Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 zu erteilen.

Der Beschwerdeführer beantragte weiters die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und zeugenschaftliche Einvernahme seiner Lebensgefährtin.

11. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom 20. Mai 2019 langte am 23. Mai 2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

12. Am 3. Dezember 2019 langte die Anzeige der zuständigen Landespolizeidirektion gegen den Beschwerdeführer vom 14. Oktober 2019 wegen Lenkens eines Fahrzeuges (Fahrrad) in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand.

13. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2019 brachte der Beschwerdeführer zwei Lohn-/Gehaltsabrechnungen für Juli 2019 und Oktober 2019 sowie einen elektronischen Auszug des zuständigen Sozialversicherungsträgers in Vorlage.

14. Mit weiterem Schriftsatz vom 19. März 2020 legte der Beschwerdeführer einen Lohnzettel für November 2019 vor.

15. Am 29. Juni 2020 fand zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache sowie seiner Rechtsvertreterin eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seinem Familien- und Privatleben, seinem Gesundheitszustand sowie zu allfälligen Integrationsaspekten befragt wurde. Die belangte Behörde teilte mit E-Mail vom 18. Juni 2020 ihren Verzicht an der Teilnahme an der Beschwerdeverhandlung mit.

Auf die Vernehmung der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers konnte aufgrund Effizienz- und Kostengründen verzichtet werden.

16. Mit 27. Juli 2020 beim Bundesverwaltungsgericht einlangendem Schriftsatz nahm der Beschwerdeführer zu den im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegten Länderfeststellungen zur aktuellen Situation in der Russischen Föderation fristgerecht Stellung und ersuchte um Fristerstreckung zur Vorlage seiner Einstellungszusage sowie eines Dienstvertrages.

17. Am 25. August 2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Abschlussbericht der zuständigen Landespolizeidirektion vom 1. August 2020 ein. Dem Bericht zufolge wurde bei dem Beschwerdeführer im Rahmen der Zugangskontrolle des Bundesverwaltungsgerichtes durch einen Security-Mitarbeiter ein Kartenmesser gefunden.

18. Am 20. Januar 2021 langte die Vollmachtsbekanntgabe des nunmehr im Spruch geführten Rechtsvertreters ab dem 1. Januar 2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

19. Der Beschwerdeführer legte mit am 18. März 2021 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Unterlagen ein Zeugnis zur Integrationsprüfung – Sprachkompetenz – Werte und Orientierungswissen auf dem Niveau A2 vor.

20. Am 22. Juni 2021 legte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht seine Anmeldung zur Sozialversicherung ab dem 4. Juni 2021 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur vorliegenden Beschwerde wie folgt erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage der Verwaltungsakte der belangten Behörde und der herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in der Russischen Föderation wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:

1.1. Der volljährige Beschwerdeführer, dessen Identität feststeht, ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig sowie muslimischen Glaubens.

1.2. Der Beschwerdeführer reiste am 25. Oktober 2003 gemeinsam mit einem Freund unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17. November 2011, Zl. B5 246.259-0/2008/25E, wurde dem Beschwerdeführer, nachdem sein Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid des Bundesasylamtes negativ beschieden worden war und erfolgter Berufung, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

1.3. Der Beschwerdeführer hat sechs Kinder, die allesamt in Österreich geboren sind und die Schule bzw. den Kindergarten besuchen. Der Beschwerdeführer ist mit seiner Lebensgefährtin, der Mutter seiner sechs Kinder, nach islamischen Ritus verheiratet.

Im Herkunftsstaat leben nach wie vor die Geschwister des Beschwerdeführers und seine Mutter, die über Eigentum im Form von einer Wohnung und einem Haus verfügen.

1.4. Der Beschwerdeführer leidet unter keiner akuten oder lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung. Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem Jahr 2012 nicht mehr in Behandlung.

1.5. In Österreich hat sich der Beschwerdeführer während seines langjährigen Aufenthaltes Deutschkenntnisse durch Absolvierung der Sprachdiplome auf dem Niveau A1 und A2 angeeignet und die Integrationsprüfung abgeschlossen. Der Beschwerdeführer spricht die russische und tschetschenische Sprache fließend.

1.6. Der Beschwerdeführer hat in der Russischen Föderation als Hilfsarbeiter und auf Baustellen gearbeitet. Einen Beruf hat der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation nicht erlernt.

In Österreich hat der Beschwerdeführer weder eine Berufsausbildung begonnen noch abgeschlossen. Seit dem 4. Juni 2021 ist der unbescholtene Beschwerdeführer bei einer Security Firma als Arbeiter beschäftigt.

Der Versicherungsdatenauszug des Beschwerdeführers weist folgende Beschäftigungsverhältnisse aus:

18. Juni 2012 bis 17. Juni 2016 (Arbeiter), 14. März 2019 bis 18. März 2019 (Arbeiter), 6. Mai 2019 - 31. Mai 2019 (Arbeiter), 1. Juni 2019 bis 12. Juli 2019 (geringfügig beschäftigter Arbeiter).

Für die Jahre 2017 und 2018 finden sich im Versicherungsdatenauszug keine Beschäftigungsverhältnisse.

Der Beschwerdeführer ging somit ab dem Jahr 2016 immer wieder kurzweiligen Beschäftigungen nach und finanzierte ansonsten seinen Lebensunterhalt durch soziale Transferleistungen der öffentlichen Hand.

Seit 4. Juni 2021 ist der Beschwerdeführer wieder als Arbeiter nach dem ASVG angemeldet.

1.7. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer hat sich in keinen Vereinen betätigt, ist keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nachgegangen und verfügt naturgemäß über soziale Anknüpfungspunkte in Österreich in Form eines Freundeskreises, wobei das Bestehen enger Bindungen nicht hervorgekommen ist.

Der Beschwerdeführer trägt zum wesentlichen Teil die Lebenshaltungskosten der Familie.

1.8. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer in Tschetschenien respektive der Russischen Föderation aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation festgestellt werden.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Tschetschenien respektive in die Russische Föderation in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Der Beschwerdeführer liefe dort nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer spricht Tschetschenisch auf muttersprachlichem Niveau, zudem spricht er zumindest grundlegend Russisch sowie Deutsch. Der Beschwerdeführer, welcher sein Herkunftsland im Erwachsenenalter verlassen hat, leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen und hat zudem Verwandte in der Russischen Föderation. Dort leben seine Mutter und seine zwei Geschwister.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar, sich in der Russischen Föderation auch außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus niederzulassen und anzumelden.

Die wirtschaftlich stärkeren Metropolen und Regionen in Russland bieten trotz der derzeitigen Wirtschaftskrise bei vorhandener Arbeitswilligkeit entsprechende Chancen auch für russische Staatsangehörige aus den Kaukasusrepubliken. Der Beschwerdeführer hat auch Zugang zu Sozialbeihilfen, Krankenversicherung und medizinischer Versorgung. Es besteht keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer in anderen Teilen der Russischen Föderation Opfer fingierter Strafverfahren würde. Dem Beschwerdeführer droht auch keine Verfolgung bei der Wiedereinreise in die Russische Föderation.

Bei dem Beschwerdeführer wurde im Zuge des ersten Verfahrens – in welchem ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde – eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner posttraumatischen Belastungsstörung mehr und benötigt seit neun Jahren auch keine medikamentöse Behandlung mehr, daher kann keine akute oder lebensbedrohliche psychische oder physische Erkrankung, welche ein Hindernis für die Rückführung in die Russische Föderation darstellen würde, festgestellt werden.

1.9. Hinsichtlich der relevanten Situation in der Russischen Föderation, insbesondere Tschetschenien, wird zunächst prinzipiell auf die im Akt einliegenden und dem Beschwerdeführer in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgehaltenen Länderfeststellungen verwiesen.

Zur aktuellen politischen und menschenrechtlichen Situation in der Russischen Föderation werden insbesondere folgende Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Letzte Änderung: 27.03.2020

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (GIZ 2.2020c, vgl. CIA 28.2.2020). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 2.2020a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister, und entlässt sie (GIZ 2.2020a). Wladimir Putin ist im März 2018 bei der Präsidentschaftswahl mit 76,7% im Amt bestätigt worden (Standard.at 19.3.2018, vgl. FH 4.2.2019). Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl stärkster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motiviert eingestuften Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018, vgl. FH 4.2.2019). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach vielen Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der [derzeitigen] Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzesentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Zweikammerparlament, bestehend aus Staatsduma und Föderationsrat, ist in seinem Einfluss stark beschränkt (GIZ 2.2020a). Der Föderationsrat ist als „obere Parlamentskammer“ das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für fünf Jahre gewählt. Es gibt eine Fünfprozentklausel (GIZ 2.2020a, vgl. AA 2.3.2020c).

Im Jänner 2020 kündigte Präsident Putin bei seiner Neujahrsrede Verfassungsänderungen an. Daraufhin trat die Regierung unter Ministerpräsident Medwedew zurück (Spiegel Online 15.1.2020). Kurz darauf wurde Putins Kandidat Michail Mischustin, der zehn Jahre lang Leiter der russischen Steuerbehörde war, von der Duma zum neuen Ministerpräsident gewählt (Spiegel Online 16.1.2020). Dmitrij Medwedew wird Vizevorsitzender im Sicherheitsrat. Die angestrebte Verfassungsänderung ist ein umfangreicher Maßnahmenkatalog, bei dem es sich laut Putin um von der Gesellschaft geforderte Veränderungen handelt (Spiegel Online 15.1.2020). Das Volk wird über die Verfassungsänderungen abstimmen, um diese zu legitimieren (NZZ 19.3.2020), jedoch wird die Abstimmung aufgrund der Corona-Pandemie vom geplanten Termin im April nach hinten verschoben (ORF.at 25.3.2020). Vorgesehen ist nicht nur eine Ausweitung der Machtbefugnisse des Präsidenten. Putin soll nach einem Votum der Abgeordneten auch die Möglichkeit haben, sich noch einmal für maximal zwei Amtszeiten zu bewerben – er könnte also bei Wiederwahl bis 2036 im Amt bleiben. Nach bisheriger Verfassung könnte er 2024 nicht mehr antreten. Kritiker und Oppositionelle werfen Putin einen Staatsstreich vor. Das Verfassungsgericht hat den Änderungen bereits zugestimmt (NZZ 19.3.2020).

Zu den wichtigen Parteien der Russischen Föderation gehören: die Regierungspartei Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern; Gerechtes Russland (Sprawedliwaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern; die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, die die Nachfolgepartei der früheren KP ist; die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist; die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern; die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), links-zentristisch mit 85.000 Mitgliedern; die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 2.2020a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (343 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (39 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (RIA Nowosti 23.9.2016, vgl. Global Security 21.9.2016). Die sogenannte Systemopposition stellt die etablierten Machtverhältnisse nicht infrage und übt nur moderate Kritik am Kreml (SWP 11.2018).

Russland ist eine Föderation, die (einschließlich der international nicht anerkannten Annexion der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges Sewastopol) aus 85 Föderationssubjekten mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 2.2020a, vgl. AA 2.3.2020c). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 2.2020a).

Es gibt acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten), denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure in den Regionen und der erneuten Unterordnung der regionalen und kommunalen Machtorgane unter das föderale Zentrum („exekutive Machtvertikale“) deutlich (GIZ 2.2020a).

Bei den in einigen Regionen stattgefundenen Regionalwahlen am 8.9.2019 hat die Regierungspartei Einiges Russland laut Angaben der Wahlleitung in den meisten Regionen ihre Mehrheit verteidigt. Im umkämpften Moskauer Stadtrat verlor sie allerdings viele Mandate (Zeit Online 9.9.2019). Hier stellt die Partei künftig nur noch 25 von 45 Vertretern, zuvor waren es 38. Die Kommunisten, die bisher fünf Stadträte stellten, bekommen 13 Sitze. Die liberale Jabloko-Partei bekommt vier und die linksgerichtete Partei Gerechtes Russland drei Sitze (ORF 18.9.2019). Die beiden letzten waren bisher nicht im Moskauer Stadtrat vertreten. Zuvor sind zahlreiche Oppositionskandidaten von der Wahl ausgeschlossen worden, was zu den größten Protesten seit Jahren geführt hat (Zeit Online 9.9.2019), bei denen mehr als 1.000 Demonstranten festgenommen wurden (Kleine Zeitung 28.7.2019). Viele von den Oppositionskandidaten haben zu einer "smarten Abstimmung" aufgerufen. Die Bürgerinnen sollten jeden wählen – nur nicht die Kandidaten der Regierungspartei. Bei den für die russische Regierung besonders wichtigen Gouverneurswahlen gewannen die Kandidaten der Regierungspartei überall (Zeit Online 9.9.2019).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (2.3.2020c): Russische Föderation – Politisches Portrait, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/politisches-portrait/201710, Zugriff 10.3.2020

-        CIA – Central Intelligence Agency (28.2.2020): The World Factbook, Central Asia: Russia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 10.3.2020

-        EASO – European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, Zugriff 10.3.2020

-        FH – Freedom House (4.2.2019): Jahresbericht zu politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten im Jahr 2018 - Russland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002603.html, Zugriff 10.3.2020

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2020a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c17836, Zugriff 10.3.2020

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2020c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 10.3.2020

-        Global Security (21.9.2016): Duma Election - 18 September 2016, https://www.globalsecurity.org/military/world/russia/politics-2016.htm, Zugriff 10.3.2020

-        Kleine Zeitung (28.7.2019): Mehr als 1.300 Festnahmen bei Kundgebung in Moskau, https://www.kleinezeitung.at/politik/5666169/Russland_Mehr-als-1300-Festnahmen-bei-Kundgebung-in-Moskau, Zugriff 10.3.2020

-        NZZ – Neue Zürcher Zeitung (19.3.2020): Putin hält trotz Coronavirus-Krise an der Verfassungsabstimmung fest, https://www.nzz.ch/international/coronavirus-in-russland-krise-ueberschattet-verfassungsabstimmung-ld.1547213, Zugriff 26.3.2020

-        ORF.at (25.3.2020): Putin verschiebt Abstimmung über Verfassungsänderung, https://orf.at/stories/3159340/, Zugriff 26.3.2020

-        ORF – Observer Research Foundation (18.9.2019): Managing democracy in Russia: Elections 2019, https://www.orfonline.org/expert-speak/managing-democracy-in-russia-elections-2019-55603/, Zugriff 10.3.2020

-        OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights (18.3.2018): Russian Federation Presidential Election Observation Mission Final Report, https://www.osce.org/odihr/elections/383577?download=true, Zugriff 10.3.2020

-        Presse.at (19.3.2018): Putin: "Das russische Volk schließt sich um Machtzentrum zusammen", https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5391213/Putin_Das-russische-Volk-schliesst-sich-um-Machtzentrum-zusammen, Zugriff 10.3.2020

-        RIA Nowosti (23.9.2016): ??? ???????? ?????????? ??????? ? ???????, https://ria.ru/20160923/1477668197.html, Zugriff 10.3.2020

-        Spiegel Online (15.1.2020): Putins Operation Machterhalt, https://www.spiegel.de/politik/ausland/russland-putins-operation-machterhalt-a-aafe31f8-54b2-4d38-9bf4-6e613e586b96, Zugriff 2.3.2020

-        Spiegel Online (16.1.2020): Michail Mischustin ist neuer Premierminister Russlands, https://www.spiegel.de/politik/ausland/russland-michail-mischustin-ist-neuer-premierminister-a-1b3bd2eb-bc42-43cf-9033-25c8221cc7ed, Zugriff 2.3.2020

-        Standard.at (19.3.2018): Putin sichert sich vierte Amtszeit als Russlands Präsident, https://derstandard.at/2000076383332/Putin-sichert-sich-vierte-Amtszeit-als-Praesident, Zugriff 10.3.2020

-        Tagesschau.de (19.3.2018): Klarer Sieg für Putin, https://www.tagesschau.de/ausland/russland-wahl-putin-101.html, Zugriff 10.3.2020

-        Zeit Online (9.9.2019): Russische Regierungspartei gewinnt Regionalwahlen, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-09/russland-kreml-partei-sieg-regionalwahlen-moskau, Zugriff 10.3.2020

Tschetschenien

Letzte Änderung: 27.03.2020

Die Einwohnerzahl Tschetscheniens liegt bei ca. 1,5 Millionen. Laut Aussagen des Republikoberhauptes Ramzan Kadyrow sollen rund 600.000 Tschetschenen außerhalb der Region leben – eine Hälfte davon in der Russischen Föderation, die andere Hälfte im Ausland. Experten zufolge hat die Hälfte von ihnen Tschetschenien während der Kriege nach dem Zerfall der Sowjetunion verlassen, bei der anderen Hälfte handelt es sich um Siedlungsgebiete außerhalb Tschetscheniens. Diese entstanden bereits vor über einem Jahrhundert, teilweise durch Migration aus dem Russischen in das Osmanische Reich, und zwar über Anatolien bis in den arabischen Raum. Was die Anzahl von Tschetschenen in anderen russischen Landesteilen anbelangt, so ist es aufgrund der öffentlichen Datenlage schwierig, verlässliche Aussagen zu treffen (ÖB Moskau 12.2019).

In Tschetschenien gilt Ramzan Kadyrow als Garant Moskaus für Stabilität. Mit Duldung der russischen Staatsführung hat er in der Republik ein autoritäres Herrschaftssystem geschaffen, das vollkommen auf seine eigene Person ausgerichtet ist und weitgehend außerhalb des föderalen Rechtsrahmens funktioniert (ÖB Moskau 12.2019, vgl. AA 13.2.2019, FH 4.3.2020). Fraglich bleibt auch die föderale Kontrolle über die tschetschenischen Sicherheitskräfte, deren faktische Loyalität vorrangig dem Oberhaupt der Republik gilt. Im Juni 2016 beschloss das tschetschenische Parlament die vorzeitige Selbstauflösung, um vorgezogene Neuwahlen parallel zu den Wahlen zum Oberhaupt der Republik durchzuführen. Bei den russlandweiten Wahlen vom 18.9.2016 lag die Wahlbeteiligung in Tschetschenien weit über dem landesweiten Durchschnitt. Kadyrow wurde laut offiziellen Angaben bei hoher Wahlbeteiligung mit überwältigender Mehrheit für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Unabhängige Medien berichteten über Unregelmäßigen bei den Wahlen. Auch im Vorfeld der Wahlen hatte Human Rights Watch über massive Druckausübung auf Kritiker des derzeitigen Machthabers berichtet. Das tschetschenische Oberhaupt bekundet immer wieder seine absolute Loyalität gegenüber dem Kreml. Gegen vermeintliche Extremisten und deren Angehörige, aber auch gegen politische Gegner, wird rigoros vorgegangen (ÖB Moskau 12.2019, vgl. AA 13.2.2019). Um die Kontrolle über die Republik zu behalten, wendet Kadyrow unterschiedliche Formen der Gewalt an, wie z.B. Entführungen, Folter und außergerichtliche Tötungen (FH 4.3.2020, vgl. AA 13.2.2019). Dies kann manchmal auch außerhalb Russlands stattfinden. Kadyrow wird verdächtigt, die Ermordung von unliebsamen Personen, die ins Ausland geflohen sind, angeordnet zu haben (FH 4.3.2020).

Während der mittlerweile über zehn Jahre dauernden Herrschaft des amtierenden Republikführers Ramzan Kadyrow gestaltete sich Tschetscheniens Verhältnis zur Russischen Föderation ambivalent. Einerseits ist Kadyrow bemüht, die Zugehörigkeit der Republik zu Russland mit Nachdruck zu bekunden, tschetschenischen Nationalismus mit russischem Patriotismus zu verbinden, Russlands Präsidenten in der tschetschenischen Hauptstadt Grozny als Staatsikone auszustellen und sich als „Fußsoldat Putins“ zu präsentieren. Andererseits hat er das Föderationssubjekt Tschetschenien so weit in einen Privatstaat verwandelt, dass in der Umgebung des russischen Präsidenten die Frage gestellt wird, inwieweit sich die von Wladimir Putin ausgebaute „föderale Machtvertikale“ dorthin erstreckt. Zu Kadyrows Eigenmächtigkeit gehört auch eine Außenpolitik, die sich vor allem an den Mittleren Osten und die gesamte islamische Welt richtet. Kein anderer regionaler Führer beansprucht eine vergleichbare, über sein eigenes Verwaltungsgebiet und die Grenzen Russlands hinausreichende Rolle. Kadyrow inszeniert Tschetschenien als Anwalt eines russländischen Vielvölker-Zusammenhalts, ist aber längst zum „inneren Ausland“ Russlands geworden. Deutlichster Ausdruck dieser Entwicklung ist ein eigener Rechtszustand, in dem islamische und gewohnheitsrechtliche Regelungssysteme sowie die Willkür

des Republikführers in Widerspruch zur Gesetzgebung Russlands geraten (SWP 3.2018).

Ein Abkommen von September 2018 über die Abtretung von umstrittenem Territorium von Inguschetien an Tschetschenien hatte politische Unruhen in Inguschetien zur Folge (ÖB Moskau 12.2019). Der Konflikt um die Grenzziehung flammt immer wieder auf. Im März 2019 wurden Proteste in Inguschetien gewaltsam aufgelöst, wobei manche Teilnehmer körperlich gegen die Polizei Widerstand leisteten. 33 Personen wurden festgenommen (HRW 14.1.2020). Die Proteste hatten außerdem den Rücktritt des inguschetischen Präsidenten Junus-bek Jewkurow im Juni 2019 zur Folge (ÖB Moskau 12.2019). Jewkurows Nachfolger ist Machmud-Ali Kalimatow (NZZ 29.6.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (13.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458482/4598_1551701623_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-russischen-foederation-stand-dezember-2018-13-02-2019.pdf, Zugriff 10.3.2020

-        FH – Freedom House (4.3.2020): Jahresbericht zu politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten im Jahr 2019 - Russland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025879.html, Zugriff 5.3.2020

-        HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): Jahresbericht zur Menschenrechtssituation im Jahr 2019 – Russland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022681.html, Zugriff 3.3.2020

-        NZZ – Neue Zürcher Zeitung (29.6.2019): Die Nordkaukasus-Republik Inguschetien ist innerlich zerrissen, https://www.nzz.ch/international/nordkaukasus-inguschetien-nach-protesten-innerlich-zerrissen-ld.1492435, Zugriff 11.3.2020

-        ÖB Moskau (12.2019): Asylländerbericht Russische Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025975/RUSS_%C3%96B_Bericht_2019_12.pdf, Zugriff 10.3.2020

-        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (3.2018): Tschetscheniens Stellung in der Russischen Föderation. Ramsan Kadyrows Privatstaat und Wladimir Putins föderale Machtvertikale, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2018S01_hlb.pdf, Zugriff 10.3.2020

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 27.03.2020

Wie verschiedene Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in den letzten Jahren gezeigt haben, kann es in Russland, auch außerhalb der Kaukasus-Region, zu Anschlägen kommen (AA 19.3.2020a, vgl. BMeiA 19.3.2020, GIZ 2.2020d, EDA 19.3.2020). Die russischen Behörden halten ihre Warnung vor Anschlägen aufrecht und rufen weiterhin zu besonderer Vorsicht auf (AA 19.3.2020a, vgl. BMeiA 19.3.2020, EDA 19.3.2020). Trotz verschärfter Sicherheitsmaßnahmen kann das Risiko von Terrorakten nicht ausgeschlossen werden. Die russischen Sicherheitsbehörden weisen vor allem auf eine erhöhte Gefährdung durch Anschläge gegen öffentliche Einrichtungen und größere Menschenansammlungen hin (Untergrundbahn, Bahnhöfe und Züge, Flughäfen etc.) (EDA 19.3.2020).

Russland tritt als Protagonist internationaler Terrorismusbekämpfung auf und begründet damit seinen Militäreinsatz in Syrien. Vom Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 bis ins Jahr 2013 sah es sich mit 75 größeren Terroranschlägen auf seinem Staatsgebiet konfrontiert, die Hunderten Zivilisten das Leben kosteten. Verantwortlich dafür war eine über Tschetschenien hinausgehende Aufstandsbewegung im Nordkaukasus. Die gewaltsamen Zwischenfälle am Südrand der Russischen Föderation gingen 2014 um 46% und 2015 um weitere 51% zurück. Auch im Global Terrorism Index, der die Einwirkung des Terrorismus je nach Land misst, spiegelt sich diese Entwicklung wider. Nach der Militärintervention in Syrien Ende September 2015 erklärte der sogenannte Islamische Staat (IS) Russland den Dschihad und übernahm die Verantwortung für den Abschuss eines russischen Passagierflugzeugs über dem ägyptischen Sinai mit 224 Todesopfern. Seitdem ist der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole russischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden, auch wenn der russische Militäreinsatz in Syrien gewiss nicht nur von diesem Ziel bestimmt ist, sondern die Großmachtrolle Russlands im Mittleren Osten stärken soll. Moskau appelliert beim Thema Terrorbekämpfung an die internationale Kooperation (SWP 4.2017).

Eine weitere Tätergruppe rückt in Russland ins Zentrum der Medienaufmerksamkeit, nämlich Islamisten aus Zentralasien. Die Zahl der Zentralasiaten, die beim sog. IS (Islamischer Staat) kämpfen, wird auf einige tausend geschätzt (Deutschlandfunk 28.6.2017).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (19.3.2020a): Russische Föderation: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/russischefoederationsicherheit/201536#content_0, Zugriff 19.3.2020

-        BMeiA (19.3.2020): Reiseinformation Russische Föderation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/russische-foederation/, Zugriff 19.3.2020

-        Deutschlandfunk (28.6.2017): Anti-Terrorkampf in Dagestan. Russische Methoden, https://www.deutschlandfunk.de/anti-terrorkampf-in-dagestan-russische-methoden.724.de.html?dram:article_id=389824, Zugriff 19.3.2020

-        EDA – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (19.3.2020): Reisehinweise für Russland, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/russland/reisehinweise-fuerrussland.html, Zugriff 19.3.2020

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2020d): Russland, Alltag, https://www.liportal.de/russland/alltag/#c18170, Zugriff 19.3.2020

-        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Russland und der Nordkaukasus im Umfeld des globalen Jihadismus, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A23_hlb.pdf, Zugriff 19.3.2020

Nordkaukasus

Letzte Änderung: 27.03.2020

Die Menschenrechtsorganisation Memorial beschreibt in ihrem Bericht über den Nordkaukasus vom Sommer 2016 eindrücklich, dass die Sicherheitslage für gewöhnliche Bürger zwar stabil ist, Aufständische einerseits und Kritiker der bestehenden Systeme sowie Meinungs- und Menschenrechtsaktivisten andererseits, weiterhin repressiven Maßnahmen und Gewalt bis hin zum Tod ausgesetzt sind (AA 13.2.2019). In internationalen sicherheitspolitischen Quellen wird die Lage im Nordkaukasus mit dem Begriff „low level insurgency“ umschrieben (SWP 4.2017).

Das Kaukasus-Emirat, das seit 2007 den islamistischen Untergrundkampf im Nordkaukasus koordiniert, ist seit Ende 2014 durch das Überlaufen einiger Feldkommandeure zum sog. IS von Spaltungstendenzen erschüttert und geschwächt (SWP 10.2015, vgl. ÖB Moskau 12.2019). Der IS verstärkte 2015 seine russischsprachige Propaganda in Internet-Foren wie Furat Media, ohne dass die Behörden laut Nowaja Gazeta diesem Treiben große Aufmerksamkeit widmeten. Am 23. Juni 2015 rief der IS-Sprecher Muhammad al-Adnani ein „Wilajat Kavkaz“, eine „Provinz Kaukasus“, als Teil des IS-Kalifats aus. Es war ein propagandistischer Akt, der nicht bedeutet, dass der IS in dieser Region militärisch präsent ist oder sie gar kontrolliert, der aber den zunehmenden Einfluss dieser Terrormiliz auf die islamistische Szene im Nordkaukasus symbolisiert. Zuvor hatten mehr und mehr ideologische und militärische Führer des Kaukasus-Emirats dem „Kalifen“ Abu Bakr al-Baghdadi die Treue geschworen und sich von al-Qaida abgewandt. Damit bestätigte sich im islamistischen Untergrund im Nordkaukasus ein Trend, dem zuvor schon Dschihad-Netzwerke in Nordafrika, Jemen, Pakistan und Afghanistan gefolgt waren (SWP 10.2015).

Ein Risikomoment für die Stabilität in der Region ist die Verbreitung des radikalen Islamismus. Innerhalb der extremistischen Gruppierungen verschoben sich etwa ab 2014 die Sympathien zur regionalen Zweigstelle des sog. IS, die mittlerweile das Kaukasus-Emirat praktisch vollständig verdrängt haben soll. Dabei sorgt nicht nur Propaganda und Rekrutierung des IS im Nordkaukasus für Besorgnis der Sicherheitskräfte. So wurden Mitte Dezember 2017 im Nordkaukasus mehrere Kämpfer getötet, die laut Angaben des Anti-Terrorismuskomitees dem IS zuzurechnen waren. Das rigide Vorgehen der Sicherheitskräfte, aber auch die Abwanderung islamistischer Kämpfer in die Kampfgebiete in Syrien und in den Irak, haben dazu geführt, dass die Gewalt im Nordkaukasus in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist (ÖB Moskau 12.2019). 2018 erzielten die Strafverfolgungsbehörden maßgebliche Erfolge, die Anzahl terroristisch motivierter Verbrechen wurde mehr als halbiert. Sechs Terroranschläge wurden verhindert und insgesamt 50 Terroristen getötet. In der ersten Hälfte des Jahres 2019 nahm die Anzahl bewaffneter Vorfälle im Vergleich zum Vorjahr weiter ab. Der größte Anteil an Gewalt im Nordkaukasus entfällt weiterhin auf Dagestan und Tschetschenien (ÖB Moskau 12.2019).

Im Jahr 2018 sank die Gesamtzahl der Opfer des bewaffneten Konflikts im Nordkaukasus gegenüber 2017 um 38,3%, und zwar von 175 auf 108 Personen. Von allen Regionen des Föderationskreis Nordkaukasus hatte Dagestan die größte Zahl der Toten und Verwundeten zu verzeichnen; Tschetschenien belegte den zweiten Platz (Caucasian Knot 30.8.2019).

Im Jahr 2019 liegt die Gesamtopferzahl des Konfliktes im Nordkaukasus [Anm.: durch Addieren aller Quartalsberichte von Caucasian Knot] bei 44 Personen, davon wurden 31 getötet (Caucasian Knot 9.9.2019, Caucasian Knot 14.9.2019, Caucasian Knot 18.12.2019, Caucasian Knot 11.3.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (13.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458482/4598_1551701623_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-russischen-foederation-stand-dezember-2018-13-02-2019.pdf, Zugriff 19.3.2020

-        Caucasian Knot (30.8.2019): In 2018, the count of conflict victims in Northern Caucasus dropped by 38%, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/reduction_number_victims_2018/, Zugriff 19.3.2020

-        Caucasian Knot (9.9.2019): 21 people fell victim to armed conflict in Northern Caucasus in Q1 of 2019, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/48385/, Zugriff 19.3.2020

-        Caucasian Knot (14.9.2019): In Quarter 2 of 2019, 10 people fell victim to armed conflict in Northern Caucasus, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/48465/, Zugriff 19.3.2020

-        Caucasian Knot (18.12.2019): In 3rd quarter of 2019, seven persons fell victim to armed conflict in Northern Caucasus, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/49431/, Zugriff 19.3.2020

-        Caucasian Knot (11.3.2020): Infographics. Statistics of victims in Northern Caucasus in Quarter 4 of 2019 under the data of Caucasian Knot, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/50267/, Zugriff 19.3.2020

-        ÖB Moskau (12.2019): Asylländerbericht Russische Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025975/RUSS_%C3%96B_Bericht_2019_12.pdf, Zugriff 19.3.2020

-        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (10.2015): Reaktionen auf den »Islamischen Staat« (ISIS) in Russland und Nachbarländern, http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2015A85_hlb.pdf, Zugriff 19.3.2020

-        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Russland und der Nordkaukasus im Umfeld des globalen Jihadismus, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A23_hlb.pdf, Zugriff 19.3.2020

Tschetschenien

Letzte Änderung: 27.03.2020

Als Epizentrum der Gewalt im Kaukasus galt lange Zeit Tschetschenien. Die Republik ist in der Topographie des bewaffneten Aufstands mittlerweile aber zurückgetreten; angeblich sind dort nur noch kleinere Kampfverbände aktiv. Dafür kämpfen Tschetschenen in zunehmender Zahl an unterschiedlichen Fronten außerhalb ihrer Heimat – etwa in der Ostukraine sowohl aufseiten pro-russischer Separatisten als auch auf der ukrainischen Gegenseite, sowie in Syrien und im Irak (SWP 4.2015). In Tschetschenien konnte der Kriegszustand überwunden und ein Wiederaufbau eingeleitet werden. In einem Prozess der „Tschetschenisierung“ wurde die Aufstandsbekämpfung im zweiten Tschetschenienkrieg an lokale Sicherheitskräfte delegiert, die sogenannten Kadyrowzy. Diese auf den ersten Blick erfolgreiche Strategie steht aber kaum für nachhaltige Befriedung (SWP 4.2017).

Im Jahr 2018 wurden in Tschetschenien mindestens 35 Menschen Opfer des bewaffneten Konflikts, von denen mindestens 26 getötet und neun weitere verletzt wurden. Unter den Opfern befanden sich drei Zivilisten (zwei getötet, einer verletzt), elf Exekutivkräfte (drei getötet, acht verletzt) und 21 Aufständische (alle getötet). Im Vergleich zu 2017, als es 75 Opfer gab, sank die Gesamtopferzahl 2018 um 53,3% (Caucasian Knot 30.8.2019). 2019 wurden in Tschetschenien im Rahmen des bewaffneten Konflikts sechs Personen getötet und fünf verletzt [Anm.: durch Addieren aller Quartalsberichte von Caucasian Knot] (Caucasian Knot 9.9.2019, Caucasian Knot 14.9.2019, Caucasian Knot 18.12.2019, Caucasian Knot 11.3.2020).

Quellen:

-        Caucasian Knot (30.8.2019): In 2018, the count of conflict victims in Northern Caucasus dropped by 38%, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/reduction_number_victims_2018/, Zugriff 19.3.2020

-        Caucasian Knot (9.9.2019): 21 people fell victim to armed conflict in Northern Caucasus in Q1 of 2019, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/48385/, Zugriff 19.3.2020

-        Caucasian Knot (14.9.2019): In Quarter 2 of 2019, 10 people fell victim to armed conflict in Northern Caucasus, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/48465/, Zugriff 19.3.2020

-        Caucasian Knot (18.12.2019): In 3rd quarter of 2019, seven persons fell victim to armed conflict in Northern Caucasus, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/49431/, Zugriff 19.3.2020

-        Caucasian Knot (11.3.2020): Infographics. Statistics of victims in Northern Caucasus in Quarter 4 of 2019 under the data of Caucasian Knot, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/50267/, Zugriff 19.3.2020

-        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2015): Dagestan: Russlands schwierigste Teilrepublik, http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2015_S08_hlb_isaeva.pdf, Zugriff 19.3.2020

-        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Russland und der Nordkaukasus im Umfeld des globalen Jihadismus, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A23_hlb.pdf, Zugriff 19.3.2020

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 27.03.2020

Es gibt in der Russischen Föderation Gerichte bezüglich Verfassungs-, Zivil-, Verwaltungs- und Strafrecht. Es gibt den Verfassungsgerichtshof, den Obersten Gerichtshof, föderale Gerichtshöfe und die Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft ist verantwortlich für Strafverfolgung und hat die Aufsicht über die Rechtmäßigkeit der Handlungen von Regierungsbeamten. Strafrechtliche Ermittlungen werden vom Ermittlungskomitee geleitet (EASO 3.2017). Die russischen Gerichte sind laut Verfassung unabhängig, allerdings kritisieren sowohl internationale Gremien (EGMR – Europäischer Gerichtshof für Menschenrec

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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